Fidel Castro
REDE ANLÄßLICH DER ERÖFFNUNG DER XVI INTERNATIONALEN HANDELSMESSE VON HAVANNA (FIHAV 98)
1. November 1998
Oficina de Publicaciones del Consejo de Estado
La Habana, 1998
Oficina de Publicaciones del Consejo de Estado de la República de Cuba, calle 17 número 552, esquina a D, Vedado, La Habana, Cuba
Mein sehr verehrter Freund Don Manuel Fraga, Präsident von Galizien - einige nennen ihn Präsident der Regionalregierung, und ich nene ihn Präsident von Galizien; aber Vorsicht - innerhalb des spanischen Staates (Applaus); aber da ich bemerke, daß die Autonomiebestrebungen an Stärke gewinnen, was deutlich erkennbar ist, bevorzuge ich, ihn als Präsident von Galizien anzureden.
Ebenfalls möchte ich die verehrten anwesenden Persönlichkeiten grüßen, wobei ich bereits diejenigen einschließe, die erst heute abend ankommen, und zudem verabschiede ich bereits den hier anwesenden Minister aus Venezuela, der heute abend abreist.
Ich grüße Sie alle, Aussteller und geladene Gäste:
Ich bin nicht gekommen, um von Politik, Blockade, Dürre, Wirbelstürmen oder Katastrophen jeglicher Art zu sprechen, denn diese Dinge will ich jetzt mal als selbstverstänlich ansehen (Gelächter). Ich bin gekommen, um mit Ihnen ein wenig zu scherzen, zum Teil auf Kosten der Ausführungen unseres hochangesehenen und in der Tat sehr geschätzten Außenhandelsministers, ohne ihm jedoch die Schuld für all die Quälereien geben zu wollen, die wir hier jedes Jahr durchmachen müssen.
Es wurden 16 Messen seit dem Beginn ihrer Ausrichtung in Kuba veranstaltet, wobei die letzten genau hier in EXPOCUBA stattfanden, und es ist immer das gleiche Lied: Wir stehen auf dieser Bühne, halten eine Rede, durchschneiden ein Band, niemand weiß, wie lange Sie bereits hier stehen und warten, und angesichts der jährlichen Ausweitung dieser Messe muß das Konzept der Eröffnungszeremonie bezüglich des Ortes und eines zunehmenden Komforts für die eingeladenen Gäste - heute haben wir glücklicherweise angenehme Temperaturen - verändert werden, denn wenn es nicht so wäre, müßtest Du jedes Jahr die gleiche Ansprache halten (er schaut zu Ricardo Cabrisas, Minister für Außenhandel).
Ich kritisiere ihn nicht. Was er will, ist, daß Sie hier investieren (Gelächter). Deshalb spricht er vom Zuwachs des Tourismus und all den anderen Dingen, und trotzdem muß er Sie nicht zum Investieren aufmuntern, denn Sie werden wirklich hier investieren (Gelächter). Das sage ich nicht im Scherz, sondern es ist Realität: Sie werden investieren, sie wollen investieren, und unsere Pflicht ist es, die besten Bedingungen dafür zu schaffen. Sie wollen hier und an vielen anderen Orten investieren, und die Länder, die dies für ihre Entwicklung benötigen, diskutieren miteinander und wetteifern sogar um die Investitionen, wenngleich auch nicht immer auf eine angemessene Art und Weise. Das wissen wir.
Doch Spaß beiseite, man kann darüber auch zwei oder drei ernsthafte Dinge sagen, die Anlaß für einen gewissen Optimismus mit Blick auf die nähere Zukunft der im Moment so schwer bedrohten Weltwirtschaft bieten können.
Vor einigen Monaten besuchten wir Genf - er erwähnte die Versammlung der Weltgesundheitsorganisation, zudem fand auch die Zusammenkunft der Welthandelsorganisation statt - und es wurden einige dieser aktuellen Probleme diskutiert.
Wir haben gerade vor kurzem eine wichtige Tagung in Portugal abgehalten, in Porto, einer gastfreundlichen und wunderschönen Stadt. Dort versammelten sich die Führer von ganz Lateinamerika, das, wie Sie sehr gut wissen, in diesem Moment das Schlachtfeld dessen darstellt, was für die Wirtschaft des Westens zu einem relativen Sieg oder einem Waterloo werden könnte. Die Risiken einer schwerwiegenden globalen Wirtschaftskrise stellen ein Thema dar, das wir in der letzten Zeit in Kuba mit großer Aufmerksamkeit verfolgt haben, da es sich um Ereignisse handelt, die wir vorausgesehen haben.
Bei dem Treffen in Porto waren bereits für alle Anwesenden die Gefahren einer Rezession oder gar von etwas Schlimmerem deutlich erkennbar, weil niemand auf der Welt im Moment weiß, in was sich eine Rezession noch verwandeln kann. Und es war dort in Porto klar, daß Lateinamerika das Schlachtfeld sein würde, wo sich entscheidet, ob die globale Ökonomie einen vorübergehenden Sieg über das wuchtige Fortschreiten der Krise erlangt oder eine große Katastrophe im Weltmaßstab erleidet. Ich spreche deshalb ohne Übertreibung von Weltmaßstab, weil sich die Ökonomie laut den einen weltweit ausgedehnt, laut den anderen globalisiert hat, und dies in stets zunehmendem Maße, neben einer Reihe von zusätzlich zu diesen Phänomenen aufgekommenen Problemen, von denen einige weithin bekannte Vorläufer haben, während andere neu sind.
Aber in Porto waren sich alle sehr bewußt, und die kubanische Delegation darüberhinaus sehr, sehr, sehr bewußt, daß die nähere Zukunft in Lateinamerika vor allem davon abhängt, was in Brasilien geschieht. Und all das nahm seinen Ausgang in der Wirtschaftskrise Deines Landes, Kalinin (er zeigt auf den Botschafter von Rußland), ohne die Gründe dafür näher zu analysieren und ohne irgendeinem Russen die Schuld dafür in die Schuhe zu schieben oder ähnliches. Vielmehr würde ich die Schuld bei einer Reihe von Ratschlägen suchen, die den Russen mit ihrer geringen Erfahrung beim Aufbau des Kapitalismus gegeben wurden. Es kamen die Finanzinstitutionen und die neuen Freunde aus dem Westen mit ihren Rezepten gegen die Sintflut, um diese in jenem Land anzuwenden, das nicht einmal den Kapitalismus kennengelernt hatte, weil es fast lückenlos vom Feudalismus zum Sozialismus überging. Ausgehend von der letzten russischen Krise, die bekanntlicherweise im August ausbrach, greift die Panik um sich, nachdem das Ausmaß offensichtlich wird. Sogar der Dow Jones-Index der Wall Stret fiel an einem Tag um 512 Punkte, was zu einer Ausweitung der Panik führte. Die Börsen erlebten gewaltige Abstürze, so daß sehr klar ersichtlich wurde, daß Brasilien in diesem Moment der verwundbarste Punkt war und eine Krise in Brasilien sich zwangsläufig auf den Rest von Lateinamerika ausbreiten und damit unvermeidlich und unzweifelhaft die Börsen der USA in Mitleidenschaft ziehen würde. Sollte dies geschehen, würden 50% der US-Amerikaner, die an diesen Börsen ihre Ersparnisse, Rentenversicherungen und ähnliches angelegt haben, 50, 60, 70 oder gar 80% des Wertes ihrer an den besagten Börsen notierten Aktien verlieren. Das Desaster würde kolossale Ausmaße annehmen, die nicht einmal mit der Krise von 1929 vergleichbar wären und unserer Meinung nach sogar jenes berühmte Schicksalsjahr in den Schatten stellen.
