Schlussrede des Comandante en
Jefe auf der „Weltkonferenz Dialog der Kulturen. Lateinamerika im 21.
Jahrhundert: Universalität und Originalität“, gehalten am 30. März 2005 im
Kongresspalast
(Stenographische Version des Staatsrats)
Liebe
Freunde!
Ich spreche hiermit alle Gäste an, sowohl die aus anderen Ländern, als die
aus Kuba.
Ich muss gestehen, dass mir das Wort „Ausländer“ nicht gefällt, das klingt,
als ob ich „Liebe Fremde“ sagen würde, wenn ich mich an euch wende.
Wahrscheinlich hat selten jemand die Möglichkeit gehabt – und gleichzeitig
die Herausforderung – sich mit solch einer Gruppe wie der hiesigen zu
versammeln. Man muss zuerst Wahrsager sein, um zu wissen, worüber ich sprechen
soll. Ich bin dafür bekannt, dass ich viel spreche, manchmal zu ausschweifend,
was am heutigen Nachmittag nicht meine Absicht ist, obwohl die Absichten nicht
immer mit den Ergebnissen übereinstimmen (Lachen); aber ich verstehe es, und
nicht aufgrund meiner Teilnahme während der Vorträge – was mir sehr gefallen
hätte. Ich hatte das Glück, eine Zusammenfassung der Veranstaltungen und der
verschiedenen Vorträge zu erhalten.
Als erstes möchte ich diejenigen beglückwünschen, die die Idee hatten,
solch ein Event zu schaffen und ihm einen Namen zu geben, der seine Synthese darstellt:
Dialog der Kulturen.
Jeder der nicht einen Einblick in irgendeine der Sitzungen oder euren
Aufgabeninhalt bekommen hätte, hätte denken können, dass es sich um eine
Liebhaber-Gruppe zum Austausch von philosophischen Eindrücken handelt, oder um
die Zeit damit zu verbringen, interessante Überlegungen und Reflexionen
auszutauschen.
Ich denke aufgrund dessen, was ich gelesen habe, dass der Inhalt dieses
Dialogs viel höher greift und viel tiefgehender ist, als man ausgehend vom
Titel hätte denken könnte. Mir scheint, dass ihr wirklich an einem Dialog
teilgenommen habt, ich kann jetzt nicht sagen, ob an einem Dialog zwischen den
Kulturen oder für die Kulturen.
Man müsste auf Konzepte von Zivilisation bzw. Kultur zurückgreifen und sich
fragen: Was sind die Kulturen? Seitdem ich ein kleiner Junge war und zur Schule
ging, was noch nicht so lange her ist (Lachen),
mir scheint es war erst gestern, hörte ich die ersten Konzepte über die
Welt und die Geschichte und es wurde gesagt, dass diese Welt eine zivilisierte
sei, ja sogar, dass die Europäer in diese Hemisphäre gekommen seien, um uns die
Zivilisation zu bringen.
Es wurde ebenfalls gesagt, dass man nach Afrika gehen müsse, um die
Afrikaner zu zivilisieren und sie sind dorthin, in die Pazifik marschiert, was
damals Indischer Ozean genannt wurde, um die Inder zu zivilisieren und die
Indonesier; ein bisschen weiter hin kamen sie nach China, um China zu
zivilisieren.
Seit langer Zeit haben wir alle, ich als Kind ebenfalls, über Marco Polo
sprechen hören, über seine Reisen nach China. Und es ist bekannt, dass es seit
langem eine chinesische Zivilisation bzw. Kultur gab, genau so wie es eine
indische Zivilisation gab, ebenfalls eine Zivilisation dort am Euphrat, mehrere
Zivilisationen ebenfalls dort in Mesopotamien und das Kuriose daran ist, dass
alles das vor der griechischen Zivilisation und der römischen Zivilisation
geschah, und vor der europäischen Zivilisation.
Ich war eines Tages in Afrika zu Besuch, dort in Südafrika, und wurde
eingeladen, ein Dorf zu besuchen, wo es eine Statue eines Jungen gab, der bei
einer der Protestaktionen gegen die Apartheid umgekommen war. Und ich überlegte
an jenem Ort, dass in Europa - als es in Afrika schon eine Zivilisation gab, an
einigen Orten Afrikas – die Barbarenstämme von einem Gebiet zum anderen
wanderten.
Wir wissen, dass zu Zeiten Julius Cäsars, dieser seinen Ruhm durch den
Kampf seiner Legionen gegen die deutschen Barbarenstämme erwarb, und nach der
Beherrschung der Barbarenstämme der Franken kam die Eroberung von Gallien, der
Gallische Krieg, und später sogar des Gebiets, das heute Großbritannien ist,
der Inseln. Er errichtete dort einen Grenzwall, denn scheinbar konnten sie
einige der Leute nicht vollkommen beherrschen.
Das selbe Europa, – und ich bin nicht gegen die Europäer, im Gegenteil,
ich bin für den Frieden zwischen Allen (Lachen), und für die Achtung vor der
Würde Aller, wie sollte ich da die Europäer nicht achten, ich erzähle nur aus
der Geschichte, weil ich nachdachte – dass zu jener Zeit, 15 Jahrhunderte nach
der Eroberung Galliens durch Julius Cäsar, als die Spanier – zum Teil meine
Verwandten - nach Mexiko kamen und dort
– so meine ich - eine Zivilisation vorfanden, eine Stadt, die viel größer als
jede europäische Stadt jener Zeit war, die Stadt Mexiko, die Hauptstadt der
Azteken, Tenochtitlán, eine auf dem See erbaute Stadt, eine Meisterwerk der
Baukunst und eine florierende, entwickelte Landwirtschaft. Die Stadt hatte mehr Einwohner und war größer
als Paris; möglicherweise größer als Madrid, Lissabon und alle jene Orte, und
sie wollten die Zivilisation hinbringen, Mexiko erobern.
Nun gut, einer der Vorwände, den ich bei einem der Schriftsteller jener
Zeit, Bernal Diaz del Castillo, gelesen habe, war, dass man sie zivilisieren
musste, da sie Menschenopfer darbrachten. Wenn man diejenigen zivilisieren
muss, die Menschenopfer darbringen, dann muss man, glaube ich, noch viele Leute
auf dieser Welt zivilisieren.
Ich meine, zum Beispiel, dass man diejenigen zivilisieren müsste, die
Städte bombardieren, Millionen Männer, Frauen und Kinder in Angst und Schrecken
versetzen und dann sagen, dass es zivile Opfer gab. Unabhängig von den zivilen
Opfern, die es immer bei allen Bombardierungen gibt, und die Russen wissen das
besser als irgendwer, weil sie die Bombardements auf Leningrad erlebten, die
Überraschungsangriffe erlebten; die Russen werden sich an jenen 21. Juni
erinnern, als die Truppen von Adolf Hitler, die Panzerdivisionen, unter
Verwendung von abertausenden Flugzeugen, hunderten von perfekt bewaffneten Divisionen,
zehntausenden von Panzern und Geschützen überraschend und ohne Vorwarnung jenen
dunklen Winkel der Welt angriffen, der sich Sowjetunion nannte. Die Divisionen
drangen mit aller Geschwindigkeit ein, einige in Richtung Leningrad, andere
direkt in Richtung Moskau und andere nach Süden, direkt nach Kiew.
Diejenigen von uns, die wir die Möglichkeit hatten, die großen Heldentaten
des russischen Volkes kennen zu lernen und zu bewundern, wissen, welchem
schrecklichen Schicksalsschlag es plötzlich innerhalb weniger Stunden die Stirn
bieten musste, während die Soldaten Ausgang hatten in jener berühmten Festung
von Brest-Litowsk, die sich trotz der Überraschung so mutig und heldenhaft
verteidigte. Und wir konnten etwas beobachten, das viel über die historischen
Werte des russischen Volkes aussagt: Wenn überall die Mitteilung über
feindliche Panzer in der Nachhut das
Signal war, die Hände hoch zu heben und eine weiße Fahne zu schwenken, dann war
das bei den Russen nicht so, sie ergaben sich nicht und schwenkten keine weiße
Fahne.
Manchmal überlegt man, was geschehen wäre, wenn jenes Volk mobilisiert
gewesen wäre, wenn das russische Heer und seine Verbündeten sich in Kampfalarm
befunden hätten. Wir, ein ganz kleines Land, eine kleine Insel hier an der
Seite des mächtigen Nachbarn, wie oft mussten wir nicht nach Gefahren ausspähen
und uns in Kampfalarm versetzen? Denn wir haben uns fest vorgenommen, dass uns
niemals jemand überraschen und uns beim Angriff
unvorbereitet antreffen kann. Ich
werde weder in der Geschichte herumwühlen noch über
Verantwortungsverpflichtungen sprechen; aber die reale Tatsache ist die, dass
ich sehr gut weiß, wo der Zweite Weltkrieg geendet hätte, wenn das Volk und
seine Streitkräfte mobilisiert gewesen wären, nicht in Berlin, sondern in
Lissabon. Ich erlaube mir hier, dies mit voller Verantwortung zu sagen. Ich
habe oft darüber nachgedacht, denn ich habe jene Geschichte gelesen, viele
Bücher zur Geschichte jenes Krieges, sowohl von denen der einen als auch der
anderen Seite geschriebene. Wir wissen alle, dass Abermillionen Männer und
Frauen umgekommen sind. Man sprach von 15, dann von 20, später von 27 Millionen
Bürgern jenes multinationalen sowjetischen Staates. Damals und heute ebenfalls
ist Russland natürlich zum großen Teil ein multinationaler Staat, aber mehrere
zehn Millionen starben und ich bin der Meinung, vor allem infolge des
Überraschungseffekts.
Wer weiß, wie viele Bücher in unserem Land veröffentlicht wurden. Sogar
wenn wir großen Bedrohungen ausgesetzt waren, dann wendeten wir uns an die
heldenhafte Literatur der Russen. Und so wurden hunderttausende von Büchern
herausgegeben, um unserem Volk die Idee einzuflößen, dass ein Volk jeder
Schwierigkeit begegnen kann, wenn es kämpft und Widerstand leistet.
Ich möchte dazusagen, dass für uns jenes Heldentum der Russen nicht etwas
ist, über das wir gelesen haben, wie zum Beispiel über das Heldentum
derjenigen, die dort in Sagunt und Numantia gegen die römischen Truppen
kämpften und bis zum letzten Mann kämpften, bis zur Ausrottung der Bevölkerung,
sondern dass wir einen Teil der Geschichte gemeinsam erlebt haben, einen
schwierigen Teil; ihr hattet ihn vorher erlebt und wir erlebten ihn danach,
ständig von einer Invasion bedroht und nicht seitens Grand Cayman, das südlich
von Kuba liegt, mehrere Quadratkilometer groß ist und vielleicht 8 000 oder 10
000 Einwohner hat. Uns bedrohte ein Land, dass 8, 9 oder 10 Millionen
Quadratkilometer groß ist, 300 Millionen Einwohner hat und die Macht ist, die
vom technischen, wirtschaftlichen und militärischen Gesichtspunkt aus gesehen
in den letzten 60 Jahren vorgeherrscht hat, die US-amerikanische Supermacht.
Das ist eine große Gefahr.
Und wir ließen uns von den Heldentaten des sowjetischen Volkes inspirieren,
das muss ich hier sagen und brauche mich nicht davor zu fürchten, jenes Wort
auszusprechen; aber wir wissen, dass die Seele jenes Widerstands, der Drehpunkt
jenes Widerstands, das Zentrum jenes Widerstands das russische Volk war, ohne
im Geringsten das Heldentum anderer, an der Seite der Russen kämpfender Völker
herabzusetzen.
Retamar sprach über die Invasion Russlands durch die napoleonischen
Truppen. Napoleon, der Revolutionär war, Vertreter jener großen Revolution,
unbestreitbares militärisches Genie, aber militärische Veranlagung inmitten
einer Revolution. Ohne die Französische Revolution hätte es dieses Genie, das
napoleonische Militärgenie, nicht gegeben. Dort auf seiner Insel, der Insel
Korsika, hätte er so viele Jahre seines Lebens gelebt, wie die Leute zu jener
Zeit üblicherweise lebten, ohne dass jemand auch nur über Napoleon hätte
sprechen hören. Aber es gab eine große Revolution und inmitten jener großen
Revolution, der Kämpfe, Interventionen, Invasionen, lernte ihn jedermann
kennen, und aus dem Volk sind Führungskräfte hervorgegangen, viele führende
Köpfe. Die Führungskräfte gehen aus dem Volk hervor, und vor allem in den
Prozessen der großen Gesellschaftskrisen.
Nicht die Menschen machen die Geschichte, die Geschichte macht die Menschen
bzw. die Individualitäten oder Persönlichkeiten; die Menschen legen die
Geschehnisse auf die eine oder andere Art und Weise aus, aber sie sind Söhne
und Töchter der Geschichte. Ohne jene historischen Prozesse – hier sehen wir
den Botschafter von Venezuela, unseren Freund Adán (auf Deutsch: Adam), der den
Namen des ersten, diesen Planeten bewohnenden Lebewesens trägt, aber das Land
von Bolívar vertritt – ohne jene historischen Geschehnisse, würde man
heutzutage den Namen von Bolívar nicht kennen.
