Rede des Comandante en Jefe Fidel Castro Ruz, Erster
Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Kubas und Vorsitzender
des Staats- und des Ministerrates, auf der Abschlußsitzung des 4.
Internationalen Ökonomentreffens; Palast der Konventionen, am 15. Februar 2002,
„Jahr der Helden in Gefangenschaft des Imperiums“
(Stenographischer
Dienst des Staatsrates)
Sehr
geehrte Gäste!
Sie
haben mir eine wahrhaft schwierige Aufgabe übertragen. In einem Moment wie
diesem wäre ich gern so beredt und bewandert wie viele, wir könnten sagen wie
fast alle, die hier gesprochen haben.
Mein
ganzes Leben lang habe ich stets versucht, das Wesen der Fakten herauszufinden,
um von diesem Wesen aus dann versuchen zu ergründen, was geschehen wird oder
kann. Mitunter geschehen die Dinge nicht zu dem Zeitpunkt, an dem man ihr
Eintreten wünscht; oder sie geschehen nicht so bald, sondern später. Nun glaube
ich nicht, daß ich der Einzige bin, der sich bei einigen Voraussagen geirrt
hat. Alle Welt weiß, daß die Revolutionäre sich stets wünschen, die Dinge mögen
bald geschehen, und diese verzögern sich eben etwas.
Wir
selbst hatten versucht, die Revolution 1953 zu realisieren; mußten dann davon
Abstand nehmen und noch fünf Jahre, fünf Monate und fünf Tage warten. Es mutet
kabbalistisch an, nicht wahr – kommt aber nicht von Cavallo, sondern vom Satz
mit einem anderen Wort, das im Wörterbuch steht. (Lachen)
Hier
haben wir wahrhaftig sehr Bedeutsames gehört – und ich hatte das Privileg, an
den meisten Plenarsitzungen teilnehmen zu dürfen. Wir waren auf den vier
Jahresversammlungen der Ökonomen anwesend; und zwischen dem ersten und diesem
Treffen sind die Unterschiede beträchtlich, weshalb man nun nach dem Warum
fragen müßte. Ich werde keine Antwort darauf geben. Man muß sich fragen, oder
eher noch begreifen, daß es die Ereignisse der letzten Jahre gewesen sind, die
faktisch sogar die Sprache verändert haben, die auf diesem Treffen gesprochen
wurde.
Sie
ist beachtlich, die Lehre aus diesen letzten drei, vor allem aus diesen letzten
zwei Jahren und ganz besonders die Lehre aus den letzten sechs Monaten
angesichts von Tatsachen, die man kommen sah und die heute präsent sind.
Auf
jenem ersten Treffen im Jahr 1998 war es noch das Ende der Geschichte, und was
wir heute sehen, war damals scheinbar noch weit entfernt. Es kamen Monate,
Halbjahre und Jahre von Wirtschaftswachstum, Wunder in Japan, die vor annähernd
vier Jahren begannen aufzuhören, Wunder zu sein, wenn man auch so viel über
jenes Wunder sprach; Wunder in Ostasien, die einen nicht aufzuhaltenden Verlauf
zu definieren schienen; Wunder in der Wirtschaft unserer Nachbarn im Norden,
die zu einem Rekord wurden; es verging ein Tag um den anderen ohne eine Krise,
und sie notierten dieses Tag für Tag bis Ende 2000, als erste Anzeichen einer
Schrumpfung der Industrieproduktion sichtbar zu werden begannen. Da kamen nun
sofort bekannte Theorien auf den Tisch, wonach so viele aufeinanderfolgende
Monate Rückgang der Industrieproduktion bereits zu einem ernsten Problem für
die Wirtschaft werden, einem Fall, einer Rezession usw. gleichkommend.
In
den Vereinigten Staaten begannen die Arbeitsplätze zu fehlen und das
einzutreten, was viele erwartet hatten als unvermeidliche Folge der Form des
Wirtschaftswachstums und der eingetretenen Veränderungen. Alles war anders
geworden.
Auf
Treffen wie diesem wird der relative Charakter des Sachverhalts, der
historischen Persönlichkeiten, der Auslegungen eines jeden Ereignisses
manifest. Bis jetzt sprach man darüber, wie ungerecht doch die Wirtschaftsordnung
sei, die internationalen sowohl globalen als auch regionalen Geldinstitute,
wobei letztere von den globalen abhängen. Wenn wir nun hier gelegentlich eine
dieser Einrichtungen erwähnt haben, so sollten damit weder Personen noch
Vertretungen beleidigt werden, die hier teilgenommen und dazu beigetragen
haben, diesem Treffen jenen Charakter zu verleihen, der stets angestrebt wurde,
den Charakter einer Debatte von Ideen, Positionen und Standpunkten, denn es
dürfen keinerlei Befürchtungen gehegt werden, einen jeglichen Standpunkt
anzuhören.
Bereits
seit dem ersten Treffen ist mir die Gesinnung vieler Teilnehmer in bezug auf
die Vertreter dieser Institutionen bekannt. Die erste, die kam, war die
Weltbank. Sie war auf den vier Treffen vertreten. Diesmal hat sich Neues
ereignet. Hervorragende Persönlichkeiten, die damals nicht viel zu sagen gehabt
hätten, sind diesmal gekommen und wir konnten mit der Anwesenheit mehrerer von
ihnen rechnen, darunter zwei Nobelpreisträger, für Wirtschaft und ein für
Friedensnobelpreis, wobei letzterer mehr als einmal mit seiner Teilnahme an
Treffen in unserem Land beehrt hatte. Sogar im Fernsehen konnten wir von den
Vereinigten Staaten aus die Person erleben, von der es heißt, sie sei ein
künftiger Nobelpreisträger, und vielleicht wird es auch so sein; doch weiß ich
nicht, ob dort jene, die die Preisträger entscheiden, diese Ehre jenen zukommen
lassen, die sich entschließen, klar und deutlich über Realitäten zu sprechen,
die sie heutzutage vor Augen haben.
Was
konnte uns 1998 der berühmte Akademiker und Professor Joseph Stiglitz sagen –
er war damals noch nicht Nobelpreisträger; es war noch nicht zu dieser Krise
gekommen, eventuell zu jener in Südostasien, das war die allererste nach der
Krise in Mexiko, die normalerweise nicht mit jener von 1998 im Fernen Osten in
Verbindung gebracht wird. Heute sind dies alles Realitäten, die – eine nach der
anderen – eingetreten sind.
Hier
habe ich nun Überlegungen angestellt, ich habe nichts anderes getan als
nachgedacht, während die anderen sich zu den einzelnen Punkten der Tagesordnung
äußerten, zuerst über wirtschaftliche Aspekte debattiert wurde – bei denen die
Lage Argentiniens einen vorderen Platz einnahm, gerade weil, wie ich Pérez
Esquivel am Schluß der Nachmittagssitzung sagte, Argentinien das Musterbeispiel
der neoliberalen Globalisierung war und heute das Musterbeispiel des Scheiterns
der neoliberalen Globalisierung ist.
Es
wurde ausgiebig zu diesem Thema gesprochen und versucht, die Ursachen und
möglichen Lösungen zum Thema Wirtschaft und Globalisierung zu erläutern. Dieses
Thema beanspruchte, wir könnten fast sagen 30 bis 40 % und vielleicht sogar
mehr von unserer Zeit.
Auch
andere im Programm enthaltene Aspekte der Wirtschaft wurden angesprochen. Ich
konnte heute nicht hören, was zum multilateralen Investitionsabkommen gesagt
wurde, doch es ist eine recht bekannte Begebenheit. Professor Borón war es,
wenn ich mich recht entsinne, der es als einen Beweis jener Dinge anführte, die
man tun kann, so wie es die angebrachte Anklage jener Verschwörung war, denn es
wurde mit Hilfe einer der von den Herren der Welt bevorzugten Praktiken, der
Verschwörung, umgesetzt.
Ja,
ich sagte Herren der Welt, denn einige der hier genannten Institutionen
existieren nicht Per-Se, sondern weil
es ein weltweites System des Dominierens gibt. Wenn auch die Aufgaben dieser
Einrichtungen – IWF und Weltbank – unterschiedlicher Art waren, so sind doch
ihre Herren wohlbekannt.
Meine Meinung ist, die Weltbank wurde gezerrt und gezwungen, die ihr nach dem Zweiten Weltkrieg übertragenen Aufgaben, nämlich die Förderung der sozialen Entwicklung, aufzugeben. Sie wurde voll und ganz auf Rettungsoperationen ausgerichtet. Ich kenne die Meinung der meisten Beteiligten dieser Institution, die gegen diese ihnen aufgezwungenen Aufgaben sind, obwohl dort kein Einspruchsrecht existiert, wie es unser mächtiger Nachbar des Nordens im Internationalen Währungsfonds besitzt; ein Einspruchsrecht, von dem er absoluten Gebrauch macht. Wie auch im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen wird hier niemals eine Entscheidung gefällt, der sie sich widersetzen. Von diesem Vetorecht haben sie mindestens vier- oder fünfmal mehr als alle anderen Mitglieder des Sicherheitsrates zusammen Gebrauch gemacht.
Wenn
dies dort geschieht, in nichts Geringerem als der Institution, die die Welt
repräsentiert, jener Embryo internationaler Autorität, Weltautorität, dem man
nicht einmal die Mittel zu seiner Erhaltung aushändigen will, wozu wären sie
dann im Hinblick auf den Internationalen Währungsfonds nicht fähig? An dieser
Stelle bitte ich seine hier anwesenden Vertreter, jegliche Erwähnung oder
Anspielung auf die denkwürdige Institution als eine Kritik an einem System, an
einer Auffassung zu betrachten und nicht an den Professionellen, die dort
arbeiten oder kommen und gehen und deren Kriterien auch nicht immer die
gleichen sind. Einige befürworten diese und andere wiederum jene, weniger
ultrarechte, weniger radikale, weniger brutale Auffassungen.
Hoffentlich
werden künftig... Also, auch ohne
„hoffentlich“ werden die Treffen mit jedem Mal interessanter werden; denn
konnten in sechs Monaten so viel Neues angesammelt werden, dann lohnen sich
wohl tiefgründige Analysen all jener Dinge, die in den folgenden zwölf Monaten
geschehen, denn es ist sowohl wirtschaftlich als auch politisch gesehen zu
transzendentalen Veränderungen gekommen.
Man
wird auch den Verlauf des hier diskutierten berühmten FTAA analysieren müssen.
Dieser Punkt wurde vor kurzem erst hier debattiert, und zwar auf einem Treffen
zu diesem konkreten Thema, das auch auf dem Forum von Sao Paulo hier diskutiert
wurde. Zum FTAA haben fast alle Intellektuellen und Personen, die meinen,
Kenntnisse zu besitzen, ihre Standpunkte definiert. Sie sind in der Regel in
übergroßer Mehrheit gegen dieses Freihandelsabkommen.
Das
Gefährliche des FTAA sind nicht die Kriterien der Intellektuellen, der
Wirtschaftswissenschaftler und politischen Denker. Das Gefährliche daran ist
der Mangel an ausreichender Information der Volksmassen unserer Erdhälfte,
vielerorts mit einem hohen Grad an Analphabetentum und Hunderte Millionen ohne
jegliche Ausbildung – ausgenommen persönliche Erfahrungen – um theoretisch
begreifen zu können, was das FTAA eigentlich bedeutet.
Man
sehe, wie verschuldet diese Erdhälfte ist. Es wurde sich weder mit den
Parlamenten, häufig nicht einmal mit dem Ministerrat beraten. Es waren Minister
für Wirtschaft oder Finanzen, die in mehr oder weniger Absprache mit den
höchsten politischen Gremien die Entscheidungen trafen. Sogar die hohen
Verschuldungssummen entstanden – ich glaube, es hat hier jemand darauf Bezug
genommen – in großem Umfang unter tyrannischen, unter blutigen Regierungen, die
sich mit niemandem absprachen. Sollte auch jene Verschuldung und ihre Folgen in
gewisser Weise zur Einleitung der sogenannten demokratischen Öffnung
beigetragen haben - zweifelsohne etwas viel Positiveres als das vorher
Dagewesene, denn eine große Anzahl Personen wurde vor dem Verschollensein, vor
Tötung gerettet; die Repression, obwohl bei weitem nicht verschwunden, erfuhr eine
beträchtliche Abschwächung - so kam es
doch zu all jenen enormen Schulden im Rücken des Volkes. Oftmals stellten
Privatbanken oder Regierungen dem Volk wie eine große Sache dar, daß man einer
Wirtschaftskrise aus dem Weg gegangen sei, da man vom Internationalen
Währungsfonds eine Anleihe von 10, 20 oder 30 Milliarden erhalten habe. Keiner
konnte die Konsequenzen absehen. Sie konnten es nicht verstehen.
Im
Jahr 1985, vor 17 Jahren also, fanden in Kuba im Verlauf jenes gesamten Jahres
bedeutsame Treffen statt: Treffen lateinamerikanischer Studenten,
lateinamerikanischer Bauern, lateinamerikanischer Frauen, von
Arbeiterorganisationen und schließlich von politischen und intellektuellen
Persönlichkeiten aller Art. Diese Treffen konnten nicht hier im Haus stattfinden.
Veranstaltungsort war das Karl Marx-Theater, das etwa 6000 Personen faßt.
Tagelang wurden Analysen angestellt, Reden gehalten; ja, die hätte man hören
müssen, 100, 120, 130 Reden; es mußte einfach so sein.
Was
wurde bezweckt? Eine Meinungsbildung zur Außenverschuldung. Aufbewahrt davon
ist eine Unmenge Material, auch einige Botschaften. Ich kann mich sogar
erinnern, daß wir nach jedem einzelnen dieser Treffen sämtlichen
Staatsoberhäuptern – mit einigen logischen Ausnahmen – das Diskussionsmaterial
zusandten, darunter auch dem Papst als Staatschef. Danach sahen wir mit
Genugtuung, daß eines der Banner des Papstes im Rahmen seiner Ausführungen im
Konzil zu Rom zum Thema der Bekämpfung von Armut und Verschuldung eben gerade
der Aspekt der Verschuldung war.
Die
Afrikaner machten sich damals noch keine große Sorgen, denn ihre Verschuldung
war nicht sehr hoch. Man hatte ihnen nicht so viel geliehen wie den
Lateinamerikanern. Daher maßen sie diesem Punkt keine große Bedeutung bei.
Heute ist diese Bedeutung bei ihnen viel höher. Die Lateinamerikaner hatten es
ernster genommen.
Natürlich
konnten einige Ziele nicht erreicht werden. Ich erinnere mich, daß es damals
ausreichend war, daß nur eines der drei großen Länder seine Stimme gegen die
Verschuldung erhob um zu sagen: „Ich zahle nicht“, und damit wäre eine echte
Lösung der Verschuldungskrise nicht zu vermeiden gewesen oder zumindest hätte
man eine Nachfrist von 10 oder 20 Jahren erzielt.
Jemand
sprach vor ein paar Minuten sogar darüber, daß das Nichtbegleichen von Schulden
eine historische Vorgeschichte zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts habe. Ich
glaube es war Borón, der darüber sprach.
Wißt
Ihr, welches jenes Land war, das den entscheidenden Schritt hätte tun können?
Es war Argentinien, das an den schlimmsten Folgen litt. Doch vielleicht ist der
Moment noch nicht gekommen, bestimmte Bemühungen bekanntzugeben, um eines der
drei Großen zu überzeugen. Diese waren Brasilien, Mexiko und Argentinien.
Hier
will ich anhalten, denn die Bemühungen waren auf Meinungsbildung, Mobilmachung
der Massen und den Versuch gerichtet, einige Führungspersönlichkeiten zum
Treffen von Entscheidungen zu überzeugen, die eine Lösung ermöglicht hätten,
wie sie seit damals bereits hätte angestrebt werden müssen. Den reichen Ländern,
vor allem den großen Gläubigern des Nordens wurde Zeit gelassen. Diese begannen
das Spiel mit dem Zinssatz und die Abkommen waren gewöhnlich so gehalten, daß,
stiegen die Zinssätze, sich auch die Anzahlungsraten der Verschuldung erhöhten.
Es war nicht so wie jetzt, da sie, bei zwölfter Gelegenheit, auf 1,75 gesenkt
wurden. Verzweifelt nahmen sie zu diesen Mitteln Zuflucht und senkten die
Zinsen auf dieses Limit, um gegen der Rezession entgegenzuwirken.
Betrug
nun damals die Außenverschuldung Lateinamerikas 300 Milliarden, so war sie
Mitte des vergangenen Jahres 2001 bereits auf 750 Milliarden gestiegen, hatte
sich also mehr als verdoppelt und man müßte sehr exakte Berechnungen anstellen,
um zu wissen, wie hoch sie im Jahr 2002 sein wird. Jemand äußerte, Mexiko habe
letztes Jahr seine Auslandsschuld etwas reduziert; doch in Argentinien und
anderen Ländern ist sie gestiegen. Nun weiß ich nicht, wer die Angaben liefern
könnte, um festzustellen, ob die Verschuldung die 800 Milliarden erreicht hat
oder nicht, wobei die Bedingungen jetzt ganz andere sind; heute verläuft dies
inmitten der schwersten und bedrohlichsten Wirtschaftskrise, die es seit Ende
des Zweiten Weltkrieges je gegeben hat.
Niemand
darf daran auch nur den geringsten Zweifel hegen; und Sie alle bezweifeln dies
nicht, denn so haben Sie es hier zum Ausdruck gebracht.
Jetzt
sind viel höhere Schulden abzuzahlen; und jetzt sind neben der enormen
Verschuldung die nationalen Güter, die grundsätzlichen, ja sogar die heiligsten
Güter mit nur einigen Ausnahmen privatisiert worden. Früher waren es Schuldner,
die über etwas verfügten; jetzt sind es Schuldner, deren Schulden sich
vervielfacht haben und weiter vervielfachen, und die nichts ihr eigen nennen.