Es war also klar, daß in Brasilien eine große Schlacht zu schlagen sein würde. Das wurde in Porto analysiert. Wir trugen einige Ideen vor, da Kuba ja der Sitz des nächsten Gipfels sein wird. Sogar die Frage des Themas der folgenden Zusammenkunft, das wir als Veranstalter auszuwählen hatten, erwies sich als sehr delikat. Mit welcher Situation werden wir dann konfrontiert sein? Wir dachten an eine Idee: zu diskutieren, wie Lateinamerika der globalen Wirtschaftskrise entgegentritt. Wir faßten es in dem folgenden Satz zusammen: Iberoamerika und die schwerwiegenden Risiken einer globalisierten Wirtschaftskrise.
Wir gingen von der Idee aus, daß auf der Welt noch Ressourcen vorhanden sind und daß der Westen und Japan noch über viele Ressourcen verfügen, um die Krise rechtzeitig abzuwenden, wenngleich die Anzahl dieser Ressourcen unbekannt ist. Die besagten Länder könnten die Krise auch hinausschieben oder sogar grundlegender über die Wirtschaftsordnung und die Art der Globalisierung nachdenken, die der Welt aufgezwungen wird, wobei sie versuchen könnten, nach unverzichtbaren Werten wie etwas mehr Ruhe, Gelassenheit und Frieden für die Welt zu trachten.
Das bedeutet, daß wir bei der Themenauswahl für unser Treffen sehr bedachtsam vorgehen mußten, da noch offen ist, was in den nächsten 12 Monaten geschehen wird.
Wir hatten in Porto bereits auf die Rede Clintons im Rat für Auswärtige Beziehungen der USA vom 14. September hingewiesen, in der die Bedeutung der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank herausgestrichen und alle Notenbankpräsidenten zu einem Treffen nach Washington eingeladen wurden. Man erkannte offensichtlich Anzeichen einer Sensibilisierung für die Risiken einer tiefgreifenden Krise auf seiten der USA oder wenigstens in einigen Bereichen dieses Landes, darunter auch bedeutende Führungspersönlichkeiten.
Am 5. und 6. Oktober hielten der Präsident des Internationalen Währungsfonds und der Präsident der Weltbank sehr interessante Reden, in denen sogar Differenzen und Kritikpunkte sowie bereits auftretende Antagonismen zwischen der Rolle des bösen Polizisten der einen Institution und der des guten Samariters der anderen Institution deutlich wurden. Die eine Seite auf der Suche nach der rigorosesten und strengsten Finanzordnung, und die andere mit dem Versuch, Lösungen zur Linderung der mit diesen Krisenphänomenen einhergehenden sozialen Probleme gedanklich einzubeziehen. Das bedeutet, daß es bereits im Oktober einige interessante Bewegungen gab, und unser Gipfel fand schlichtweg einige Tage später in Porto statt.
Es ging um den Versuch einer Vorausschau auf die Situation des nächsten Jahres und um die Frage der zu diskutierenden Themen. Es war nicht leicht, ein Thema zu bestimmen. Wir beschränkten uns auf die folgende Variante, die ich nochmals wiederhole: Iberoamerika und die schwerwiegenden Risiken - um nicht von Gewißheiten zu sprechen - einer globalisierten Wirtschaftskrise.
Wir gingen davon aus, daß hier in Kuba eine Analyse aller Geschehnisse des vor uns liegenden Jahres durchgeführt werden muß. Niemand konnte die eine oder andere Sache nur auf Vermutungen beruhen lassen. Auf dem Gipfel in Porto wurde sogar darüber diskutiert, ob es korrekt sei, von einer globalisierten Krise zu sprechen, da weder in den USA noch in Europa bereits eine Krise vorlag.
Für einige von uns war es klar, daß die Krise sich ausgehend von den Geschehnissen weltweit ausbreiten würde und daß Brasilien und Lateinamerika die letzten Schützengräben - was wir bereits am 28. September diesen Jahres gesagt hatten - seien, in denen sich die USA gegenüber einer Situation verteidigen könnten, die sie sehr direkt betreffen würde. Es würde sich nicht mehr nur um etwas handeln, was ausschließlich Lateinamerika interessiert, sondern auch in der Hauptsache die USA mit ihrer größten Wirtschaftskraft, den meisten Ressourcen und einer de facto-Führungsrolle in der Weltwirtschaft. Europa hat noch nicht die ausreichende Stärke, um eine ähnliche Rolle wie die USA zu spielen, obwohl es sehr wohl eine bedeutende Rolle einnimmt. Man mußte also beim Versuch der Voraussage der in einem Jahr auf der Tagesordnung stehenden Diskussionspunkte vorsichtig sein. Dennoch hatte man ohne Zweifel eine Analyse der wirtschaftlichen Situation auf internationaler Ebene vorzunehmen, da dies in der Zukunft das wichtigste Thema bleiben würde.
Aber wir sprechen von gewissen Symptomen, und dazu, Cabrisas, kann sehr wohl vieles gesagt werden, vielleicht regt Sie das noch mehr zum Investieren an. Es gibt einige interessante Elemente. Die Unternehmen sind in in größerer Anzahl als je zuvor in unser Land gekommen. Hier sind die Zahlen. Du hast einige erwähnt und andere nannte Maciques im Gespräch mit uns. Es handelt sich um die größte jemals in Kuba veranstaltete Messe, so daß uns der Platz schon nicht mehr ausreicht. Alle Kennziffern sind sehr positiv, die Präsenz vieler Länder, die umfassende Teilnahme von Europa und die erstmalige Teilnahme Japans. Trotz der Bedrohung durch die Krise wächst also die Präsenz. Dies beweist das traditionelle Interesse und die Ungeduld der Investoren bezüglich eines zügigen Abschlusses von Geschäften. Eines der brennendsten Probleme der Gegenwart ist vielleicht das Übermaß an Eile bei der Tätigung von Investitionen, vor allem dort, wo die Kapitalanlage die schnellsten Gewinne versprach, nämlich an den Börsen der USA.
Europa konkurriert noch nicht sehr viel mit Ihnen (er schaut zum Botschafter von Kanada). Gut, die Kanadier verfügen auch über bedeutende Ressourcen, sie sind die industrialisierten Nachbarn der USA und befinden sich in einer guten wirtschaftlichen Situation. Die Investoren kaufen auch Aktien oder Gutscheine in Europa, vor allem wenn es einige massive Kapitalfluchtbewegungen aus der Dritten Welt gibt. Aber speziell in den USA kaufte alle Welt Aktien, weil deren Wert wie Pilze in die Höhe schoß. So ähnlich wie im Jahr 1929. Oftmals handelt es sich in Wirklichkeit um spekulative Investitionen. Die Welt hat sich in ein großes Kasino verwandelt. Wir hingegen empfinden viel mehr Respekt für diejenigen, die in ein Grundstück, eine Dienstleistung, eine Industrie oder einen bestimmten Wirtschaftszweig investieren. Die spekulativen Investitionen können zum großen Russischen Roulette der Weltwirtschaft werden. Dutzende Millionen von Personen spekulieren in den USA, fast alle haben sich in Spekulanten verwandelt. Das Geld auf der verzweifelten Suche nach Geld, ohne jegliche Beziehung zur Entwicklung von Handel und Wirtschaft.
Allgemein läßt sich sagen, daß diejenigen, die zur Ausstellung ihrer Industrieprodukte hierher gekommen sind, üblicherweise keine Spekulanten sind. Es mag sein, daß der eine oder andere gelegentlich spekuliert oder Aktien an den Börsen anderer Länder kauft, aber nach Kuba kommen sie, um Handel zu treiben oder zu investieren.