Die große Krise, die Besetzung Spaniens durch Napoleon, die Auferlegung
eines franzosischen Königs dort, ein Bruder des großen Kaisers, – ich glaube er
war halb einfältig – war es, die zu einer Rebellion führte, die an erster
Stelle einen Loyalitätsakt darstellte, nicht seitens Bolívar, aber doch seitens
jener Gesellschaft, die zu jenem Zeitpunkt sogar eine durch die reichsten
Schichten, die herrschenden Schichten vertretene Gesellschaft war.
Aber ohne jene historischen Ereignisse, ohne jene Revolution, oder wenn
Bolívar 30 Jahre eher oder später geboren worden wäre, würde man heute den
Namen Bolívars nicht kennen. Martis Name wäre nicht bekannt, und ebenfalls
nicht die Namen vieler anderer bedeutender historischer Persönlichkeiten,
dessen Ruhm, mehr als ihre Verdienste aus den historischen Ereignissen hervorging.
Ich sage das so bezüglich aller großen Persönlichkeiten: Martí, sein
Geburtszeitpunkt; Martí war Sohn eines spanischen Militärs, Mutter und Vater
sind Spanier, er besitzt seit seiner Geburt eine große Sensibilität und wird in
diesem Land zu einem Krisenzeitpunkt geboren. Schließlich sind die großen
historischen Ereignisse Ergebnis der Krisen.
Ich sage das, weil, nun gut, die Geschichte – es gibt vielerlei Auslegungen
zur Geschichte – besteht aus eine Reihe von Ereignissen und schreitet von einer
zur anderen Etappe voran. Die Geschichte, von der wir sprachen, die Geschichte
jener Zivilisationen, die vor der griechischen und romanischen entstanden
waren, lehrt uns viele Dinge.
Ich bin der Meinung, dass die Geschichte der Menschen die Geschichte der Kriege
ist. Es ist die Geschichte der Eroberungen, die Geschichte der Herrschaft der
einen Völker über die anderen, der einen Gruppen über die anderen. Zu einem
bestimmten Zeitpunkt entstanden schon die Imperien, aber das römische war nicht
das erste, es gab Imperien vor dem römischen. In China gab es Imperien. Dort
gab es das berühmte Terrakotta-Heer, das die Chinesen ausgegraben haben. Das,
was es darstellt, ist beeindruckend, sowohl die Fortschritte in der Kunst, in
der Kultur, in der Technik, in der Zivilisation.
Es gab Imperien in Asien. Das persische Reich war viel früher als das
romanische, sogar noch vor dem berühmten Imperium Alexander des Großen.
Alexander organisiert zu einem bestimmten Zeitpunkt Heere – nun gut, sein Vater
organisierte sie – und begann sehr jung die Invasion auf Kleinasien und alle
jene Länder. Er kämpfte gegen einen persischen Herrscher, ich glaube er
zerstörte Persepolis, man sagt, dass er die griechische Kultur und Zivilisation
hinbrachte. Es ist so merkwürdig zu hören, dass die griechische Kultur die
Zerstörung einer Stadt wie Persepolis inspirieren könne. Es sind noch Überreste
von ihr vorhanden und sie muss ohne Zweifel wunderbar gewesen sein. Die
Zivilisation von Mesopotamien wurde ebenfalls zerstört. Es ist nicht bekannt, was
mit den berühmten hängenden Gärten geschehen ist. Von ihrem ehemaligen Dasein
sind nur einige Anhaltspunkte geblieben. Es gab Invasion auf Invasion. In
Europa fielen immer neue Wellen so genannter Barbarenstämme ein. Die
Barbarenstämme beseitigten nach und nach das römische Reich, besonders als die
römischen Legionen aufhörten, römische zu sein und sich aus Soldaten jener
Barbarenstämme zusammensetzten, welche die Zerstörung des römischen Reichs
vollendeten. Trotzdem wurden natürlich in jedem dieser Zeitabschnitte große
Werte geschaffen, in allen Epochen, angefangen bei dem Zeitalter, das unserem
voranging, den Philosophen, die unserem Zeitalter vorangingen, die griechischen
Philosophen kamen eben gerade vor unserem Zeitalter hervor und es wird behauptet,
dass Aristoteles Lehrer von Alexander dem Großen war. Darüber erzählen einige
von echten Gelehrten geschriebene Geschichten, deren Verfasser die Gewohnheiten
jener Zeit kannten und aufzeigen, wie Aristoteles zum Lehrer des Sohnes von
Philipps von Makedonien wurde.
Das heißt, jede dieser Epochen schuf Werte, jede dieser Epochen schuf
Kultur, die sich summierte; aber letzten Endes können wir die Mayakultur, die
Kenntnisse über den Weltraum besaß, nicht ignorieren, wenn wir von Zivilisation
sprechen, oder die aztekische Kultur, die Inka-Kultur, bzw. die
Präinka-Kulturen.
Ich habe mich mit hervorragenden Persönlichkeiten wie Heyerdahl unterhalten, dem berühmten Autor des
Kon-Tiki, der Entdeckungsreisender war. Er widmete sich dem Studium der antiken
Zivilisationen. Er hat viel in Peru gearbeitet und erzählte mir, wie viele
Dinge und Designs es dort gab, die man allein aus dem Luftraum in 2 000 bzw.
Wenn ich diese Redewendung Dialog der
Kulturen höre, kommt mir die Idee einer Wertesumme ins Gedächtnis, das
heißt, die Werte aller Zivilisationen zu summieren, so wie man vom
Alphabetisieren spricht, was bedeutet, den Unwissenden jene Werte einzuflößen,
die sie aufgrund fehlender Lehrer, fehlender Schulen nicht kennen lernen haben
können. Wenn man vom Alphabetisieren spricht, dann denkt man an so etwas, an
Wertevermittlung. Aber wir müssen uns eine Frage stellen: Welche Werte
vermitteln wir? Welche Werte?
Ich habe mit Emotion die Worte gehört, die dazu ausgesprochen wurden, um
dem Chauvinismus Lebewohl zu sagen, dem engen Nationalismus Lebewohl zu sagen,
den verschiedenartigen Formen von Hass Lebewohl zu sagen, der Intoleranz
Lebewohl zu sagen, den Vorurteilen Lebewohl zu sagen und alles das
einzubringen, was alle Kulturen und alle Zivilisationen und alle Religionen an
Gutem haben, und in einer universellen Ethik zu erziehen, die in dieser
globalisierten neoliberalen Welt echt notwendig ist, welche begonnen hat, den
Egoismus zu globalisieren, die Laster zu globalisieren, das Konsumverlangen zu
globalisieren, den Versuch zu globalisieren, sich der Ressourcen der Anderen zu
bemächtigen und die anderen zu
unterjochen.
Es wird behauptet, dass die Sklaverei aus den primitiven Zeiten stammt und
dass die Menschen, seitdem sie schon eine gewisse Produktivität erreichten und
entdeckten, dass ein Mensch für sich selbst und für andere produzieren kann,
die Gefangenen bewahrten, anstelle sie zu töten. Es wird gesagt, und es kann
viel Wahres daran sein; aber tausende Jahre später war die Sklaverei weiter
vorhanden.
Man sagt, dass jener Schritt von der römischen Sklaverei zum Feudalismus in jener Mittelalter genannten
Zeit, in der dieser vorherrschte, bis zum genauen Zeitpunkt als man uns hier
entdeckte, einen großen Schritt nach vorn bedeutete. Ich sage, dass man uns entdeckte,
denn obwohl ein Teil des Blutes der Eroberer in meinen Adern fließt, fühle ich
mich doch als Sohn dieses Landes, dieser Insel; aber vor allem fühle ich mich
als Sohn der Menschheit. Wir hatten einen großen Patrioten, einen großen
Philosophen, der einmal gesagt hat, - und es war noch nicht die Epoche des
Internationalismus, er war ein Mensch im Kampf um die Unabhängigkeit seines
Vaterlandes gegen das spanische Kolonialjoch, aber er sagte einen Satz, der es
wert ist, dass man ihn sich für alle kommende
Zeiten einprägt – er sagte: „Vaterland ist Menschheit!“ dieser Mensch
hieß und heißt José Martí und wird immer so heißen. Seht: „Vaterland ist
Menschheit!“ Hier, wo Vertreter aus mehr als 25 Ländern versammelt sind,
Wissenschaftler, Intellektuelle, führende religiöse Persönlichkeiten, um diesen
Dialog der Kulturen zu führen, habt ihr nicht das Gefühl bzw. den Eindruck
gehabt, dass das Vaterland die Menschheit ist?
Ich erkläre dies, weil ich den Chauvinismus hasse, ich lehne den
Chauvinismus ab, so wie ich viele andere Dinge ablehne, welche der Mensch auf
seiner langen Reise durch seine kurze Geschichte... Niemand weiß, ob der Homo
Sapiens schon vor 50 000 oder 100 000
oder mehreren hunderttausend Jahren geboren wurde. Die Archäologen
verbringen ihr Leben damit, Schädel zu suchen, um festzustellen, zu welchem
Zeitpunkt in der Gattungsevolution der Mensch entstanden ist. Und ich sage es
ohne Furcht, obwohl ich weiß, dass viele hier Gläubige sind, denn das Oberhaupt
der Katholischen Kirche selbst hat vor einigen Jahren erklärt, meiner Meinung nach
sehr mutig, dass die Evolutionstheorie nicht mit der Doktrin der Schöpfung
unvereinbar ist. Mir ist natürlich nicht bekannt, was andere Religionen zu
diesem konkreten Punkt meinen, ich respektiere sie alle und respektiere alle
Kriterien; aber ich zitiere ein Beispiel, wie die Katholische Kirche jene
Kenntnisse auslegt. Das sind neue Dinge, denn die Kirchen selbst haben
hinzugelernt und haben versucht, ausgehend von der Suche nach dem Guten ihre
Gesichtspunkte und Konzepte zu vervollkommnen.
Ich habe in religiösen Schulen gelernt, ich war kritisch und kann es immer
noch sein, sogar in Bezug auf die Art und Weise, wie ich die Religion gelehrt
bekam, in einem sehr dogmatischen Sinn. Die Menschen werden nicht alle gleich
geboren. Jeder hat seinen Charakter, seine Verhaltensart und –weise. Ich spüre
Ablehnung gegen jene Dinge, die man mir aufzwingen will, die man mich zu
glauben zwingt, ohne dass man mich von dem überzeugt, was ich glauben soll. So
reagiert jeder Mensch auf seine Art und Weise.
Aber ich sage, dass die Kirchen selbst Anstrengungen unternommen haben. Die
Katholische Kirche hat die begangenen Verbrechen kritisiert, die mit Feuer und
Schwert durchgeführte Eroberung dieser Hemisphäre, hat die Inquisition
kritisiert, hat die Verurteilung von Galileo kritisiert, hat jene schrecklichen
Tatsachen, wie die Scheiterhaufen, mit denen die Ketzer bestraft wurden,
kritisiert. Den ersten Indigenen, der sich in diesem friedlichen Land erhob –
und er war nicht einmal Kubaner, er kam aus Santo Domingo, wo es eine
kämpferischere Bevölkerung gab; er hieß Hatuey – hat man dazu verurteilt, auf
dem Scheiterhaufen zu sterben. Und dort ging ein Priester zu ihm, damit er sich
taufen lasse, um in den Himmel zu kommen und aus der Geschichte ist
überliefert, dass er fragte, – und ich meine, ob es nun wahr ist oder nicht, so
ist es doch eine wunderbare Geschichte, die man uns allen schon ab der
Grundschule vermittelte – ob die Spanier in den Himmel kämen und dass jener
rebellische Indigene Folgendes sagte, als man ihm das bejahte: „Dann ziehe ich
es vor zu sterben. Ich will nicht in jenen Himmel gelangen, wo die Spanier
hinkommen.“
Seht, was für eine Lehre, wie jeder Mensch der Vergangenheit etwas
hinterlässt. Jener Rebell, der mit jenen Worten starb, die wahr sein können oder
nicht, aber zumindest hat er sie eingegeben. Seht, was für ein wunderbares
Beispiel der Würde, des Heldentums.
Und ich habe darüber gesprochen, dass wir alle die Fehler, die wir begangen
haben, überwinden und die von uns geschaffenen Werte vereinen müssen. So
verstehe ich das, was man einen Dialog der Kulturen nennen könnte und mit
dessen Geist ich hundert Prozent übereinstimme und der mich glücklich macht.
Hoffentlich kann ich eines Tages komplett an so einem Dialog teilnehmen und
nicht nur zur Schlussveranstaltung desselben und nicht nur durch eine
Zusammenfassung erfahren, worüber diskutiert wurde.
