Ansprache des Präsidenten des Staatsrats der Republik Kuba, Fidel Castro Ruz, auf der offenen Tribüne der Jugend und der Studenten, zum Abschluß des 7. Kongresses des Kubanischen Frauenbundes im Palacio de las Convenciones am 8. März 2000.
(Stenographischer Dienst des Staatsrates)
Euch wurde auch angekündigt, dass es zwei Überraschungen geben würde, und sicher dachtet ihr, dass ich sprechen würde. Das hatten alle schon erraten (Lachen).
Doch ich habe noch nie in meinem Leben mit solch einem Druck oder solch einer Geschwindigkeit gearbeitet wie in diesen zwei Stunden, in denen ich Papiere und Daten geordnet und Blätter sortiert habe. Denn unter Umständen wie diesen muß man schließlich präzise und exakt sein, und dank Silvio, der mir das Leben rettete, habe ich es geschafft, wenn ich dabei auch die Stimme verloren habe (Lachen und Beifall).
Liebe Genossinnen und Genossen:
Einige Leute fragten sich häufig, warum ich auf keiner offenen Tribüne gesprochen hatte, und vor etwa fünf Tagen erläuterte ich, dass dies nicht nötig war.
Ich weiß nicht, ob dies heute eine Ausnahme ist oder eine Kombination, da die offene Tribüne zu Ende geht und der Kongreß des Kubanischen Frauenbundes noch nicht seinen Abschluß gefunden hat. An diesem Kongreß habe ich bisher noch kein einziges Mal teilgenommen, wenn ich auch die Gewohnheit habe, zu jeder Stunde und an jedem Tag der Kongresse zugegen zu sein. Heute muß ich etwas sagen.
Ich werde nicht von Elián sprechen, oder sagen wir besser vom Thema Elián. Das, was man diesem Kind angetan hat, ist wirklich eine Ungeheuerlichkeit, doch ich denke, dass es etwas noch viel Ungeheuerlicheres gibt, nämlich den Cuban Adjustment Act, und das werde ich jetzt hier beweisen.
Informationen, die von Agenturmeldungen aus Miami stammen:
"28. Februar.- Eine neue Gruppe von fünf kubanischen Immigranten gelangte am heutigen Montag an die Küste Floridas, wobei sie von mutmaßlichen Schmugglern transportiert wurden, wie die US-Behörden mitteilten.
Laut der Küstenwache zahlte die Gruppe, die an diesem Morgen die Keys von Florida erreichte, 5 000 Dollar für die von Kuba aus gestartete Reise.
28. Februar.- Die Küstenwache der Vereinigten Staaten nahm am Montag sieben Kubaner ohne Ausweispapiere fest, die in zwei Gruppen an der Küste Floridas angelangt waren, wie der Sprecher dieser Institution mitteilte.
Die Küstenwachpatrouille nahm in Hollywood (Florida) ein aus Havanna stammendes Ehepaar auf, das am Vortag im Hafen von Mariel (Kuba) in einem Schnellboot ausgelaufen war und angab, 5 000 Dollar pro Person an einen Schmuggler gezahlt zu haben, wie der Sprecher Joe Mellía bekanntgab.
Das Paar versicherte, dass sechs weitere Kubaner sie in dem Boot begleiteten, doch die Küstenwache verhaftete in Hollywood weder weitere Kubaner noch den mutmaßlichen Schmuggler, fügte der Sprecher hinzu.
2. März.- Zwanzig Kubaner ohne Ausweispapiere kamen am Donnerstag auf einer Insel des Bundesstaates Florida an, und zwar auf einem häuslich hergestellten Floß aus leeren Öltonnen, teilte der Sprecher der US-Küstenwache mit. Es handelte sich um fünfzehn Männer, drei Frauen und zwei Mädchen.
3. März.- Insgesamt 48 Kubaner ohne Ausweispapiere gelangten an einem Tag an die Küste Floridas, bestätigte am Freitag der Sprecher der US-Küstenwache.