Die Spekulation hat nichts mit der tatsächlichen Wirtschaft zu tun. Ich kann sagen, daß alle hier Anwesenden mit der realen Ökonomie zu tun haben, mit der Herstellung von materiellen Gütern und Dienstleistungen sowie mit dem Handelsaustausch, und wir empfinden wirklich Respekt für diese Investoren.
Nun, was ist also in diesen Tagen geschehen, sogar noch nach dem Gipfel von Porto? Einige positive Dinge. Erstens wird zum Beispiel berichtet, daß die Japaner Maßnahmen zur Sanierung ihrer Zentralbank ergriffen haben. Dies ist etwas, was offenkundig der Wirtschaft in den süostasiatischen Ländern zugute kommt. Es wurde entschieden, 500 Milliarden Dollar dafür aufzuwenden, obwohl bekannt ist, daß sich die unbezahlten Kredite auf 1 Billion Dollar belaufen. Dieser Schritt der Japaner stellt ein positives Signal für die Weltwirtschaft dar, wenn damit auch nicht gesagt ist, daß sie damit ihre Probleme gelöst hätten, denn sie haben noch eine große Anzahl von Schwierigkeiten zu bewältigen.
Zum Zweiten gab es eine andere Nachricht, die sich positiv auf die Atmosphäre der internationalen Ökonomie ausgewirkt hat: die Daten bezüglich des Wachstums in den USA während des dritten Quartals. Im ersten Quartal belief es sich auf etwa 5%, im zweiten sank es auf weniger als 3%, und für das dritte wurden etwas mehr als 2% kalkuliert, wenn ich mich recht erinnere, 2,6% oder 2,7%. Und jetzt, vor 48 Stunden, kam die Nachricht eines Wachstums von 3,3% im dritten Quartal. Das verlieh einigen Börsen, die dies sehr nötig hatten, neuen Mut, denn das beste Anti-Panik-Mittel ist die Hoffnung bzw. das Vertrauen. Das ist die Medizin, welche die Ärzte aus der Optik des kapitalistischen Systems der Ökonomie verschreiben.
Die dritte Nachricht: das wirklich rigurose Sparprogramm in Brasilien, das nicht nur eine Verminderung des Haushaltsdefizits, sondern sogar das Ziel eines Haushaltsüberschusses anstrebt. Auch die von der brasilianischen Regierung ergriffenen Maßnahmen haben den Börsen der USA einen gewissen Mut und Optimismus eingeflößt.
Was schließlich der Hoffnung und der Gelassenheit an den sehr unruhigen Börsen noch etwas mehr Auftrieb gegeben hat, ist die G-7-Vereinbarung. Der Senat hatte endlich unter Auflage einer Reihe von sehr fragwürdigen Bedingungen die 18 Milliarden Dollar bewilligt, welche die USA dem Internationalen Währungsfonds an Beiträgen schuldeten. Die Gesamtheit der G7- Staaten hat sich zu einer Finanzspritze von 90 Milliarden Dollar für die Weltwirtschaft verpflichtet, um damit Katastrophen zu vermeiden und sie möglichst vorherzusehen, oder um zum Löschen des Brandes herbeizueilen. Dennoch denken sie bereits ein wenig mehr über die Philosophie nach, den Ausbruch eines Feuers besser rechtzeitig zu verhindern, um es später nicht löschen zu müssen, was auf jeden Fall immer teurer kommt.
Diese vier Nachrichten haben in den letzten Tagen die Hoffnungen und den Enthusiasmus an den Börsen etwas beflügelt.
Ich glaube, daß eines der wichtigsten Elemente darin besteht, daß in den USA vor allem auf Seiten der Regierung, der Notenbank und der Bundesreserve der USA ein größeres Bewußtsein der Probleme erlangt wurde. Gerade die letztgenannte Institution plante bis vor wenigen Wochen, die Zinsen zu erhöhen. Jetzt entschied sie sich dafür, sie um 0.25% und einige Tage später um weitere 0.25%, im Ganzen also um 0,5%, zu senken, was ein weiteres positives Signal im Sinne der vorher erwähnten Maßnahmen darstellte und auf internationaler Ebene einen gewissen Optimismus hervorrief. Die Mehrheit der Beamten der US-Bundesreserve waren bis zur russischen Krise mit deren schnellen und unvorhersehbaren Konsequenzen Anhänger einer aus der Angst vor den Inflationsrisiken resultierenden Zinserhöhung.
Clinton erklärte in seiner von mir vorher erwähnten Rede vom 14. September eindeutig, daß die schwerwiegende Gefahr für die Weltwirtschaft in einer Rezession und nicht in einer Inflation bestehe. Dies war gleichfalls ein positives Signal in der gefährlichen Situation, die vorher geschaffen worden war. Das bedeutet, daß es sogar eine gewisse Änderung der Konzepte gegeben hat. Ich beurteile dies positiv im Sinne eines Anzeichens für ein erweitertes Bewußtsein bezüglich der alles andere als idyllischen Realitäten in der heutigen Welt.
Man muß nur alle Artikel über den Internationalen Währungsfonds in den Wirtschafts-Fachzeitschriften der ganzen Welt lesen. Sie erzählen Horrorgeschichten über den IWF, er durchläuft zur Zeit eine wahrhaftige Public Relation-Krise. Demgegenüber hat die Weltbank auf diesem Gebiet mit der Rede ihres Direktors auf der besagten Tagung vom 6. Oktober in Washington Boden gutgemacht. Auf dieser Tagung sprach erneut Clinton, wobei er nochmals seine Aussagen vom 14. September bestätigte. Es ist offensichtlich, daß sich innerhalb von Wochen ein Schwenk von nahezu 180 Grad vollzogen hat.
Die Gefahr, meine Damen und Herren, besteht in der Rezession und nicht in der Inflation, wie Clinton ausdrücklich bekräftigt. Im Kern hat sich dieses Kriterium, oder diese These, den Weg gebahnt.
Auf dieser Tagung wurde noch eine andere Idee eindringlich deutlich: der Internationale Währungsfonds muß seine Politik ein wenig flexibler gestalten, er muß sich ändern, er muß sich neu strukturieren.
Weltweit setzt sich die Meinung durch, daß der Internationale Währungsfonds zum größten Agenten der Subversion und der Destabilisierung auf dem Planeten geworden ist. Überall, wo er hinkam, hat er die Wirtschaft abstürzen lassen. Er kam zunächst zu spät, um danach auch noch die Wirtschaft und die Regierungen abstürzen zu lassen. Man mußte dort auf der Tagung ein wenig Selbstkritik üben und das selbstverständliche Fehlen einer gewissen Flexibilität anerkennen.
Werden ihre Erkenntnisse so weit reichen, daß sie versuchen, die Welt in Ordnung zu bringen? Ich glaube eigentlich nicht daran. Ich war davon überzeugt, daß sie über genügend Ressourcen zum Manövrieren verfügten. Die Zinssenkung und Geldspritzen für die Weltwirtschaft waren das mindeste, was sie angesichts einer sich bereits deutlich abzeichnenden Katastrophe tun konnten.
Was wird danach geschehen? Man muß vieles beobachten. Wie weit werden die Änderungen gehen? Man spricht von einer neuen Finanzarchitektur. Woraus besteht diese neue Architektur? Man kann keinem Land, das Probleme hat, damit helfen, daß man es weiter in die Krise stürzt, es destabilisiert, seine Wirtschaft liquidiert und Dutzende Millionen von Menschen auf die Straße und in den Hunger treibt.