Unser erlauchter Gast, den wir sehr zufrieden empfangen haben, wohl
wissend, dass er nicht Schuld an seiner verspäteten Ankunft ist, wir könnten
das einen Widerspruch von Gesichtspunkten nennen, einen Widerspruch der
Zivilisationen, er sprach über die Zufriedenheit, mit der man dort in
Griechenland den baldigen weiteren Dialog erwartet, an dem alle diejenigen
teilnehmen können, die dies wünschen. Er brachte mir ein kürzliches Geschehnis
ins Gedächtnis zurück. Ich als Sportliebhaber, der ich immer gewesen bin, war
begierig, eine Olympiade mitzuerleben, zu denen ich nie gegangen bin, selbst
als ich das gekonnt hätte; aber ich war der Meinung, dass ich das Recht zur Teilnahme an einer Olympiade hätte, wenn
ich das wolle, und dort in Griechenland hatten mich viele Leute eingeladen,
sogar die von der griechischen Orthodoxen Kirche, die mir versprachen, mich in
ein berühmtes Kloster zu führen. Und ich habe den Kopf noch voller Ideen und
Erinnerungen über die mir von ihnen erzählten Dinge, die wunderbaren Dinge, die
sie mir über die Geschichte jener Kirche erzählt haben und darüber, was sie
getan haben, was sie geschaffen haben. Ich war sehr daran interessiert, weil mich
der Ökumenische Patriarch der
griechischen Orthodoxen Kirche genau an dem Tag besucht hatte, an dem die
Kirche jener Religion eingeweiht wurde, und schon vom Grundstein für die
russische Orthodoxe Kirche gesprochen wurde, die sehr zur Zufriedenheit von uns
allen ebenfalls eine Kathedrale hier haben wird. Genau so, wie es in unserer
Stadt eine Moschee gibt, und auf die selbe Art und Weise, wie alle Kirchen
vertreten sind; wir haben diese Ehre, es gibt uns Genugtuung und ehrt uns, dass
sie hier vertreten sind. Ich glaube, dass unser Land hier ein Beispiel dafür
gewesen ist, wie es nicht nur auf religiösem Gebiet Ökumenismus geben kann,
sondern ebenfalls bei der Achtung der Gefühle der Anderen.
Ich könnte nicht ökumenisch gegenüber jenen handeln, die den Anderen ihr
Recht zu denken und ihr Recht zu glauben verweigern, denn für uns, die wir so
oft als Verletzer der Menschenrechte angeklagt werden, - und ich werde nur
Folgendes sagen - ist das erste Menschenrecht das Recht zu denken, das Recht zu
glauben, das Recht zu leben, das Recht zu wissen, das Recht, die Würde zu
kennen, das Recht, so wie die anderen menschlichen Wesen behandelt zu werden,
das Recht, unabhängig zu sein, das Recht auf Souveränität als Volk, das Recht
auf die Menschenwürde.
Wenn wir von den Menschenrechten sprechen wollen, dann sind wir wirklich
der Meinung, dass eine Olympiade organisiert werden müsste, dass wir, die Angeklagten, uns mit allen jenen Schwindlern
und Scheinheiligen versammeln müssten,
die es auf der Welt gibt, uns in einem Raum wie diesem hier versammeln müssten,
um zu diskutieren, welches die Menschenrechte sind und welche davon wir
verletzt haben und welche wir jahrzehntelang verteidigt haben, ohne ein
einziges Mal unsere Prinzipien zu verletzen. Ihr, von denen viele Religiöse
sind, könntet letzten Endes daran erinnern und Gott bewahre – ich bin kein
Gläubiger im traditionellen Sinne des Wortes – von der Idee befreien, uns mit
irgendeiner anderen geschichtlichen Individualität zu vergleichen. Ich bin
nicht ich; ich spreche im Namen des Volkes von Kuba, ich vertrete tausende,
hunderttausende, Millionen Menschen, die diese Insel bewohnen. Ich beabsichtige
nicht, mich mit irgendwem zu vergleichen; aber diese Insel wurde mehr
verleumdet, als die ersten Christen, wurde mehr verleumdet, als jene, die im
römischen Zirkus von den Löwen verschlungen wurden, wurde mehr verleumdet, als
jene, die in den Katakomben lebten, weil sie einen Glauben besaßen.
Es gibt religiöse Glaubensrichtungen und es gibt politische
Glaubensrichtungen. Es gibt religiöse Überzeugungen und politische
Überzeugungen im besten Sinne, in dem man jenes so abgenutzte, so
herabgewürdigte Wort Politik verwenden kann. Es gibt politische Ideen. Ich
fasse solche als politische Ideen auf, welche wirklich dem Leben eines
Menschen, der Aufopferung eines Menschen, dem Blut eines Menschen, dem Tod
eines Menschen oder vieler Menschen, eines gesamten Volkes, falls dies
erforderlich wäre, um diese Werte zu verteidigen, würdig sind. Derjenigen
würdig sind, die Werte verteidigen und
wissen, dass es ohne Werte kein Leben gibt.
Mehr noch, ohne Werte gibt es keine Zivilisation; mehr noch, ohne Werte
kann diese Menschheit nicht überleben, denn wenn wir von Zivilisationen
sprechen - und wir wissen, dass es viele gegeben hat, und nicht wenige davon
verschwunden sind – könnten wir uns auch fragen, wie lange diese Zivilisationen
dauern werden, wenn wir nicht die notwendigen Schritte unternehmen, wie ihr es
hier zu tun versucht, um das Überleben schon nicht nur der Zivilisation, sondern
der Gattung überhaupt abzusichern. Denn zum ersten Mal im Verlaufe der kurzen
Geschichte, ist das Überleben der Menschheit in Gefahr. Ich würde dazu
einladen, dass jemand darauf antwortet, ob irgendwann einmal das Überleben der
Menschheit sich so in Gefahr befand, wie es heute der Fall ist.
Früher war es das römische Imperium, früher waren es die griechische
Zivilisation, die griechisch-römische, zu anderen Zeiten die ägyptische, zu
noch anderen Zeiten die persische, dann jene aus Mesopotamien, die schon genannt
wurden. Das heißt, alle Zivilisationen haben in jener und dieser Hemisphäre
gelebt, denn der Mensch hat überall die Zivilisation hingebracht. Es wurde
bewiesen, dass derselbe Mensch auf dieser Seite des Atlantiks dieselbe geistige
Entwicklung und dieselbe Intelligenz hatte, wie diejenigen, die dort in der
Alten Welt geblieben sind. Und die Geophysiker, die die Erde untersucht haben,
wissen, dass es früher nicht zwei Hemisphären gab, dass es vor 350 Millionen
Jahren eine einzige Erdmasse gab. Diese Hemisphären sind auch Ergebnis der
Geschichte der physikalischen und geologischen Gesetze, die kompakte Masse
driftete voneinander weg, diese Hemisphäre trennte sich von jener Masse, die
Antarktis trennte sich ab, Australien trennte sich ab, alle entfernten sich von
dort. Es ist sogar bekannt, wie der Himalaja entstand, wie die Bewegungen der
tektonischen Schichten Ursprung für das Eine und Andere waren, und vor 350
Millionen Jahren gab es keine Menschen, vor 300 Millionen auch nicht. Damals
begann das Erdöl sich herauszubilden. Jenes Erdöl, das so wunderbar scheint und
es sicherlich auch ist und welches dieser zivilisierte Mensch dabei ist, in
weniger als 200 Jahren zu zerstören.
Ich würde gern wissen, wieviel Erdöl in 91 Jahren auf der Welt noch übrig
sein wird, – wir sind im Jahr 2005 – denn 1896 wurden auf der Welt 6 Millionen
Tonnen Erdöl pro Jahr verbraucht und in der Gegenwart 82 Millionen Barrel, das
heißt, fast 12 Millionen Tonnen Erdöl täglich.
Vor 109 Jahren, ich wiederhole das, verbrauchte dieser Homo Sapiens, dessen
Weisheit, liebe Freunde und Freundinnen, noch zu beweisen ist, vor 109 Jahren
verbrauchte er 6 Millionen Tonnen pro Jahr und gegenwärtig verbraucht er jeden
Tag knapp 12 Millionen Tonnen. Und der Verbrauch steigt jedes Jahr um 2 Millionen
Barrel pro Tag und das ist nicht ausreichend und es ist jedes Jahr teurer.
Und ich erwähne hier nur ein einziges Problem, das der Energie, und man
könnte sich fragen, wie lange diese bequeme Energie, von der unsere
zivilisierten Nachbarn, – ich beziehe mich nicht auf das Volk – jene so
zivilisierte Regierung – und verzeiht, dass ich eine Regierung genannt habe,
ich will keine nennen, da ich niemanden verletzen möchte, nun gut, wie ihr es
nennen möchtet – diese so zivilisierte und humanitäre Politik führt, die sich
dem Kyoto-Protokoll widersetzt, einem einfachen und begrenzten Versuch, die
Luftverunreinigung aufzuhalten. Das ist etwas, das es zurückzuweisen gilt.
Jenes Land verbraucht 25% der Weltenergie. Gerade jetzt haben wir schon
eine Erdölkrise, sie ist vorhanden und wird weiter bestehen. Die letzte
bedeutende war 1975, und es wird behauptet, dass das Erdöl in der Gegenwart
teuer ist. Nein, teuer war es 1975.
Nicht das wir Erdölerzeuger wären; es kann schon sein, dass wir das sind,
aber hiermit wollen wir keine Idee verteidigen. Ich sage das, was für die Welt
besser ist. Denn wenn sie schon die Welt verunreinigen, dann muss man sagen, je
teurer es ist, desto größere Hoffnungen kann man hegen, dass es noch einige
Jahre mehr dauert, bis sie uns vergiften, bis sie das Klima verändern und dass
es zumindest eine Hoffnung auf Regen gibt.
Gegenwärtig herrscht hier die größte Dürre, die es je in der Geschichte
dieses Landes gegeben hat. Neulich hörte ich es donnern und meinte, in einem
fremden Land zu sein; wie während meines ersten Russlandbesuches, als ich den
Schnee sah; urplötzlich sah ich Schnee, den ich noch nie erlebt hatte. Und so
versetzte mich das Donnern vor einigen Wochen in fast das gleiche
Erstaunen; dem Donner folgt
normalerweise der Regen. So sah ich ein paar Tropfen, ein paar Wolken und
wähnte ich mich im Ausland, denn in diesem Land regnet es seit Monaten nicht.
Also, vor kurzem gab es ein paar Niederschläge, doch nicht im Landesosten. Dort
herrscht einer schreckliche Trockenheit; für Hunderttausende Heime wird das
Wasser auf Lkw´s antransportiert und für das Vieh – es sind Millionen Tiere –
in Tankwagen. Zurzeit sind wir dabei, zahlreiche Aquädukte für Notfälle
anzulegen. Die Rohre sind aus Kunststoff, aus PVC, um sie schnell herstellen
und installieren zu können, damit sie der Wasserversorgung dienen gerade jetzt,
da der Kraftstoffpreis erhöht ist. Ich sage nicht, dass der Kraftstoff teuer
ist, doch erhöht ist sein Preis schon, und es steigt die Anzahl derer, die um
diesen Kraftstoff konkurrieren.
Man stelle sich vor, wie viel Lkw´s Wasser transportieren. Und es ist so,
wie ich sage: Warum muss das sein? Man muss es doch nicht auf den
Nimmerleinstag (calendas griegas – griechische Kalenden) aufschieben – immer
muss auf die Griechen zurückgegriffen werden – das Problem steht jetzt an. Eine
Trockenperiode wie diese zwingt uns zu einem Adieu nicht nur der Waffen, wie es
Hemingway in seinem Roman A farewell to arms schildert, denn noch können wir
den Waffen nicht völlig Adieu sagen; es ist ein Adieu an die Idee, von der
Zuckerindustrie bzw. dem Zuckerrohr zu leben. Das Zuckerrohr braucht Wasser.
Wir hatten viele Stauanlagen im Land zur Wassergewinnung angelegt, doch diese
sind nun leer mit einer einzigen Ausnahme einer Anlage in einer entfernten
Gegend. Sie hat noch etwas Wasser und wir haben die Hoffnung noch nicht
verloren. Wir hoffen, es regnet bald.
Ich sehe zum Beispiel die hohen Niederschläge in Venezuela. Venezuela ist
das beste Beispiel; an einem Ort regnet es mehr als genug und anderenorts nur
wenig. Das Klima ist Änderungen unterlegen. Es ist dies das Wenigste, was man
dazu sagen kann. Es ist eine der Folgen der Umweltverschmutzung. Und daher
sagte ich, der hohe Preis könnte beitragen, dass die Wahnsinnigen etwas
normaler werden, dass sie nicht mehr die natürlichen Ressourcen verschwenden
und die natürlichen Lebensbedingungen unseres Planeten zerstören, damit die
Zivilisationen existieren und kommunizieren können, denn um sich zu
verständigen muss man zu allererst leben können. Wir sollten jenen Philosophen
nicht vergessen, der äußerte: „Ich denke, also bin ich.“ So könnte man
ebenfalls sagen: Um zu denken, muss man existieren; um zu kommunizieren, muss
man überleben und um tatsächlich zu überleben, muss man kämpfen.
Ich übertreibe nicht und bin der festen Überzeugung, dass ich nicht
übertreibe, wenn ich sage, dass wir kämpfen müssen und zwar sehr hart, wenn wir
wollen – ich sag´ es noch einmal – dass die Zivilisationen überleben und noch
etwas mehr als diese, nämlich dass ihre Trägergattung mit all ihren Fehlern und
Mängeln überlebt. Von diesem Blickwinkel aus habe ich über den Dialog
nachgedacht, den ihr geführt habt, und über euer veranstaltetes Treffen sowie
jenes, das im kommenden Jahr in Griechenland stattfinden wird, bei dem ich,
sollte ich eingeladen werden, leider nicht anwesend sein werde, denn der Besuch
der Olympiade wurde mir ungeachtet sämtlicher Einladungen verboten. Zwar hieß
es nicht, meine Anwesenheit sei untersagt, obwohl ich auf dieser Welt vielen
Verboten ausgesetzt bin: Es ist mir verboten zu leben und, mehr oder weniger
überlebend, bin ich ständig im Ausweichen begriffen; ich muss überleben, denn
immerfort gibt es Leute, die mein Überleben nicht wünschen und alles
Erforderliche dagegen unternehmen. Jetzt lassen sie mir etwas mehr Ruhe, da ich
bereits einige Jahre zähle und sie meinen, die Natur werde sich dem Problem
annehmen. Doch ich weiß, wie ungeduldig sie sind. (Lachen) Diesbezüglich dürft
ihr nicht unbekümmert sein, versteht ihr?