Zu
diesem Schuldenberg kommen die Hunderte Milliarden Dollar der Privatisierungen,
die vordem eine Art Reserve darstellten, die heute nun ausgeschöpft ist. Das
macht die Situation noch viel schwerer.
Zu
dieser Verschuldung kommt jene Afrikas, jene Asiens. Es geht so weit, daß sie
insgesamt zwei Billionen übersteigt, wobei wir Lateinamerikaner hier die
Olympiasieger sind. Wir stehen an erster Stelle, haben olympisches Gold; ohne
Gold keine Hoffnung auf Gold. Das Problem hat weltweite Ausmaße angenommen.
Außerdem
gab es 1985 noch keine WTO. Was es gab, war das GATT. Wenn es unsererseits
Bestrebungen gab, eine Tagung des GATT oder der UNCTAD hier zu veranstalten, so
hätte diese in diesem Palast der Konventionen mit einer Erweiterung für
erforderliche Büros stattgefunden. Diese Erweiterung endete schließlich in der
Errichtung eines Hotels, denn wir wurden uns gewiß, daß es sich nicht lohnte.
Die Vereinigten Staaten waren hartnäckig dagegen. Das zur WTO transmutierte
GATT ist ein weiteres der großen Instrumente von Ausplünderung und Ausbeutung
und befindet sich in den Händen der Herren der Welt.
Hier
wurde die in Katar stattgefundene letzte Tagung erwähnt. Mann hatte ein Land
der Wüste gewählt, zu dem es äußerst schwierig war, per Boot oder per
Landstraße zu gelangen; und das nicht nur aufgrund der Entfernung, sondern auch
weil die Reisekosten nach dort sehr hoch waren.
Der
Wahrheit zuliebe muß ich sagen – es wurde auch gestern nachmittag angesprochen
– daß es US-amerikanische und kanadische Bürger waren, nämlich jene, die Zugang
zu Internet haben, also Intellektuelle und im allgemeinen die Mittelschichten
der Bevölkerung, die über eben dieses Kommunikationsmittel die Protestaktionen
von Seattle, New York und Quebec organisierten. So haben also die G-7-Staaten
und die anderen bereits keinen Ort mehr für ihre Treffen. Ich dachte,
vielleicht bereite man in dieser neuen Raumstation einige Kabinen für die
Treffen der G-7-Gruppe vor.
Sie
haben bereits zugegeben, daß es sehr schwierig ist und nun einen Berg in Kanada
für die Treffen der G-7 oder der WTO ausgesucht. Es ist ein sehr hoher Berg,
weit abseits gelegen, öd und kalt.
Davos
glich voriges Jahr einem Feldlager von Schützengräben des Ersten Weltkrieges,
wie es viele oder einige von Ihnen aus Bildern von der Schlacht bei Verdun oder
am Marne kennen. So friedfertig und neutral, wie die Schweizer sind, hatten sie
dort ein ganzes Heer mit Helmen und aller Art Rüstung, so daß die Demonstranten
bis zu dem Berg gelangen konnten, auf dem Wintersport getrieben wird. Sie waren
derartig abgeschreckt, daß sie für ihr Treffen keinen geringeren Ort als New
York bestimmten. Ihre Sprache war jetzt bereits eine andere geworden. Sie
benutzten als Methode, als Stil gewisse betrügerische und fromme Worte. Doch
nicht einmal in der Schweiz, und dabei hatten sie die Situation und die nach
dem 11. September in jener Stadt getroffenen Sicherheitsmaßnahmen genutzt.
Das
hat vielleicht mit einigen der Aspekte zu tun, die sich im Augenblick ereignen.
Wenn Sie mir noch einige Minuten zugestehen, werde ich dazu später etwas sagen,
kurz vor dem Schluß meiner Äußerungen, von dem ich hoffe, er ist bald
abzusehen.
Sogar
der Tagungsort ist für sie ein kritischer Punkt geworden. Vielleicht bitten sie
uns eines Tages, ihnen Havanna für ein Treffen dieser Art zu leihen. Doch
wahrscheinlicher ist, sie lassen dieses im Militärstützpunkt Guantánamo
stattfinden. (Lachen im Saal)
Ich
hörte, wie Sie beispielsweise über den Stützpunkt Manto und diesen und jenen
hier und da sprachen und dachte mir, daß bei uns ja auch ein Militärstützpunkt
seinen Standort hat, und das seit fast einem Jahrhundert, aufgezwungen seit
Jahrhundertanfang nach jener Intervention, als Spanien erschöpft war und seinen
kolonialen Krieg nicht weiterführen konnte; Intervention im Anschluß an
betrügerische Worte, an eine gemeinsame Erklärung vor dem Kongreß der
Vereinigten Staaten, deren Folge ein Krieg war, eine Besetzung und der
sogenannte Platt-Zusatz, der die Regierung der Vereinigten Staaten berechtigte,
bei jeglicher ihren Interessen schadender Störung der Ordnung mit Waffengewalt
zu intervenieren. Sie zwangen zur Aufnahme des Platt-Zusatzes in die Verfassung
der Republik, was bei vielen Patrioten zu einem wahren Trauma führte. Diese
wurden hinsichtlich der Unabhängigkeit der Landes vor die Alternative gestellt:
„Nimm es oder laß es bleiben!“ Damals war man bereit am Ende des vierten
Besatzungsjahres und das Grundgesetz der Republik war in Diskussion. Es muß
schrecklich gewesen sein. Einige waren standhaft um jeden Preis dagegen, doch
für andere war ein Akzeptieren unvermeidbar.
Den
Ejército Libertador (Befreiungsheer) gab es bereits nicht mehr; es war
entwaffnet worden. Den Partido Revolucionario, gegründet von José Martí zur
Durchführung und Lenkung der Revolution, gab es bereits nicht mehr.
Martí
gründete eine Partei für das Organisieren, Lenken und Durchführen der
Revolution, noch bevor Lenin in Minsk seine revolutionäre Partei gegründet
hatte; er war der Erste und er war kein Marxist, konnte es gar nicht sein.
Es
war diese eine eben aus der Sklaverei befreite Gesellschaft, in der es kein
Proletariat gab. Und jener Mann hat es verstanden, die heikelsten Probleme ganz
genial gegen die spanische Propaganda anzugehen. Einige Äußerungen von Marx tat
er kund, darunter eine sehr schöne: „Da er sich auf die Seite der Armen
stellte, verdient er Ehre." Was für eine Vision, als er Ende des 19.
Jahrhunderts über FTAA-Absichten schrieb! Mit ALCA meine ich das FTAA, nicht
die Organisation Al-Qaeda, wobei der Unterschied zwischen beiden nicht so groß
ist. (Lachen)
Beiläufig
– oder nicht? – muß ich sagen, daß das in New York verübte stupide und brutale
Verbrechen aller Welt einen fürchterlichen Schaden zufügte. Es schädigte nicht
nur das Volk und die Wirtschaft der Vereinigten Staaten. Es beschleunigte den
Prozeß der Weltwirtschaftskrise, denn diese hatte bereits die Gratwanderung
hinter sich. Es war ein Schlag für all diese Bewegungen, von denen wir
sprachen, Bewegungen der Intellektuellen, der Wirtschaftswissenschaftler, der
angesichts der Globalisierung besorgten Menschen, die den von uns genannten
Kampf ausfechten. Es hatte in den USA selbst eine paralysierende Wirkung. Hier
wurde alles viel schwieriger angesichts der herrschenden Erregung und
Verwirrung. Die Globalisierungsgegner liefen sogar Gefahr, als Terroristen
erklärt zu werden. Ohne diesen Terroristenakt hätten sich die von Davos
vielleicht gar nicht in New York versammeln können – das erfanden sie später
unter Ausnutzung des herrschenden Klimas. Sie beeinträchtigten das Treffen von
Porto Alegre in Rio Grande del Sur, wo man mit einer Teilnehmerzahl von
etwa 100 000 gerechnet hatte und dann
Meinungsäußerungen zufolge nur 50 000 bis 60 000 anwesend waren.
Es
war dieses das Treffen gegen das FTAA. Zu den zahlenmäßig größten Delegationen
gehörten die US-amerikanische und die kanadische. Doch konnten viele zu diesem
Treffen nicht anreisen, denn die Ereignisse waren noch sehr frisch und man
hatte Schläge versetzt bekommen.
Auch
das Forum von Sao-Paulo, dieses Mal mit Durchführungsort in Havanna; wie es in
Porto Alegre stattgefunden hat, ließen sich die Teilnehmer nicht entmutigen und
führten ihre Sitzungen durch; sehr wichtig. Doch der Terroristenakt war ein
Schlag für diese Kämpfe und machte Vorwänden für neue Politiken und neue offen
interventionistische Theorien Platz.
Hier
wurde versucht, in einem Satz die Geschehnisse auszudrücken, als man nämlich
von einer Weltmilitärdiktatur sprach.
Man
könnte auch über das Werk Der achtzehnte
Brumaire des Louis Bonaparte sprechen – das ist für jene, die dieses Werk
von Karl Marx gelesen haben – oder über Die
Klassenkämpfe in Frankreich, eine obligatorische Lektüre für die Freunde
des Studiums des Marxismus und all jene, die bestimmte Schulen besuchen,
speziell wenn es sich um Werke dieser Art handelt, denn die Lektüre von Der achtzehnte Brumaire ist viel weniger
kompliziert als die von Das Kapital.
Der Inhalt des letztgenannten trägt rein ökonomischen Charakter und das andere
ist eine schöne, elegante und unterhaltsame Form der Schilderung historischer
Ereignisse. Das heißt, Marx hatte nichts Dogmatisches an sich und wenn er über
diese Themen schrieb, so tat er dies wahrhaftig mit starker
Überzeugungsfähigkeit.
Es
sind dieses Themen ökonomischer Art neben jenen Aspekten, die ich zur
Außenverschuldung nannte und die zu den Bemerkungen über die gesellschaftlichen
und politischen Bewegungen führten, die betroffen wurden durch die Barbarei und
Dummheit jener Akte, die wir offen und ehrlich verurteilen; denn seit langem
stellen wir Überlegungen zu diesen Methoden an; auch haben wir einen 25 Monate
andauernden Krieg erfolgreich gekämpft, und von den zahlreichen Gefechten
unserer Truppen der Kolonne 1, aus der dann alle anderen hervorgingen, ist mir
kein Fall bekannt, der einem unschuldigen Zivilbürger das Leben gekostet hätte.
Der
unsere war ein Befreiungskampf, in dem wir die Gefangenen mit großem Respekt
behandelten. Wir hielten sie kaum 48, maximal 72 Stunden gefangen und übergaben
sie dem Internationalen Roten Kreuz, als wir sie dann in größerer Anzahl
faßten. Den Verletzten verabreichten wir unsere Medikamente und die Gefangenen
setzten wir sofort frei. Sie waren unsere Waffenlieferanten; so mußten wir sie
logischerweise gut behandeln. Das ist etwas Elementares. (Lachen)
Anfangs
kämpften sie und leisteten bis zur letzten Kugel Widerstand. Sie kosteten uns Menschenleben,
sie kosteten uns Material. Sie glaubten, wir würden sie töten. Das hatte man
ihnen in den Kopf gesetzt. Die Praxis war es dann, die nach und nach alle
überzeugt hat. Nachdem sie eine Schlacht für verloren hielten, war es dann
schon einfacher, das Gefecht zum Stillstand zu bringen. Es gab sie, die sich
dreimal ergaben.
Wir
erhielten vom Ausland weder Geld noch Waffen. Uns war nicht einmal ein
russischer Funktionär bekannt. Niemand hat uns die Ideen überbracht. Unsere
Ideen, unsere Taktiken haben wir selbst erarbeitet. Über die Äußerungen von
Engels, wonach seit Anlegen der großen Avenuen in Paris und der Erfindung der
Hinterlader die Aufstände unmöglich waren, habe ich stets nachgedacht und hatte
eine abweichende Meinung hierzu. Denn hätte es in diesem Punkt ein
Einverständnis gegeben, dann hätten wir nicht versucht, eine Revolution zu
führen. Und hier waren die objektiven Bedingungen nicht so günstig; sie waren
es natürlich, so wie es die Tatsachen beweisen konnten; und die subjektiven
Bedingungen waren, um die Wahrheit zu sagen, nicht viel besser. Es gab noch
viel Dogmatismus im revolutionären Denken, und wir waren ziemlich beeinflußt
von der Ideologie der Nachbarn im Norden; wir lebten faktisch voll im kalten
Krieg.
Unsere
Auffassungen waren flexibel, entweder die eine oder die andere Art von Kampf.
Wir wiesen nichts von der Hand: die Kombination des bewaffneten Kampfes mit der
Bewegung der Massen; oder die Besetzung einer Festung zum Zwecke der Bewaffnung
des Volkes unter der Losung des revolutionären Generalstreiks. Doch Tatsache
ist, daß wir die Formel fanden, wie die Macht zu erobern war ausgehend von,
jawohl, marxistisch-leninistischen Auffassungen.
Marx
haben wir eine klare Idee darüber zu verdanken, was eine Gesellschaft ist.
Bevor wir Kontakt zu diesen Ideen hatten erschien uns die Gesellschaft wie ein
immenser Wald und wir wie eine in jenem Wald verlorene Person. Und Lenin
verdanken wir die Theorien über den Staat. Beide zeigten uns die
Klassengesellschaft, die Geschichte der Ausbeutung, den historischen
Materialismus, ohne daß natürlich diese Theorien mathematisch anzuwenden wären.
Finden sie auf eine Epoche und danach auf eine andere Anwendung, dann sind sie
meines Erachtens viel mehr von den Tatsachen beeinflußt, die zum Zeitpunkt der
Erarbeitung der Theorie geschahen. Doch viele ihrer Prinzipien tragen
universalen Charakter in der gedrängten Geschichte der Menschheit; denn was wir
über die Menschheit wissen, was man als Geschichte und nicht als Legende
bezeichnen kann, ist sehr wenig. Ich glaube, die ältesten sind etwa 3500 Jahre
alt. Was sind nun 3500 Jahre in der Geschichte unserer Gattung? Diese Gattung,
die eine Zivilisation hervorgebracht hat und in bezug auf diese ich voll und
ganz jene marxistische Idee vertrete, wonach nach dem Verschwinden des
kapitalistischen Systems die Prähistorie der Menschheit zu Ende ist. Ich
vergesse nicht, daß wir noch nicht einmal in die Geschichte eingetreten sind;
und wenn einige Dümmlinge sagen, es sei das Ende der Geschichte gekommen, wobei
sie Ereignisse und Begriffe durcheinander bringen, dann werden sie sich nicht
bewußt, daß wir uns dem Ende der Prähistorie nähern.
Nun,
zur Prähistorie gehören auch die Barbarei und Formen von Ausplünderung, die von
Mal zu Mal brutaler werden, sowie Formen der Entfremdung der Massen, die noch
subtiler und perfider sind. Mitunter denkt man mit einem Anflug von Neid an die
Zeit der Sippen und Stämme oder an die ersten Gruppen, die in den elementaren
Gesellschaftsformen lebten, denn sie besaßen mehr Denkfreiheit; niemand
übernahm für sie das Denken, nicht einmal der Medizinmann oder jener, der den
Riten vorstand. (Lachen) Heute wird das Denken der Massen faktisch verhindert;
andernfalls würde an Orten der Welt, wo man nie etwas über Coca Cola gehört
hatte und es viel schmackhaftere Erfrischungsgetränke gab, keine Coca Cola
getrunken; und es würden nicht die berühmten McDonald’s gegessen, von denen man
nicht weiß, welches Fleisch benutzt wurde, denn dieses ist je nach Ort
verschieden. Es wird sie geben, die sogar Katzen- oder anderes Fleisch dazu
benutzen. (Lachen). Ja, ja, nein, alles sind Aggressionen auf die Gewohnheiten,
die Kulturen, die Identitäten, die Zivilisation.
Man
weiß gar nicht, was die neoliberale Globalisierung alles mit sich gebracht hat,
nicht nur in ökonomischer, kultureller und ethischer Hinsicht; nein, in
jeglicher Hinsicht das Verbot zu denken. Keiner macht sich die Mühe zu denken,
ob es diese oder jene Mode ist, ob langer oder kurzer Rock, ob diese oder jene
Seife, dieses oder jenes Erfrischungsgetränk oder ob ein bestimmter Whisky
getrunken wird. Fast niemand denkt. Die Dinge stehen in den Zeitungen, den
Zeitschriften oder man bekommt sie in den Werbespots im Fernsehen oder in den
Filmen vorgesetzt. Es sind Realitäten.
In
bezug auf diese meine Ausführungen bin ich der Meinung, daß wir eine
entscheidende Etappe ansteuern. Als hier eine ganze Reihe Aspekte angesprochen
wurden, wurde ich darauf aufmerksam, daß niemand die ungleichen
Austauschbeziehungen erwähnte, die doch eine so widerliche Ungerechtigkeit
darstellen. Dieser Begriff wird bereits nicht mehr erwähnt. Wir haben bereits
vergessen, daß im Jahr 1949 ein Lastkraftwagen oder ein Traktor so und soviel Tonnen Kaffee kosteten – gut,
bei Kaffee sind es fast zwei oder drei – oder so und soviel Tonnen Zucker oder
irgendeines anderen Grunderzeugnisses unserer Länder. Heute muß man ständig
mehr davon geben. Ihre Kaufkraft wird von Mal zu Mal geringer; denn nicht nur
unsere Währungen werden abgewertet, sondern auch unsere Produkte.
Das
weiß jeder. Darüber wurde gesprochen und geschrieben. Es ist eine der Formen
von Ausplünderung. Es kommen stets neue dieser Formen hinzu, andernfalls gäbe
es nicht so viel Hunger und Not, so viel Armut und Elend. All jene Zahlen, die
hier wiederholt wurden, sind auf eine evidente Ursache zurückzuführen: ein
System der Ausplünderung. Zumindest, als es das sozialistische Lager und die
UdSSR gab – mit allen gerechten Kritiken, die man über sie anbringen kann –
hatten sie Angst. Der Ausbruch einer Arbeiterrevolution im Jahr 1917 bewirkte,
daß die großen Unternehmen, die großen Monopole und die Regierungen mehr
Sorgfalt walten ließen und den Gewerkschaften, der Arbeiterklasse mehr Respekt
entgegenbrachten. Sogar entstanden hier die Beihilfen und viele andere
Konzessionen, die in der letzten Zeit nach und nach wieder abgeschafft wurden.