Auf der Tagung in Washington schienen wichtige Führungspersönlichkeiten der Weltwirtschaft Marxisten oder als so etwas ähnliches zu sein, als sie zur Welt sprachen und von sich aus mit den Daten herausrückten: in Indonesien soundsoviele Millionen Menschen hungrig auf der Straße, die gemäß ihrer Sichtweise mit so großen Anstrengungen aufgebaute Mittelschicht innerhalb einiger Minuten zerstört, um daraufhin Hunger leiden und ihre Wohnungen verkaufen zu müssen, das Ende des Autoverkaufs und vieler anderer Dinge, die in diesen Ländern produziert wurden. Ein Desaster, wirklich ein wahrhaftiges Desaster! Und dazu mit schwerwiegenden internationalen Auswirkungen.
Sie legten die Geschehnisse mithilfe von Zahlen und Details offen und erklärten, daß es so nicht weitergehen könne. Sie bemerkten es und waren vernünftig, stellten zumindest vernünftige Überlegungen an. Bis zu welchem Punkt werden sie wohl die Maßnahmen zur Linderung der chronischen und weiter ansteigenden Armut fortführen und anwenden können? In aller Offenheit sage ich, daß es sehr wohl Dinge gibt, die abgemildert werden können. Sie sind in der Lage, das Aufkommen einer ernsten Krise zu bremsen und hinauszuzögern. Doch solange keine anderen Konzepte entwickelt und angewendet werden, die den allgemeinen Wohlstand und das eigene Überleben der menschlichen Spezies wirklich garantieren können, werden gemäß unserer tiefsten Überzeugung die gleichen Probleme in ständig verschärftem Ausmaß wiederauftauchen.
Wenn sich die Börsianer in New York angesichts alldessen einem zu großen Enthusiasmus hingeben, wird es dazu kommen, daß der Dow Jones-Index - der heute bei etwas über 8000 Punkten steht - wieder 9000 oder 10000 Punkte erreicht und sogar auf über 10000 oder gar 12000 Punkte steigt, so daß sich der Wahnsinn, der das jetzige Debakel hervorgerufen hat, in einem größeren Ausmaß wiederholt. Es käme auch zu einem Anstieg der bereits jetzt berühmten Devisenspekulation, die täglich 1 Billion Dollar - einige sprechen von 1,3 bis 1.8 Billionen - umfasst und ein weltweit absolut neues Phänomen darstellt, wozu noch die märchenhaften Beträge aus Spekulationsoperationen mit Aktien und anderen Wertpapieren gerechnet werden müssen.
Sie reden von einigen Richtlinien. Im Moment reden sie von einer Ethik, welche die Kapitalbewegungen regulieren soll, und sogar von einigen schüchternen Kontrollen oder etwas in diesem Sinne, um diejenigen, die große Mengen an Vermögen und Erfahrung angehäuft haben und sich ausschließlich der Spekulation widmen, davon abzuhalten, wie bisher in aller Freiheit jede Art von Dummheit zu begehen. Sie sind sogar so weit gegangen, einige Erklärungen gegen die weltweit operierenden Spekulanten abzugeben. Gut, das ist ja schon einmal etwas. Vorher konnte man nicht einmal darüber sprechen, denn der, der es trotzdem tat, wurde unmittelbar in die Hölle verdammt, und das nur für den simplen Vorschlag einer Kontrolle über diese Art von Operationen.
Einige reden über das Einziehen einiger weniger Mittel durch eine kleine Steuer auf spekulative Operationen. Ein vor 15 oder 20 Jahren hochgelobter Nobelpreisträger - ich glaube, es war Tobin - entwarf die Idee, eine bescheidene Steuer auf solch schädliche und das weltweite Gleichgewicht störende Aktivitäten zu erheben. Als er dies im Jahr 1985 vorschlug, erreichte die Devisenspekulation gerade einmal einen jährlichen Umfang von 150 Milliarden Dollar. Vor nur 13 Jahren.
Zum jetzigen Zeitpunkt, oder sagen wir Mitte 1998 - ich kann nicht vom Monat September sprechen - , war die Ziffer auf mindestens 1 Billion Dollar angestiegen, jedoch nicht pro Jahr, sondern pro Tag.
Ein Analyst berechnete, daß bei dem von Tobin vorgeschlagenen Steuersatz von 1% jedes Jahr etwa 800 Milliarden Dollar eingenommen werden könnten. Er schlug vor, daß man die Hälfte dieses Betrages in den Ländern verwendet, die die Steuer erhoben haben, und die andere Hälfte den armen oder Schwellenländern, wie letztere gelegentlich höflich genannt werden, als Entwicklungshilfe zukommen läßt. Die Idee ist wirklich nicht schlecht, aber man muß sehen, ob die Herren der Weltwirtschaft fähig sind, sie zu akzeptieren. Zusammengefaßt läßt sich sagen, daß wir mit sehr ernsten und schwerwiegenden Phänomenen konfrontiert sind, die viele Unbekannte und Fragestellungen in sich bergen.
Selbstverständlich gehören wir weder dem Internationalen Währungsfonds, noch der Weltbank oder der Interamerikanischen Entwicklungsbank an, so daß wir keine Darlehen oder sonst etwas erhalten und auch nicht in den Genuß von so langfristigen Krediten kommen wie Haiti, das völlig zu Recht - ich las es in den Mitteilungen der Nachrichtenagenturen und Iglesias, der Direktor der Interamerikanischen Bank, bestätigte es mir in Porto - 91 Millionen Dollar auf 40 Jahre mit zinsfreien 10 Jahren und für die restlichen Jahre mit einem Zins von 2% oder 3% erhielt, was wirklich ein Geschenk ist. Aber gut, ich glaube, daß dies die Rolle der internationalen Finanzorganisationen zu sein hat und daß man so verfahren muß, weil es absolut gerecht ist, wenn man wirklich die vielen gravierenden Probleme auf der Erde lösen möchte.
Was uns betrifft, können noch soviele Wirbelstürme kommen, ich habe ja bereits gesagt, daß wir sie als selbstverständlich ansehen. Wir sehen die Blockade als selbstverständlich an, wir sehen die Dürre als selbstverständlich an, das Wetterphänomen "El Niño" ist ja wohlbekannt und wird in vielen Gegenden erlitten. Wir erhalten nichts von all diesen Hilfen und beziehen etwaige Zuwendungen auch nicht in die Berechnung unserer Pläne mit ein.
Wir machen unsere Berechnungen hauptsächlich auf der Basis der Ernsthaftigkeit und Effizienz unserer Arbeit sowie der realen Vorteile und des Vertrauens, das diejenigen haben können, die in unserem Land investieren und sich in der Regel mit unseren einheimischen Unternehmen zusammenschließen. Wir können nicht wünschen, daß es zu einer Katastrophe in der Weltwirtschaft kommt, denn dies wäre keine vollkommen ethische Anschauung. Nicht einmal der radikalste Revolutionär hätte das Recht, die Lösung der Probleme dieser globalisierten Welt, die heute von 6 Milliarden Menschen bewohnt wird, auf der Grundlage von Katastrophen zu ersehnen, obwohl bekannt ist, daß in der Menschheitsgeschichte auf die schweren Unglücke oftmals große Verbesserungen folgten. In der momentanen geschichtlichen Phase müßten andere Alternativen existieren. Es besteht zumindest die moralische Pflicht, diese in Betracht zu ziehen.