In einer Zeitung las ich: „Castro wurde nicht eingeladen.“ Das stimmt
nicht, denn irgendwer, ein Verleumder, schrieb in einer Zeitung, Castro werde
bei den Olympischen Spielen anwesend sein; dort traten unverzüglich die
Sprecher der Regierung auf den Plan – doch weiß ich nicht, welcher Regierung,
denn ich weiß nicht, welche Partei regiert, noch ist dies für mich von
besonderem Interesse, man verzeihe mir die Respektlosigkeit, doch weiß ich
nicht, ob es eine Links- oder eine Rechtspartei ist. Also gut, ihr werdet
besser Bescheid wissen als ich, denn ich weiß nicht, ob es eine neue Regierung
gibt, ob es Wahlen gab, ob es zu Veränderungen kam. Mir ist es auch gleich,
denn, nun ja, ich würde es schon bedauern, wenn ich, würde ich zu einer dieser
Konferenzen eingeladen, nicht teilnehmen könnte, obwohl man ja vielen
Hindernissen aus dem Weg gehen muss, denn man wird von allen Seiten her gejagt.
Für mich gibt es gewisse Hindernisse. Ich bin gezwungen, zwei Flugzeuge zu
benutzen und wie ihr wisst, bin ich einer der „vermögendsten“ Männer der Welt.
Jene US-amerikanische Zeitschrift hat bei mir noch Rechnungen zu begleichen,
sie müssen noch bezahlen. Nur bin ich in diesen Tagen sehr mit anderen Dingen
beschäftigt, doch sie werden ihre Antwort schon bekommen, denn seit einigen
Jährchen tischen sie dieses Märchen auf, und ich werde mich gezwungen sehen zu
reden. Da kann man nichts machen. Ich werde reden, doch habe ich es nicht sehr
eilig. Ich habe Dinge zu erledigen, die viel wichtiger sind. Gleich morgen gibt
es Wichtiges zu behandeln und will dabei keine Minute einbüßen.
Nun also, wie ich bereits sagte, solltet ihr wissen, dass ich einer der
reichsten Männer der Welt bin. Dieser Palast hier, in dem ihr zusammenkommt,
gehört mir; vergesst also nicht zu bezahlen. Ob ihr die Reisebüros bezahlen
musstet, weiß ich nicht, doch sollt ihr wissen, dass dieser Palast mir gehört.
Mir gehören sämtliche Forschungseinrichtungen, sämtliche Schulen und
Krankenhäuser, die wir errichten, die Zehntausende von Ärzten und
Hunderttausende der von der Revolution ausgebildeten Hochschulabsolventen. So
gesehen bin ich Herr und Besitzer dieses Landes; sogar die wenigen noch übrig
gebliebenen Fische, die an- und abfliegenden und das Land überfliegenden Vögel
gehören mir; es heißt, sogar dieser Palast sei mein, ein einziges Geschäft. Also, es ist zum
Lachen, nicht wahr? Nur, wer zuletzt lacht, lacht am besten. (Applaus) Jenem
Blättchen werde ich einen Schlag versetzen, eine derbe Antwort geben und sie
werden es noch bereuen. Nein, jetzt will ich nichts weiter dazu sagen, denn ich
will mich nicht ablenken. Doch ich warne sie. Da ich nun einmal das Vermögen
erwähnte. So bin ich also einer der reichsten Männer der Welt und stehe an
sechster Stelle, glaube ich. Ich weiß nicht, welchen Platz du einnimmst, doch
wie es heißt, bist du ein Mensch, der als ehrenhafter Unternehmer großen Erfolg
hatte. Nun, wie steht es mit Bill Gates? Es heißt, er sei einer der Reichsten,
doch meine ich, dass ihm hie und da auf diese oder jene Art einige Rivalen
entstehen; doch ich als Herr all dessen hier wäre nicht rechtmäßig; ich als
Besitzer von Vermögen ist nicht rechtmäßig. Ich sage dies mit aller Würde, es
ist nicht rechtmäßig; ich habe nicht das Recht reich zu sein.
Mein Vater besaß, als ich noch Kind war, etwas Geld und es hieß, ich sei
reich, reich im Sinne eines Großgrundbesitzes und bei weitem nicht auf der
Stufe eines Bill Gates. Doch ich habe nicht das Recht reich zu sein. Nun also,
hier stehe ich und rede mit euch über diese Themen. Doch muss ich, wie gesagt,
zwei Flugzeuge benutzen, denn wenn man unten bereits mit Pfeil und Bogen auf
das meine wartet um es herunterzuholen, muss ich manövrieren um sie zu
verwirren. Manchmal landet meine Maschine vor der anderen. Mitunter sagte ich
beim Start: „Löscht sämtliche Lichter“, denn ich kann mir vorstellen, wie ein
Mann mit Pfeil und Bogen aussieht. Wenn ihr mich also nach dorthin einladet,
müsst ihr wissen, dass dies auf Kosten meines Lebens geht, das ich jetzt mehr
denn je schätze. Und wisst ihr, warum? Weil ich in der kurzen Zeit, die mir
noch verbleibt, mit all meiner Kraft und der in vielen Jahren angesammelten
Erfahrung das tun will, was wir jetzt hier tun. Doch ich verlange nicht zu
viel, mir reichen zwei oder drei (Jahre). Aus den nahezu fünfzig Jahren
Tätigkeit in diesem Amt werden wir allen Nutzen ziehen. (Applaus)
Ja, ich will nicht. Ich will nicht sagen, dass ich zitterte, müsste ich
morgen sterben. Nein, nein, nein, ich fühle mich wohl. Ich habe eine ungeheure
Fähigkeit der Resignation und Geduld; doch spüre ich auch einen starken
Enthusiasmus in Bezug auf all das, was wir im Augenblick tun. Und darüber sowie
zu einigen anderen euch interessierende Themen können wir, wenn ihr wollt und
Geduld habt, und vor 8.00 Uhr treffen. Ich will hier nicht über Dinge reden,
die mich interessieren. Ich habe versucht herauszufinden, was euch
interessieren könnte; ich habe versucht, einige eurer Ideen aufzugreifen. Doch
meine ich, ihr habt hier Fragen gestellt und Dinge diskutiert, die von diesen
Punkten abweichen. Ich habe etwas über die Zivilisationen philosophiert und bin
nun bei dem Punkt angelangt, über den ich zu euch spreche.
Mir scheint, das Bedeutsamste, das ich hier ausdrücken kann, ist meine
Überzeugung, dass unsere Gattung Mensch in Gefahr, in realer Gefahr ist. Wo ihr eine so lange Reise hinter euch und
die Supergeduld aufgebracht habt, auf ein paar Worte von mir zu warten, so kann
ich als das Wichtigste nur sagen, dass ich dieses Gefühl teile und der
Überzeugung bin, dass es nicht auf Fantasien beruht, sondern auf Tatsachen, auf
Berechnungen, auf Mathematik, dass die Menschheit gefährdet ist, dass nicht nur
der Frieden sondern die Gattung Mensch gerettet werden muss und ich glaube, sie
kann gerettet werden. Wäre ich ein Pessimist und meinte, für das Problem gäbe
es keine Lösung, so würde ich nicht darüber sprechen. Doch glaube ich, dass es
eine Lösung gibt, und ich bin es gewohnt, schwierigen Problemen die Stirn zu
bieten. Es ist nicht etwa jemand, der sich Dinge erdacht hat. Ich glaube, es
gibt eine Lösung und das ist das Wichtigste. Doch kann ich noch einige andere
Themen ansprechen.
Was ich letztendlich sagen wollte ist, dass man ihn nicht reisen ließ, denn
er reiste nach Kuba. Er wurde dort angehalten und brachte seinen guten Willen
zum Ausdruck. Ich nutze die Gelegenheit und ziehe Schlussfolgerungen und rechne
an. Nein, zu den Olympiaden wollte ich nicht gehen. Nicht einmal die Moskauer
Olympiade habe ich besucht. In Barcelona war ich anwesend, denn es fand ein
internationaler Kongress statt, und man brachte uns zur Eröffnungsveranstaltung
der Olympiade nach Barcelona. Worüber ich jedoch Bescheid weiß, ist die Anzahl
der von den kubanischen Sportlern gewonnenen Medaillen und im Sport hat Kuba
die meisten Goldmedaillen pro Kopf, die meisten olympischen Medaillen aller
Art. Es ist selbstverständlich kein Chauvinismus, der mich das sagen lässt,
obwohl wir mitunter Sportchauvinisten sind; ich selber nicht einmal im Sport.
Freilich ist es für mich eine Emotion, wenn es die eigene Mannschaft ist; das
ist logisch. Doch bin ich auch stets in der Lage, die Verdienste und die
Fähigkeit des Gegners anzuerkennen, der bei einer Sportveranstaltung im
ehrlichen Kampf gegen uns gewinnt. Nicht so im Boxen; hier hat man und
Goldmedaillen en gros gestohlen, denn im Boxen
hat die Mafia die Oberhand gehabt. Es gibt Sportarten, die nicht vom
olympischen Geist sondern von der Mafia beherrscht werden.
Ich kann euch also sagen, dass ich die Olympiaden schätze, auch wenn sie
nur für reiche Länder sind; es müssen die Vereinigten Staaten, Japan,
Australien oder andere Austragungsstätten mit einem hohen Entwicklungsniveau
sein. Dass Griechenland die Durchführungsrechte erhielt, war ein Wunder; es
bekam sie, weil sie vor mehr als 2000 Jahren die Erfinder der Olympiaden waren.
Jener Mann, der mit dem Ergebnis, dem Ausgang der Schlacht gelaufen kam …
Welcher der vielen Kriege war jener? Eine der vielen Schlachten, der Tausenden
Schlachten, die es gegeben hat, wo sich doch der Mensch fast nur dem Bekriegen
widmete. (Irgendwer sagt ihm: „Die Schlacht von Marathon.“) So hieß sie.
Auf der anderen Seite, an den Thermopylen erzählte ein Bauer dem Mann von
den zwei Millionen Soldaten. Das mit den zwei Millionen ist nichts Reales. Als
ich als Grundschüler diese Geschichte las, meinte ich, sie sei wahr, es seien
so viele Truppen dort vorbeigezogen. Anlässlich einer internationalen
Veranstaltung in der Türkei überquerte ich den Bosporus, wo die Schiffe gelegen
haben sollten, weil das Zwei-Millionen-Heer des Xerxes vorüber zog, erwartet an
den Thermopylen von den Spartanern mit nur 300 Soldaten. Fragt einmal den
Generalstab der Vereinigten Staaten, wie zwei Millionen Mann versorgt werden
können. Man braucht dazu eine ganze Handelsflotte, das gesamte Flugwesen, um
zwei Millionen Mann zu versorgen. Und man braucht noch viel mehr, wenn die Versorgung
Coca Cola, Speiseeis, Erfrischungsgetränke und erstklassige Verpflegung
beinhaltet. Wie jene persischen Soldaten verpflegt wurden, weiß ich nicht.
Doch es gab noch eine andere Schlacht der vielen, die die Griechen
schlugen, und es kam damals zu jenem Marathonwettkampf. Und da ihr die
Begründer der Olympiaden wart, und mit Unterstützung aller, auch der unsrigen,
denn wir verteidigten das Recht der Griechen auf ihre Olympiade; wobei
Griechenland das einzige Land ist, das mit einer Olympiade nicht zum Multimillionär
wurde, denn ihm fiel vor 2000 Jahren das Los zu, die gute Nachricht einer
gewonnenen Schlacht gegen eins der Imperien jener Zeit zu erhalten. Wie schade!
Denn in Girón hätten auch wir einen Läufer entsenden können, in aller Schnelle
die Nachricht nach Oriente zu bringen, dass die Söldnertruppen in weniger als
72 Stunden niedergeschlagen wurden; also ebenfalls eine kleine von der
Revolution gewonnene Schlacht gegen Söldnertruppen, gedeckt von einem
Flottengeschwader der Vereinigten Staaten. Es ist immerhin ein kleines
Verdienst, doch bislang war es uns nicht eingefallen. Denn es gab Telefone,
Radio und anderes, und niemand brauchte zu laufen, denn auch hier ging es gegen
ein Imperium, ebenso mächtig wie jenes. Es kam zu einer kleinen Schlacht, der
Schlacht von Girón, Marathon/Girón. In einem Land mit so vielen Poeten wie hier
hätte man sogar einen Vers mit mehr oder weniger Reim darauf machen können.
Nun gut, so bekamen sie also die Olympiade. Zurzeit streitet man sich
bereits um die großen Investitionen. Man muss Multimillionär sein. Die Chinesen
bekamen eine Olympiade, nachdem sie sehr hart darum gekämpft hatten, und danach
wurden sie zur nahezu bedeutendsten Antriebskraft der Weltwirtschaft. Sie
bekamen die Olympischen Spiele 2008. Ich weiß nicht, wer die Chinesen an
Organisation eines Spektakels, wie es die Olympiade ist, schlagen könnte.