Seit
dem Verschwinden der UdSSR sind gerade einmal etwa zehn Jahre vergangen. Es
gibt nun nur noch eine hegemonistische Supermacht und niemanden kümmert es, was
geschehen kann oder welche sozialen Ungerechtigkeiten es gibt.
Sieht
man sich die Liste der gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten an, so
findet man eine Schrumpfung auf 15, 10 und 7 Prozent. Sie haben die
Arbeiterbewegung liquidiert. Sie haben viele Parteien faktisch liquidiert oder
sie haben sie umgewandelt. Sie haben die Gesellschaften immer wehrloser
gemacht. Das Monopol der Massenmedien ist stärker geworden. Diese decken nicht
mehr nur das eigene Staatsgebiet, sondern erstrecken sich über sämtliche
Territorien unserer Erde. Sie können in verschiedenen Sprachen, ja sogar
Dialekten, senden. So kann ein und dasselbe Programm gleichzeitig von der
Minderheit eines Landes und in einer anderen Sprache von den Minderheiten
anderer Länder innerhalb und außerhalb der Vereinigten Staaten über
Kabelfernsehen, Sat-TV usw. usf. empfangen werden. Es ist eine Sintflut. Von
einer universalen Sintflut zu sprechen, wäre nicht korrekt. Allenfalls könnte
man von zwei Arten Sintflut sprechen: die der Bibel und diese universale
Informationssintflut, die häufig zu einer universalen Lügensintflut, einer
universalen Sintflut des Betruges wird. Dabei sage ich häufig und nicht immer,
denn gerechterweise müssen Ausnahmen konstatiert werden.
Wir
erinnern uns, daß viele nationale und internationale Fernsehketten unsere
Schlacht um die Rückführung des Kindes sendeten, das so grausam und ungerecht
entführt worden war. Es gab Kundgebungen, die gesendet wurden, nicht nur von
jenen Tagen, sondern auch zum Teil unsere Schlacht der Ideen und unseren später
einsetzenden Kampf gegen das mörderische Cuban Adjustment Act – ich werde es
nicht erläutern – das Helms-Burton-Gesetz, das Torricelli-Gesetz, die Blockade,
den Wirtschaftskrieg, Gesetzesänderungen aller Art zur Verschärfung der
Blockade speziell nach dem Fall des sozialistischen Lagers, als wir Lieferanten
bestimmter Produkte, Brennstoff und Märkte verloren. Von heute auf morgen
verloren wir faktisch alles. Man müßte sich fragen, wie unser Volk durchhalten
konnte. Das werde ich ebenfalls nicht versuchen zu erläutern. Ich sage
lediglich, unser Volk war in der Lage, eine doppelte Blockade durchzustehen.
Ich
beschränke mich darauf zu sagen, daß entscheidend dabei das Bewußtsein, die
Ideen und das von der Revolution in 30 Jahren realisierte Werk waren trotz
unserer mangelnden Erfahrung, trotz der Blockade, die sie gnädig als Embargo
bezeichnen
so
als bezeichnete man eine Tötung als Sport. Nein, ein Embargo ist es nicht; es
gibt kein Recht, von den Vereinigten Staaten oder ihren Industrien im Ausland
etwas zu kaufen oder an sie etwas zu verkaufen.
Wenn
ich diese Aspekte erwähne, dann deshalb, weil sie helfen können, auf einige der
Unklarheiten, die hier noch zum Ausdruck kamen, eine Antwort zu finden.
Mit
einem Minimum an Mitteln kann man wer weiß wieviel tun. Mit einem Minimum an
Bewußtsein kann man wer weiß wieviel tun. Mit einem Minimum an Arbeit kann man
für das Volk wer weiß wieviel tun. Mit einem Minimum an Veränderungen kann man
wer weiß wieviel tun. Ich sage Minimum, denn hätten wir vor 10, vor 20 Jahren
die Erfahrung gehabt, wie wir sie heute haben, dann brauchten wir uns nicht
über das Wenige zu schämen, das wir in 43 Jahren vollbracht haben.
Ich
hoffe, die Idee wird so verstanden, daß man noch viel mehr tun kann, als wir
selbst uns vorgestellt haben.
Daher
bestehen wir mit diesem Nachdruck auf dem Aspekt der Ideen und des Bewußtseins,
der Bedeutung.
Es
fehlt ein dritter Faktor. Vielleicht spreche ich etwas später darüber in den
Minuten, die ich mir von Ihnen ausgeborgt habe. Dabei vergesse ich nicht, daß
Sie ein köstlicher Cocktail vor 24.00 erwartet. (Lachen)
Nur
einen habe ich gesehen, den Honduraner, der eingenickt ist; doch mir ist dies
ebenfalls passiert. (Lachen und Beifall) Gut, er ist wieder wach. Ich sagte
bereits, daß ich die Zuhörer beobachte, und es kommt der Moment, an dem ich
merke, daß sie ein Recht auf Schlaf haben. Noch ist es nicht soweit. Ich hoffe,
vorher zum Schluß zu kommen.
Hier
wurde also über alle Institutionen dieser oder jener Art gesprochen, über den
von ihnen ausgehenden Mißbrauch. Erwähnt wurden, wie ich bereits sagte, die
Freihandelsabkommen. Auch wurde hier sehr beredt zum Ausdruck gebracht, daß
alle heutigen superentwickelten und superreichen Nationen dieses ohne FTAA’s
und ohne WTO’s geworden sind, nämlich auf der Basis des Schutzes ihrer
Industrien, sie keiner Konkurrenz mit jenen aussetzend, die das gesamte
Know-how besitzen, da sie über Universitäten, Forschungszentren und eigene
Forscher verfügten; dabei beschäftigt ein bedeutender Teil von ihnen die besten
Talente der Länder der Dritten Welt, die nicht die geringste Möglichkeit
hatten, ein Forschungslabor zu bekommen. Demgegenüber bekamen sie dort
Perspektiven geboten, nicht nur ökonomischer Art, denn der Mensch läßt sich
nicht nur von ökonomischen Motivationen bewegen. Er rührt sich, weil er eine
Begabung oder den Wunsch hat, zu forschen, zu arbeiten und zu kreieren. Welche
Möglichkeiten hatten sie nun?
Es
ist bekannt, daß mehr als eine halbe Million Lateinamerikaner, Professionelle,
lateinamerikanische Hochschulabsolventen in die Industrieländer, im
wesentlichen in die Vereinigten Staaten emigriert sind.
Bis
vor kurzem, bis noch vor einem Jahr, einige Monate vor der Krise sprachen sie
von der Einstellung von 200 000 Lateinamerikanern in der Industrie mit
Spitzentechnologie. Dabei handelte es sich um Hochschulabsolventen, Ingenieure
usw. usf.
Mit
einem FTAA und einer WTO wollen sie uns nun mit ihren Technologien, ihren
fortgeschrittenen, automatisierten usw. Industrien konkurrieren lassen. Wir
anderen sollen Obst anbauen. Sie wollen zu der Ära der Sammler zurückkehren.
Das ist es, was sie mit ihrem FTAA mit uns Lateinamerikanern vorhaben. Wir
sollen Mangos und einiges Gemüse produzieren, dessen Anbau in Kalifornien und
anderen Staaten etwas teurer würde, da dort der Lohn um das 15fache höher liegt
als der in unseren Ländern gezahlte. Das alles wissen die Mexikaner recht gut.
Die im Norden des Landes in der Textilfertigung Tätigen verdienen in den
Vereinigten Staaten für die gleiche Arbeit das 14fache; und das in Nordmexiko. Im
Süden kann diese Relation das 30- bis 40fache sein, das sie in den Vereinigten
Staaten für die gleiche Arbeit erhalten, wie sie sie in Grenznähe der
mittelamerikanischen Länder verrichten.
Daher
sehen wir, wie die Exporte – mitunter enorm – wachsen, doch nichts weiter als
den mageren Lohn von Industrien abwerfen, die nicht einmal Steuern zahlen und
in denen die nationale Beteiligung im allgemeinen 3 – 3 % nicht übersteigt, die
den Schweiß der Beschäftigten exportieren; daher verlieren viele Menschen beim
Versuch des Emigrierens ihr Leben.
An
der mexikanischen Grenze zu den Vereinigten Staaten starben jährlich 400 bis
500 Menschen – die Angaben nähern sich dieser Zahl, obwohl die Statistiken
unklar sind - das sind mehr als die Todesopfer in 29 Jahren Berliner Mauer, nur
daß über letztere alltäglich gesprochen wurde und diese hier niemals erwähnt
werden; ausgenommen einige, die wir, sagen wir und erkühnen, hin und wieder
diese Dinge anzusprechen.
Bei
einem Gespräch mit Osvaldito fragte ich ihn: „Wie wirst du jenes bezeichnen,
das man als FTAA kennt? Welchen Namen wirst du ihm geben? Wirst du irgendeinen
Beinamen benutzen?“ Wir haben gesagt Annexion, neues Instrument der Okkupation,
Kolonisation. Sie werden uns ausschließlich für die härtesten und am schlechtesten
bezahlten Arbeiten programmieren.
Nun
weiß ich nicht, in welche Kategorie die Hausangestellten aufgenommen werden,
wenn man über Beschäftigung spricht. Die Experten werden mir erläutern können,
ob sie unter die Kategorie der Beschäftigten fallen. Sie alle wissen recht gut,
wie diese Tätigkeiten sind; die schlechtesten.
Ich
hörte nicht, was erklärt wurde, doch wir brauchen nicht weiter darauf
einzugehen und sagen schlicht und einfach: das FTAA ist die Annexion
Lateinamerikas an die Vereinigten Staaten.
Warum
sollte es dann ein Wunder sein, wenn einige den Dollar als Währung direkt
einführen? Welche Hoffnung bleibt ihnen? Welche Währung wird mit der ihren
konkurrieren können? Welche Währung kann sicher sein, nicht abgewertet zu
werden? Auch wenn sie Hunderte Milliarden – was gar nicht so viel ist – als
Rücklage haben, einfach um Währungen zu schützen, die sonst keiner schützen
kann und auf die unvermeidlich die Abwertung wartet.
Warum
sollte es dann ein Wunder sein, daß alle Welt – vor allem jene, die viel
stehlen; doch auch jene, die etwas Geld zusammensparen, Professionelle oder
Gewerbetreibende, ihr Geld mitnimmt? Es ist dies ja die einzige Form, es in
Sicherheit zu bringen. Eine Zinsenzahlung von 40, ja 50 % um zu vermeiden, daß
einige Personen, deren Namen bekannt sind, zu einem spekulativen Schlag
ausholen. Die Wirtschaft kommt zum Stillstand und die Kapitalflucht kann nicht
vermieden werden.
Es
gibt Fälle – Sie wissen es wohl – die durch Privatisierung eine x-Summe
Geld
zusammengebracht haben – ich sage bewußt
x-Summe, um keine Ländernamen zu nennen; es ist stets unangenehm, sie zu nennen
oder aus den Angaben erkennen zu lassen – um Fonds zu bilden, die dann in acht
Wochen verschwunden waren. Diese ist eine der Regeln.
Es
ist nicht bekannt, wo das Geld unserer Länder ist. Es ist nicht bekannt, wo das
Geld Argentiniens, noch wo das Geld Venezuelas ist; die 400 Milliarden Dollar,
die verschwendet und zu einem guten Teil gestohlen wurden fast seit der Zeit
des Sieges der kubanischen Revolution, also einige Monate nach dem Sturz der
Militärdiktatur in Venezuela im Februar 1958; die Revolution siegt im Januar
1959.
Alle
Welt weiß, wie jenes Land ausgeplündert worden war; was für eine Verschwendung!
Sogar die Eiswürfel für den Whisky kamen dort sogar in Polyäthylenbeuteln mit
Wasser aus Schottland, um nicht die Dummheit zu begehen, den Whisky, in dessen
Prozeß doch schottisches Wasser benutzt worden war, mit venezolanischem Wasser
zu versetzen. Das bezeichnet man nun als Muster an Demokratie. Wenn Sie nun
fragen: Wieviel Kinder erreichen den Abschluß der sechsten Klasse? Dann
bestätigt man Ihnen, daß es weniger als 50 Prozent sind. Wieviel setzen ihr
Studium in der Gymnasialstufe fort? Noch weniger. Ist das Analphabetentum
abgeschafft? Nein, es gibt es noch. Sie sprechen von 15 %, 20 %;
Halbanalphabeten oder funktionale Analphabeten sind nicht enthalten, doch diese
Kategorie muß ebenfalls berücksichtigt werden. Insgesamt sind es Millionen.
Was
für ein Interesse können gewisse Sektoren oder die Reaktionäre und Oligarchen
haben, das Volk das Lesen und Schreiben zu lehren? Sie haben Angst davor, daß
das Volk lesen und schreiben lernt. Das
erklärt die enorm hohen Zahlen, obwohl sie natürlich nicht mit denen Afrikas zu
vergleichen sind. In Afrika gibt es Länder mit 87 Prozent Analphabeten und mit
nur 15 oder 16 Prozent Einschulung, wenn überhaupt. Man spreche nicht nur über
Analphabeten. Man spreche über jene, die nicht eingeschult sind. Man spreche
über jene, die den Abschluß der sechsten Klasse erreichen, und danach spreche
man über eine industrielle Entwicklung, die Benutzung des Internet und die
Ausbildung von Forschern und Wissenschaftlern. Wie, zum Teufel ...? Wenn wollen
sie angesichts dieser Realitäten für dumm verkaufen? Es ist unglaublich, wie
sie die Völker zum besten halten, um danach zu sagen, sie seien eine
Demokratie.
Es
hat den Anschein, die Plünderung gäbe es nicht; und Sie alle wissen recht gut,
daß man einen Computer benötigt, um all das Geld aufzurechnen, daß sie in
unserer Erdhälfte geraubt haben, seit es die Kubanische Revolution gibt; die
Zahl der Vermißten, seit es die Revolution gibt, betrug allein in Guatemala 100
000 und der Toten waren es mehr als 200 000. Die Kategorie der Gefangenen gab
es dort nicht, seit sie mit einer Söldnerinvasion ähnlich der von Girón in
jenes Land eingefallen waren.
Stellen
Sie sich vor, was uns erwartet hätte! Doch zu jenem Zeitpunkt hatten wir
bereits 400 000 Waffen. Vielleicht wären wir zu dem Vietnam dieser Erdhälfte
geworden. Die Tatsache, daß ihnen die Zeit nicht ausreichte, um einen
Brückenkopf zu errichten und wir sie in 72 Stunden hinwegfegten, war eine Frage
auf Leben und Tod. Den Normen zufolge, was eine entwickelte und gut
ausgebildete Streitmacht ist, gab es bei uns noch keine organisierte Armee.
Doch
auch den revolutionären Krieg hatte man mit Menschen gewonnen, die lediglich
theoretische Unterrichtung erhielten. Von den Tausenden, die später mit unserer
Guerrilla-Armee, unseren Guerrilla-Kolonnen kämpften, kann ich mich an keinen
einzigen Fall erinnern, daß sie, bevor sie zum Gefecht antraten, auch nur eine
Kugel im Training abgefeuert hätten. Alles wurde auf der Basis geometrischer
Methoden, ohne Abgabe von Schüssen vermittelt, denn unsere knappen Munitionen
durften nicht auf diese Weise verausgabt werden.
Man
erlernte den Beruf, mit einer geeigneten Taktik gegen mächtige Kräfte zu
kämpfen, ausgebildet von den USA, gut bewaffnet, mit einer ziemlich guten
Luftwaffe, guter Koordinierung zwischen jenen in der Luft und den Bodentruppen,
mit modernen Panzern, guten Kommunikationen. Sie besaßen all das, was uns
abging, ausgenommen das Recht, ausgenommen die Politik. Sie steckten Häuser in
Brand, ermordeten Bauern, beraubten alle Welt. Sie leisteten unsere politische
Arbeit. Sie waren unsere Waffenlieferanten und unsere besten Politkommissare.
Häufig
wird schematisiert und einige meinen, wir haben hoch oben auf einem Berg zu den
Bauern über marxistische Theorie, das Gesetz der Agrarreform und x andere
Punkte gesprochen. Was diese aber recht gut wußten, war, daß wir sie mit
großem Respekt vor ihrer Person und
ihrer Familie behandelten und alles bezahlten, was wir ihnen abkauften. Da die
Zone umzingelt war, beschlagnahmten wir große Herden und übergaben Tiere an
jene, die trotz Bombardements und anderen Dingen jene Gegend nicht verließen,
in der wir operierten; und wir erzielten den Sieg zum gegebenen Zeitpunkt, mit
einer gegebenen Taktik und in konkreter Form.
Ich
werde nicht in Frage stellen, wie irgendein Politiker oder Organisation
vorzugehen beabsichtigt; in welcher Form die Unterdrückungs- und
Ausplünderungsregimes gestürzt werden sollen. Das kommt jedem selbst zu. Ich
sage einfach, was wir zu einem bestimmten Zeitpunkt getan haben und wie das
Land danach einem so mächtigen Feind gegenüber der Belagerung, den
Aggressionen, dem Terrorismus standhielt. Man beachte, dem Terrorismus; und
hierzu werde ich nicht ausführlicher werden, denn das würde lange dauern.
Ach
so, dieses Land mußte nun blockiert werden, denn dieses Land hat eine
Agrarreform durchgeführt und dieses war das Land Lateinamerikas, in dem die
großen transnationalen Konzerne der Vereinigten Staaten den größten Grundbesitz
hatten. Sie waren die Herren des übergroßen Teils des besten Bodens des Landes,
denn sie zu Spottpreisen erworben und mehr als ein halbes Jahrhundert lang
ausgebeutet hatten. Daneben waren sie die Herren unserer öffentlichen Dienste,
die Herren des Eisenbahnwesens, die Herren der Bergwerke, die Herren der
wichtigsten Industrien. Die Agrarreform war eins der ersten Gesetze; und von
diesem Zeitpunkt an waren wir dazu verurteilt, zerstört zu werden, auf die
gleiche Weise wie es in Guatemala geschah, nachdem dort die Agrarreform
umgesetzt und sie zur Zerstörung verurteilt worden waren.