Die Polizei von Monroe County (Florida) nahm am Freitagmorgen eine Gruppe von 28 Kubanern fest, die am Donnerstagabend an einem Strand von Marathon Key, dem südlichsten Archipel des Bundesstaates, angekommen war, gab der Sprecher Joe Mellía bekannt. Es handelte sich hierbei um zehn Männer, zehn Frauen, fünf Jungen und drei Mädchen."
Wir hatten bereits das erwähnt, was über das andere Boot mitgeteilt wurde, bezüglich der 15 Männer, drei Frauen und zwei Mädchen.
Das alles sind öffentliche Agenturmeldungen.
"6. März.- Eine Gruppe von neun Kubanern kam am Montag in Cayo Largo, Florida, an, weshalb sich die Zahl der aus Kuba ohne Ausweispapiere kommenden Personen, die in den ersten Tagen des Monats in die Vereinigten Staaten kamen, jetzt auf 89 belaufe, wie ein Sprecher der Küstenwache bekanntgab."
In Wirklichkeit waren es 107 in fünf Tagen, wenn man zu den 89 die 18 hinzuzählt, die am morgigen Donnerstag von der US-Küstenwache nach Kuba zurückgebracht werden, nachdem sie auf hoher See gestoppt worden waren.
Angesichts der hohen Zahl von kubanischen Bürgern, die in aus Florida stammenden Schnellbooten, die überladen zurückkehrten, oder in aus Miami finanzierten zerbrechlichen Booten in die USA gebracht wurden, beantragten wir heute morgen um 9.30 Uhr bei der Interessenvertretung der Vereinigten Staaten in Havanna, dass uns dringend mitgeteilt werde, wie viele Frauen und Kinder sich unter den 89 kubanischen Bürgern befanden, die zwischen dem 2. und dem 6. März an der Küste dieses Landes ankamen. Das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten stellte den Antrag und bat dringend um eine Antwort.
Etwa um 16.00 Uhr fragte man bei besagter Interessenvertretung an, ob es Nachrichten bezüglich der beantragten Information gebe. Sie antworteten uns, dass sie noch über keine offizielle Information verfügen würden, obwohl sie einige Male in Miami angerufen hatten, und dass in den letzten sieben Tagen etwa 140 Personen angekommen seien, die Mehrheit davon als Ergebnis von Schmuggeloperationen. Sie fügten hinzu, dass sie weiterhin darauf drängen würden, die Information zu erhalten, wobei sie jedoch bereits voraussagten, dass wir zumindest bis morgen keine Information erhalten würden
Wir mußten wirklich heute bereits über genaue Angaben bezüglich dieses Aspekts verfügen, denn es handelt sich laut Interessenvertretung um 140 kubanische Bürger.
Angesichts der Tatsache, dass es heute keine Antwort über diese Daten gab - und da morgen, morgen ist und nicht heute -, und ausgehend von den Agenturmeldungen vom 2. und 3. März, als sie von der Zusammensetzung der 48 sprachen, die in zwei Gruppen ankamen, nämlich einer Gruppe mit 20 und einer mit 28 Personen, wobei die Zahl der Frauen und Kinder in jedem Boot angegeben wurde und man auf insgesamt 23 kam, von den 48, die auf diese Art an der Küste ankamen - das heißt, es war fast die Hälfte, es fehlt nur eine Person für die Hälfte von 48 -, und wenn man diesen Anteil auf die 89 überträgt, von denen in der Agenturmeldung vom 6. März gesprochen wurde, dann kann man daraus schließen, dass es etwa 24 Frauen, möglicherweise fast alle Mütter, und 19 Kinder waren. Das ist die Berechnungsgrundlage, um eine selbstverständlich nur annähernde Idee von der Zahl der Frauen und Kinder zu haben, die in diesen fünf Tagen das Land verließen.
Wenn man die selbe Methode auf die Zahl von 107 anwendet, die insgesamt zwischen dem 2. und dem 6. März das Land auf diesem Weg verließen, käme man auf 28 Frauen und 21 Kinder.