Entschuldigt meine schlechte Gewohnheit, stets zu sagen, was ich denke,
jene Dinge, die für mich Wahrheiten sind.
Also, ich habe mich weit gefasst im Thema, um euch meine Einschätzung zu
geben; die Bedeutung, die ich diesem Treffen beimesse, d.h. im Klartext, euch
aufzurufen, weiterhin zu kämpfen wie bisher.
Hier wurden sehr bedeutsame Themen angesprochen: regionale Themen,
internationale Themen, Themen im Zusammenhang mit dem Frieden. Ich hoffe, die
Beiträge werden in Form einer Schrift veröffentlicht und verbreitet, damit sie
nicht nur einer reduzierten Anzahl von Personen zugängig sind. Die Diskussionen
scheinen mir sehr wertvoll, sehr frei. Es hat ein jeder ohne Scheu seine
Meinung in dem einen oder anderen Sinne vorgebracht; ein jeder hat seine
Wahrheiten gesagt; und ich glaube, es lohnt sich. Auch kann ich euch unsere
volle Unterstützung anbieten, eine unseren Möglichkeiten entsprechende
umfassende Zusammenarbeit.
Es ist wie eine Einschätzung, wobei das Gefühl noch nicht zu Wort gekommen
ist. Das Gefühl kam hier zu Worte mit Retamar, der neben anderen Dingen die
Freude der Kubaner über die Anwesenheit so vieler Vertreter Russlands auf
diesem Treffen erwähnte.
Ich erinnerte mich der 30 Jahre lang
gemeinsam gelebten Jahre. Für uns war die russische Zusammenarbeit äußerst
wertvoll; damals war es die sowjetische Zusammenarbeit, denn der Staat war der
sowjetische, heute ist es der russische Staat. Und de facto hat ja der
russische Staat sämtliche grundsätzlichen Verantwortlichkeiten und Befugnisse
des sowjetischen Staates geerbt, seinen Platz in den Vereinten Nationen, seine
Vorrechte als mächtiges Land, das sie heute zu verteidigen haben, denn sie
laufen zweifelsohne Gefahr, einer egoistischen imperialistischen Politik
begegnen zu müssen, einer verantwortungslosen kriegerischen Politik. Wir alle
laufen Gefahr in dieser Richtung, nicht nur die Kubaner, auch die Koreaner, die
Russen, die Chinesen und die übrige Welt. Es darf keiner denken, für die
Europäer bestünden keine Gefahren, zumal wenn der wirtschaftliche und
kommerzielle Wettbewerb, die Konkurrenz im Kampf um die Sicherstellung der
Rohstoffe, der Energie und natürlichen Ressourcen zwischen jenen, die alles
haben wollen, von Mal zu Mal härter wird. Ich spreche nicht vom
US-amerikanischen Volk, für das wir eine ehrliche Bewunderung empfinden, wobei
diese keine nur diplomatische Äußerung sein soll.
Nie haben wir Hass geschürt; nie haben wir auch nur irgendeine Art von
Chauvinismus oder Fanatismus bzw. Fundamentalismus gefördert. Jene dort sind
die Fundamentalisten des Krieges und der Gewalt.
Als ich hier von jenem ersten Juni sprach, an dem sie die Sowjetunion mit
einem Überraschungs- und Präventivschlag angriffen, vermeinte ich, diese Worte
erst neulich in einer Militärakademie der Vereinigten Staaten vernommen zu
haben, als nämlich der führende Mann jenes anderen mächtigen Landes den
Offizieren sagte, sie haben sich bereit zu halten, um im Überraschungs- und
Präventivschlag einen jeglichen dunklen Winkel der Welt zu überfallen, und
gleich darauf sprach er von bis zu 60 und mehr Ländern; und wir, die wir ihn
hörten, wissen, dass wir gemäß seiner Denkart, dem Fundamentalismus, der
Technologie, der Anschauung und der Unkenntnis – ja, das Wort Unkenntnis muss
genannt werden – einer der dunkelsten Winkel der Erde sind. Unkenntnis
bedeutet, absolut nichts zu wissen von dem, was in der Welt vorgeht, von den
Problemen der Welt, ihren Realitäten. Ich wiederhole, die Unkenntnis, die ich
meine, ist das absolute Nichtwissen. Und schlimm steht es um die Welt, wenn die
mächtigste Supermacht, die es je gegeben hat und die in der Lage ist, zehn-
oder zwanzigmal unseren Planeten zu zerstören, von Personen gelenkt wird, die von
nichts eine Ahnung haben. Das könnte zu einem verfrühten Herztod führen, wenn
unser Herz nicht so stark, unser Bewusstsein nicht so gefestigt wäre.
Ich hatte gesagt, dass die Menschheit gerettet werden muss; und dabei bin
ich der Meinung, dass allein das Bewusstsein die Waffe ist, mit der die
Menschheit gerettet werden kann.
Ich spreche einen Gedanken aus, dem ich treu bin. Ich sprach vom Menschen,
von der langen und ebenso kurzen Geschichte unserer Gattung, die noch vor 200
Jahren eine Milliarde zählte, die mehrere Zehntausend Jahre für diese eine
Milliarde gebraucht hatte und die 130 Jahre später bereits zwei Milliarden
betrug, in nur 30 Jahren auf drei Milliarden anstieg und in nur zehn Jahren von
fünf auf sechs Milliarden wuchs. Das dürfen wir nicht vergessen. Augenblicklich
übersteigt die Anzahl der Weltbevölkerung 6,5
Milliarden. Wer die auf der Welt herrschende Armut kennt, die Rückständigkeit,
die Krankheiten, den Mangel an Wohnraum, an Hygiene, an Gesundheitsfürsorge in
Ländern – so in Afrika – in denen die Lebenserwartung nur 36 Jahre beträgt und
nach weiteren zehn Jahren könnten es nur 30 sein, ist bestürzt. Ich spreche von
dieser Menschheit, die vor nie dagewesenen Problemen steht.
Ich sprach über Kriege. Wie schon vor vielen anderen Freunden, sage ich es
auch hier. Unsere Gattung hat sich von niederen zu höheren Formen entwickelt;
sie hat den Menschen geschaffen und der Mensch ist in der Tat ein Wunder, das
würdig ist, zu überleben.
Ich habe großes Vertrauen in den Menschen, in die Fähigkeiten des Menschen.
Warum ist für uns bis heute die Bildung und Erziehung von so
grundsätzlicher Bedeutung? Weil der Mensch bei seiner Geburt voller Instinkte
ist. Die Bildung und Erziehung ist der Prozess, bei dem diesem voller Instinkte
geborenen Wesen Werte vermittelt werden. Erzieht man ihn nicht, lässt man ihn
allein in einem Brutkasten, einer Maschine, die ihn versorgt und ernährt, wird
man am Ende sehen, was an Bildung und Erziehung vorhanden ist, ob er dem
entkommen kann, was die Imagination der US-amerikanischen Filmschaffenden
kreierte: dem Tarzan, dem Affenmenschen, jener Gestalt aus den Filmen unserer
Kinderjahre, von dem man nicht weiß, wie er irgendwo in Afrika zur Welt kam.
Das war unsere Bildung, mit Tarzan, dem Menschen mit Intellekt, umgeben von
Stämmen, die ihr Kochgeschirr bereit hielten, um sich gegenseitig aufzufressen.
Ja, das war die Ideologie, die man uns als Kinder und Heranwachsende
einbleute, wonach die Afrikaner Kannibalen seien, die sich gegenseitig
verzehrten. Ja, Filme dieser Art sahen wir zur Genüge. Wir alle müssten
Rassisten und Superreaktionäre sein, denn jene waren die Filme, die wir sahen,
versteht ihr?
Ja, uns wurden letale Dosen an Barbarei, letale Dosen an Unbildung, letale
Dosen an Lügen verabreicht; jedoch hat all das die Ideen in unserem Land nicht
vernichten können.
Doch wie schon gesagt: Bildung und Erziehung ist das Vermitteln von
positiven Werten, die der Mensch geschaffen hat. Es sind jene Werte, von denen
ich sagte, dass wir damit zusammenrücken müssen. So wurde für uns also die
Kreation und das Summieren von Werten zu einem Hauptanliegen.
Was wird nun die Oberhand behalten, die Lüge oder der Aussaat von Werten?
Wird der Mensch in der Lage sein zu bewirken, dass sich die Werte, die echten
Werte oder die Lügen behaupten. Müssen wir etwa Herren der großen
Fernsehanstalten sein? Ist das etwa unerlässlich? Nein, lasst uns Herren des
Wissens sein, auch wenn wir nur eine Minderheit darstellten; lasst uns Herren
der Information sein; setzen wir uns doch durch eben diese technischen Mittel
miteinander in Verbindung, denn den Lügenanstalten gegenüber gibt es jene
Ketten, die aus den PC´s bestehen können, mit denen man mit jemandem in
Australien, den Vereinigten Staaten oder sonst wo auf der Welt kommunizieren
und Ideen austauschen kann.
So meine ich, dass der Mensch auch die Technologie geschaffen hat, mit der
erreicht werden kann, dass sich die Wahrheiten durchsetzen.
Wir zum Beispiel haben das Fernsehen benutzt. In unserem Land gab es bis
noch vor kurzem zwei Sender; jetzt haben wir bereits vier, und 62 % der
Sendezeit in Kuba ist Bildungszwecken gewidmet, d.h. es sind Bildungs-,
Erziehungs- und Informationssendungen und dienen auch zur Verbreitung einer
gesunden Kultur. Es können Unterhaltungsprogramme sein, doch versuchen wir
stets, die Kultur zur Aussaat von Werten zu benutzen. So ist es uns ein
Anliegen, dass ein guter Film, wo auch immer auf der Welt er produziert wurde,
bekannt wird, dass seine Werte und seine Autoren bekannt werden.
Über das Fernsehen alphabetisieren wir bereits nicht mehr, es ist nicht
mehr nötig. Über das Fernsehen lehren wir höheres Wissen, Hochschulkenntnisse,
Fremdsprachen; dazu benutzen wir diese Medien. Rundfunk und Fernsehen könnten,
gut eingesetzt, dem Analphabetentum weltweit ein Ende setzen.
Warum gibt es immer noch 800 Millionen Analphabeten und Milliarden
Halbanalphabeten. Wo es doch Rundfunk und Fernsehen gibt, warum dann diese
Milliarden Analphabeten und Halbanalphabeten? Diese Frage sollten wir uns
stellen. Die Mittel zur Beseitigung des Analphabetentums in einigen wenigen
Jahren sind vorhanden.
Es ist nicht nötig, dass die UNESCO ein halbes Jahrhundert lang von der
Beseitigung des Analphabetentums redet. Wozu auch? Wo dieses doch
nachgewiesenermaßen sogar per Rundfunk beseitigt werden kann.
Kuba hatte in Haiti ein Programm der Alphabetisierung per Radio, das nach
der letzten Invasion zum Erlahmen kam. Dafür sind derzeit etwa 500 kubanische
Ärzte in jenem Land im Einsatz, in das alle Welt einzufallen, jedoch keinen
Arzt zu entsenden weiß. Nie hat Kuba auch nur einen Soldaten nach Haiti
geschickt, doch sind seit Jahren Hunderte Ärzte dort. Außerdem gibt es bereits
Hunderte junge haitianische Ärzte, die in Kuba ausgebildet wurden und mit
unseren Ärzten zusammenarbeiten.
Vor der
letzten von mir genannten Invasion durch UN-Truppen, angekurbelt durch die
Vereinigten Staaten, waren es bereits Hunderttausende Haitianer, die ihre
Muttersprache über Rundfunk erlernten. Jetzt wurde dieses Programm abgesetzt,
doch die Ärzte, den Gefahren trotzend, sind weiterhin dort. Über Rundfunk
lernen sie Kreol, die dortige Sprache.
Hier bei uns haben mehr als eine Million Kubaner über das Fernsehen
Englisch gelernt. Auch für die Sprachen Französisch, Portugiesisch und andere
gab es Kurse. Wir haben diese und noch andere Programme im Fernsehen und nutzen
diese Medien erschöpfend.
Doch geht es nicht nur um das schulische Alphabetisieren, auch das
politische Alphabetisieren muss vervollkommnet und umgesetzt werden.
Ihr redet vom Dialog der Zivilisationen. Wie wollt ihr erreichen, dass man
euch versteht? Ich frage mich, ob die Analphabeten eure Botschaft begreifen;
und wo auf der Welt werden euch die Millionen Analphabeten verstehen, die es in
der Dritten Welt gibt, dazu die Millionen Analphabeten und Halbanalphabeten der
Industrieländer. In den Vereinigten Staaten gibt es beispielsweise eine große
Anzahl von Analphabeten und eine große Anzahl von funktionellen Analphabeten.
Das ist eine Realität, Industrieländer mit funktionellem, ja sogar totalem
Analphabetentum, und in den Vereinigten Staaten liegt dieses höher als in
Europa.
Wie sollen also eurer Meinung nach die schulischen und politischen
Analphabeten die Botschaft verstehen? Meint ihr etwa, dass diese Leute, die
täglich die Geschichten von den Massenmedien vorgesetzt bekommen, die Botschaft
verstehen werden? Doch es muss erreicht werden, dass sie ankommt.
Doch wird die Botschaft nicht schlechtweg ankommen, weil ihr sie
ausarbeitet und übermittelt. Hier nun komme ich auf die Krisen zurück. Die
Krisen werden bewirken, dass die Botschaft übermittelt und verstanden wird.