Hier
war es radikaler, denn einige jener Unternehmen besaßen 200 000 Hektar Boden.
Im ersten Agrarreformgesetz hatten wir ein Maximum von 1340 Hektar bei starker
Bewirtschaftung und 402 Hektar bei Extensivkulturen oder Brachland festgelegt.
Das Gesetz implizierte eine Entschädigung in Form von Schatzscheinen der
Republik. Das war das erste Agrarreformgesetz. Für ein mächtiges und mit 200
000 Hektar einflußreiches Unternehmen war dieses eine Unehrerbietigkeit.
Hiermit nahm alles seinen Anfang. Man begann bereits, alle anderen Pläne zu
schmieden. Das Land hielt durch, es hielt die ganze Zeit über durch und
vollbrachte ein Werk. Danach kamen schlimmere Zeiten, und das Land hielt durch
und entwickelte sein Werk weiter.
Es
soll nur gesagt werden, daß, als das einsetzte, was wir die Spezialperiode
nannten, in zehn Jahren 30 000 Familienärzte ihren Dienst in unserem
Gesundheitswesen aufnahmen. Heute hat der Bürger in unserem Land seinen
Hausarzt in 100, 150 oder 200 Meter Entfernung von seiner Wohnung. Auf dem Land
ist die Entfernung etwas größer, doch er ist da und lebt auch dort. Es sind
dies Leistungen, die kein Industrieland, nicht einmal im Traum, je erreichen
wird. Im größten Teil der Welt ist die ärztliche Betreuung vollkommen
vermarktet. Im Falle Kubas sind es mehr als 60 000 Ärzte, denn 2500 sind in
integralen Gesundheitsprogrammen tätig, die wir im Ausland leisten und etwa
1500 stehen unter Vertrag; also sind annähernd 4000 kubanische Ärzte im
Ausland. An den medizinischen Fakultäten immatrikulieren 3000. Insgesamt
studieren an ihnen 14 000, also
werden wir reichliche Reserven haben können.
Wir
haben sogar den Vereinten Nationen genügend Gesundheitsarbeiter zur Schaffung
einer Struktur oder Infrastruktur – wie man will – zur AIDS-Bekämpfung
vorgeschlagen, wenn genügend Mittel bereitgestellt werden. Bis jetzt ist die
Antwort auf den Aufruf der Vereinten Nationen ein Angebot von nur einer
Milliarde gewesen. Heute nachmittag sagte ich bereits, daß zur Aids-Bekämpfung
mindestens 200 Milliarden nötig sind, denn die Krankheit verbreitet sich sehr
rasch; und in 19 Jahren konnte noch kein Impfstoff entwickelt werden; es ist
niemand an einem Impfstoff interessiert. Die großen transnationalen Unternehmen
und die Pharmaindustrie interessiert nicht die Vorbeugung, sondern die
Therapie. Daher sind die ärztlichen Leistungen so teuer.
Unsere
Kinder impfen wir gegen 13 verschiedene Krankheiten, und einige dieser
Impfstoffe werden in unserem Land hergestellt. Doch dieses Land muß blockiert
werden.
Wir
hatten gesagt, daß wir das wenige Geld, das dieses Land besitzt, oder was sie
sonst wollen, geben, wenn man uns nur einen einzigen Vermissten oder eine
einzige außergerichtliche Hinrichtung nennt. Ich gehe noch weiter, einen
einzigen Fall von Folterung in diesem Land. Aber ja, dieses Land ist zu
blockieren; dieses Land ist zu verurteilen. Deshalb scherzte ich etwas, als
hier jemand die Genfer Mißbilligung ansprach.
Das
ist ein Vorgehen, das sie alljährlich erfinden und woran wir vollkommen gewöhnt
sind. Sie haben sich darauf versteift
und finden keinen Schlaf. Es ist unglaublich, daß in einem so mächtigen
Land die Führungspersönlichkeiten nicht schlafen – im allgemeinen gibt es um
02.00 Uhr nachts 25 oder 26 Gegenstimmen zur Resolution, wenn diese nachmittags
abgestimmt wird, haben sie einen größeren Vorteil, durch schrecklichen Druck
das Ergebnis zu ihren Gunsten zu verändern.
Die
der neuen Administration sprechen eine noch giftigere Sprache. Diese machen
keine Umstände, wenn sie die Staatschefs zu sich bestellen und ihnen unverblümt
und frech drohen. Es ist schwer zu sagen, wer keine Anleihe, keinen Kredit von
einigen der Banken oder den internationalen Geldinstituten benötigt.
Wir
haben wahrhafte Helden kennengelernt, äußerst arme Länder, die sämtliche
Risiken herausforderten. Daher ist es eine nur knappe Mehrheit, die sie
erzielen mit höchstens ein oder zwei Stimmen. Einmal waren sie nachlässig,
haben sich auf den Lorbeeren ausgeruht und haben verloren.
Nachdem
sie in den ehemaligen sozialistischen Ländern, wo niemand je einen Cent
gestohlen hat, „demokratisiert“ und eine „so vortreffliche“ Wirtschaft
entwickelt hatten, indem sie die „ehrenhaftesten“ Regierungen der Welt schufen,
konnten sie mit neuen Verbündeten für die Verurteilung Kubas rechnen. Dort kam
es nicht zu Privatisierungen. Was dort geschah, war eine Beschlagnahmung der
Güter des Landes durch die Bürokraten; und kraft der Grundsätze jener so häufig
erwähnten Institution, die sich IWF nennt, schafften die Beschlagnehmer im
Handumdrehen alles Geld weg, was sie konnten. Nun gut, das ist eben Demokratie;
das ist Entwicklung.
Soziale
Statistiken, wofür? Wann ist es den Herren der Welt tatsächlich einmal wichtig
gewesen, daß in einem Jahr 50 Säuglinge pro 1000 Lebendgeburten sterben oder 60
der Altersgruppe von 0 bis 5 Jahren? Was bedeutet es schon, daß es in Afrika
faktisch kein Land gibt, in dem die Sterblichkeitsziffer unter 100 liegt? Was
bedeutet es schon, wenn in einigen afrikanischen Ländern pro 1000
Lebendgeburten mehr als 200 Kinder von 0 bis 5 Jahren sterben? Wann ist ihnen
das wichtig gewesen? Im Gegenteil, durch das Bevölkerungswachstum beängstigt,
ist es ihnen so ziemlich einerlei, daß das HI-Virus in ganzen Nationen
grassiert, wovon einige dahingerafft werden können.
Pérez
Esquivel sprach von den Menschenrechten und nannte Zahlen, an die man sich wird
erinnern müssen.
Die
Gefahr besteht, daß ganze Regionen Afrikas verschwinden; und es gibt Länder,
deren Lebenserwartung ohne Aids 61 Jahre betragen würde, die heute bei 38
Jahren liegt, und bald werden es 30 Jahre sein. Von der Krankheit sind
hauptsächlich junge Menschen betroffen, Frauen und Männer im arbeitsfähigen und
Alter der Fortpflanzung. Was wird in einigen Ländern geschehen, in denen,
obwohl sie nicht zu den am meisten betroffenen zählen, mehr Lehrer an Aids
zugrunde gehen als Lehrer ausgebildet werden? Denn so liegen die Dinge konkret;
es ist wahrhaft beeindruckend.
Wie
wichtig ist dies jenen, die den Kolonialismus schufen, den Kapitalismus, der
mitten im Westen die Sklaverei der Jahre des Römischen Reiches wieder
einführte? Einen überaus entwickelten Kapitalismus, der nichts zu tun hat mit
jenem anderen und der die Welt in die schrecklichen Bedingungen von heute
geführt hat.
Man
spricht von Adam Smith, man spricht von Keynes, man spricht von den Chicago-Boys.
Jeder gehört zu einer anderen Epoche, zu einer anderen Situation.
Kann
man inmitten kolossaler Ungleichheiten von Freiheit sprechen? Kann man von
Optionsmöglichkeit sprechen, wenn einige Milliarden besitzen und andere unter
den Brücken von New York leben? Denn Arme gibt es nicht nur in der Dritten
Welt. Es gibt viele Arme und viele Ausgegrenzte in den Industrieländern selbst,
speziell in den Vereinigten Staaten, dem mächtigsten, dem am stärksten
industrialisierten und dem reichsten von allen.
Jemand
sprach über die Anzahl der Armen, ob 800 Millionen, ob eine Milliarde. Die
Anzahl der Armen beträgt tatsächlich vier Milliarden. Einzubeziehen sind die
Armen in den Industrieländern und die jener Länder der Dritten Welt, die einen
bestimmten Entwicklungsgrad zu verzeichnen haben. In einigen dieser Länder
beträgt das Bruttoinlandsprodukt das Dreifache des BIP Kubas, und sie haben
Hunderttausende Analphabeten und Menschen, die keine ärztliche Betreuung
erhalten; denn sie praktizieren die Doktrin des Neoliberalismus und einbeziehen
in ihr BIP die Produktion zahlreicher Exportfreizonen.
Alle
Welt will heutzutage Exportfreizone sein. Sie haben die Länder gegeneinander
konkurrieren lassen, und solche Industrien bringen nichts anderes als niedrige
Löhne. Die ärztlichen Leistungen werden vermarktet, ebenso ein großer Teil des
Bildungswesens sowie sämtliche Erholungsaktivitäten. Die Arbeit unserer mehr
als 60 000 Ärzte, die Arbeit von annähernd 250 000 Dozenten und Lehrern, die
Arbeit der Sportlehrer steuert, da diese Leistungen kostenfrei sind, gemäß
jener Methode der BIP-Berechnung nichts bei, ist nichts wert. Wie sagte doch
der jüngste Nobelpreis, Stiglitz, man geht von ungleichartigen Informationen
aus. So ist eben alles täuschend, bis hin zur Form der Berechnung des BIP, weil
eben in unserem Land all diese Leistungen kostenfrei sind und nur die
Lohnkosten und einige andere Ausgaben erfaßt werden.
Auch
der Lohn ist eine relative Größe. Welche Kaufkraft besitzt ein Lohn bei einer
Reihe von sozialen Maßnahmen? Es wird behauptet, in jenem Land läge der Lohn
bei 10, in jenem anderen bei 20 Dollar. All das ist Lüge. Ich habe es hier
bereits in einer Rede erläutert, bei der die Hälfte der hier Anwesenden auch da
waren; und ich werde es nicht wiederholen. Es ist aber ein ganzer Berg von
Falschheiten, Verzerrungen und Lügen. Uns bekümmert dies nicht.
Das
Bruttoinlandsprodukt sagt uns sehr wenig aus. Eine viel höhere Aussage ergibt
sich für uns aus der Lebensqualität, den Bildungs- und Erziehungsleistungen,
den Gesundheitsleistungen, dem Sport, der Körpererziehung und den
Erholungsleistungen. Die Sicherheit eines jeden Bürgers sagt uns mehr; die
Sicherheit insgesamt, daß keiner verlassen wird; die Sicherheit insgesamt, daß
Leistungen gewährleistet sind; während dort bei unserem so reichen Nachbarn des
Nordens mehr als 40 Millionen Menschen keinerlei Gewähr einer ärztlichen
Betreuung haben und die vermeintlich gewährleisteten Dienste sind, abgesehen
von ihren Kosten, partieller Art. Sie sind nicht einmal komplett.
Und
dieses Land muß blockiert werden, dieses Land muß verurteilt werden, das sind
die Parameter, mit denen sie sogar noch Hunderte Millionen Menschen auf der
Welt täuschen, wenn es auch immer weniger sind.
Man
muß die politischen Folgen dieses Systems sehen und warum sie alle diese
Maßnahmen gegen Kuba aufrechterhalten. Sie haben es nicht geschafft, Kuba
einzuschüchtern, und werden dies niemals erreichen, denn es ist eine
Revolution, die sich auf unverletzliche Prinzipien und Normen gründet.
Wenn
ich hier höre, wie die Notwendigkeit der ausländischen Investitionen gepredigt
wird, dann frage ich mich wirklich: Und könnten sich viele der
lateinamerikanischen Länder etwa nicht mit dem Geld entwickeln, das geraubt
wurde? Könnten sie sich etwa nicht mit dem Geld entwickeln, das aus dem Land
geschafft wurde? Warum müssen sie alles verkaufen und an eine Verschuldung
gefesselt sein, die einen wachsenden Anteil des Staatshaushalts auffrißt, 20
%, 25 %, 30 %, ohne irgendeine andere
Hoffnung? Sie müssen alles verkaufen, und es bleibt ihnen schon nichts mehr zum
Verkaufen, nichts mehr außer dem Verkauf von Bürgern und dem Export von
Talenten, für die sie nicht einen Cent bezahlen, noch entschädigen sie für die
Ausgaben, die der Staat für die Ausbildung dieser Fachleute aufwenden mußte.
Es
ist eine andere Art der Ausplünderung, Ausplünderung in jedem Sinn: der Besitz
von 90 % der Patente, dann haben wir weder tarifären Schutz noch den Schutz
irgendeiner Art, weder Talente noch Forschung noch Zollschranken. Um Kaffee zu
säen, für den sie immer weniger bezahlen, oder um Mango oder Avocado zu säen,
um die Wälder wegen des Exports des Holzes abzuholzen, zur Übergabe von nicht
erneuerbaren Produkten, alles Gas und Erdöl, das man erschließen kann,
jeglichen Kleinproduzenten dem Wettbewerb aussetzen; jeglichen Kleinhändler dem
Wettbewerb mit den großen Ladenketten aussetzen, die alles niederwälzen; auf
die Idee zu verzichten, überhaupt eine eigene Fluglinie zu haben, es gibt
Länder, denen keine mehr verbleibt; oder von dem eigenen Seetransport verbleibt
nichts; oder es verbleiben keine eigenen Kommunikations- und
Versicherungsunternehmen. Alles geht in den Besitz ihrer Banken über, ihrer
Unternehmen, alles fällt in ihre Hände.
Was
verbleibt in den Händen unserer Völker? Denn wir werden nicht einmal
einverleibt, oder in jedem Fall werden wir wie die afroamerikanische
Bevölkerung einverleibt, die fast ein Jahrhundert nach der berühmten
Unabhängigkeitserklärung immer noch versklavt war, und fast ein Jahrhundert,
oder praktisch ein Jahrhundert nach der Abschaffung der Sklaverei, die durch
einen blutigen Krieg erreicht wurde, mußten Luther King, Malcolm X und viele
andere Afroamerikaner sterben, damit die Diskriminierung, die bis heute noch
nicht verschwunden ist, vermindert wird.
Wir
werden wirklich auch diskriminiert, welche Hautfarbe auch immer wir haben, denn
wir sind spanischsprechende Länder: sehr nützlich zum Straßenfegen, sehr
nützlich, um dort alles mögliche aufzusammeln, dabei oftmals in der Illegalität
lebend, dazu verurteilt, von den Familien getrennt zu leben, denn dort gibt es
keine Lösung, dort gibt es keinen Adjustment Act, wir wollen nicht einmal, daß
es ihn gibt, denn es handelt sich um ein mörderisches Gesetz; doch wenn sie ein
solches Gesetz für Mexiko, Mittelamerika und die anderen Länder verabschiedet
hätten, gäbe es heute in den USA mehr Mexikaner und Lateinamerikaner als
US-Amerikaner europäischer Herkunft.
Freie
Kapitalbewegung und freie Warenbewegung, aber keine freie Bewegung der
Arbeiter.
Alles
wird aufgesaugt, und die größte Gefahr besteht darin, daß es nicht genügend
Bewußtsein gibt.
Als
sie sich hier versammelten, um über den FTAA zu diskutieren, oder als sich die
Vertreter des Forums von Sao Paulo hier trafen, hatten alle Teilnehmer sehr
klare Ideen bezüglich der Hauptprobleme, sie verstehen das Problem voll und
ganz, und wir riefen sie dazu auf: Man muß Ideen und Botschaften vermitteln,
man muß die Schaffung von Bewußtsein fördern, denn man sagt den Leuten per
Radio und Fernsehen, daß es wundervoll sei, mit allen Medien, und später rufen
sie sie zur Teilnahme an Wahlen auf.
Wir
haben ein Plebiszit vorgeschlagen, doch nicht im nächsten Jahr, sondern 2004,
vor der Verabschiedung des FTAA. Es würde sich lohnen, zur Schaffung dieses
Bewußtseins die aktuellen Lektionen auszunutzen, denn sie sind mit ihrer
Demagogie und ihren Massenmedien in der Lage, die fehlende Kultur und die
Unwissenheit der Bürger dieser Hemisphäre auszunutzen, sie dazu zu bringen, im
Glauben für die Annexion zu stimmen, es handele sich um eine sehr gute Sache,
denn niemand hat ihnen jemals erklärt, was der Internationale Währungsfonds
ist, welche Vorgehensweisen existieren. Sie sagen ihnen einzig und allein: „Es
ist gut für die privaten Investitionen, man muß auf Knien um private
Investitionen bitten.“
Wir
machen das nicht, wir verschenken nichts. Wenn wir über ein Kapital zum Kauf
einer Maschine verfügen, das sich innerhalb eines Jahres amortisiert, werden
wir diese Begünstigungen nicht verschenken, wir suchen die Million und
investieren sie. Ah, wenn zum Beispiel Technologie fehlt, um in den Tiefen des
Meeres zu bohren, machen wir uns nicht daran zu träumen oder abzuwarten; im
Wissen darüber, was die internationale Erfahrung ist, schließen wir dann
Verträge ab und gründen Joint-Ventures.