Ich mußte eben viele Berechnungen anstellen, multiplizieren und dividieren, weil ich diese Daten in noch unbearbeiteter Form hatte, wobei ich wußte, wie ich die Berechnung anzustellen hatte, und ich wartete darauf, ob sich irgendeine Antwort ergeben würde. Vorher hatte ich nur die reinen Zahlen. Ich dachte, ich könnte das schnell ausrechnen, und dann mußte ich ein Blatt Papier verwenden, das danach voll mit Zahlen war.
Wenn ich irgend etwas falsch ausgerechnet habe, bitte ich diejenigen, denen das gefällt - so, wie ich es normalerweise mache -, die Daten analysieren und bestätigen, um Entschuldigung. Ich habe sogar Brüche verwendet, doch ich konnte nicht von einer Personenbruchzahl sprechen. Wenn es sich an die höhere Zahl annäherte, nahm ich diese, doch ich war bei der Berechnung eher konservativ.
Zusammenfassend kamen bei diesem Rhythmus 38 Frauen und 28 Kinder pro Woche an, was einem täglichen Durchschnitt von 5 Frauen - hier rundete ich ab - und 4 Kindern entspricht.
Ohne jeglichen Zweifel unternimmt die US-Regierung zur Zeit die größte Anstrengung, um das entführte Kind seinem Vater und seinen Großeltern zurückzugeben. Dies wird durch die Tatsache unterstrichen, dass genau gestern, 48 Stunden vor der Gerichtsanhörung am morgigen Donnerstag, dem 9. März, bekanntgegeben wurde, dass der Stellvertretende Generalstaatsanwalt des Justizministeriums, Edwin S. Kneedler, damit beauftragt wurde, die Argumente bei der Anhörung mündlich vorzutragen, was sehr ungewöhnlich ist. Sie haben die Verantwortung für das Vortragen der Argumente bei der Anhörung des Bundesgerichts einer Person übertragen, die praktisch einem Vizechef des Justizministeriums entspricht.
Das erkennen wir an, denn sie erhöhen damit die Möglichkeiten für eine relativ schnelle Lösung des Problems, so wie es die seelische und sogar die physische Gesundheit dieses gepeinigten Kindes erfordert. Ich spreche davon, das dies "die Möglichkeiten für eine relativ schnelle Lösung erhöht". Das bedeutet nicht, das es absolut sicher ist, dass dies so geschieht, sagen wir innerhalb von Tagen oder wenigen Wochen.
Nun gut - und das ist das Wichtigste -, welche Bedeutung hätte die Rückkehr Eliáns, wenn täglich 4 und wöchentlich 28 Kinder auf diese Weise das Land verlassen und dabei das gleiche Schicksal erleiden können, oder ein noch schlimmeres Schicksal als das des schiffbrüchigen Kindes, das die Tragödie überlebte?
Bei der unglücklichen Reise, die ein unverantwortliches Individuum mit einem üblem Vorstrafenkatalog organisierte, das niemals ein Visum zur Einreise in die USA erhalten hätte, starben 11 Personen, darunter, Frauen, alte Menschen und Kinder, oder besser gesagt ein Kind. Diese Angabe habe ich nicht mit voller Genauigkeit, aber es ist sicher, dass wenigstens ein Kind starb.
Zehn Tage vor der Agenturmeldung vom 6. März brachte eine andere Agenturmeldung aus Miami die Nachricht von einer anderen Tragödie.
Die ersten Nachrichten kamen in Wirklichkeit bereits am 26. Februar, doch ich zog es vor, eine Meldung vom 28. Februar zu benutzen, weil sie das Wichtigste mit mehr Details enthält. Es ist eine öffentliche Agenturmeldung, die folgendermaßen lautet:
"Eine Gruppe von Floßflüchtlingen, die neun Tage auf dem Meer überlebten, bevor sie gegenüber der Küste von Florida gerettet wurden, mußte aufgrund des Fehlens von Essen oder Wasser den eigenen Urin trinken, wie die Geretteten einer Lokalzeitung erzählten.