Clinton selbst, der sich noch vor einigen Wochen allgemein keine Sorgen um die Weltwirtschaft machte, dachte nie besonders darüber nach, da er sich fast ausschließlich auf die Interessen und die Wirtschaft seines Landes konzentriert hatte, das heute ernsthaft bedroht wird von dem, was in der Welt geschieht. Clinton wird in seinen Plänen in bezug auf die Innen- und Außenpolitik außerdem durch die Ultrarechten der republikanischen Mehrheit im Kongreß gebremst. Er hat nun ernsthaft begonnen, über dieses Problem nachzudenken. Genauso wie sein Finanzministerium und die Beamten von der US-Bundesreserve. Alle haben sie erst damit begonnen, als sie das Problem bereits unmittelbar vor Augen hatten und seine Tragweite erkannten. Das ist die Wahrheit. In die kapitalistische Welt kommt erst angesichts von Krisen oder sich anbahnender großer Krisen Bewegung und sie ist doch weit von der Vernunft oder der Wirklichkeit entfernt.
Wir gehen von einer gänzlich anderen Grundvorstellung und Wahrnehmung der Welt aus, weil wir der Ansicht sind, daß die weltweiten Probleme auf der Grundlage der Überlegung, der Vernunft, der Diskussion, der Debatte und des Dialogs gelöst werden können. Wir werden im Januar sogar ein bedeutendes Treffen in Kuba veranstalten, an dem zahlreiche renommierte Ökonomen aus unterschiedlichsten Ländern teilnehmen werden. Wir haben geplant, fünf Tage lang diese Probleme gemeinsam mit Referenten sämtlicher Wirtschaftsschulen zu erörtern, die von der Notwendigkeit überzeugt sind, dieses Thema zu vertiefen sowie Ideen zu entwickeln und zu verbreiten.
Natürlich hat die Bedrohung durch eine globalisierte Krise bereits zu einer Bewußtseinsänderung geführt, wobei die Erinnerung an das Jahr 1929 wie ein Geist wiederauferstanden ist. Alle Welt begann sich an jenes unheilvolle Datum zu erinnern und entdeckte, daß all das, was damals an der Börse geschah, beinahe genau dem entspricht, was heute geschieht: Die Werte stiegen und stiegen und stiegen und gleichzeitig fielen die Preise für die Grunderzeugnisse, wodurch die Bedingungen für eine Katastrophe geschaffen wurden. Obwohl es bereits die US-Bundesreserve gab, wurde ausgerechnet ihr die Schuld dafür gegeben, weil man ihr vor allem vorwarf, zuvor keine rechtzeitigen Maßnahmen ergriffen zu haben.
Nun gut, wir ziehen es vor, daß über die Probleme debattiert wird, daß sie vertieft, diskutiert und gelöst werden und es erst gar nicht zu Krisen kommt, die zu Katastrophen führen und schreckliche Folgen sowie unvorstellbare Opfer für Milliarden Menschen mit sich bringen, von denen viele - fast eine Milliarde - auch schon mitten im Weltwirtschaftsboom Hunger gelitten haben. Es ist absolut notwendig, daß der Mensch Gebrauch von seiner Intelligenz und seiner Vernunft macht, um Lösungen für solch dramatische Probleme zu finden.
Ich habe einige positive Anzeichen angesprochen, die sogar Risiken unmittelbar abwenden könnten.
Denken Sie etwa daran, daß die Veranstaltungsteilnehmer trotz der genannten Krisengefahr beschlossen, ihre Stände hier aufzubauen und an dieser Messe teilzunehmen. Ich glaube, daß sie es jetzt mehr denn je verdienen, wenn wir Ihnen sagen: Meine Herren, es gibt einige Nachrichten, die eher positiv sind und es gibt ein wenig Hoffnung. Der Zeitpunkt zu investieren und Geschäfte zu machen ist jetzt günstiger als noch vor einigen Monaten. Das ist Tatsache.
Natürlich kann man lediglich behaupten, daß es Hoffnungen und Möglichkeiten gibt, daß Vorstellungen und Grundeinstellungen geändert werden und daß es bestimmte Wahrnehmungsänderungen bei denjenigen gibt, die in ihren Händen den Schlüssel halten für die grundlegenden Ressourcen der Weltwirtschaft, und damit eine globale Krise bremsen, hinauszögern oder überstürzen können.
Sie haben Euch zu danken, Kalinin (zeigt auf den russischen Botschafter), und deswegen glaube ich, daß die Russen ein Recht darauf haben, bei den großen Beratern um Hilfe zu bitten, Hilfe einzufordern - keine Erpressung, darum geht es nicht - und ihnen zu sagen: Schaut nur, wir haben eure Ratschläge befolgt und das ist dabei herausgekommen. Verlangt jetzt nicht von uns, daß wir den Haushalt kürzen und die Löhne anstatt 6 Monate nun 12 Monate lang zurückhalten. Das hält niemand aus, das ist ein Ding der Unmöglichkeit. Sie können an Rußland nicht die gleichen Forderungen stellen wie an den Rest der Welt.
Für mich ist der Fall klar. Trotz meiner geringen Erfahrung in Fragen politischer Taktik und Strategie weiß ich, daß ihr Euch genauso wie Brasilien in einer starken Position befindet, weil es jetzt nicht nur darum geht, anderen zu helfen und zu retten, sondern mehr als je zuvor, Hilfe zu leisten, um sich selbst zu retten - was Vorrang hat. Man kann den Russen nicht noch mehr Opfer abverlangen, das wäre völlig unmöglich.
Wir verfolgen genauestens jedes Wort, das dort fällt und all das, was täglich unternommen wird, und ich erkenne dabei wirklich Mut in der neuen russischen Regierungsspitze. Ich erkenne Standhaftigkeit, Vernunft, aber auch Flexibilität, denn es werden keine Lösungen ohne Alternativen vorgebracht: Wir sind dazu bereit, dies und das und jenes zu tun, weil man es machen kann, aber dies und das und jenes nicht, weil es unmöglich ist. In einer Meldung von gestern hieß es, Rußland habe 812 Millionen Dollar an Steuern für den Staatshaushalt eingenommen, was die Einnahmen vom Oktober überstiegen habe. Achthundertzwölf Millionen Dollar im größten Land der Welt, in dem 140 Millionen Menschen leben, dessen Industrie und Wissenschaft stark entwickelt ist, das Tausende von Atomwaffen besitzt, viele Grenzen hat, Züge, die Tausende Kilometer zurücklegen müssen, weil sie das Hauptverkehrsmittel im Inlandverkehr darstellen. In Anbetracht dessen wird jedermann verstehen, daß es nicht möglich ist, das Leben eines Landes mit 812 Millionen Dollar im Monat, oder mit 1 Milliarde Dollar im Monat an Steuereinnahmen aufrechtzuerhalten.
Portugal allein nimmt für seinen Staatshaushalt mehr als 1 Milliarde Dollar im Monat ein, vielleicht auch zwei oder drei Mal soviel. Rechnen Sie nun einmal, was man von einem so großen Land wie Rußland verlangen kann, das weniger als 1 Milliarde an Steuern einnimmt. Der Welt darf die Tragödie dieses großen Staates nicht gleichgültig sein. Mehr noch; man kann die Probleme der Welt nicht lösen, wenn nicht auch die Probleme Rußlands gelöst werden, denn es kann zu Ereignissen und politischen Katastrophen kommen, die schwerwiegende Auswirkungen auf die Weltwirtschaft und die internationale Politik hätten. Für diese Beratung stelle ich Dir nichts in Rechnung, Kalinin (Gelächter). Mich hat niemand um Rat gefragt, aber ich kann Dir versichern, daß meine Ratschläge uneigennütziger und möglicherweise auch objektiver sind als die vom Währungsfonds und vieler anderer Experten aus den USA und dem Westen. Nun sind wir es nämlich, die dem Währungsfonds einen Rat erteilen: Macht ein bißchen Geld von diesen 90 Milliarden locker und überweist es nach Rußland. Wenn man will, sollen andere Dinge diskutiert werden, wie z.B. das Ende der Haushaltskürzungen und ähnliche Punkte. Es gibt Themen, über die diskutiert werden kann, wozu aber nicht die Art von Bedingungen zählt, die ruinöse, verheerende und destabilisierende Konsequenzen haben.