Niemand meine, dieses Brodeln in Lateinamerika, wovon hier einige
Lateinamerikaner sprachen; der Botschafter Venezuelas sprach davon, Villegas
sprach davon – ich sehe ihn nicht, doch weit weg ist er nicht.
Vladimir Villegas: Hier bin ich
Comandante: Weil du nämlich im Fernsehen
anders aussiehst als hier.
Vladimir Villegas: Jünger
Comandante: Das denkst du dir, jung bin
ich. (Lachen). Auch ich denke, jünger zu sein, doch du bist es in der Tat und
ich beglückwünsche dich dazu. Du hast noch viel Zeit vor dir. Ich kann dich nur
bitten, nutze sie gut.
Doch glaubt nicht, zu diesem Brodeln sei es zufällig gekommen. Es ist das
Kind der Krise in dem Land der meisten Ressourcen Lateinamerikas, in dem Land
der möglicherweise weltweit größten Kraftstoffreserven; dem Land, aus dem 300
Milliarden Dollar abflossen, deren Wert das 10- bis 15fache des heutigen
betrug. Stellt man die Berechnungen ab 1959 an, als jene heuchlerische als
demokratisch und progressistisch maskierte Oligarchie die Regierung antrat, so
sind bis zum Zeitpunkt 40 Jahre vergangen und das abgeflossene Kapital
entspricht einer realen Kaufkraft von mehr als zwei Billionen Dollar. Das ist
der aus nur einem Land gezogene Wert. Summiert, wenn ihr wollt mit Fantasie,
denn das ist die einzige Form, wie summiert werden kann. Nicht einmal die
Computer könnten präzise Zahlenangaben liefern, denn der Nullen sind es so
viele, dass der Einzelne sie wegzulassen pflegt, wenn er im Kopf multipliziert.
Wieviel Geld werden sie wohl aus Brasilien gezogen haben? Wieviel wird es
aus Mexiko gewesen sein? Wieviel aus Argentinien? Aus Kolumbien, aus Peru, aus
allen anderen lateinamerikanischen Ländern? Man muss es berechnen. Mitarbeiter
unserer Zentralbank stellen Berechnungen an und versuchen, das Geheimnis zu
lüften. Sie recherchieren peinlichst genau in den überaus großen Zahlen in
Billionenhöhe, um zu sehen, in welchem Umfang die Abwertung des Sucre in
Ecuador oder des mexikanischen Peso in dieser oder jener Zeit oder des Bolivar
zu anderen Zeitpunkten verlief, wobei auch bekannt ist, dass den Venezolanern
die Hinterlassenschaft eines abgewerteten Bolivar und der abgewerteten
brasilianischen Währung zuteil wurde, was soweit ging, dass ein Dollar einem Gegenwert
von 1 plus mehr als fünf Nullen rechterseits entsprach.
Es ist unglaublich, und die Dritte Welt kennt dieses Phänomen. Es ist der
simpelste Mechanismus, mit dem sie das Geld abfließen lassen, denn die Währung
keines einzigen Landes der Dritten Welt ist in Sicherheit.
So sind sie auch mit Russland verfahren. Das Geld, ob ehrlich oder
unredlich erworben, ziehen sie aus dem Land, denn es ist schon nicht mehr das
Gold, das als Schatz vergraben wird. Es sind Scheine, und dieses Papiergeld
erfährt Tag für Tag seine Abwertung. Und wenn man es absichern will, dann
wechselt man es gegen Devisen ein. Das wird es gewesen sein, was ich getan
habe, um mein berühmtes persönliches Vermögen zu bewahren, das mir
lächerlicherweise nachgeredet wird. Ja, ein Einwechseln gegen konvertierbare
Devisen und Deponieren bei einer Bank. Doch nein, ich weiß recht wohl, wo das
meinige aufbewahrt ist. Ich habe es auf den Mars geschickt, es liegt auf dem
Mars. Dort kann es der CIA finden, wenn er will. Ich werde euch ein Geheimnis
verraten, und zwar kann ich mich nicht mehr genau erinnern, wo ich es
eigentlich hingelegt habe oder ob ich es zwischen Mars und Mond aufgeteilt
habe, damit es dort sicher liegt und ich dann in meiner vierten, fünften oder
zehnten Reinkarnation ein kleines Flugzeug mieten und es holen kann.
So, wir sprachen über Währung und über Geld. Also, sie lassen das ehrlich
verdiente und das unredlich erworbene Geld abfließen; und sie sind dazu
gezwungen, denn es gibt eine Weltwirtschaftsordnung, deren Gendarm eine
Institution namens Internationaler Währungsfonds ist. Dieser zwingt die
Staaten, ihre Reserven auf ausländischen Banken zu deponieren, wenn jemand mit
den Scheinen kommt und sagt: „Ich nehme die Reserven mit“. Wir dem nicht Folge
geleistet, dann wird dasjenige Land bestraft und erhält keinen Cent. Das waren
ihre Methoden, als sie noch supermächtig waren. Glücklicherweise sind sie von
Mal zu Mal weniger mächtig. Sichtbar wird die zunehmende Schwäche des Systems
in Bezug auf das Vermeiden von Rezessionen sowie die zunehmende Schwäche der
das System stützenden Finanzmechanismen. Diese Ordnung kann sich nur auf einem
Sockel mit Kernwaffen, ferngesteuerten Raketen, unsichtbaren Bombenwerfern
halten; mit Waffen, die aus
Und so wird die Natur ihres Gleichgewichts beraubt und die Nationen ihrer
natürlichen Ressourcen, an erster Stelle der Energieressourcen. Und
aufrechterhalten werden kann diese Ordnung einzig und allein mit Hilfe der
Waffen. Doch deren Zweckdienlichkeit wird von Mal zu Mal mehr eingeschränkt
angesichts des Erstarkens des Bewusstseins und dank dieser außergewöhnlichen
Eigenschaft des Menschen, denken und nachdenken sowie sich an die konkreten
Bedingungen jeder spezifischen Epoche der Geschichte anpassen zu können.
Was habt also ihr Russen getan, als die Nazis in das Land einfielen und
ihre Panzerkolonnen in das Landesinnere vordrangen. Also die Russen haben nicht
aufgegeben; sie haben gekämpft und versucht, sich zu ihrer Armee
durchzuschlagen oder sie haben in den Wäldern gekämpft. Also ich sage es noch
einmal: Es gab „kein Ergeben“. Sie haben sich angepasst, zogen nach Sibirien
und nahmen die Drehbänke mit. Ich weiß von Waffenfabriken in Sibirien, die kein
Dach hatten und trotzdem bei Schneefall die Waffenproduktion aufnahmen, als die
Industriegebiete des Landes besetzt und zerstört waren.
Ihr musstet euch zurückziehen. Es war notwendig, und sie zogen sich zurück,
bis man einen Wendepunkt gefunden hatte. Und alle Welt weiß, was danach kam.
Ich habe viel über diese historischen Ereignisse nachgedacht. Wir waren wohl in
Gefahr, doch nie hat man uns mit unvorhergesehenen Angriffen überraschen
können. Wir sind immer vorbereitet, zu Lande und darunter.
Und ich kann euch versichern, dass dieses Land von keinem besetzt werden
kann. Hoffentlich kommt es nie dazu, dieses beweisen zu müssen, denn wir
wissen, was auf dem Spiel steht. Doch ich sage euch, diese Stadt ist unmöglich
zu besetzen. Es ist eine Stadt von Hunderttausenden Kämpfern, die sie zu
verteidigen wissen. Unter ihnen gibt es keinen Analphabeten. Der Unkundigste
hat hier den Abschluss der 9. Klasse. Jeder versteht, einen Mörser, eine Kanone
oder ähnliche Waffe zu bedienen.
Ich frage mich nach den irakischen Soldaten, die in Fallujah durchhielten
und tagelang den Panzern und supermodernen Waffen der Invasoren standhielten.
Welche Bildungsstufe hatten sie wohl erreicht? Ich weiß nur, dass sie
wochenlang dort gekämpft haben und danach besetzte die US-Armee wie es aussieht
Orte, an denen sie weder bleiben noch sich entfernen konnten. Sie konnten nicht
bleiben, denn man brauchte sie andernorts, und sie konnten sich nicht
entfernen, denn der Gegner kehrte zurück.
Und in der Tat ist es so; der Mensch passt sich an, der Mensch kann
durchhalten. Nie hatten die Imperialisten gegen eine Nation vorzugehen unter
Bedingungen, wie sie sie heute in einem Zusammenstoß mit Kuba vorfänden. Auch
Waffen haben wir genügend und werden uns weiterhin bewaffnen. Es gibt so viele,
dass ich fast meine, in den letzten Jahren sei die Insel einen halben Inch
gesunken angesichts der Anzahl Panzer, Kanonen und anderen in unsere Heimat gelangten
Waffen.
Der Aggressor weiß, dass ihn hier ein Volk erwartet, das bereit ist zu
kämpfen und die Heimat zu verteidigen. Das ist etwas viel Mächtigeres als eine
Kernwaffe, als 1000 C-Waffen. Wozu Kernwaffen? Uns als kleines Land ist diese
Dummheit nie in den Kopf gekommen. Es würde bedeuten, uns zugrunde zu richten,
um über eine Waffe zu verfügen, die lediglich dem Selbstmord dienen würde, denn
wie sollte sie transportiert werden? Das Spielchen, das dem Imperialismus
dienlich ist, werden wir nicht mitspielen.
Da ihr
interessiert seid, einiges über Kuba zu erfahren, informiere ich euch nun.
Zu unserer Verteidigung brauchen wir jene Massenvernichtungswaffen nicht.
Was wir modernisiert haben, sind die Taktiken, die Rolle des Menschen, des
einzelnen Kämpfers und der Kämpfer in Zusammenwirkung; welche Form, welche
Taktiken und Waffen sind es, die das Mächtigste, das ein Gegner haben kann,
unwirksam machen.
Ich kann euch nur sagen, dass unser Land das erzielt hat, was man als
militärische Unverletzlichkeit bezeichnen könnte und im Augenblick hat es sich, neben seiner Stärkung, die
wirtschaftliche Unverletzlichkeit zur Aufgabe gemacht; zwei Begriffe. Das
Erreichen der militärischen Unverletzlichkeit war einfacher als es die
wirtschaftliche Unverletzlichkeit ist.
Die Menschheit kann gerettet werden, denn das Imperium steckt in einer
tiefen Krise. Ohne Krise gibt es keine Veränderungen. Ohne Krise kommt es nicht
zur Bewusstseinsbildung. Ein Krisentag bringt mehr Bewusstsein hervor als zehn
Jahr ohne Krise.
Nehmt einmal Venezuela her; jenes Land, aus dem sie, wie ich sagte,
Milliarden Dollar gesaugt haben, aus diesem so reichen Land. Es ist dasjenige,
wo der Unterschied zwischen Arm und Reich größer ist. 17 Millionen seiner
Bürger leben in Armenvierteln, in marginalen Vierteln. Wenn man das nicht weiß,
kann man sich den revolutionären bolivarianischen Prozess nicht erklären. Weder
der Botschafter noch der Journalist werden ihn gut erklären können und sicher
erklären sie gut, es ist die angehäufte Ungerechtigkeit. Ohne diese ist der
Sieg der Linken in Brasilien, der Sieg Lulas, unerklärlich. Ich weiß, dass ihr
darüber gesprochen habt. Es gab Vorträge und Meinungen. Hier hat es andere
Treffen gegeben, auf denen ebenfalls diskutiert wurde. Wir haben unsere Meinung
zum Ausdruck gebracht, Präsident Chávez die seine, und wir sind im Hinblick auf
den brasilianischen Prozess keine Pessimisten.
Heute sprach ein europäischer Regierungschef, der Chef der Regierung
Spaniens, vor der Venezolanischen Nationalversammlung, denn gestern trafen sich
in Guyana der Präsident Venezuelas, Hugo Chávez, der Präsident Brasiliens, Lula
Da Silva, der Präsident Kolumbiens und der spanische Regierungschef.
Die Anwesenheit des Präsidenten Kolumbiens war sehr gut, denn es gibt sie,
die den Krieg zwischen Kolumbien und Venezuela schüren wollen und viele sind
wir uns mehr als bewusst, dass ein Krieg das letzte ist, was diese Erdhälfte
gebrauchen kann, das letzte, was die beiden Völker dieser beiden Länder
gebrauchen könnten. Und wir wissen, dass es sie gibt, die diese Konflikte
schüren wollen, doch beide Regierungen bemühten sich und überwanden den
strittigen Punkt. Und gestern waren sie vor der Öffentlichkeit versammelt bei
einem öffentlichen Gespräch. Auch der Vertreter Spaniens war anwesend, und der
Präsident des nördlichen Nachbarlandes glaube ich gab eine Erklärung ab… Denn
schon vordem war er ärgerlich geworden und es war zu Äußerungen gekommen wie
„Was hat Zapatero in Venezuela zu tun?“ Fast hätte es wie im spanischen
Sprichwort geheißen „Schuster, geh´ zu deinem Leisten“ (zapatero – Schuster),
denn man sagte zu ihm: Was tun Sie dort in Venezuela, wo es doch dort keinerlei
Demokratie gibt, wo sie doch dort gegen die Redefreiheit und gegen alles sind?