Die
meisten Hotels unseres Landes sind in kubanischer Hand und wurden mit
kubanischem Kapital gebaut, mit kubanischer Haut, denn wir haben ausgehalten
mit dem Bewußtsein, dem Opfergeist und mit unserer Haut. Es gibt namhafte
Unternehmen, die nicht einen Cent beigesteuert haben, aber das paßt uns. Wir
unterzeichnen einen Konzessionsvertrag, sie leisten die Märkte als Beitrag.
Letztendlich berechnen wir, wo die Vor- oder Nachteile einer privaten
Investition liegen. Es gibt welche, die keine Gemeinschaftsunternehmen bilden
wollen, sie möchten 100 % desselben besitzen. Es ist zu sehr wenigen solcher
Fälle gekommen, doch man kann dem zustimmen, wenn es sich um eine bestimmte
Technologie handelt, um ein Produkt herzustellen, dessen hiesige Herstellung in
einem hundertprozentig ausländischen Unternehmen weniger kosten würde als seine
Einfuhr.
Das
bringt uns nicht um den Schlaf, es soll das Prinzip leitgebend sein, gemäß dem
die Interessen des Landes über allem stehen und das gemacht wird, was dem Land
dient, wobei rigoros berechnet wird. Die Nation verliert nicht die Kontrolle
über ihre Wirtschaft noch über die gesellschaftlichen Ziele seiner Entwicklung.
Der Neoliberalismus ist nicht so gut, da er keine Währung in irgendeinem Land
der Dritten Welt aufwerten konnte. Nach dieser traurigen Etappe – traurig, aber
glorreich, da sie uns viel lehrte – der Sonderperiode hatte unser Peso im Jahr
1994 seinen Wert bis auf einen Umtauschkurs von 150 Pesos pro Dollar verloren,
und innerhalb von fünf Jahren hatten wir unseren Peso von einem Kurs von 150
auf 20 Peso pro Dollar aufgewertet.
Wir
stellen Sie vor die Herausforderung, auch nur einen zu finden, der dies
irgendwann einmal geschafft hat, wenigstens einen, der den Wert seiner Währung
um das Siebenfache erhöhen konnte. Jetzt hat er ein wenig an Wert verloren, als
die Bomben auf Afghanistan zu fallen begannen, aus irgendeinem psychologischen
Effekt. Der Peso hatte zu jenem Zeitpunkt einen Kurs von 22 pro Dollar; viele
Leute begannen damit, in unseren Wechselstuben mit der Landeswährung Dollars zu
kaufen. Der Kurs lag bei 19 oder 20; uns käme es wirklich nicht gelegen, ihn
weiter aufzuwerten, sondern ihn etwa auf einem Kursniveau von 20 Peso für einen
Dollar zu belassen.
Am
11. September lag der Kurs bei 22 Peso pro Dollar, und danach begann er an Wert
zu verlieren; man löste die Situation, indem der Preis des Dollar um vier Pesos
erhöht wurde. Die Tendenz wurde gestoppt, denn es gab immer eine größere
Nachfrage nach Peso, da man viele Sachen nur mit dieser Währung erwerben kann. Außerdem
gibt es im Fall der Pesos einen höheren Zinssatz bei mittelfristigen
Sparanlagen, sagen wir 50 % mehr. Ja, 50 % mehr als unser konvertierbarer Peso;
denn wir haben einen konvertierbaren Peso, doch dieser ist nicht wie der in
Argentinien, dieser kann nicht fliehen, es sei denn, ihm wachsen Flügel und er
fliegt wie ein Schmetterling mit Hilfe des Windes nach Florida. Die Passatwinde
kommen hier gewöhnlich aus der entgegengesetzten Richtung; doch manchmal gibt
es Südwinde und es kann passieren, daß ein Dollar entweicht und bis Cayo
Marathón oder Cayo Hueso gelangt; doch nur auf diese Weise könnte er entkommen.
Es
gibt die andere Währung, die ausländische Währung; nicht nur Dollar, man
spricht gewöhnlich von Dollar, denn es gibt keine andere Weise der Messung
einer Währung als der Gebrauch des Dollars. Wenn man Lire benutzt, wird man
verrückt, genauso beim Gebrauch des Yen, die Rechnungen werden sogar
komplizierter, wenn man in der kanadischen Währung kalkuliert, denn sie bewegen
sich bei 61 % oder 65 %. Uns bleibt nichts übrig als in Dollar zu rechnen, aus
praktischen Gründen, um Berechnungen und den Strom der Computer zu sparen.
In
unserer Währungspolitik kennen wir nicht diese Tragödien, von denen Sie
sprachen: hinsichtlich der Zinsen, ob der IWF so viel versprochen und dies dann
nicht eingehalten hat, die Frage, ob die Währung an Wert verloren hat. Welche
verliert nicht an Wert? Welche ist sicher?
Natürlich
wissen wir in der Theorie sehr gut, daß eine einheitliche Währung in
Lateinamerika besser wäre, doch wir sind sehr weit von den erforderlichen
Bedingungen zur Lösung des Problems einer Einheitswährung entfernt. Es reicht,
daß sie sich rettet, daß sie den Gebrauch ihrer Währungen nicht durch den
Dollar austauschen, daß das Geld nicht entweicht... ich weiß nicht, auf welche
Weise man dieses Entweichen verhindern kann, oder wie man diesen Prozeß
verlangsamen kann, oder wie man die Abwertung verhindert. Das ist die reelle
Situation, die Probleme sind viel ernster und komplexer.
Hier
wurden interessante Dinge gesagt, darunter die Aussagen des Nobelpreisträgers
des Jahres 2001, Professor Stiglitz. Wir sind keine Wirtschaftstheoretiker,
doch der Kampf hat uns gezwungen, das genau zu beobachten, was mit der
Wirtschaft geschieht.
Wir
haben exzellente Vorträge gehört. Professor Stiglitz war hier relativ
vorsichtig – in der kubanischen Hauptstadt muß man immer sehr vorsichtig mit
dem sein, was man sagt -, doch er hat ausgezeichnete Artikel geschrieben, von
denen wir einige kennen: sein berühmtes Vorwort zum Werk von Polanyi, dem
Wirtschaftswissenschaftler, der zu Zeiten von Bretton Woods unterschiedliche
Positionen vertrat. Man muß sich anschauen, was er sagt, die Kritiken an den
Konzeptionen des IWF, mit welcher Klarheit er dem IWF die Schuld für die Tragödie
gibt, die zahlreiche Länder durchleben.
Er hat einen anderen Artikel mit dem Titel „Was ich aus der südostasiatischen Krise gelernt habe“ geschrieben, in dem er Land für Land die verschiedenen Kriterien und Konzeptionen derjenigen untersucht, die die Situation der in die Krise stürzenden Länder abmildern wollten, und vor allem behandelte er, wie und warum sie in die Krise stürzten. Er erklärt auch, daß sich alle auf der Grundlage von starken protektionistischen Maßnahmen entwickelten. Sie wurden gezwungen, diese Linie zu ändern, sie brachten sie zu einer totalen Liberalisierung und diese Länder blieben ohne Devisen und ohne Währungsreserven gegenüber den spekulativen Angriffen.
Es
gab einen Unehrbietigen namens Mahatir, der eine andere Formel suchte, er forderte
sie heraus; doch er bewahrte Ressourcen, schützte sich besser vor der
kritischen Situation; andere verloren alles, und dies diente dazu, daß viele
transnationale Firmen US-amerikanischer Herkunft zu Spottpreisen, wie man sagen
kann, die Industrien in vielen dieser Länder aufkauften, neben der
Verrücktheit, daß sie mit dieser Vehemenz hinsichtlich der Bewegungsfreiheit
die totale Liberalisierung des Warenaustauschs anwenden, die totale Befreiung
der Kapitalbewegungen; das heißt volle Deregulierung – wie Sie das nennen.
Wo
ist die Zukunft dieser Länder? Gab es etwa ein minimales Programm? Ich schlage
keine weltweite Plaungsbehörde vor. Ich wage es zu sagen, daß es dazu hätte
kommen können, bevor sie lernen würden, die Dinge mit einer anderen Konzeption
wirklich gut durchzuführen. Ich sage dies mit der Moral, das kennengelernt zu
haben, was unser Volk in 43 Jahren vollbracht hat.
Es
gibt ja nicht einmal die geringste Koordinierung, sie bringen alle Länder dazu,
Chips für das Internet zu produzieren, oder für das Fernsehen, und sie erzielen
Preise von bis zu einem Dollar und bei jeglichem Produktionsüberschuß reduziert
sich der Preis auf fünf Cent, und sie lassen alle Fernseher, Kühlschränke oder
Haushaltsschrott produzieren, wie wir dies vulgär nennen.
Mit
der Technologie haben sie die Fähigkeit zur Produktion von unbegrenzten Mengen,
nur gibt es eben nicht die Kaufkraft zum Erwerb von all dem, was diese
Industrien in der Lage sind zu produzieren.
Und
noch dazu lassen sie in Thailand oder in Indonesien Autos produzieren, und zwar
Luxusautos, eine Art von Mercedes Benz, während die Hälfte der japanischen
Autoproduktion stillstand. Je mehr Technologie sie also entwickeln, je mehr
Arbeitsproduktivität, desto weniger Arbeitsplätze, also mehr Arbeitslose und
mehr Krise. Das ist noch nichts. Jetzt wo China in die WTO eingetreten ist,
würde ich gerne sehen, wer die Chinesen bei der Produktion all dieser Dinge
übertrifft. Fürs erste haben wir dabei viel gewonnen. Wir würden nicht auf die
Idee kommen, eine Fabrik für Bildröhren zu errichten; doch wir haben eine
Million chinesische Fernseher gekauft.
Das
Fernsehen ist für uns ein Instrument der Bildung, der Kultur. Es ist
unbeschreiblich, was man damit machen kann! Wir lehren massenweise
Fremdsprachen in Sendungen, die wir Universität für alle nennen, und mit
beachtlichen Ergebnissen.
In
dieser selben Woche oder in der nächsten beginnen die Wiederholungen des
Lernstoffes. Da der Eintritt in das Hochschulniveau sich nach den Ergebnissen
der Schulakte und anderen Faktoren richtet, haben wir ein Programm zur
Wiederholung der wichtigsten Fächer gestaltet, die den Eintritt in die
Hochschule bestimmen. Früher konnten nur die Familien mit einem höheren
kulturellen Niveau und etwas mehr Mitteln Nachhilfelehrer für ihre Kinder
besorgen, denn logischerweise wollen alle Familien, daß ihre Kinder die
Universität besuchen.
Ich
habe gesagt, daß wir uns dessen schämen, was wir gemacht haben, denn wir
entdeckten eines Tages, daß nicht alle in diesem Land geborenen Kinder die
exakt gleichen Chancen hatten. Durch Nachforschung und Vertiefung in diese
Themen bezüglich der Gerechtigkeit haben wir dies bemerkt, nach so vielen
Jahren des revolutionären Kampfes und nachdem wir im sozialen Bereich
möglicherweise zehnmal mehr getan haben als jegliches andere
lateinamerikanische Land. Ich sagte den Teilnehmern an einem
lateinamerikanischen Journalistenkongreß, daß wir uns dessen schämten, was wir
gemacht haben, wenn an die Dinge denken, die man machen könnte, die wir aus
Ignoranz nicht gemacht haben und die wir erst heutzutage in die Tat umsetzen.
Es sind mehr als 70 Programme der sozialen Entwicklung. Eines davon ist
Universität für alle, das ist kein Blödsinn; ein anderes im Bereich der
Grundschulbildung zielt darauf, einen Anteil von 20 Schülern pro Lehrer zu
erreichen, und das ist noch nicht das Ideal. In der Stadt Havanna werden wir
innerhalb von zwei Jahren – das wird jetzt im September sein – den
durchschnittlichen Anteil von 37 auf maximal 20 Schüler reduziert haben. Wir
haben die Fernsehprogramme in die 1 944 Schulen gebracht, die keinen Zugang
dazu hatten, weil sie über keinen Strom verfügten. Dieses Problem lösten wir
mit einem Solarpanel, und jetzt installieren sie – was in einigen Wochen
beendet sein wird – ein weiteres Panel für den Computeranschluß. Keine der 1
944 Schulen wird von diesem Programm ausgeschlossen. 21 dieser Schulen verfügen
über nur einen Schüler, und dieser Schüler hat bereits einen
Diplom-Grundschullehrer – er lebt an einem weit entfernten Ort, vielleicht der
Sohn eines Försters -, ein Solarpanel mit einem chinesischen Fernseher – die 60
Watt verbrauchen, sie sind sehr sparsam und haben eine exzellente Bildqualität
-, und jetzt den Computer, mit dem der Lehrer – der einen Kurs zur
Unterrichtung von Computertechnik in der Grundschule absolviert hat, er
verfügte über die pädagogische Methodologie und bekam einen 174 Stunden
dauernden Kurs erteilt – bereits das diesem Kind entsprechende Computerprogramm
unterrichten kann; außerdem bildet er sich weiter fort und verbessert sein
Einkommen.
Die
Lehrer, die in der Stadt Havanna in den Grundschulen Computertechnik
unterrichten, bekommen – da in der Hauptstadt immer alles viel schwieriger ist
– 800 Stunden Ausbildung erteilt; sie sind keine ausgebildeten Lehrer, denn wir
hatten einen Lehrermangel, sondern Jugendliche, die in den Gymnasien die elfte
Klasse absolviert haben.
Zu
diesem Zeitpunkt haben wir in 600 kleinen Dörfern oder Weilern, die über keinen
Strom verfügen, fast 600 Videosäle mit 29 Zoll-Fernsehern und Solarpanel. Wir
verschaffen damit allen Bürgern des Landes den Zugang zum Fernsehen. Sie
besuchen diese Einrichtungen und verhalten sich mit einer bewundernswerten
Disziplin. Dort wird kein Rum getrunken und es ist ein großes Ereignis, wenn
die Programme gezeigt werden. Es werden in diesem ersten Teil 700 sein und dann
fehlen noch etwa 700 weitere. Ende dieses Jahres wird es in jedem dieser fast 1
500 kleinen Dörfer mit 15 oder mehr Wohnungen einen solchen Videosaal geben,
den sie mit sehr wenigen Mitteln errichten.
Wieviel kostete es uns, die Solarpanele in die 1 944 Schulen zu bringen, die nicht an das Stromnetz angeschlossen waren? Was war das kostengünstigste? Das Solarpanel. Gesamtzahl der Solarpanele: 1 944. Kosten: 2 200 000 Dollar. Das nehmen einige Leute in einem Tag oder einer Woche mit. 2,2 Millionen Dollar ist viel Geld?
Den
Computer zu diesen selben Orten zu bringen ist ein bißchen teurer, den Strom zu
besorgen, denn einige Schulen benötigen, wenn sie mehr als 40 Schüler haben,
täglich mehr als ein Kilowatt, sie müssen also ein doppeltes Panel
installieren, das 1 900 Dollar kostet. Für dieses Programm werden etwa 2,5
Millionen Dollar aufgewendet. Wir können also sagen: Alle Kinder des Landes
haben ab dem 5. Lebensjahr Zugang zu den Fernsehprogrammen, was ein
ausgezeichnetes audiovisuelles Mittel darstellt, vor allem, wenn man außerdem
einen Lehrer hat, denn die audiovisuellen Mittel kommen nicht, um dem Lehrer
den Arbeitsplatz wegzunehmen. Es gibt einige Fächer, bei denen wir einen
Lehrermangel haben, wie in Englisch und bei einigen anderen, bei denen man
jemanden suchen muß, der aushilft; doch wir bieten diese Programme im Fernsehen
an.
Wir
haben bereits einen dritten Fernsehsender, der ein Drittel der Bevölkerung
erreicht und nur für die Bildung bestimmt ist. Alles Bisherige haben wir mit
den beiden nationalen Sendern gemacht, die jeweils sechs Stunden pro Tag
beisteuern, und Sonntags zwei Stunden der eine und zwei Stunden der andere.
Diese Zeit wird gut für verschiedene Seminare verwendet, sei es über Malerei,
Tanz, Erzähltechniken oder andere Themengebiete. Das heißt, der Bevölkerung
werden ziemlich fortgeschrittene Kenntnisse zugänglich gemacht.
Gerade
heute zeigte ich Pérez Esquivel die gestern nach dem Podiumsgespräch über die
argentinische Problematik gesammelten Meinungen. Wir sammeln über jedes dieser
Themen zwischen und 3 000 und 5 000 spontane Meinungen, und es ist
eindrucksvoll, was unser Volk in zwei Jahren gelernt hat. Sie können den Leuten
vom Internationalen Währungsfonds, der Weltbank und einer ganzen Reihe von
Themen erzählen, über die sie vor zwei oder drei Jahren noch nichts wußten.
Gelegentlich, wenn das Thema etwas trocken ist, empfiehlt man den
Podiumsteilnehmern immer, daß sie die unvermeidlichen technischen Begriffe
erklären, wenn sie diese benutzen.
Im
Falle dieser Programme, wie Universität für alle, kostet den Staat zum Beispiel
eine Stunde Englischunterricht im Fernsehen 109 Dollar. Wenn eine Million
Personen 160 Stunden Unterricht erteilt bekommen, entspricht dies 1,8 Cent pro Person.
Man sieht, welch niedrige Kosten hier anfallen. Wenn dieser Unterricht zu drei
verschiedenen Uhrzeiten ausgestrahlt wird, wegen der größeren Bequemlichkeit
für diejenigen, die den Kurs gemäß ihrer täglichen Tätigkeit verfolgen: um 7.00
Uhr morgens, um 14.oo Uhr und um 23.00 Uhr, dann erhöhen sich die Kosten für
den Staat für den gesamten Kurs auf 5,4 Cent pro Person, und wer den kompletten
Kurs verfolgt, verbraucht acht Cent Strom und zusätzlich 25 Cent, das sind die
Kosten in Devisen für das schriftliche Material, das ihnen übergeben wird: 33
Cent zusammen für 160 Stunden Unterricht.