Es bildet sich gerade eine Regierungsspitze heraus, die jetzt über eine breite Unterstützung in der Duma verfügt. Es gibt eine Reihe von Umständen, die nach gesundem Menschenverstand jetzt die USA, den Währungsfonds und die ganze Welt veranlassen sollten, einen Teil dieser Fonds Rußland zukommen zu lassen. Man darf Rußland nicht vergessen - diesen Luxus darf man sich nicht leisten.
Heute habe ich die Nachricht gehört, daß man sich zu einer Lebensmittelhilfe entschlossen habe. Also Kalinin, falls Du die Meldungen noch nicht durchgegangen bist, verrate ich Dir schon mal, daß es sich um 4 bis 6 Millionen Tonnen Weizen handelt, und das zu einem Darlehen mit Zahlungserleichterungen. Da habt Ihr Glück; uns verkaufen sie kein einziges Kilo an Nahrungsmitteln, ganz zu schweigen davon, daß man uns etwa ein Darlehen anböte, egal ob es einen Hurrikan gibt, eine Dürre oder auch nicht. Aber das ist eine gute Nachricht für Euch: 4 bis 6 Millionen Tonnen Weizen. Wir haben nur die eine Sorge, daß die Menge so groß sein könnte, daß in der Folge der Preis für Weizen, den wir importieren müssen, in die Höhe getrieben wird und wir dann unsere wenigen Devisen für einen viel teureren Weltmarktpreis für Weizen aufwenden müßten. Zwei Umstände erschrecken uns: Den ersten habe ich gerade genannt. Die andere Befürchtung ist, daß aufgrund der Überschwemmungen in China dort jetzt selbst Bohnen, Reis und andere Dinge importiert werden müssen, was uns als Länder der Dritten Welt Kopfzerbrechen bereiten könnte, denn wir importieren heute viele dieser Erzeugnisse aus diesem Land, weil wir sie selbst nicht herstellen können.
Es heißt außerdem, daß ein Teil dieser 4 bis 6 Millionen an Hilfeleistung für Euch humanitären Charakter haben werde, das heißt kostenlos sein wird - wieviel genau wurde nicht gesagt. Sie sind wirklich "sehr gut". Sie müssen es tun, aber diese Hilfe reicht nicht im geringsten aus.
Ich sage hier ganz offen, wie ich immer spreche, daß sie Rußland nicht vergessen dürfen. Natürlich dürfen sie auch Brasilien nicht vergessen. Natürlich werden sie das nicht tun, es ist klar, daß sie das nicht tun werden. Das steht bereits fest, weil es der letzte Schützengraben ist, von dem aus es gilt, den Vormarsch der Krise zu verhindern, bevor sie die Auswirkungen unmittelbar an den Wertpapierbörsen der Vereingten Staaten zu spüren bekommen. Nach Lateinamerika geht ein Drittel ihrer Ausfuhren und hier haben sie einen Großteil ihrer Bankkredite und Investitionen angelegt. Das gilt nicht für Rußland.
Sie haben logischerweise Brasilien priorisiert. Die Lage der brasilianischen Wirtschaft ist weitaus weniger kritisch als die russische. Sie glauben, die Probleme mit 30 Milliarden Dollar lösen zu können, was sich noch herausstellen wird. Mexiko hat seinerzeit 50 Milliarden benötigt, Süd-Korea 100 Milliarden. Es kann durchaus sein, daß Brasilien die G-7-Staaten um 90 Milliarden und mehr bitten muß. Brasilien verfügt aus demselben Grund, den ich eben erwähnt habe, über eine starke Verhandlungsposition, denn Brasilien zu unterstützen bedeutet den Rest Lateinamerikas vor der Krise zu schützen. Brasilien zu unterstützen bedeutet für die USA, sich selbst zu unterstützen, und bedeutet für den gesamten Westen, sich selbst zu unterstützen. Daher ist die Position Brasiliens so stark. Wenn man eine starke Verhandlungsposition hat, muß man verantwortlich handeln.
Damit will ich sagen, daß eine strategisch privilegierte Position nicht dazu mißbraucht werden darf, verantwortungslos zu handeln oder nicht mehr selbst auch größte ernsthafte und wirksame Anstrengungen zu unternehmen. Aber in solch einer Lage stark zu sein, erlaubt es, über akzeptable Konditionen zu verhandeln, die das Land nicht destabilisieren.
Der brasilianische Präsident ist gerade mit über 50% der Stimmen wiedergewählt worden. Die Lage im Land selbst ist gut, aber die jetzigen Umstände können zu ernsthaften politischen Schwierigkeiten, zu einem großen Widerstand im Parlament, in den Regierungen der einzelnen Bundesstaaten, in den verschiedenen Gesellschaftsbereichen und in allen anderen Bereichen führen. Die Probleme, denen Brasilien gegenübersteht, sind nicht einfach. Aber ich sage noch einmal, Rußland und Brasilien verfügen über eine starke Verhandlungsposition.
So ist es unserer Meinung nach, und damit werde ich schließen, Sie müssen ja bestimmt schon müde sein vom Stehen (Gelächter)... Die Nachrichten sind für Sie, nicht für mich. Ich bitte Sie um nichts. Ich versuche lediglich eine Prognose zu wagen und einige Geheimnisse zu lüften, die einfach zu entdecken sind. Ich rede dabei freizügig, sehr freizügig. Ich glaube, da wir als Land, über das eine Blockade verhängt ist, als Land, das nichts von irgendeinem dieser Organismen erhält, die von den Vereinigten Staaten kontrolliert werden, das Land sind, das in der Welt die größte Freiheit besitzt, um in klaren Worten über das zu sprechen, was z.Zt. geschieht. Und da auf dieser Welt alles bekannt ist - sogar der Klatsch, der am Frühstückstisch zwischen den großen Herren aus der Finanzwelt ausgetauscht wird, wird überall auf der Welt bekannt, was dieser und was jener denkt. Spione braucht man schon gar keine mehr, denn es gibt Mitarbeiter und Experten, die beteiligt sind. Alle haben überall viele Freunde und erzählen also den Journalisten, Experten, Ökonomen und den Kollegen, was am Frühstückstisch, beim Mittagessen und sonstwo besprochen wurde und was Greenspan denkt, was Rubin gesagt hat, was Summer, der Unterstaatssekretär des Finanzministeriums meint und wie die Meinung von Ficher ist, dem zweiten Mann des Internationalen Währungsfonds, wenn ich mich nicht irre, und welche Sorgen sie haben - all das weiß man.
Wir können völlig frei reden, Erklärungen abgeben und Überlegungen anstellen. Ich schwöre Ihnen, das ist eine Freiheit, die wir für das ganze Leben erhalten möchten. Viele Länder sind abhängig von diesem und von jenem Kredit und können sich nicht die Freiheit nehmen, so offen über diese Fragen zu reden.