Drei der insgesamt vier Überlebenden werden am heutigen Montag aus dem Krankenhaus entlassen, während der vierte seit Freitag in einem kritischen Zustand in einem Krankenhaus in Miami liegt, nach der Überfahrt, bei der zwei weitere Immigranten starben.
Die Überlebenden, der 33-jährige Jorge Nicolás González, der 27-jährige Oscar Lázaro García und der 21-jährige Jeinier Alvarez, schilderten der Zeitung The Miami Herald ihre Odysee.
Sie erinnerten sich daran, dass sie nach dem Aufwachen am Freitag, kurz bevor sie von der US-Küstenwache gerettet wurden, ihre beiden Gefährten tot vorfanden.
Der vierte Überlebende, der 29- jährige
Ernesto Molina Ramos, bleibt auf der Intensivstation der South Shore-Krankenhauses,
wo er mit Kreislaufproblemen aufgrund des Trinkens von Salzwasser eingeliefert
worden war. Ebenfalls konnte es auch zu einem Brand an einem seiner Beine
kommen."
Soviel ich weiß, wurden ihm danach ein Bein oder beide amputiert. Sara Abreu, der Stiefmutter von García, zufolge kam es auf dem Floß zu einer derartigen Zwangslage, dass Molina Ramos seinen Gefährten die Erlaubnis gab, im Falle seines Ablebens seinen Körper zu verzehren.
"Der Außenbordmotor setzte kurz nach Verlassen der Insel aus", erklären sie.
Eine zwei Tage darauf eingehende Meldung berichtet, Ernesto García Ramos sei ebenfalls gestorben; also drei der sechs Insassen verloren ihr Leben.
Es gibt keinen deutlicher Beweis als diesen Fall für meine Behauptungen über den monströsen Charakter des Cuban Adjustment Act.
Wer waren nun jene sechs Bürger, die eine derartig dramatische und grausame Odyssee durchzustehen hatten? Ich habe hier ihre Namen und einige kurzgefaßte Angaben.
Reynier Alvarez Valdés, geboren am - eine frühere Meldung sprach von 22 Jahren - 7. September 1973. Alter: 26 Jahre. Er hatte Angehörige im Ausland, einschließlich seien Vater, der ihn nie anerkannt hatte. Keine Vorstrafen.
Victor Manuel Bermúdez Pavón, geboren am 15. Juni 1958. Alter: 41 Jahre. Keine Vorstrafen. Sein Umfeld war ein deutlich asoziales.
Jorge González Aguerreve, geboren am 6. Dezember 1967. Alter: 32 Jahre.
- ehemaliger Häftling 1992 wegen Unterschlagung, Gericht Marianao. Verbüßte seine Strafe in Valle Grande im Januar 1992 und wurde im Februar gegen Zahlung einer Strafe freigelassen.
- ehemaliger Häftling 1991 wegen schwerer Körperverletzung. Strafrechtlich verfolgt wegen Veruntreuung. Noch ausstehend ein Verfahren wegen Diebstahls eines Lkw's mit Geflügel.
In seinen Akten steht folgendes:
- ehemaliger Häftling aus zwei verschiedenen Verfahren wegen illegaler Ausreise von 1990 bis 1991 und von 1991 bis 1992.
Ehemaliger Häftling nicht nur wegen illegaler Ausreisen, sondern auch wegen gemeiner Straftaten, wie aus der Gerichtsakte 0255040 hervorgeht. Er hatte eine Sanktion von mehreren Jahren Freiheitsentzug wegen Diebstahls anhängig. Er bekommt kein Visum und greift unmittelbar zur illegalen Ausreise. Ach so, auf diese Weise wird er also aufgenommen, wenn er den Fuß auf US-amerikanischen Boden setzt, sei es auch nur auf einem der vielen kleinen Keys vor Florida.