Wir
haben die Technologie in den Dienst der Bildung und der Kultur der Bevölkerung
gestellt. Es gibt keine kommerzielle Werbung, es gab sie nie; die Spots dienen
Ratschlägen, nicht zu trinken und zu rauchen, wie eine Mutter ihr Kind betreuen
muß, Bildungskurse und niemals kommerzielle Werbung.
Sie
wissen, daß das Fernsehprogramm in Ihren jeweiligen Ländern ständig durch die
berühmten Spots unterbrochen wird. Beim Höhepunkt und im aufregendsten
Augenblick stoppen sie die Sendung und blenden Werbung ein. Das kennt man hier
nicht, wir können mit diesen technischen Mitteln machen was wir wollen, und die
Kosten sind äußerst günstig.
Pérez
Esquivel erwies uns die Ehre, an die 75 000 Jugendlichen zu erinnern, denen wir
ein Gehalt bezahlen, um zu studieren; nicht denjenigen des regulären Kurses.
Wir müssen verhindern, daß ein junger Mensch, der das neunte Schuljahr
absolviert hat, danach aus irgendeinem Grund weder studiert noch arbeitet.
Neben anderen Gründen kann dies deshalb geschehen, weil ein junges Mädchen mit
16 oder 17 Jahren heiratet; andere Gründe liegen in der Familie, der Bildung
und vielen anderen Faktoren, die wir gründlich untersucht haben und weiter
analysieren.
Wir
wissen bereits sehr gut, was zu machen ist, damit keiner das Schulsystem
verläßt: Arbeit mit der Familie und direkt mit dem jungen Mensch, ihnen
Motivation verschaffen – und davon hat man etwas gelernt -, in der Kategorie
des neunten Schuljahres; diese Schüler sind zwischen 17 und 30 Jahre alt – das
erklärte ich vor zwei Tagen, aber viele waren nicht hier -, wenigstens die
neunte Klasse absolviert, einige haben das Abitur, oder einen Abschluß in einem
anderen Fachgebiet der höheren Mittelschulbildung; deshalb wird die Kategorie
der neunten Klasse in wenigen Jahren verschwinden. Und es sind 75 000, weil es
nicht mehr gibt. Wären es 100 000, könnten wir es machen, genauso im Falle von
120 000, das kostet nichts. Wir bezahlen ihnen ein Gehalt, mit dem sie viele
Probleme lösen können, und wenn wir ihnen auch keine feste berufliche
Anstellung anbieten, so bilden wir sie weiter, sie werden die entsprechenden
Anstellungen in dem Maße erhalten, in dem diese geschaffen werden; denn die
Situation ist nicht in allen Provinzen gleich, einige haben zum Beispiel eine
bestimmte touristische Entwicklung, oder andere Produktionszweige, die
unterschiedlich ausgeprägt sind.
Oder
es handelt sich um eine Mutter von drei Kindern. Dort, etwa in der dritten
Reihe, saß während eines Studentenkongresses eine junge Frau aus der Provinz
Guantánamo, die drei Kinder hat, die glücklichste Frau der Welt, und sie hat
nicht einmal den Unterricht versäumt. Wir haben normalerweise etwa 95 %
Teilnahme am Unterricht an diesen Schulen.
Es
ist unglaublich, was man machen kann und was es uns zum Umtauschkurs von 20 zu
1 kostet, das sind Zahlen, die niemand glauben würde, da unser Peso über
Kaufkraft verfügt.
Nun,
sehen Sie das bewiesene Vertrauen. Als es zur Veränderung der Tendenz in den Wechselstuben
kam und mehr Dollars als Pesos gekauft wurden, war es erforderlich, eine
öffentliche Erläuterung und Anweisung zu gebe. Ausgehend von dieser dauerte die
Situation keine zwei Tage länger; es ist das Vertrauen in die Banken, denn
niemals hat man das Geld der Sparer angefaßt.
Es
waren einige Gerüchte im Umlauf, daß die Wechselstuben geschlossen würden; es
wurde ihnen garantiert, daß sie weiter arbeiten würden; man garantierte ihnen,
die Preise in Pesos nicht anzutasten, außer in den freien Bauernmärkten.
Wir
bewältigen bereits die Folgen des Hurrikans, dem zerstörerischsten, der das
Land heimsuchte: 6 Millionen Menschen beziehen Hilfsleistungen wegen dem
Hurrikan; er brachte die Stahltürme der Fernseh-Sendeanlagen an einigen Orten
oder Hochspannungsleitungen zu Fall.
Das
Land ist heute mit diesem Problem konfrontiert, mit der Wirtschaftskrise; nun
ist es mit dem Moskito konfrontiert, dem Aedes aegypti; die einzigen, die wir
nicht mobilisiert haben, sind die 2 000 Schüler dieser Schule, von denen ein
Teil dort auf der linken Seite sitzen, es sind Schüler einer Schule, die noch
nicht fertiggestellt worden ist. Sie werden nach Abschluß der zehnten Klasse
Krankenpflege studieren.
Wir
haben ein gewisses Defizit an Krankenpflegern in der Hauptstadt. Es sind
ausgezeichnete junge Leute. Wissen Sie wie sie studieren? In 52 verschiedenen
Räumen. Sie wurden nach Stadtbezirken ausgewählt und werden in Einrichtungen in
der Nähe ihres Wohnortes arbeiten. Sie bekommen den Unterricht erteilt, eine
außergewöhnliche Direktorin. Ist die Direktorin heute nicht gekommen? (Ihm wird
gesagt, daß sie gekommen sei) Eine sehr gute Direktorin, sie wissen es
(Beifall). Und sie haben eine gewaltige Motivation; sie nehmen nicht teil, weil
sie in der zehnten Klasse sind, sie sind noch sehr jung. Es gibt andere Schulen
mit Abiturienten, deren Schüler sind in der Qualitätskontrolle, und auch die
Schulen der Sozialarbeiter, eine andere Beschäftigung, die wir geschaffen
haben. 7 000 Abiturienten nahmen dort den Unterricht auf.
Die
Universitätsbildung wird sich multiplizieren, der Unterricht durch Treffen wird
in den Stadtbezirken veranstaltet, das selbe, was wir mit diesen Jugendlichen
zwischen 17 und 30 Jahren machten, in den selben Mittelschul-Einrichtungen, die
ab 17.00 Uhr frei sind, von 17.30 Uhr bis 20.30 Uhr, vier Tage die Woche, und
sie bitten bereits um den fünften Tag.
Diese
Programme laufen. Und was kosten sie? Nichts, kein Gebäude, die Lehrer, die den
Unterricht erteilen. Ich sagte ihnen: Dort habt ihr die Computerlabore, ihr
habt die entsprechenden Programme für jeden Bereich. Ihnen werden allgemeine
Kenntnisse vermittelt, Sprachen und Kenntnisse, sie können dann die Universität
besuchen.
Heute
haben wir bereits Fachleute, Ökonomen, Anwälte, qualifiziertes Personal in jedem
Kreis des Landes, genug, damit sie als Hilfsdozenten an der Universität
arbeiten. Der Unterricht durch Treffen sollte die Samstage stattfinden, und
jetzt können wir es drei Mal die Woche machen, ohne den Kreis zu verlassen,
denn es gibt Beschränkungen beim Transport. Wir verändern die Methoden und auf
kostengünstige und einfache Weise werden wir Gelegenheiten für die
Universitätsstudien bieten und vervielfältigen.
Sie
sprachen hier von einem Projekt, einer Versicherung gegen Arbeitslosigkeit,
oder es gibt Länder mit Geld, die subventionieren; doch der Mensch darf nicht
überflüssig sein. Das Erniedrigendste der Arbeitslosigkeit besteht darin, den
Eindruck zu haben, der Bürger sei überflüssig, das verletzt sein
Selbstbewußtsein.
Das
sind gewaltige Kräfte, die wir entdeckt haben. Auf dem Wissensdurst des
Menschen gründen sich die Erfolge all dieser neuer Programme, die wir
durchführen. Gut, warum soll man sie subventionieren? Warum keine Schule
organisieren? Und wenn wir ihm nicht in relativ kurzer Zeit eine Stelle sichern
können, erhöhen wir ihm das nächste Jahr das Gehalt, und man kann einen neuen
Beruf schaffen, den Beruf des Weisen; sie können weiter studieren, bis sie zu
Weisen werden.
Ich
zweifele nicht, daß viele dieser Mütter – man muß sehen, die Mehrheit, 65 %,
sind Frauen – ihren Abschluß in den Universitäten machen und keine Probleme
haben werden, und ihre Kinder werden mit ihnen zusammen sein, und sie werden
die Bildungs-, Gesundheits- und Erholungsdienste erhalten, es wird ihnen an
nichts fehlen, und so machen wir es mit der ganzen Gesellschaft.
Wir
haben enorm wertvolle Beziehungen entdeckt zwischen Wissen, Kultur und
Verbrechen, vor allem in einer Hemisphäre, in der das Verbrechen wächst, wie
Sie sehr gut wissen, und wo der Drogenkonsum ansteigt, ein schreckliches Übel,
von dem wir uns befreit haben; und ich weiß nicht, wie sie das bewältigen
werden, wenn jetzt Ekstase und andere Dinge aufkommen, und statistisch weiß
man, wie der Konsum dieser Drogen unter den Jugendlichen ansteigt, sich verdoppelt
und verdreifacht, und sie ist billiger als das berühmte Kokain. Es ist eine
Frage der Bildung, und wir denken an Erzieher, nicht an Übermittler von Wissen,
um das Prinzip eines großen kubanischen Philosophen der ersten Hälfte des 19.
Jahrhunderts in die Tat umzusetzen, als er sagte: „Ausbilden kann jedermann,
erziehen aber nur der, der ein lebendes Evangelium ist“.
Wir
werden einen Qualitätssprung von dem Moment ab unternehmen, in dem wir Erzieher
haben, einen Erzieher für 20 Schüler jetzt und für 15 später. Und wir
entwickeln auch Programme und probieren sie aus, gemäß denen wir uns
vorstellen, in der siebten, achten und neunten Klasse, im ersten Teil der
Sekundärstufe, einen Lehrer pro 15 Schüler haben zu werden.
Es
wird keine Arbeitslosigkeit geben. Wir werden die Leute weiterbilden. Wir haben
allen jungen Menschen versprochen, daß sie garantiert eine Beschäftigung
bekommen werden, mit einer einzigen Bedingung: daß sie gut ausgebildet sind.
Mit den neuen Ideen, die entwickelt wurden, haben wir die Arbeitslosigkeit
verringert, ich habe es bereits bei anderer Gelegenheit gesagt. Sie erreichte
zu einem bestimmten Zeitpunkt 8 %, Ende 2000 war sie bereits bei 5,4 %, heute
liegt sie bei 4,1 %, Ende dieses Jahres wird sie zwischen 3 % und 3,5 % liegen,
wenn wir sie nicht noch weiter senken.
Die
Kategorie des Arbeitslosen muß verschwinden: Ein Mensch kann nicht überflüssig
sein, und die Gesellschaft, in der der Mensch nichts taugt, hält keiner
ethischen Analyse stand und auch keiner humanen Analyse, sie ist dann für sich
genommen schon aus moralischer und humanischer Sicht zum Scheitern verurteilt.
Zu
Zeiten Roms konnte man so nicht denken, genauso wenig im Mittelalter, aber
heute kann man denken, es gibt genügend Wissen und es gibt Argumente, um die
minimale Vernunft zu verteidigen, die in einer Gesellschaft nötig ist, damit
niemand überflüssig ist. Wir sind noch weiter vorangekommen, aber ich möchte
nichts hinzufügen. Was kann es nicht alles in einer einigermaßen rationellen
Gesellschaft geben?
Wir
sehen, daß die immer modernere und produktivere industrielle Technologie zu
Arbeitslosigkeit führt, und die Arbeitslosigkeit ist ein Übel, welches das
System wie ein Schatten nicht einfach wegwischen kann. Sie analysierten dies
hier.
Gestern
war ein spezieller Tag für mich. Unser Zentralbankpräsident erläuterte einige
sehr interessante Daten, als er über die Spekulation und die Trennung zwischen
der reellen und der spekulativen Ökonomie sprach. Man darf nicht vergessen, daß
die Wertpapierbörsen oder der Preis der Aktien an den Wertpapierbörsen der
Industrieländer praktisch gleich hoch ist wie das jährliche Bruttoprodukt der
gesamten Weltwirtschaft. Der aufgeblasene Wert der Aktien betrug 31,2 Billionen
Dollar; und das weltweite Bruttoprodukt an Gütern und Dienstleistungen belief
sich auf 31,3 Billionen Dollar.
Sehen
Sie, wie weit man gekommen ist. Auch in den USA, die ein Bruttoinlandsprodukt
von etwa 10 Billionen Dollar haben, beläuft sich der Wert der Aktien an den
Börsen auf das 1,3-fache des Wertes dieses BIP.
Er
lieferte eine weitere ziemlich eindrucksvolle Angabe, als er davon sprach, daß
der Wert der Aktien einiger der an der US-Börse geführten Unternehmensgruppen
zwischen 1981 und 1999 um 570 % gestiegen sei und die Gewinne dieser Firmen im
gleichen Zeitraum nur um 61 % angewachsen seien.
Braucht
man noch mehr Argumente, um zu beweisen, daß die Wirtschaft aufgehört hat zu
existieren? Von welcher Wirtschaft sprechen Sie? Sagen Sie mir die Wahrheit.
Die
Ökonomen müssen zu Experten im Glücksspiel und in Wahrsagerei werden. Ja, weil
es sich in ein Kasino verwandelt hat. Heute sind die Ökonomen zu Angestellten
des Kasinos der Weltwirtschaft geworden, und es ist sehr nötig, daß diese
Angestellten erfahren, wie das Kasino funktioniert. Man weiß bereits, daß sich
die spekulativen Operationen auf 3 Billionen Dollar täglich belaufen.
Ich
erinnere mich daran, daß sich eine ziemlich angesehene europäische
Führungspersönlichkeit beim Weltsozialgipfel in Kopenhagen mit mir unterhielt
und mir mit Verzweiflung erzählte, daß es täglich spekulative Operationen im
Wert von 1,2 Billionen Dollar gäbe. Dies sind innerhalb von zehn Jahren zu 3
Billionen Dollar täglich geworden, und dagegen beläuft sich der Wert aller
Operationen des Welthandels pro Jahr auf nur etwa 8 Billionen Dollar, das
heißt, alle drei Tage wird zur Befriedigung der spekulativen Operationen ein
größerer Geldfluß produziert als der, der für den gesamten Welthandel innerhalb
eines Jahres notwendig ist. Was für eine Wirtschaft ist das?
Man
muß jetzt also Ökonom, Experte in Politikwissenschaft, Experte in Glücksspiel
und außerdem Astrologe sein, um die Ereignisse interpretieren zu können.
Manchmal
verzweifelt man, weil man die abermalige Wiederholung eines Phänomens sieht,
gegenüber dem wir ohnmächtig erschienen und man schien nichts machen zu können,
und sie haben absolut Recht, aber ich bin weit davon entfernt, Pessimist zu
sein. Neue Welten entspringen keinem Kopf, diejenigen , die seit der Epoche von
Platon davon träumten, nannten sie – wie Sie wissen – Utopiker. Aber nicht alle
sind Utopiker. Martí beklagte sich bitterlich und sagte: „Denjenigen, die mich
Träumer nennen...“, denen sage ich:
„Die Träume von heute werden die Realitäten von morgen sein.“
Es
spricht zu Ihnen ein Träumer, der die Erfahrung gemacht hat, Träume in Realität
verwandelt zu sehen; der das Schamgefühl erlebt hat, zu sehen, was bessere
Realitäten hätten sein können. Ich mache dies mit dem Schamgefühl, zu Beginn
nicht alle die Dinge geträumt zu haben – und es waren damals bereits ambitiöse
Träume -, die wir heute in Realität verwandelt sehen (Beifall).
Ich
sagte Ihnen vor einiger Zeit, daß ein drittes entscheidendes Element fehlte; es
war nicht nur das Bewußtsein, es waren nicht nur die Kenntnisse, es fehlte
etwas Essentielles, wenn man von Veränderungen in der Welt träumt.
Die
kurze Geschichte, von der ich Ihnen erzählte, ist voll von Träumern, die ihre
Träume nicht in Realität verwandelt sahen, denn zusätzlich zu Träumen,
Kenntnissen, Bewußtsein, Wünschen und dem entschiedenen Willen sind objektive
Bedingungen nötig, und die objektiven Bedingungen bringt die Geschichte, es
wird keine tiefgreifenden Veränderungen geben, noch gab es sie jemals, wenn
ihnen nicht schwerwiegende Kriesen vorangehen. Darin liegt der Schlüssel.
Nur
aus den großen Krisen sind die großen Lösungen hervorgegangen; ich sage das
denjenigen, die gefragt haben, was zu machen ist; und sich vorzubereiten ist
eine der Lösungen, Ideen zu säen, Bewußtsein zu säen.
Im
Optimismus derer, die wir glauben, das wir von reellen Geschehnissen ausgehen,
erschreckt uns nicht einmal, daß ein FTAA kommt und ganz Lateinamerika und
Karibik verschlingt, denn ich erinnere mich an eine biblische Geschichte – da
ich Jahr für Jahr die Heilige Geschichte studieren mußte, wie man das Alte und
das Neue Testament nannte -, und man sprach von jenem Propheten namens Jonas,
wenn ich mich recht erinnere, der von einem Wal verschluckt wurde; doch der Wal
konnte ihn nicht verdauen und er entrann körperlich unversehrt dem Bauch des
Wals.
Auf
diese Weise glaube ich an die Realitäten und an die nähere Zukunft, und ich
glaube, daß wir 500 Millionen Bewohner Lateinamerikas und der Karibik, falls
der Wal uns verschlingt, aus seinem
Bauch herauskommen werden und er uns niemals verdauen kann (Beifall).
Wir
können also keinerlei Furcht hegen, man muß an die Gesetze der Geschichte
glauben, die wir kennen, weil wir über sie nachgedacht haben, die wir aus den
Ableitungen kennen, die wir durch das Studium und die Beobachtung der
Wirklichkeit kennengelernt haben. Über das Problem des Systems wurde bereits
gesprochen, es ist schlichtweg so, daß es sich nicht aufrechterhalten kann, und
das, was sich nicht aufrechterhalten kann, bricht zusammen.