Heute ging ich zu Fuß und wollte mich beeilen, doch
ich kehrte um und vernahm aus einem Lautsprecher die Rede von Zapatero im
venezolanischen Parlament. Sie hatte meine Aufmerksamkeit erregt und sie schien
mir eine gute Rede zu sein. Das ist meine Meinung dazu.
Ich werde sie noch einmal lesen, denn ein kleines Stück
konnte ich nicht hören. Er hielt eine Rede des Friedens, eine mutige Rede.
Jetzt wird er nahezu als Kriegstreiber angeklagt, denn er hat Venezuela
einige Streifenboote verkauft zur Bewachung der Küsten gegen Schmuggel und
Drogenhandel. Nein, nein, Venezuela sollte ihrer Meinung nach nicht einmal
Boote, Streifenboote und Ausrüstung besitzen.
Natürlich hat Venezuela das Recht, sich zu verteidigen, oder bitten etwa
jene des Nordens jemanden um Erlaubnis, wenn sie eine Superkernwaffe oder eine
Bombe herstellen wollen, die
Ach so, Venezuela, von ihnen bedroht – und dabei beziehe ich mich auf jene
Regierung – darf nicht ein einziges Gewehrchen kaufen. Sie kaufen doch weder
Kernwaffen, noch Panzerkreuzer, noch Flugzeugträger. Venezuela kauft etwas so
Einfaches wie es Gewehre nun einmal sind.
Nun sagen sie, der Gewehre seien es viele (100 000). In der Tat sind es
äußerst wenige, um ein Land wie jenes zu verteidigen, das 26 Millionen
Einwohner hat, ein großes Land ist, ein patriotisches Land, ein Land mit
Traditionen. Was Venezuela meines Erachtens braucht, sind Millionen Gewehre.
In Russland haben sie Hubschrauber gekauft. Was bei Überschwemmungen, einem
Zyklon, einem Erdbeben am nötigsten ist, sind Hubschrauber. Außerdem können sie zur Überwachung der
In Venezuela ist das Wasser viel teurer als Benzin – und ich sage das
nicht, damit ihr als Touristen dorthin reist; wer will kann reisen. Ein Liter
Wasser kann einen Dollar kosten, und ein Liter Benzin kostet neun Cents. Und ein Dollar entspricht gemäß
den letzten Kursangaben 2150 Bolivar, glaube ich; und für nur wenige Bolivar
füllen sie Ihren Tank mit Benzin. Wer nun als Tourist dorthin reisen will, soll
es tun. Zwischen uns und den Venezolanern gibt es auf dem Gebiet Tourismus
keinerlei Rivalitäten.
Viele Leute kaufen Benzin billig ein und bringen es auf die kolumbianische
Seite, wo sie es teuer verkaufen. Dieser Phänomene gibt es bei ihnen eine ganze
Reihe.
Der Feind sagt: „Venezuela ist eine Gefahr für Lateinamerika, ihr müsst
euch in der OAS zusammentun, um diesem bolivarianischen Prozess Zügel
anzulegen, diesen Verrückten, die eine Gefahr für die Hemisphäre darstellen.“
So sind die Dinge gegen dieses Land, aus dem sie 300 Milliarden Dollar
mitgenommen haben.
Niemals hat sich auch nur einer von ihnen dafür interessiert, in Erfahrung
zu bringen, wie viele Menschen in Venezuela an Krankheiten verstarben, welche
Lebenserwartungen es gab, welche Kindersterblichkeit, wie viele blind wurden.
Wisst ihr, wie viele Venezolaner gemäß den in Gesprächen zwischen beiden
Regierungen getroffenen Vereinbarungen dieses Jahr einer Augenoperation
unterzogen werden? Hunderttausend.
Wir verfügen über 24 Augenkliniken
mit den modernsten Geräten, 600 Chirurgen, die alle Augenkrankheiten
behandeln: grüner Star, diabetische Retinopathie und viele andere, die bei
nicht rechtzeitiger Diagnose zur Erblindung führen. Ich spreche von einem
reichen Land wie Venezuela. Für diejenigen, die Geld hatten, war es kein
Problem, sie gingen in die Vereinigten Staaten, nach Europa. Wir sprechen von
den einfachen Leuten von Barrio Adentro, die nicht die Mittel hatten, in ein
entwickeltes Land zu fahren, um eine Augenoperation dieser Art vornehmen zu
lassen.
Nun gut, ich kann euch sagen, dass konservativen Schätzungen zufolge jedes
Jahr 4 Millionen Lateinamerikaner eine ärztliche Behandlung dieser Art
benötigen werden und dass sie erblinden, wenn sie diese nicht bekommen. Vier
von den 550 Millionen Lateinamerikanern und Bewohnern der Karibik blind! Ich
spreche nicht von den Bomben über Bagdad, die Frauen und Kinder töten und tausendjährige
Museen zerstören, unersetzliche, unersetzbare Werte zerstören. Ich spreche von
Bomben die traumatisieren, weil gesagt wird: „Nein, es sind keine Zivilpersonen
umgekommen.“ Und die Millionen Kinder, Frauen, Greise und Personen, welche im
Morgengrauen und zu jeder Zeit das Donnern der Bombardements, die Explosionen
gehört haben, werden nicht viele von
ihnen für den Rest ihres Lebens traumatisiert bleiben? Oder ist es so, dass das
Gehirn, das geistige Gleichgewicht keine Bedeutung hat? Oder die geistige
Gesundheit, die Nerven nicht wichtig sind? Sind etwa die Gelassenheit der
Menschen, die Vernunft der Menschen, die geistige Gesundheit der Menschen nicht
in der Menschenrechtscharta enthalten? Wer gibt ihnen Unterhalt, wer ernährt
sie? Sie sind nicht Teil der physischen Verluste, aber sie gehören zu den
Verlusten, und zwar solcherart Verlusten, die beinahe mehr Schaden anrichten,
weil die Menschen für ihr gesamtes Leben untauglich, krank und ohne ärztliche
Behandlung bleiben.
Vor einem Augenblick habe ich mit blinden Menschen aus Lateinamerika
gesprochen, welche die vorhandene Weltordnung für immer zur Blindheit geführt
hat, und ich spreche von 4 Millionen.
Welches war unser Ausgangspunkt? Kuba. In Kuba müssen jedes Jahr
ungefähr 30 000 Menschen an grauem Star operiert werden. Natürlich wird das
nicht angesammelt, der Mensch wird nicht total blind, da die Krankheit erst auf
einem Auge und dann im anderen auftauchen kann; aber es müssen 30 000 operiert
werden, und an diabetischer Retinopathie, einer schrecklichen Krankheit. Und
die Zuckerkrankheit ist eine Geißel, in unserem Land sterben die Diabetiker
nicht einfach so, da sie diagnostiziert und behandelt werden. Es wird
geschätzt, dass ungefähr 50 000 dieser Krankheitsgefahr unterliegen und auf diabetische Retinopathie
untersucht und behandelt werden müssen.
Gestern sprach ich zufällig mit einem Genossen und er erzählte mir
Folgendes: „Meine Frau war sehr zufrieden und glücklich, sie war im Krankenhaus
gewesen." – sie hatte ein Check-up vornehmen lassen – „Sie ging zur
Untersuchung, da sie grünen Star vermutete.“ „Und was hat man ihr gesagt, hat
man sie untersucht?“ Er antwortete: „Sie ist nicht krank, aber wenn sie Gefahr
laufen würde, dann wäre die Anwendung von einem bestimmten Laserstrahl ausreichend
und das würde ihr Sicherheit für den Rest ihres Lebens geben, dass sie nie an
Glaukom erkranken wird.“ So sagte er, mit diesen Worten. Hierin besteht die
Bedeutung der Diagnose, wenn man nicht rechtzeitig die Diagnose stellt, kann es
dann zu spät sein. Es kann ein mit dem Lebensalter in Verbindung stehender
Fleck sein, ein Schatten der zunimmt und der mit Laserstrahlen behandelt wird.
Unser Land wird Ende dieses Jahres genügend Kapazitäten haben, um in 24
Kliniken mindestens 5 000 oder 6 000 Patienten pro Tag zu operieren. Diese
Zentren verfügen schon über ihre vollständigen Ausrüstungen, die zu den
modernsten gehören. Wir befinden uns noch in der Trainings-Phase des Personals.
Wenn ein belagertes Land wie Kuba solch eine Dienstleistung bieten kann, warum
tun das denn andere Länder nicht? Das ist die Frage, die man sich stellen muss.
Denn Millionen Menschen werden blind und wer behandelt sie. Derjenige, der in
Kuba blind wird, wird zumindest von der Sozialversicherung betreut. Und das ist
eines der Themen, das ich heute Abend um 21.00 Uhr mit dem Staatsrat, dem Ministerrat und der
Leitung unserer Partei, der Regierung unseres Landes, den Massenorganisationen
und den Kommissionen der Nationalversammlung diskutieren werde, das von Morgen.
Wir werden die Angelegenheit der niedrigen Renten angehen und die niedrigsten
für 1 800 000 Personen erhöhen.
Vor wenigen Tagen haben wir unsere Währung aufgewertet und den Dollar in
unserem Land abgewertet. Ja, wegen der riesigen Privilegien, die er geniest.
Wenn ihr wollt, fasse ich es euch in einem einzigen Beispiel zusammen.
Ihr wisst, dass der Strom unabdingbar ist, der, der hier ausgefallen ist.
Und ein Kilowatt, das sind 1 000 Watt – ich hoffe, ihr wisst das alle, fast
alle wissen das, weil sie ihn bezahlen müssen – die Erzeugung von einem
Kilowatt kostet heutzutage mindestens 10 Centavo; der Kraftstoff zur Erzeugung
von einem Kilowatt kostet 9. Nun gut, kraft der Währungsabwertung, kraft jenes
Phänomen, konnte man mit einem Dollar bis vor kurzem 27 Peso kaufen und als wir
vor drei Wochen unseren Peso um 7 % aufgewertet haben, verminderte sich das 1
zu 25. Das alles geschah vor zwei Wochen, das haben wir mit dem Peso gemacht.
Vor einer Woche, Morgen wird es eine Woche her sein, haben wir den
konvertierbaren Peso aufgewertet, und da der konvertierbare Peso einen
Wechselkurs von … hat, wurde der kubanische Peso erneut um 8% aufgewertet; er
wurde 15% aufgewertet. Nun gut, mit jenem aufgewerteten Peso werden wir morgen
die Renten für die Altersrentner erhöhen, die weniger als 300 Peso erhalten,
nach Kategorien: denjenigen, die weniger erhalten, eine größere Erhöhung; es
sind Generationen von Berufstätigen, welche die Strenge der Blockade erlitten
haben und Opfer bringen mussten. Ah! Das Arbeitsentgelt wurde erhöht, aber die
Renten blieben gleich, es waren keine Mittel vorhanden. Die niedrigsten Löhne
werden wir ebenfalls überprüfen.
So habe ich gesagt, dass derjenige, der blind wird, nicht ohne Hilfe
bleibt; auch nicht derjenige, der einen Unfall erlitten hat, der Invalide wird
oder mit einer Behinderung zur Welt kam, oder sie später erworben hat. Denn
manchmal wird jemand mit bestimmten Veranlagungen geboren und dann bildet sich
eine Behinderung heraus, manchmal eine Vollbehinderung, alle erhalten Hilfe.
Nun gut, sie werden diese nicht nur weiter bekommen, sondern jedes Mal mehr
erhalten.
Morgen wird es eine allgemeine Rentenerhöhung von mehr als 80% der Renten
geben, ab Morgen, mit einer aufgewerteten Währung und einer Währung, die weiter
aufgewertet werden wird, das ist schon etwas, nicht wahr?
Anderenorts bleiben die Menschen blind. Und welcher Staat hilft ihnen?
Welche Organisation? Einzig und allein die Wohlfahrtsorganisationen der
Kirchen. Wie viele Blinde gibt es auf den Straßen? Wie viele blinde Kinder oder
Invaliden, die Windschutzscheiben putzen, die betteln?
Wir fordern diejenigen heraus, die sehen wollen, ob es in unserem Land
Kinder gibt, die nicht eingeschult sind, die auf der Straße anstelle in der
Schule sind und um Almosen betteln. Wir sind arm gewesen und es gab
schwierigere Zeiten. Ja, es gab einige verantwortungslose Eltern, die sie
schickten, Touristen anzubetteln. Diese Möglichkeiten werden immer geringer
sein, denn wir haben alles mathematisch berechnet, Ware, Preis, Kosten,
internationale Kosten, Einkommen, Renten, Bedürfnisse des Menschen.
Deshalb habe ich euch gesagt, dass unsere Revolution schon einen
Erfahrungsschatz angesammelt und die notwendigen Voraussetzungen geschaffen
hat, um das zu tun, was wir jetzt tun.
Unsere Lebensmittel sind immer rationiert gewesen und das wird nicht ewig
so sein, aber es war unumgänglich. Wir haben einen Krieg erlebt, der 46 Jahre
gedauert hat, in denen wir uns von den Angriffen des Imperiums verteidigen
mussten. Wir mussten Krisen begegnen, sehr schwierigen Zeitabschnitten und wir
sind immer noch Gewehre bei Fuß.