Ernesto Molina Ramos, geboren am 10. Januar 1972. Alter: 28 Jahre. Er unternahm einen ersten illegalen Ausreiseversuch im Dezember 1999 - ihm war es gar nicht erst eingefallen, zur Interessenvertretung zu gehen, denn er hätte niemals ein Visum erhalten - und wurde im gleichen Monat von den Grenztruppen zurückgebracht. Das heißt also, im Dezember vorigen Jahres stand bereits das Elián-Problem. Er versucht die Ausreise, wird geschnappt und zurückgebracht.
Gemäß den Bestimmungen der Migrationsabkommen schicken sie jene zurück, die sie abfangen, doch Tag für Tag werden es weniger. Sie behielten stets einige, etwas mehr als 20 Prozent, zurück. Der Grund dafür ist nicht bekannt. Meines Erachtens hat diese Politik etwas mit den Forderungen jener Extremisten der Mafia zu tun, die das Migrationsabkommen vernichten wollen.
Also, er wird zurückgebracht, geht nach Hause und behält den gleichen Status, den er bei der Ausreise hatte. Am 18. Februar bricht er erneut mit Kurs auf die Vereinigten Staaten auf. Sein Begleiter hatte ebenfalls im Dezember den Ausreiseversuch unternommen, war gemeinsam mit ihm abgefangen und zurückgebracht worden. Diese beiden die zurückgebracht wurden, gehörten zu den sechs, die zwei Monate später versuchten, illegal in die Vereinigten Staaten auszureisen.
In den Akten steht folgendes:
- ehemaliger Hâftling, verurteilt wegen Einbruchdiebstahls mit einer Haftstrafe von neun Jahren Freiheitsentzug, die im Dezember 2000 abläuft. Seit dem 18. Juli 1996 stand er unter bedingter Haftentlassung, hat also etwa sechs Jahre der verhängten Strafe verbüßt.
Unternahm im Dezember 1999 einen illegalen Ausreiseversuch in einem dürftigen Boot, in Begleitung von drei weiteren Bürgern, darunter der vorgenannte. Sie wurden von der Küstenwache zurückgebracht. Zwei Monate danach unternahm er einen erneuten Versuch, der zur todbringenden Reise wurde. Wie oft wird es wohl ein Mensch unter solchen Bedingungen versuchen und warum?
In den Akten steht folgendes:
- ehemaliger Hâftling, verhaftet wegen Einbruchsdiebstahls, Verbüßen der Sanktion in der Strafvollzugsanstalt Combinado del Este von September 1992 bis April 1994. Verfahren 556/92, Personalakte 1282547.
- strafrechtlich verfolgt wegen mehrerer Diebstähle kraft Anklage 436/94 beim Polizeirevier Sexta Unidad de la PNR von Marianao;
- strafrechtlich verfolgt wegen Einbruchsdiebstahls, Verfahren 6733/92. Das ist höchstwahrscheinlich der Grund seiner Sanktion;
- strafrechtlich verfolgt wegen Sachbeschädigung, ohne Datumsangabe;
- strafrechtlich verfolgt wegen Bedrohung, Anzeige Nr. 9050/92;
- ehemaliger Häftling wegen Mittäterschaft in einem Tötungsverfahren und wegen Besitz von Hieb- und Stichwaffen; wurde mit einer Sanktion von drei Jahren Strafvollzug belegt, den er 1989 antrat und am 11. September 1990 die bedingte Entlassung erhielt. Nummer im Vorstrafenregister: 387890.
Der Wahrscheinlichkeitsrechnung gemäß sind es sehr wenige, die einen zweiten Versuch starten müssen, denn die Möglichkeiten, beim ersten Mal das Ziel zu erreichen, liegen bei 80 Prozent, und bei einem zweiten Versuch steigt ihre Zahl. Diese Möglichkeiten verdoppeln sich in der Tat und machen keinen dritten Versuch erforderlich. Die Möglichkeiten liegen bei annähernd 170 zu 30.