Genau
hier, als wir hier anläßlich des Forums von Sao Paulo versammelt waren, sagte
ich den Argentiniern von dieser selben Tribüne aus: Macht euch keine Sorgen,
denkt nicht so viel an die Methode; verliert nicht den Mut bei der Suche nach
einer Methode, das ist nicht nötig. Diese Regierung bricht von allein zusammen,
die hält nicht einmal dem geringsten Windzug stand (Lachen), und so sagte ich
es ihnen. Und bereits seit einiger Zeit zuvor sagte ich dies auf diese Weise,
denn bei Analysen und Diskussionen hatten wir diese Realitäten vorausgesehen.
Man studierte die Geschichte der Ereignisse des Jahres 1929, was war der
Unterschied zwischen 1929 und den jetzigen Geschehnissen; als sich die Börsen
mehr als je zuvor aufgebläht hatten, was garantierte , das sie nicht
untergingen und die Seifenblase platzt, mit schlimmeren Folgen, da die Rolle
dieses Landes größer war, und während 50 % der US-Amerikaner ihr Geld in dieser
Aktie investiert haben, die dermaßen aufgeblasst sind, daß einige davon 1. 000
Dollar gekostet haben, kosteten sie acht Jahre Später 800.000 Dollar, d. h.,
sie sind 800 mal gestiegen. Es war
Wahnsinn und ungeheuerlich; es war nicht aufrecht zu halten. Man wußte nicht, wann und wie es angefangen
hat; doch war es gewiß, daß es anfangen
würde, und zwar ohne den Terroranschlag, der diesen Prozeß beschleunigte. Sie wissen das sehr gut.
Ich
habe also keinen Zweifel darüber. Deshalb begann ich an die Anstrengung im
Zusammenhang mit der Verschuldung im Jahre 1985 zu erinnern. Das System konnte
trotzdem Zeit für das Erfinden neuer Formeln gewinnen, und die
Brady-Schuldverschreibungen und so weiter, es gewann Zeit. Alles was es
erreichte war der Gewinn von ein wenig Zeit; als es dies noch konnte. Jetzt
bleibt nicht mehr viel Zeit, um Zeit zu gewinnen. Jetzt sind die Dinge schon so
kompliziert geworden, daß ihnen nicht mehr viele Gelegenheiten bleiben, und
jede Lösung geht auf Kosten der Zukunft. Und schenken? Es wird nichts
verschenkt. Diejenigen, die die Weltwirtschaft führen, sind Fundamentalisten
auf diesem Gebiet.
Ich
sagte Ihnen etwas, das sie ignorieren und vielleicht zu begreifen beginnen, daß
wir vor einer Krise stehen, und ich hatte Ihnen gesagt, daß keine Lösung den
Gedanken, Ideen oder Vorschlägen entspringt, sie müssen den Realitäten und den
Gegebenheiten der Krise entspringen.
Die
Krisen kommen auch nicht, wenn die Menschen dies wollen; sie kommen, und
gelegentlich kommen sie schnell, denn auch die Ereignisse bewegen sich in
beschleunigter Form. Sie lassen nicht die Idee zu, daß das aktuelle Imperium so
viele Jahre dauert wie das römische Reich, oder so lange wie danach das
englische Imperium, oder so lange wie andere Imperien oder Halbimperien. Heute
entwickeln sich die Geschehnisse in beschleunigter Weise, man könnte fast
sagen, sie in Lichtgeschwindigkeit voranschreiten, mit der Geschwindigkeit, bei
der man innerhalb von Sekundenbruchteilen von einem zum anderen Ende der Welt
Geschäftsoperationen abwickeln kann, oder per Internet in Sekundenbruchteilen
kommunizieren kann. In dieser Geschwindigkeit bewegen sich die Ereignisse, und
dies kann nicht auf andere Weise geschehen, und mit dieser Geschwindigkeit
haben sich Wissenschaft und Technik entwickelt. Die Geschichte beweist dies.
Um
nicht so weit zu gehen, als es zur Französischen Revolution kam, konnte diese
weder 50 Jahre zuvor noch 50 Jahre danach geschehen. Es gab eine absolute
Monarchie, die dort sehr gut konsolidiert war, die feudale Ordnung, dort gibt
es etwa 10 bis 12 bände, ich erinnere mich nicht wieviele, von Jaurés, die im
Detail alle Gebräche, Gesetze und Regulierungen des Feudalismus erklären, die das
Überleben dieses Systems unmöglich machten. Es kamen die Theoretiker, sogar in
dem Maße, wie die Krise offensichtlich wurde; doch die Theoretiker waren nicht
die Autoren der Krise. Sie formulierten Ideen, Prinzipien etc.; doch es waren
der Hunger und die unhaltbare Situation, die in dieser exakten Minute zur
Revolution führten.
Niemand
hatte die Namen jener berühmten Führer gehört, die niemals erwähnt worden
wären, wenn die Krise nicht ausgebrochen wäre oder im Verlauf der Krise, sogar
die wichtigsten Führer jener Revolution, einige kamen aus einer Pfarrei, andere
aus einem Bistum, andere entstammten der Bourgeoisie oder waren Intellektuelle,
aber alle waren brillant. Sie verloren nach und nach den Kopf, fast alle:
Girondiner, Jakobiner, Danton, Marat, Robespierre, die Moderaten und die
Radikalen, und danach der Putsch von Napoleon. Niemand hätte von irgendeiner
dieser Personen erfahren. Es ist offensichtlich, daß die Krisen nicht nur
Veränderungen mit sich bringen, sondern auch Führer, die Akteure, die führen
oder beteiligt sind, und niemals wiederholen sich die Dinge anderswo auf die
gleiche Weise.
Man
spricht hier von denjenigen, die die Komitees an der Basis organisieren, die
das Topfschlagen und die Protestaktionen organisieren und über Internet miteinander
kommunizieren, Massen, die sich mit gewaltiger und überraschender Kraft
bewegen. Auch die Veränderungen haben ihre Vorläufer; viele von Ihnen sind jung
und haben eine Reihe von Kenntnissen erlangt, was sie hier unter Beweis
gestellt haben. Das Podiumsgespräch, bei dem die Krise behandelt wurde, war für
mich wirklich eindrucksvoll, und das werden wir am Sonntag im Fernsehen
ausstrahlen.
Sie
wollten heute eine Sendung machen, und es war notwendig, eine andere zu machen.
Das Podiumsgespräch von gestern mußten dessen Autoren selbst nicht im Fernsehen
wiederholen, man konnte sie vollständig wiederholen, sie wird vollständig
ausgestrahlt, mit der Spontaneität, mit der sie sprachen, alles wurde
aufgenommen und wir werden es ausstrahlen. Unser Volk lernt Tag für Tag hinzu.
Die Erläuterungen waren brillant, der Podiumsteilnehmer, die wirklich mit
Talent, Wissen und Erfahrung sprachen. Das alles wollen wir und wir werden eine
Zeitungsbeilage daraus erstellen, von der wir vielleicht 200 000 oder 300 000
Exemplare drucken. Wir backen keine kleinen Brötchen.
Bezüglich
des Buches von Ramonet, über das am letzten Sonntag mit 6 000 Personen im Karl
Marx-Theater diskutiert wurde, dort waren Studenten zugegen, viele von denen,
die hier vorbeikamen, von den Schulen der Sozialarbeiter und anderen, und der
Personen, die mit dem Kampf gegen den Moskito und die Denguefieber-Quellen
beschäftigt sind, bei dieser Veranstaltung waren 3 000 anwesend, von den 6 000
Studenten der Studentenbrigaden im Bereich der Sozialarbeit, denn da diese
Kurse neu sind, haben wir nur etwa 1 000 Absolventen und jetzt gliedern sich 7
000 weitere ein, wir haben die Schlagkraft der Studenten benutzt.
Sechstausend
von ihnen besuchten zwischen dem 15. Juli und dem 5. August an 16 Tagen 505 000
Familien der Hauptstadt der Republik, wobei sie Meinungen über die
verschiedensten Themen einholten, die Kriterien der Leute, sie notierten alles
in einem geeigneten Raum, damit die besuchten Familien sich über jegliches
Thema äußern konnten, das sie in die Liste der zu diskutierenden Themen
einbeziehen wünschten – es waren mehr als 30 Themen -; 300 Computer, die von
den Studenten selbst bedient wurden, benötigten vier Monate, um die Daten zu
sammeln. Das heißt, man sammelt eine große Anzahl von Informationen und Kenntnissen,
die nur auf diese Weise ermittelt werden können.
Ich
kann eine andere Tatsache zitieren, das Land verfügt über eine Kraft, die
Jugend, die Studenten, die Arbeiter, die vereinten und organisierten Frauen;
mit all diesen kann man alles mögliche machen. 2 200 000 Kinder im Alter bis zu
15 Jahren wurden gewogen, um alle die festzustellen, die ein zu geringes
Gewicht im bezug auf ihre Körpergröße und ihr Alter haben konnten, um danach,
nach Ermittlung dieser Daten, jeden individuellen Fall derer zu behandeln, die
eine spezielle Behandlung oder Unterstützung benötigen, und um zu erfahren,
welche Faktoren darauf Einfluß haben, daß ein Kind in den ersten drei Jahren
nicht die angemessene Ernährung erhält, was einen Eintritt in die Vorschule mit
einer geringeren intellektuellen Kapazität mit sich bringen würde als bei einem
Kind, das wirksam ernährt wurde. Denn das Kind muß man wirklich von dem Moment
an betreuen, wenn es sich im Bauch der Mutter befindet.
Das
soll nicht davon abhängig sein, ob eine Familie mehr Einkünfte hat als die
andere, oder ob die Eltern über mehr Kultur und Wissen verfügen als andere,
oder ob einige drei Zimmer in einem Apartment haben und andere mit sechs
Personen in einem Zimmer hausen, und wir werden nicht warten, bis Hunderttausende
oder eine Million Wohnungen gebaut werden, um die materiellen
Wohnungsbedingungen zu verändern. Die Frage der Marginalisierung besteht nicht
einfach nur darin, in einem dieser improvisierten Viertel zu leben; es gibt
noch andere Dinge. Man unternimmt keine Veränderungen mit dem Bau von Gebäuden,
sondern mit den Programmen der Art, von denen wir glauben, daß sie eine
entscheidende Bedeutung bei der Suche nach einer möglichen Gerechtigkeit haben,
die vorher nicht vollständig existierte, die jedoch innerhalb von kurzer Zeit
existieren wird, das kann ich Ihnen versichern.
Das
nächste Jahr, Verrier, können wir eine Broschüre erstellen und Ihnen von allen
diesen Programmen berichten, von denen wir einige bereits abgeschlossen haben,
mit einem Minimum an Mitteln. Das Wichtigste ist der Wille; aber um es machen
zu können, muß man einfach die Kraft haben es zu tun, und die Kraft ist da, in
den Massen. Denjenigen, die Zweifel hatten, sage ich dies.
Wenn
Sie einen anderen Moment der Geschichte wollen, gut, das Jahr 1917, es wurden
die Bedingungen geschaffen für eine große soziale Revolution, die Russische
Revolution. Vorher war es zur Mexikanischen Revolution gekommen, nach der Ära
von Porfirio Díaz. Unter jenen gewaltigen Bedingungen bricht die Krise aus und
alle ihre Führer tauchen durch die Krise auf.
Vorher
entfesselt die selbe Französische Revolution eine soziale – ich spreche nicht
von einer sozialistischen - Revolution in Haiti, da es unmöglich war, daß sich
ein Regime aufrechterhält, in dem 30 000 französische Siedler 300 000 Sklaven
beherrschen, das konnte nicht viel länger andauern, und eines Tages zerbrach
dies alles, indem sich unter den aufständischen Sklaven die eigenen Führer
herausbildeten. Niemand wußte, wer Toussaint Louverture oder die anderen Führer
waren. Und die 30 000 Soldaten konnten auch mit einem der brillantesten
Anführers des berühmtem napoleonischen Heeres die Revolution der Sklaven nicht
niederschlagen.
Das
hatte gewaltige Folgen, denn es kamen viele Siedler auf unsere Insel und Kuba wird
zu einer Sklavengesellschaft, zunächst als Kaffee- und dann als
Zuckerproduzentin, wo die Kreolen die Besitzer der von den ersten Kolonisatoren
geerbten Ländereien waren, während die Spanier das Monopol im Handel, der
Verwaltung und der öffentlichen Sicherheit hatten. Dies alles wurde von
Philosophien, Glaubenssätzen und Prinzipien gestützt, die unverrückbar
erschienen.
Die
amerikanische Unabhängigkeit selbst entsteht erst, als es zu einer großen Krise
kommt. Es gab Vorläufer, einige die die Erklärungen der Menschenrechte verteilt
hatten und über Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit sprachen, die immer
noch nicht in irgendeinem Land der Erde wirklich umgesetzt worden sind.
Die
monarchistischen Ideen waren in unserer Hemisphäre immer noch stark. Mehr noch,
als es zur Besetzung Spaniens durch das berühmte napoleonische Heer kam, sie
setzen einen Bourbonen ab und installieren einen Bruder Napoleons als
Herrscher, worauf sich das spanische Volk erhob.
Die
ersten Juntas, die in den spanischen Kolonien dieser Hemisphäre aufkamen, waren
Juntas, die eher einem Gefühl der Treue gegenüber Spanien entsprachen, außer in
einigen Ausnahmen wie denen von Bolívar und andere in Venezuela, dort wo
Miranda agiert hatte, der ebenfalls am Kampf für die Unabhängigkeit der
Vereinigten Staaten teilgenommen hatte, er hatte an den Schlachten der
Revolution teilgenommen und ist der erste Präsident, den sie dort ernennen. Die
Kämpfe werden zu Revolutionen für die Unabhängigkeit, über mehr als 15 Jahre
hinweg, bis zu den letzten Schüssen der Schlacht von Ayacucho.
Weder
Sucre noch Bolívar oder irgendeine andere Persönlichkeit wäre 20 Jahre vorher
oder 20 oder 30 Jahre danach in den Geschichtsbüchern aufgetaucht.
Unsere
eigenen Unabhängigkeitskriege entstehen auf die gleiche Weise, im angemessenen
Moment. Die subjektiven Faktoren können im Vorsprung oder im Rückstand sein;
doch sie entstehen und entwickeln sich, und die subjektiven Faktoren können
entscheidend Einfluß nehmen. Es kann sein, daß eine Revolution wie die
bolschewistische so zu Ende geht wie sie zu Ende ging, obwohl sie durchgeführt
wurde, und ich bin absolut damit einverstanden, daß die Revolutionäre zu dem
Zeitpunkt, als es nicht zu der erhofften Revolution in den industrialisierten
Länder kam, nicht aufgaben und die Entscheidung trafen, den Sozialismus in
einem einzigen Land aufzubauen, was im Widerspruch eben zur Theorie von Marx
stand, und sie zögerten nicht, dies zu tun.
Man
könnte von vielen Dingen sprechen, einschließlich einigen Standpunkten und
Kriterien. Als man auf der Welt das Kräfteverhältnis verändern konnte, wurde
dies durch subjektive Faktoren verhindert. Und letztendlich haben auch wir die
Revolution in einem einzigen Land gemacht, hier, unter allen Ländern
Lateinamerikas, wo sich mit Ausnahme Mexikos alle weiteren sogenannten
Regierungen, man muß dieses Wort benutzen, mit den Vereinigten Staaten gegen
Kuba verbündeten. Manchmal geben wir den Regierungen die Schuld für die
Probleme, wo doch nicht einmal die Unabhängigkeit oder die Regierungen existieren,
ihre Macht wird immer mehr auf ein Minimum reduziert. Die politischen Parteien
in unserer Hemisphäre sind vollständig diskreditiert worden, sie wurden durch
die seit langer Zeit errichtete politische und wirtschaftliche Ordnung
zerstört.
Es
sind fast 200 Jahre seit dem ersten Unabhängigkeitskampf vergangen, und wieviel
haben wir uns verändert? Was geschah mit den Indios? Was geschah mit den
Nachfahrern der Sklaven? Was geschah mit den Nachfahren sogar der
Kolonialherren selbst, oder den Mestizen und allen anderen? Die Welt weiß was
mit ihnen geschieht, genauso wie sie von der Kindersterblichkeit weiß, der
Analphabetenrate, von Armut, Arbeitslosigkeit und allen Übeln, die Sie hier
erwähnt haben; niemand ignoriert dies.
Wir
wissen sehr gut, unter welchen Bedingungen wir die Revolution gemacht haben. In
den ersten Jahren war für uns gewiß die Existenz dieses sozialistischen Lagers
sehr nützlich, sagen wir nicht realsozialistisch, sondern imaginär, denn etwas
Bodenständiges ist nicht das Gleiche wie etwas Importiertes; ein politischer
Prozeß, eine Revolution durch künstliche Besamung, oder durch Kolonisierung,
ist nicht das Gleiche; es gab in Wirklichkeit eine gewisse Kolonisierung der
Erfahrung eines Landes, das vom Feudalismus zum Sozialismus gesprungen ist, mit
einem Anteil von 80 % unwissenden Bauern, als die Revolution gemacht wurde;
eine Handvoll Proletarier in dem am wenigsten industrialisierten Land Europas,
das sich als Folge des Zweiten Weltkrieges auf den landwirtschaftlich geprägten
und unterentwickelsten Teil Europas ausweitet.