Ich versuche Cabrisas zu helfen, der möchte, daß Sie investieren. Daher sage ich Ihnen: Sie werden auf alle Fälle investieren, wenn wir das tun, was wir zu tun haben, denn sie sind begierig danach zu investieren. Und es gibt jetzt vielleicht eine Chance, die Weltwirtschaftskrise abzudämpfen, vielleicht zumindest im lateinamerikanischen und karibischen Raum. Das ist nicht nur eine Hoffnung für diejenigen, die hier investieren möchten, sondern auch für diejenigen, die Investitionen in anderen Teilen Lateinamerikas getätigt haben, verstehen Sie? Wer in Brasilien, in Argentinien oder in ein anderes Land investiert hat, muß sich darüber freuen, daß die Möglichkeit besteht, daß es hier nicht zu einer Katastrophe oder zu einem Crash wie in Südostasien kommt. Ich weiß, daß viele von Ihnen Geschäfte in zahlreichen Ländern unseres Kontinents zu tätigen haben. Das Bild, was sich z.Zt. abzeichnet, ist für Investoren aus aller Welt positiv, und es ist auch positiv für Deine Investoren, Fraga, und für die Hunderttausenden Deiner Landsleute, die in ganz Lateinamerika verstreut sind. Diese Hoffnung wird ihnen gut tun.
Was wir wirklich unternehmen müssen ist, zu versuchen, die Rahmenbedingungen zu ändern und die Veranstaltung ein wenig komfortabler zu machen. Man wird neue Lösungen suchen müssen. Außerdem muß das Gelände ausgebaut werden.
Ich erinnere mich noch gut, es war vor einigen Jahren - jetzt werden es bereits 10 Jahre sein - da gab es Unverständnis und Kritik wegen der Kosten, die wirklich nicht zu hoch waren, als wir dieses Zentrum mit der begeisterten Unterstützung freiwilliger Arbeiter als ständiges Ausstellungszentrum für die Binnenwirtschaft bauten. Das Gelände dient auch weiterhin dieser Funktion, aber unmittlbar nach seiner Fertigstellung begann man es auch für internationale Ausstellungen zu nutzen. Die ersten Handelsmessen wurden noch im Kongreßpalast und auf dem umliegenden Gelände veranstaltet, dabei wurde gerade mal ein Bulldozer und ein Kran rund um den Kongreßpalast gezeigt. Von dort sind wir dann nach hier umgezogen und jetzt ist auch hier schon der Platz zu eng geworden. Was bedeutet das? Das bedeutet, daß wir dieses Messezentrum ausbauen müssen, das außerdem Jahr für Jahr von Hunderttausenden von Mitbürgern besucht wird, und dessen Gesamtinvestition sich in kurzer Zeit amortisiert hat. Das bedeutet, angesichts der höheren internationalen Nachfrage eine größere Ausstellungsfläche zu erschließen. Die Fläche für die Erweiterung dieses Zentrums ist glücklicherweise vorhanden, aber jedes Jahr steigt die Anzahl der Länder und Unternehmen, die hier ihre Produkte ausstellen möchten. Ich bin mir sicher, daß die Nachfrage auch weiterhin steigen wird - dies hängt von uns ab.
Wir sind unser eigener Internationaler Währungsfonds, unsere eigene Weltbank, unsere eigene Interamerikanische Entwicklungsbank. Auf diese Weise haben wir unter großer Anstrengung und mit vielen Schwierigkeiten gelernt, wo es nur geht zu sparen, gegen alles zu kämpfen, was diesem Sparprogramm entgegensteht. Wir haben einen unermüdlichen Kampf gegen Ineffizienz sowie gegen Verschwendung oder Entwendung von Mitteln geführt und natürlich eine immer striktere Kontrolle dieser Mittel und Preisvergünstigungen für unsere Anschaffungen oder Importe erreicht.
Sie werden Jahr für Jahr mit immer besser geschulten und erfahrenen Kadern diskutieren können, die immer stärker um jeden Pfennig verhandeln, egal ob es sich nun um den Erwerb einer Maschine oder eine Ware handelt. Sie werden verstehen, daß wir die Pflicht haben, dies zu tun, damit unsere Wirtschaft sich weiterentwickeln kann und die Investitionen in Wirtschaft und Gesellschaft, sei es nun durch rein kubanische Unternehmen, Joint-ventures oder Investitionen mit ausschließlich ausländischem Kapital, wachsen können. Aus unseren Anstrengungen und unseren Opfern stellen wir die Mittel bereit, die wir für diese Entwicklung beitragen, wobei wir immer noch den größten Teil stellen.
Das es jetzt zu keinen Katstrophen kommt, liegt auch in unserem Sinne, und das nicht nur aus ethischen Gründen - was ich bereits erklärt habe. Außerdem, glaube ich, sind wir auf die eine oder andere Weise besser gerüstet als jedes andere Land, uns mit Schwierigkeiten auseinanderzusetzen, weil wir daran gewöhnt sind, gegen große Schwierigkeiten anzukämpfen. Deswegen konnten wir und werden auch weiterhin diese bescheidenen Früchte unserer Anstrengungen ernten und einen, wenn auch bescheidenen, Zuwachs verzeichnen. Ich glaube, daß man bereits qualitative Veränderungen, eine sehr augenscheinliche Steigerung der Leistungsfähigkeit unserer Kader beobachten kann - Fortschritte bei unseren Erfahrungswerten, eine absolute und umfassende Sicherheit für die Investoren, die unserem Land Vertrauen entgegengebracht haben.
Wir haben es nicht nötig, daß der Währungsfonds uns sagt, was wir mit der Rückführung der Gewinne zu tun haben, weil wir das schon entschieden hatten, als wir den Plan faßten, ausländische Investitionen für unsere Entwicklung als Ergänzung unserer Wirtschaft zuzulassen - und das war noch vor dem Zusammenbruch der UdSSR. Unsere Wirtschaft stützte sich zum Teil auf Technologien, Kredite und Lieferungen aus der Sowjetunion. Trotzdem haben wir im Laufe der Revolution immer dann, wenn wir es für sinnvoll erachteten und es möglich war, Technologien, Maschinen, Geräte und Betriebsmittel für unsere nationalen Unternehmen aus dem Westen erworben. Und bis heute sind wir zufrieden mit der Erfahrung der Beteiligung ausländischen Kapitals an den Investitionen, die in unserem Land getätigt werden. Wir sind zufrieden mit der Kooperation und der Erfahrung, die ausländische Unternehmen zum Management von Wirtschaftseinrichtungen sowie zur Produktion und Vermarktung von Gütern und Dienstleistungen beigetragen haben. Wir brauchen keine Ratschläge in bezug auf die Rückführung von Gewinnen, weil sie automatisch und völlig frei rückgeführt werden.
Die Frage der Rückführung oder Nicht-Rückführung, die z.Zt. diskutiert wird, ob Maßnahmen zu ergreifen sind, ob die Gewinne eine Zeit lang zurückgehalten oder eingefroren werden sollen, haben wir bereits am ersten Tag gelöst. Die Rückführung der Gewinne ist und wird auch in Zukunft in Kuba absolut automatisch und frei geschehen. Deswegen haben wir nicht aufgehört zu denken, wie wir nun einmal denken; wir haben deswegen nicht aufgehört, uns als Sozialisten zu bezeichnen. Für uns bedeutet Sozialismus die Entwicklung des Landes, d.h. die Entwicklung der Wirtschaft, der Gesellschaft, eine gleiche und gerechte Verteilung der Reichtümer des Landes.
Wir freuen uns darüber, so gute Kampfgefährten wie den jetzigen Weltbankdirektor Wolfensohn zu haben, wenn auch das letzte Wort in der Tat diejenigen sprechen sollten, die in dieser Institution absolutes Vetorecht besitzen - die Vereinigten Staaten. Lesen Sie einmal seine Rede vom 6. Oktober, in der er - erschrecken Sie nicht - beinahe ein Glaubensbekenntnis zum Marxismus-Leninismus abgelegt hätte. Vieles von dem, was er an diesem Tag sagte, können wir so unterschreiben.