Wie können diese Dinge vermieden werden, wenn ihnen die Vereinigten Staaten auf der einen Seite das Visum verweigern und sie andererseits bei illegalen Auswanderungen mit offenen Armen empfängt, ohne Kuba - nie haben sie es getan - nach den Vorstrafen zu fragen? Sie erhalten die legale Aufenthaltsberechtigung und eine sofortige Arbeitsgenehmigung, etwas, das erst neulich in das berüchtigte Cuban Adjustment Act hinein interpretiert wurde. Um welchen Arbeitsplatz werden sie sich denn bewerben, wenn sie - wie diese genannten Fälle - in ihrem Dasein nichts anderes getan haben als am Rande des Gesetzes zu leben, ohne sich um einen Arbeitsplatz zu kümmern?
Welchen Sinn hat es, Personen nach Kuba zurückzuschicken, die, nachdem sie auf See abgefangen wurden, nach Kuba und zu ihren Familien zurückgebracht werden, so wie es die geltenden Migrationsabkommen bestimmen? Sie können sofort einen zweiten oder zwanzig weitere Versuche starten, illegal in die Vereinigten Staaten auszureisen, ihr Leben dabei zu gefährden, bis sie an jene Küsten 0gelangen.
Mit dem Cuban Adjustment Act in Kraft wird es keinen Abenteurer oder Straftäter, mit verbüßter oder noch zu verbüßender Strafe, in bedingter oder verbürgter Freiheit geben, der nicht davon träumte, auf diese Weise in jenes Land zu reisen, wo es mehr Güter gibt, die man stehlen kann, und mehr Raum für andere Straftaten. Damit will ich natürlich nicht sagen, dass alle Kriminelle sind, die illegal auszureisen versuchen oder versucht haben. Viele von ihnen sind einfache Leute, denen das Visum verwehrt wurde oder die jahrelang darauf warteten und sich dann für den Weg entschieden, der ihnen die Vorteile des Cuban Adjustment Act bringt.
Zehn Jahre wurden praktisch vertan, als die erste Vereinbarung mit Reagan unterschrieben wurde, der sich dazu verpflichtete, bis zu 20.000 Visa zu bewilligen. Schaut, wie sie diese Vereinbarung ausgelegt haben, Eintausend und etwas mehr Visa in einem Jahr, und die Zahl ging zurück bis auf unter Tausend, weil nach ihrer Auslegung drei Visa ausreichten, um sagen zu können, dass sie die Vereinbarung der bis zu 20.000 Visa erfüllten.
Was taten sie in Verschwörung mit der bereits wohlbekannten, von ihnen gegründeten, Stiftung, der sie eine soziale Basis verschaffen wollten? Viele dieser Visa, die sie Bürgern hätten geben sollten, die von ihren Angehörigen getrennt in Kuba lebten, - was das Ziel der Vereinbarung war – gaben sie Bürgern kubanischer Abstammung, die sich in anderen Ländern aufhielten, in jedwedem der vielen Länder, in denen Kubaner sind, die nicht in die USA einreisen konnten, weil man von diesen Ländern aus nicht mit Motorbooten oder Flößen, die vom Golfstrom mitgerissen werden, dorthin gelangen konnte. Ja, so verfuhren sie mit dem Visum; ich erinnere mich nicht genau – aber ich überschlage, dass etwa 180.000 in Kuba wohnende Kubaner weiterhin warten mußten.
In all diesen Jahren wurden keine 10.000 erreicht. Diese Vereinbarung war, glaube ich, neun Jahre lang in Kraft, bis sie durch die Vereinbarungen von 1994 und 95 mit der Clinton-Regierung ersetzt wurde. Deshalb lauten die neuen Vereinbarungen: Nicht weniger als 20.000 – das heißt, sie können die Zahl erhöhen wenn sie dies wünschen, aber nicht verringern – und diese Quoten wurden tatsächlich erfüllt. Während einiger Zeit wurden nur 15.000 Visa ausgegeben, da sie um Unterstützung bei der Lösung des Problems einiger Tausend Kubaner, die sich auf dem Militärstützpunkt Guantánamo aufhielten, gebeten hatten. Sie baten uns um unsere Mitarbeit und wir waren bereit dazu; dank dieser Kooperation reisten einige Tausend von denen, die auf diesem Stützpunkt untergebracht waren, im Laufe von zwei oder drei Jahren in die USA. Ein Teil der Quote dieser 20.000 wurde hierfür verwendet; danach wurde diese aber wieder hergestellt und gelegentlich haben sie 2.000 oder 3.000 mehr als die 20.000 ausgestellt. So ist es.