Es
ist eine Etappe, in der die USA aus diesem Zweiten Weltkrieg als eine
unüberwindliche Macht aufsteigt, mit einer intakten Industrie und 80 % des
weltweiten Goldes, das ihnen erlaubt, uns die berühmte Bretton Woods-Vereinbarung
aufzuzwingen, bis sie dann zwei Drittel dieses Goldes verschwendeten, und als
ihnen nur noch 10 Milliarden Gold in Troy-Unzen blieb, mit dem bekannten Wert
von 35 Dollar, und ein Mechanismus, der die Stabilität dieses Preises mittels
des Kaufes von Gold im Falles eines Überschusses und des Verkaufes im Falle
eines Mangels gewährleistete. Es funktionierte wie eine exakte und präzise
Maschine, bis nach dem Vietnam-Krieg, für den 500 Milliarden Dollar ohne
Steuern gezahlt wurden, ein Drittel des ursprünglichen Goldes blieb und der
Goldstandard aufgehoben wurde. Das Gold wurde durch das Papier ersetzt, durch
die Scheine, die das Finanzministerium oder die Notenbank Federal Reserve
druckten, und mit Papierscheinen, die seit diesem Zeitpunkt ihr enormes Defizit
abgedeckt haben, eine interne Verschuldung, die sich dann in einigen wenigen
Jahren verfünffachte.
Mit
Papierscheinen kaufen sie unsere Waren und unsere Dienstleistungen; mit
Papierscheinen halten sie bis zu 400 Milliarden Defizit aufrecht, während uns
ein einziger Cent an Defizit verboten wird: „Schließt Schulen, schließt
Krankenhäuser, werft die Leute auf die Straße, in den Hunger und die
Arbeitslosigkeit.“ Wir wissen es, denn das sagen uns hier alle die Ärzte,
Lehrer und Dozenten, die dauernd an Kongressen teilnehmen und von ihren
Tragödien in Lateinamerika erzählen.
Das
sind die Normen, die leitgebend sind, ein Gesetz des Schwindels, wie man hier
sagt. Und zusätzlich dazu, daß sie uns mit Papierscheinen bezahlen, zwingen sie
uns, daß wir ihnen unsere Naturressourcen und unsere Industrien verkaufen, in
einigen Orten sogar die Eisenbahn, die Parks, die Straßen, die Autobahnen und
so weiter.
Defizit
Null. Was interessiert sie das? Nichts davon hat Sinn, Logik und eine
Rechtfertigung, es sei den die Rechtfertigung und die Logik der Stärke, der
Macht in allen Bereichen, von der hier gesprochen wurde, und wenn nicht hier,
dann bei dem Treffen mit Ramonet bei der Vorstellung seines Buches Propagandas Silenciosas (Stille
Propaganda).
Er
weist dort auch auf sehr interessante Phänomene hin. Wir wollten eine Auflage
von 10 000 Stück herausbringen, innerhalb von 24 Stunden änderten wir es auf
100 000, denn es gibt äußerst wichtige Ideen, mit einem Zusatz über die letzten
Monate, etwas, was man vor dem 11. September nicht vorbringen konnte.
Sein
Buch gründete sich auf der enormen Macht unserer Nachbarn aus dem Norden – ich
werde sie nicht immer Imperium nennen, denn ich will nicht, daß das Konzept des
Systems und der Führer dieses Landes verwechselt wird mit dem Konzept, daß wir
vom US-amerikanischen Volk haben; immer wenn ich kann, vermeide ich, alles in
den selben Sack zu stecken.
Ramonet
geht vom tiefgreifenden Studium des Einflusses dieser Medien aus. Er hatte uns
bereits vor der kolossalen kulturellen Aggression gewarnt, deren Opfer wir
geworden waren, der Zerstörung unserer nationalen Identitäten.
Vor
zweieinhalb Jahren war dies das zentrale Element eines Kongresses des
Kubanischen Schriftsteller- und Künstlerbundes und etwas, das alle unsere
Künstler und Intellektuellen vereinte, die Verteidigung der nationalen
Identität.
Diese
selbe Idee entwickelte er weiter, er schaffte bereits, sie in einem Buch zu
konkretisieren, das unserer Meinung nach einen großen Wert besitzt; doch er
hielt in seiner Theorie aufrecht – und es konnte nicht anders sein -, daß die
Hauptkraft der imperialen Herrschaft eben genau das Monopol sei und der
Gebrauch ihrer enormen Kommunikationsmedien sei, ihr Monopol dieser Medien.
Doch nach dem 11. September war es notwendig, das Konzept des
Sicherheitsaufsehers – wie er es nennt – einzubeziehen, in zwei Worten, das
militärische Element.
In
seine Thesen und sogar dem Titel, den er einem seiner Vorträge gab, „Ein
köstlicher Despotismus“, mußte er das militärische Element einbeziehen. Das ist
das, was ich Ihnen noch sagen wollte und Ihnen angekündigt hatte.
Was
ist der Grund für diese kolossalen Kriegsausgaben, etwa die Absicht, Geld in
die Wirtschaft zu pumpen? Meiner Ansicht nach nicht. Diese Administration ist
auf ihre Weise auch keynesianisch, Geld in Umlauf bringen, mit der Hoffnung,
erneut das Wachstum anzuschieben, für eine kurzen Zeitraum, wenn sie es
schaffen; ihre Hauptformel ist die Senkung und praktisch die Abschaffung vieler
Steuern. In der Tat haben sie auf jene erträumten 5 Billionen Dollar
verzichtet, die sich innerhalb von 10 Jahren als Folge der Überschüsse anhäufen
würden; jetzt wissen sie, das dies nicht so ist, das sie erneut ein wachsendes
Defizit haben.
Viele
US-Amerikaner träumten davon, daß jener Überschuß für die Gewährleistung des
Gesundheitswesens, die Verbesserung der Schulen und die Garantie der Renten
dieser großen Zahl von US-Bürgern verwendet würde, die in den Ruhestand gehen,
die Generation, die nach dem Zweiten Weltkrieg kam; alle diese Träume sind
zerstoben und außerdem begünstigt die Senkung und Abschaffung von Steuern viel
mehr diejenigen, die über mehr Geld verfügen.
Geld
in ein Land pumpen, dessen Bürger die Gewohnheit zu sparen verloren haben, wo
die Sparrate unter Null liegt, hat das irgendeinen Sinn? Doch sie wollen die
Wirtschaft ankurbeln, indem sie Geld hereinpumpen.
Die
Steigerung der Militärausgaben liegt unter dem Hereinpumpen von Geld in den
Umlauf auf dem Weg der Steuersenkungen, es sind mehr und mehr verzweifelte
Mittel, auf die selbe Weise, wie die Japaner den Zinssatz auf Null reduzierten,
um die Investitionen anzukurbeln, und die US-Amerikaner reduzierten ihn auf
1,75 %, den niedrigsten Stand, an den ich mich erinnere, und ich weiß nicht, ob
es irgendeine Epoche gab, in der er niedriger war.
Warum
also ein enormer Militärhaushalt? Warum enorme Investitionen in neue
Technologien? Sie beginnen zu begreifen, daß die Welt immer unregierbarer wird,
daß sie nicht mehr allein mit dem Glanz der Spots aufrechterhalten werden kann,
daß Gewalt vonnöten ist, daß mehr Flugzeugträger, mehr Waffen und immer
modernere Geräte nötig sind, daß es notwendig ist, einen Weltkrieg zu erklären
und 80 Staaten zu bedrohen – denn sie sehen bereits 80 Länder als mögliche
Ziele ihrer Angriffe an.
Jetzt
könnnten Sie sagen: Seid ihr nicht besorgt? Wir sind das gelassenste Land auf
der ganzen Welt, denn wir werden seit 43 Jahren bedroht; wir waren nahe daran
zu verschwinden, ja, zu verschwinden, physisch, wir alle, ohne daß das Volk
gezögert hätte.
Ich
erinnere mich an keinen einzigen demoralisierten oder in Panik verfallenen
Mitbürger im Jahr 1962. Sehr wohl erinnere ich mich an ein wütendes Volk, als
unsere damaligen Verbündeten, ohne Kuba überhaupt zu konsolidieren,
Konzessionen machen und Deals eingehen. Sie wissen sehr gut, daß man dieses
Volk nicht einschüchtern kann, es ist egal, ob sie uns auf die Liste setzen
oder nicht; Sie stellen sich nicht vor,
wie völlig egal es uns ist, ob sie uns ausschließen oder nicht; denn es gibt
vorher ein anderes Problem zu lösen, ob wir die Vereinigten Staaten – auch wenn
nicht alle ihre Regierungen gleich waren – von der Liste der terroristischen
Staaten nehmen.
Tausende
Mitbürger verloren ihr Leben als Folge des schmutzigen Krieges, der Angriffe
aller Art, von mitten im Flug gesprengten kubanischen Passagierflugzeugen, von
in unseren Hotels gelegten Bomben, von unzähligen Plänen, die ich nicht im
Detail beschreiben will, und wir können das machen, wenn es nötig wäre.
Jetzt
gibt es einen neuen Stil, es sind nicht mehr nur die Minister und die Sprecher;
jetzt äußern sich die US-Botschafter und geben Linien vor. Es gibt keinen
Wahlkampf in irgendeinem der „sehr unabhängigen“ lateinamerikanischen Länder,
wo sich der Botschafter nicht einmischt und eine Rede hält; zum Beispiel in Nicaragua,
die große Rede des großen Botschafters. Vorher waren es dikrete Prokonsule;
heutzutage sind es Konsule, die ohne Scham ihre Präferenzen und Wünsche zeigen,
und in was für einem Ton, mit welchem Stil.
Sehen
Sie, wie die Dinge stehen, daß sie hier, wo sie keine Botschaft haben, sondern
nur eine einfache Interessenvertretung, den selben Stil anwenden wollten, das
Abgeben von Erklärungen zur Bewertung der Regierung, und ob sie uns von der
Liste der terroristischen Staaten herausnehmen sollen oder nicht. Es ist so,
als ob jemand in einem Loch ist und einem anderen, der mit hundertmal mehr
Grund und Moral oben steht, sagt: „Hol mich aus dem Loch heraus, dann werde ich
dir das Leben retten.“
Diese
Methoden mit dem kubanischen Volk haben absolut keinen Wert, denn es handelt
sich um ein konsequentes Volk, ein Volk mit Bewußtsein, Kultur, Einheit, Moral;
weder mit Lügen noch mit Drohungen kann man es jemals einschüchtern.
Dieses
Land kann von der Erde gefegt werden, doch es kann weder unterjocht noch
beherrscht oder erobert werden.
Wir
leben für unsere Ideale, unsere Prinzipien und unsere Ethik. Das war unser
Leben und ist das Leben aller jener jungen Menschen und von Millionen von
jungen Menschen, wie die, die Sie dort auf der rechten Seite sehen; es ist das Leben
unseres Volkes, es ist das Leben unserer Kinder, die unvergleichlich
kultivierter und gebildeter sein werden als wir, sie werden mehr von der Welt
wissen als wir, und sie haben ein unbegrenztes Vertrauen in ihr Volk, in die
Ideen und in die Revolution. Das ist die aktuelle Situation unseres Landes und
das ist unsere Antwort, niemand soll sich irren.
Was
soll diese Bedrohung mit dem Gebrauch militärischer Mittel gegen eine Liste von
bereits 80 Staaten? Wo ist die Idee der Existenz der UNO geblieben? Wo sind die
rechtlichen Normen dieser Institutionen geblieben? Wo sind die juristischen und
ethischen Prinzipien geblieben?
Wenn
man sich nach dem Grund für all dieses scheinbar Absurde und Unerklärliche
fragt, sieht man, daß sie mehr als den Terror oder den wahren Terrorismus die
Rebellion der Völker fürchten, sie fürchten die Bewegungen des Bewußtseins und
der Meinung, die bereits große Schlachten an erinnernswerten Orten geschlagen
haben, die es ihnen fast unmöglich macht, sich zu versammeln; und deshalb
reagieren die Förderer dieser Politik mit Wut und Präpotenz, wobei sie sogar so
weit gehen, ihre eigenen Verbündeten überheblich zu behandeln, und sie spielen
mit der Idee, eine scheinbar unbezwingbare mächtige, brutale und blindwütige
Gewalt einzusetzen, um Panik und Terror in allen Völkern des Planeten zu säen.
Das
Ergebnis davon wird die Vervielfältigung des Widerstandes, der Ablehnung, der
Proteste und die Vertiefung der Unzufriedenheit dieser Spezies sein, die nicht
nur durch die schlimmste jemals bekannte Form der Sklaverei und des
Kolonialismus bedroht ist, sondern auch in ihrem eigenen Überleben. Dieses
Bewußtsein bewegt viele Menschen der Mittelschichten in den Industrieländern,
die immer mehr Kenntnis haben von den Gefahren für die Natur, ihr Leben und das
ihrer Kinder und Enkel.
Alle
kennen alle die Daten, man muß sie nicht wiederholen, was mit der Ozonschicht
geschieht, mit der Verschmutzung der Atmosphäre, der Vergiftung der Meere, dem
Mangel an Trinkwasser und so weiter.
Eine
Person aus Kalifornien, oder jemand von Ihnen, sprach von Kalifornien ohne
Wasser, oder mit Wasserproblemen im Grundwasser. Das geschieht nicht nur in
Kalifornien, sondern auch in Guanajuato; der aktuelle mexikanische Präsident
erklärte mir, als er noch Gouverneur war und unser Land besuchte, daß die
Gewässer im Grundwasser, die sich in 12 Meter Tiefe befanden, heute in 400 Meter Tiefe anzutreffen sind, und es gibt
keine Quelle, die sie speist. Als ich ihn fragte, ob sie nicht vom fallenden
mittleren Wasser etwas injizieren könnten, antwortete er: „Alles ist voll mit
chemischen Produkten“, und was man praktisch mit einem guten Kriterium
entwickelte war die mikrolokalisierte Bewässerung, um Wasser zu sparen.
Es
gibt gewaltige Probleme im Nahen Osten, bei denen zukünftige Konflikte drohen,
jedermann versteht das. Die Menschheit wächst jedes Jahr um mehr als 80
Millionen Bewohner. Von 1981 bis 2001, als Konferenzen der Internationalen
Parlamentarischen Vereinigung stattfanden, in nur 20 Jahren, wuchs die
Weltbevölkerung um 1,4 Milliarden Menschen, mehr als sie in der gesamten
Geschichte der Menschheit gewachsen war, seit dem Entstehen der Spezies bis zum
Beginn des vergangenen Jahrhunderts, das vor kurzem endete; dieses Phänomen ist
unaufhaltsam, und gesellt sich zu der Erosion und einer Reihe weiterer
Probleme, die alle kennen und verstehen.
Dieser
Kampf gegen die neoliberale Globalisierung ist die gemeinsame Sache – man kann
sagen – aller Völker der Menschheit, die nicht mit Wohlwollen sehen können, daß
das Kyoto-Protokoll gebrochen wird, das eine Hoffnung bedeutet; die nicht
wissen, warum zum Teufel totale nukleare Schilder errichtet werden, in die
unermeßliche Geldsummen investiert werden, während sie sagen, daß der Kalte
Krieg zu Ende sei und der Gegner seit einiger Zeit keine Supermacht mehr ist.
Der Staatshaushalt dieses ehemaligen Gegners ist geringer als der
Kriegshaushalt der Vereinigten Staaten.
Wem
wollen sie glauben machen, daß die Koreaner eine Rakete fabrizieren werden,
eine Atomwaffe, die das US-amerikanische Territorium erreichen kann? Das kann
niemand glauben; oder daß der Iran die USA bedrohen kann, was auch niemand
glauben kann und auch nicht glaubt. Möglicherweise dachten sie an Rußland, das
eine Anzahl von Sprengköpfen bewahrt, die das US-Staatsgebiet erreichen können.
Die Vorwände beziehen sich auf die weiteren Länder, die sie bedrohen. Damit
haben auch die anderen Faktoren zu tun, von denen wir gesprochen haben, die
Tendenz zur totalen und absoluten Beherrschung unseres Planeten. Das ist gemäß
unseren bescheidenen Standpunkten der Moment, in dem wir uns befinden.
Wenn
ich vorher nicht auf die Uhr geschaut habe, dann deswegen, weil ich Angst
hatte, und jetzt ist es sowieso zu spät (Lachen). Ich habe drei Stunden
gesprochen; doch ich habe nicht den Schlaf unseres Freundes gestört (Er zeigt
auf einen der Delegierten), der wunderbar geschlafen hat (Lachen und Beifall)
und jetzt frisch und kraftstrotzend aufwacht (Lachen), um den köstlichen
Cocktail zu genießen, den die Kubanische Vereinigung der Wirtschaftswissenschaftler
vorbereitet hat (Lachen und Beifall).
Ich
sage nichts anderes als daß die aktuelle wirtschaftliche und soziale Ordnung
unhaltbar ist, daß hier viele Ideen beigetragen wurden und daß wir in eine
Schlacht der Ideen verwickelt sind. Dies war eine der Versammlungen – davon bin
ich überzeugt -, in der die meisten Ideen und Kriterien vorgebracht wurden, im
Einklang mit dem, was alle sehen und immer genauer wahrnehmen.
Wir
verbleiben hier glücklich in dem Bewußtsein, Zeugen davon geworden zu sein, über
welch großen Schatz an Kenntnissen und Intelligenzen wir 500 Millionen – oder
vielleicht ein wenig mehr – Bewohner unserer Hemisphäre verfügen, vom Río Bravo
– wie Martí sagte – bis nach Patagonien. Welch großer Reichtum an Wissen ist
geschaffen worden! Und unser mächtiger Nachbar aus dem Norden ist eben genau
nicht daran interessiert, diesen Reichtum zu importieren, er bevorzugt es,
unsere Intelligenzen zu töten, indem er ihnen Visa zur Einreise in die USA
ausstellt; wenigstens verfügen wir über einen großen Schatz, ein Humankapital
von Ökonomen, Denkern, Männern und Frauen, die mit den Kenntnissen ausgestattet
sind, die heutzutage vonnöten sind.
Wir
verabschieden uns ausgestattet mit der Überzeugung; aber besonders ausgestattet
mit dem Vertrauen in unsere Zukunft. Hier könnte man etwas Ähnliches sahen wie
das, was Salvador Allende vor seinem glorreichen Tod in La Moneda sagte: „Eher
früher als später wird sich die Welt verändern!“
Immer
bis zum Sieg!
(Ovation)