Kurz gesagt gibt es innerhalb unserer revolutionären und wahrhaft sozialistischen Grundeinstellung durchaus einen Platz für die Idee ausländischer Investitionen sowie für ein Maximum an Möglichkeiten, Garantien und Sicherheit für den, der in unser Land investiert.
Was wir Ihnen versprechen können ist Aufrichtigkeit; was wir Ihnen versprechen können ist, daß es keinen Minister, keinen hohen Machthaber unseres Landes gibt, der sich an Sie wendet oder mit Ihnen verhandelt, um Sie um eine Provision zu bitten oder Schmiergeld zu nehmen. Das behaupte ich kategorisch. Wenn dies doch einmal vorkommen sollte, so möchte ich Sie darum bitten, dies direkt denjenigen mitzuteilen, die die größte Verantwortung dafür tragen. Natürlich kann ich nicht absolut für alle meine Landsleute garantieren, aber wir garantieren für jene, in deren Händen die wichtigsten Entscheidungen liegen.
Wir haben bestimmte Bereiche dezentralisiert, was unausweichlich war. Es gibt viele Menschen in sehr unterschiedlichen Bereichen, sogar im Privat- oder beinahe Privatsektor, die Kontakt mit diesen grünen Scheinen haben, die das verheerendste Gift, den größten Überträger von Lastern und moralischen Krankheiten darstellen, das die Welt je gekannt hat. Früher war es das Gold, aber das Gold war sehr schwer und man konnte es kaum transportieren. Die Geldscheine sollten nun den Gegenwert für eine bestimmte Menge Gold darstellen. Jetzt stellen sie gar nichts dar, es handelt sich einfach nur um in der Druckerei bedrucktes Papier. Aber es hat Kaufkraft erlangt aufgrund von historischen Umständen und dem Bedürfnis der herrschenden Wirtschaft, über ein Tauschinstrument zu verfügen, das von der Weltmacht, das es druckt, mißbraucht worden ist und weiterhin bis ins Absurde mißbraucht wird.
Es gibt viele, die Geld verwalten, aber wir sind uns bewußt, daß immer ein Risiko besteht bei vielen Leuten, die Geld verwalten. Trotzdem kann ich Ihnen versichern, daß die wichtigsten Entscheidungen in der Wirtschaftspolitik, die wichtigsten Entscheidungen, die es zu treffen gilt, auf einem Niveau fallen, auf dem Sie niemals jemanden finden werden, der sich bestechen läßt. Wir wissen, daß es einen weltweiten Aufschrei und Protest gibt gegen etwas, was sich Korruption nennt, die sich stärker auf der Welt ausgebreitet hat als Malaria, Tuberkulose, AIDS und andere Krankheiten zusammen, und gegen die kein Land immun ist. Die Revolution hat hart um den Begriff und das Prinzip der Aufrichtigkeit gekämpft und wird auch weiterhin darum kämpfen. Das ist das, was ich Ihnen versprechen kann.
Ich habe Ihnen gesagt, was ich Ihnen sagen wollte. Auf diese Weise können Sie besser die Worte von Cabrisas interpretieren. Zwingen Sie ihn nicht, jedes Jahr hierherzukommen, um stets die gleiche Rede zu halten, die außerdem noch über fünf Seiten lang ist. Jahr für Jahr muß er davon sprechen, wie sich der Fremdenverkehr entwickelt, wie stark der Zuwachs der Nickelproduktion ist. Jeder weiß ja, daß die Produktion erhöht wurde, aber die Preise gefallen sind, und daß alle Grunderzeugnisse an Preis verloren haben. Der Preisindex steht sehr schlecht. Das gilt für Kupfer, Aluminium und Zinn. Sogar der Goldpreis, meine Herren, ist gefallen.
Das gefällt den Kanadiern nun überhaupt nicht (Erneuter Blick in Richtung des kanadischen Botschafters), die viele Goldgeschäfte in verschiedenen Ländern tätigen; dazu gehören Goldschürfung sowie Goldverträge, da Gold kaum noch verwendet wird, nicht einmal als Währungsreserve. Es ist heute praktisch nur noch ein Metall, das man in der Schmuckherstellung und zu einigen anderen Verwendungszwecken benutzt. Täglich werden es immer weniger Regierungen, die noch ein wenig Gold als Währungsreserve aufbewahren. Viele haben es verkauft oder seine Menge in den Zentralbanken verringert, worunter die Preise deutlich gelitten haben.
So fallen nun also die Produktpreise, aber wenn es zu einem neuen Wirtschaftsaufschwung kommt, dann, Cabrisas, muß man die Nickelproduktion, die trotz allem, bei einem Preis zwischen 3.900 und für weniger als 3.800 Dollar die Tonne, wirtschaftlich geblieben ist, nicht stoppen. Obwohl manchmal schon Preise zwischen 8.000 und 9.000 Dollar erzielt wurden, ist die Nickelproduktion selbst bei den momentanen sehr niedrigen Preisen immer noch rentabel oder wenigstens bezahlbar. Wenn es mit der Weltwirtschaft aufwärts geht, geht es zweifellos auch mit den Nickelpreisen und mit den Preisen für andere Exportgüter aufwärts.
Bereiten wir uns auf das nächste Jahr vor. Laßt Euch was einfallen, besorgt Euch Stühle. Fraga dort drüben muß stehen, wenn er auch sehr stark ist. Glauben Sie nicht, daß er sich etwa um die Jahre geschert hätte. Er hat unglaubliche Arbeitsprogramme. Es scheint so, als mögen die Organisatoren, die für ihn die Programme erstellen, ihn nicht besonders. Vielleicht ist es aber auch so, daß sie ihn manchmal aus lauter Zuneigung beinahe umbringen.
Zwei Vorschläge hätte ich zu machen: Die Organisation von bequemeren Veranstaltungen für die Teilnehmer, so daß man die Themen vertiefen und den Inhalt der Eröffnungsveranstaltung variieren kann und gleichzeitig unverzichtbare Kennziffern und Daten miteinbeziehen und schon damit beginnen kann, den Ausbau dieses Messezentrums zu planen. Sie brauchen Raum, Sie brauchen mehr Parkflächen. Wenn das so weitergeht, werden Sie Ihre Wagen noch an der 100. Straße abstellen und durch einen Fahrraddienst von dort hierher radeln müssen, weil ich überall entlang der Zufahrtsstraße Autos gesehen habe, was ja bei einer Beteiligung von mehr als 3.000 Ausstellern und Teilnehmern auch nicht weiter verwundert.
Das ist das, was ich Ihnen sagen kann.
Ich möchte Sie um Verzeihung bitten. Ich wiederhole Ihnen, daß ich die guten Nachrichten und die Ratschläge nicht in Rechnung stelle, und daß mein Standpunkt von Optimismus geprägt ist und auf eine solide Grundlage zurückgreift. Hoffentlich geschieht bei so vielen möglichen Ereignissen, möglichen politischen und wirtschaftlichen Fehlern nichts, was eine günstige und wünschenswerte Entwicklung der Weltwirtschaft in der unmittelbaren Zukunft verhindern könnte.
Vielen Dank (Längerer Beifall).
Fidel Castro
REDE ANLÄßLICH DER ERÖFFNUNG DER XVI INTERNATIONALEN HANDELSMESSE VON HAVANNA (FIHAV 98)
1. November 1998