Wie viele Leben mag dieser Cuban Adjustment Act dem kubanischen Volk während seiner 33-jährigen Gültigkeit gekostet haben? Wie viele Leben unschuldiger Kinder, die von unverantwortlichen oder getäuschten Müttern und Vätern ihren Schulen entrissen und in solche Gefahren gebracht wurden –
getäuscht durch Illusionen oder üble Kampagnen und Aufforderungen durch die massive Propaganda, die vom dem Land, das uns andererseits einer Blockade unterwirft und versucht, uns durch Hunger und Krankheit zu töten, ausgestrahlt wird.
Wenn die sechs Personen, die in dem dürftigen Boot waren, ertrunken wären, wenn Elián und die weiteren zwei Überlebenden mit den restlichen 11 gestorben wären, dann hätte vielleicht niemand von ihrem Tod erfahren. Weshalb und wofür?
Ohne den Cuban Adjustment Act wäre der beschämende und kriminelle Menschenhandel nicht aufgekommen, der heutzutage von Drogenhändlern entwickelte Techniken verwendet, mit Schnellbooten, die mit ihren drei starken Außenbordmotoren keine Küstenwache aufbringen kann.
Von 107 Personen auf dürftigen oder schnellen Booten wurden nur 18 aufgebracht; das heißt, 16,9% derer, die es versucht hatten, konnten es nicht erreichen und haben das Vorrecht, es erneut zu tun; was wirklich absurd ist und nicht zu rechtfertigen.
Nicht ein einziger Schmuggler wurde in den USA festgenommen, kein einziger! Die Küstenwache war Opfer von Hinterhalten, Fallen und Provokationen, die mit Kampagnen in den Massenmedien einher gingen, die Bilder zeigen, die ihren Ruf zerstören und demoralisieren, wodurch ihre Effizienz ständig geschwächt wird. Nur Kuba hat ernst zu nehmende Maßnahmen im Kampf gegen den Menschenschmuggel unternommen: Gesetzte zur Verschärfung der Strafen bis hin zu lebenslänglicher Freiheitsstrafe, die strenge Kontrolle des Besitzes und Baus von Booten, die intensivere Überwachung und Vorbeugung mit der Unterstützung durch die Bevölkerung, um die illegale Auswanderung zu verhindern.
Es gibt in den Menschenschmuggel verstrickte Personen mit Wohnsitz in den Vereinigten Staaten, die Schnellboote mit US-amerikanischer Zulassungsnummer benutzen, und die in Miami unter Vertrag genommen und finanziert werden. Sie verstoßen grundlegend gegen die Gesetze der USA. Von diesen Personen sind bei uns 60 in Haft. Sie wurden zwischen April 1998 und dem 20. Februar dieses Jahres festgenommen.
Wir warten seit vielen Monaten auf die Annahme unseres Auslieferungsangebots an den Ort, wo sie ihren Wohnsitz haben, die USA, die so sehr darauf bestehen, wenn es sich um Drogenhändler handelt, und die von vielen Ländern Lateinamerikas die Auslieferung von Staatsangehörigen dieser Länder mit Wohnsitz in denselben, fordern. Die Absicht, Drogen in die USA schicken zu wollen, reicht aus. Aber das tun sie nicht mit Menschenschmugglern. Diese Personen sind im Gefängnis. Und es sind 60, da einige bereits verurteilt wurden, weil es bei diesen Abenteuern zwei Mal zu Todesfällen kam und das Leben der Kinder, die in diesen Booten waren, gefährdet wurde. Das heißt, sie hatten das schwerste verbrechen hier begangen, und nicht dort. In den übrigen Fällen begehen sie das schwerste Verbrechen in den USA, wo sie wohnen, wo die Schmuggler - ich wiederhole etwas genauer – die Boote besorgen, kaufen oder anmieten, die Verträge abschließen, für ihre Dienste kassieren und wohin sie die Immigranten auf illegale Weise bringen.
Deshalb haben wir, ausgehend von dem erwähnten Grundsatz, in zwei Fällen, bei denen das Hauptvergehen in nationalen Gewässern unseres Landes verübt wurde, und unter Anwendung der neuen Strafen, zwei Gerichtsverhandlungen abgehalten haben; bei den restlichen Fällen handelt es sich jedoch um Personen mit Wohnsitz in den USA, die dort das Hauptvergehen begangen haben. Diese Personen sind im Gefängnis. Die Angehörigen in den Vereinigten Staaten werden ungeduldig und fordern sie zurück, und selbst einige in Kuba wohnende Angehörige. Es gibt Befürchtungen, sie in Miami vor Gericht zu stellen, und jeder versteht weshalb. Angst vor dem wirtschaftlichen Einfluß, vor dem angeblichen Einfluß auf die Wahlen, vor den Herausforderungen und Unruhen der US-kubanischen Mafia und ihrer Verbündeten der einen oder anderen Partei im Kongreß –für eine Großmacht beschämend und unwürdig.
Andererseits traut sich keiner derer, die jenes Land leiten, die Wahrheit zu bekennen. Niemand verliert ein Wort über die wahre Wurzel des heiklen Problems, das durch die Entführung des kubanischen Jungen entstanden ist, niemand spricht davon, diese teuflische Maschinerie, die Kinder, Frauen, alte Menschen und Männer, mit oder ohne Vorstrafen, tötet. Die USA haben keinerlei Recht, den Tod von Bürgern unseres Landes zu fördern, ob es Kriminelle sind oder nicht.
Diese Maschinerie, diese teuflische Maschinerie, die tötet und Tragödien verursacht, ist eben der Cuban Adjustment Act. Das ist der Grund, weshalb aus einem entführten Kind, das noch nicht einmal sechs Jahre alt war, das in jenem Land arbiträr zurückgehalten wird und einer Person zur Obhut gegeben wurde, die hierfür nicht die minimalsten Voraussetzungen erfüllt, ein derart heiklen Problem geworden ist. Wir wissen sehr gut, wissen es immer besser, in dem Maße, in dem wir es wissen mußten, in wessen Händen sich dieses Kind befand.
Wegen all dem sagte ich am Anfang, dass ich von etwas noch monströserem und schwerwiegenderem sprechen würde als von der Entführung von Elián.
Wir werden gegen dieses infame Gesetz, infame und kriminelle Gesetz kämpfen. Werden nicht ruhen, ehe es abgeschafft wird. Nur so können wir werden wir die Sicherheit haben, dass nicht Tausende unschuldiger Kinder illegal ihrem Vaterland, ihrer Schule, ihrer Identität entrissen und tödlichen Risiken oder dem Tod selbst ausgesetzt werden.
Sie können gemeinsam mit ihren Eltern und auf legalen und sicheren Wegen ausreisen. Wenn es uns auch sehr schmerzt, so wird die Revolution doch das Recht unserer Bürger auf die elterliche Sorge, die Auswanderung zusammen mit ihren Kindern in Richtung anderer Länder und die Wahl einer anderen Identität, einer anderen Bildung, einer anderen Kultur und einer anderen Nationalflagge immer als etwas Heiliges respektieren. Die Zahl der Kinder, die das Vaterland auf diese Weise verliert, ist dabei nicht wichtig. Es sei denn, man beabsichtigt, es durch den groben Einsatz von Gewalt zu tun, wobei man dadurch die Unschuld, die Identität und das Schicksal eines kubanischen Kindes zerstört, was in unserem Bewußtsein heute die größte Ehre und die beste Zukunft für ein Kind darstellt. Wir sind alle dazu bereit, für ein einziges Kind zu sterben.
Vaterland oder Tod!
Wir werden siegen!
(Ovation)