Ohne Zweifel, dass nach dieser extremen Situation und den durch die
Blockade verursachten Krisen uns dies nicht dazu geführt hat, das
US-amerikanische Volk zu ignorieren. Das US-amerikanische Volk selbst wird
reagieren, denn in jenem Volk gibt es ebenfalls Millionen gebildeter Menschen,
intelligenter Menschen, die Nachrichten über Internet bekommen, die unter dem
Eindruck eines so dramatischen Ereignisses wie der Zerstörung der
Zwillingstürme von New York getäuscht werden können, in einem Gemütszustand
jener Art; aber man kann nicht – wie Lincoln sagte – das gesamte Volk die ganze
Zeit täuschen.
Im Fall der Vereinigten Staaten könnten wir sagen: das gesamte Volk jeden
Tag. Sie konnten alle eine gewisse Zeit täuschen; aber sie werden sich dessen
bewusst werden. Die Fehler selbst führen sie zu den Krisen, aus denen das
US-amerikanische Volk Bewusstsein
erlangen wird.
Jenes Volk sorgt sich um die Umwelt, es möchte nicht, dass Alaska zerstört
wird, dass vom Kyoto-Abkommen zurückgetreten wird, dass die Nationalparks
zerstört und dem Bergbau oder der Erdölförderung unterworfen werden.
Es gibt Werte, die das US-amerikanische Volk schätzt, darunter die
Gesundheit und den Frieden, wie alle Völker.
Jedoch bis zu welchem Punkt hat das US-amerikanische Volk das Recht auf
eine objektive Information gehabt? Ist das nicht eine sehr brutale Verletzung
der Menschenrechte, einer ganzen Nation eine objektive Information zu
verbieten?
Gerade jetzt will die Regierung der Vereinigten Staaten kraft eines
Gesetzes im Kongress die geringe Öffnung zerstören, die gegenüber Kuba
erfolgte, als die Lebensmittelverkäufe genehmigt wurden. Die meisten Senatoren
und Abgeordneten wendeten sich dagegen und baten um Aufhebung der Blockade. Und
jenes Gesetz, dass breitere Zielstellungen anstrebte, wurde sabotiert, ihm
wurden eine Menge Zusätze hinzugefügt, eine Verfahrensweise, die sie, wann sie
nur wollen, anwenden – sie legen einen bindenden Zusatz zu einem grundlegenden
Gesetz vor, das nicht hinausgeschoben werden kann und bei dem alle Abgeordneten
sich zum Abstimmen gezwungen sehen; aber die Mehrheit ist schon gegen jenes
Gesetz und die Landwirte erheben Einspruch dagegen. Sie denken sich immer etwas
aus, sie wollten, dass im Voraus gezahlt werden sollte. Ich hatte es so
verstanden, dass die Barzahlung ohne eine Sekunde Verspätung ein großes
Verdienst wäre, und nein, das ist kein Verdienst: Es muss im Voraus gezahlt
werden, das forderten sie von uns. Wozu? Um die Fonds mit einem Embargo zu
belegen und den Lebensmittelverkauf zunichte zu machen.
Natürlich haben wir alle schon ein bisschen etwas gelernt und wissen, was
für einen Schaden das verursacht, wir haben es bemessen und ausgerechnet. Woher
kommt die Ware, wie hoch sind die Transportkosten, wieviel kostet ... usw. usf.
Wir sind wirklich immun gegen das geworden, was sie erfinden können. Und es ist
so, dass alles, was sie erfinden, daneben geht. So ist es, ich übertreibe
nicht.
Jetzt sind sie dabei, in Erfahrung zu bringen, welche Mittel Kuba zur
Verfügung stehen. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie wir sparen gelernt
haben, wie wir gelernt haben, die Fonds gut auszunutzen, den Großteil jener
Ressourcen, das Einsparen von Dingen. Es gab zu viele Leute, die entschieden,
in was die Devisen investiert werden sollten und natürlich neue Ressourcen, es
gibt neue Ressourcen. Aber in erster Linie ist es Erspartes und das kann schon
niemand mehr aufhalten. Das könnte höchstens ein Krieg zu unserer Zerstörung
aufhalten.
Wir haben Vorteile in der neuen Situation der Hemisphäre, die Beziehungen
zu den Ländern der Hemisphäre. Wir wissen sehr gut, wie viel ein Pfund schwarze
oder braune Bohnen, Mais kostet; wie sie an der Börse notiert wurden; wie hoch
die Transportkosten sind. Wenn wir eine Ausgabe für irgend so etwas machen,
dann wissen wir, was wir zu tun haben. Und wir haben Ausgaben gemacht, aber
davon will ich nicht sprechen.
Wir haben Maßnahmen getroffen. Ich kann euch sagen, dass wir zum Beispiel
50% der Trockenmilch Uruguays erwerben, – und das soll schon bald ankommen, die
Hälfte der Trockenmilchproduktion – einer Regierung, zu der wir gerade
Beziehungen aufgenommen haben, eine fortschrittliche Regierung, eine gerechte
Regierung, eine wirklich demokratische Regierung, wo es so schwer ist Demokrat
des Systems zu sein, denn sie sprechen von Demokratie, indem sie sich auf das
System beziehen. Es ist fast unmöglich innerhalb jenes Systems Demokrat zu
sein, nur durch Wunder, und wenn die Kandidaten von allen Massenmedien
bombardiert werden – er weiß das, Vladimir weiß das. Du heißt doch Vladimir,
nicht wahr? Das bringt mir einen historischen Namen in Erinnerung, der, glaube
ich, den Russen gut bekannt ist, daher hast du ihn genommen, sicherlich. Es
gibt viele Russen, die den Namen Vladimir tragen. Aber er weiß es – sie
bombardieren und bombardieren und schaffen so Reflexe. Es ist eine Sache,
Meinungen zu übermitteln, und es ist etwas anderes, Reflexe zu schaffen. Der
Mechanismus, mittels dessen Millionen Menschen weiter getäuscht werden, besteht
darin, Reflexe zu schaffen.
Es gab einen herausragenden Russen, Pawlow, der die Reflexe untersucht hat.
Er wusste, wie man einen Bären zum Tanzen und wie man die Affen beinahe zum
Sprechen bringen konnte, und zwar über Reflexe. Und über Reflexe werden die Massen
beeinflusst, über die modernen Techniken der kommerziellen Werbung, indem
mittels der Techniken der kommerziellen Werbung politische Ideen vermittelt
werden, Reflexe geschaffen werden.
Wenn ihr Bewusstsein schaffen wollt, dann müsst ihr gegen die Reflexe
ankämpfen, und unser Land hat gelernt, gegen die Reflexe anzukämpfen. Denn als
die Revolution siegte, besaßen viele Bürger Kubas Reflexe, die man ihnen über
die Werbung geschaffen hatte. Sodass diese Kämpfe also keine einfachen Kämpfe
sind, und so wie sie weiterhin über den Präsidenten Chávez behaupten, dass er
kein Demokrat ist, wie sie sagen, dass wir keine Demokraten sind. Wir sind
entzückt, das wird uns nicht den Schlaf rauben. Wir wissen, was wir sind, wir
wissen mehr als genug, was wir sind, wie wir fühlen, was wir während des
gesamten Lebens getan haben und welche Prinzipien unser Verhalten beherrscht
haben. Was ist die Politikmacherei? Das sind die Wahlplakate, der Stimmenkauf.
Jedermann weiß, dass man mindestens 300 Millionen haben muss, um Präsident der
Vereinigten Staaten zu werden. Um ein Amt zu bekommen, wird das in Geld
gemessen und diejenigen, die nicht 200 Millionen zusammenbringen können, treten
schon mitten in der Wahlkampagne zurück. Und diesen Schund nennen sie
Demokratie. In unserem Land geben zumindest mehr als 95% der Menschen ihre
Stimme ab, und es gibt weder kommerzielle Werbung, noch Wahlplakate, die die
Straßen verunzieren, was gegen die Geisteshygiene und die Landschaft verstößt:
„Stimmen Sie für Herrn Soundso, er ist ein Heiliger, er kommt an jenen Ort im
Himmel. Er hat nie einen Cent gestohlen und wird dies auch nie tun“ – und so
weiter in demselben Stil – „ er hat alle Tugenden der Welt.“ Es ist ein Wunder,
dass er nicht in das Verzeichnis von Heiligennamen der Kirche aufgenommen
wurde. Auf diese Weise sind es alle auf der Welt erfundenen Lügen, die als
Werbemethoden bei der Entfaltung dieser angeblichen Demokratie angewendet
werden. Ich will nicht darüber diskutieren, möchte aber sagen, dass ich sehr
gut weiß, wie viel Lüge hinter all dem versteckt liegt. Aber inmitten von all
dem hat Präsident Chávez das Plebiszit mit übergroßer Mehrheit gewonnen, mit
gewaltiger Mehrheit, und die Medien sagen, dass es nicht demokratisch ist.
Ich habe stundenlang Fernsehsendungen beobachtet, als Freund und als Bruder
der Venezolaner, sogar als Beobachter der Methoden und Verfahrensweisen der dem
Frieden und Fortschritt der Völker feindlichen Kräfte und ich habe gesehen, wie
sie vorgehen, es ist unwahrscheinlich und die Zeit, die verschwendet wird.
In unserem Land gibt es keine kommerzielle Werbung, nein. Deshalb trägt
alles das, was das Fernsehen erzeugt, keinen Deut zum BIP bei. Die
Bildungseinrichtungen, das Gesundheitswesen in Kuba und die Freizeitgestaltung
sind fast Null im BIP, da sie gratis sind, sie werden nicht verbucht. Auf diese
Art und Weise kann eine Tonne Zement mehr kosten als ein Leben. Jemand kann ein
Leben retten, weil es vielleicht ein Arzt geschafft hat, dass das Herz erneut
zu schlagen begann und dass man rechtzeitig in ein Krankenhaus kam. Das kostet
weniger als eine Tonne Zement, weil das nicht zum BIP beigetragen hat.
Man muss sogar die Werte analysieren, mit denen die Literatur, die Kunst,
der Reichtum, die Lebensqualität gemessen werden. Die Lebensqualität erscheint in
keinem BIP, ein Mensch kann in ein Irrenhaus kommen, ein Mensch kann 10 Jahre
weniger leben, weil man ihm eingeflößt hat zu rauchen und er drei Schachteln
pro Tag geraucht hat und dann an Krebs oder an einem Infarkt gestorben ist.
Nein, man hat ihm nicht beigebracht, welche Hygiene man einhalten muss, wenn
man will, dass man länger lebt. Jedermann weiß, was notwendig ist, um ein paar
Jahre länger zu leben, was man essen soll, welche Übungen man machen soll.
Da ich das heikle Thema angesprochen habe und da wir die Ersten sind, die
alles Gesagte verletzen, diejenigen auf der Erde, die es am meisten verletzen,
will ich das hier erklären, wie ich über die Blinden gesprochen habe und es
euch erläutert habe. Ich weiß, ihr wollt Dinge über die Hemisphäre wissen, ich
weiß, dass ihr gefragt habt, welches ihre Zukunft ist, ich weiß, dass ihr mit
voller Klarheit gesehen habt, dass diese Hemisphäre die Zukunft ist.
Sie ist nicht die Zukunft, aber sie ist dazu berufen, eine sehr wichtige
Rolle in einer friedlichen Welt, in einer Welt des Dialogs, in einer
zivilisierten Welt zu spielen. Hier ist das Potential vorhanden und das wissen
Viele, die Europäer wissen es, warum sonst wäre Zapatero dort auf der Sitzung
gewesen? Wozu hätte er in der Versammlung eine konstruktive Rede gehalten?
Außerdem, wozu hätte ein Kommissär von Europa Kuba besucht, dieses so
teuflische Land? Und sie sind gekommen und wir haben sie empfangen und uns mit
ihnen unterhalten und ich habe ihnen gesagt: Wir haben vor keiner Diskussion
Angst. Wovor wir uns auf der Welt am wenigsten fürchten, sind
Diskussionen. Wir haben keine Angst zu
diskutieren, zu sprechen, denn wir haben wirklich ein großes Arsenal an
Argumenten, an Tatsachen, an Geschichte, nicht an Märchen, nicht an
Versprechungen, sondern an Verwirklichungen, an durchgeführten Dingen, was wir
nicht viel verbreiten, was uns nicht so wichtig erscheint. Wozu soll es uns
wichtig sein zu verbreiten, was wir tun?
Ich habe an 20 Versammlungen teilgenommen und nicht gesprochen, aber
konkret hier habe ich ihnen erläutert, wie die Dinge in dieser Hemisphäre sind,
über die sie wissen wollen, und sie haben über jenes Thema diskutiert. Ich
meine, sie tun gut daran, denn wenn Europa hier sein will und sie wissen, dass
diese Hemisphäre entscheidend ist, diese Hemisphäre, aus der man sie heraus
haben will, und die Chinesen wissen es mit ihrer tausendjährigen Weisheit, mit
ihrer Erfahrung.
Vor nicht langer Zeit war der Präsident von China hier und er war an
anderen Ort in Lateinamerika, und hat Brasilien besucht, und hat Argentinien
besucht, und der Vizepräsident hat Venezuela und die Karibik besucht. So, sage
ich, werden die Russen etwa in dieser Hemisphäre fehlen? Ihr habt sehr konkret
hier dargelegt, dass Russland nicht in dieser Hemisphäre fehlen soll. In dieser
für die Zukunft entscheidenden Hemisphäre, die der Imperialismus auf alle
Ewigkeit kontrollieren will, was sie jedes Mal weniger können, das versichere
ich euch. Das werden sie immer weniger können, denn mit dem Eroberungs- und Ausplünderungsgeist gewinnt
man nicht die Herzen der Völker dieser Hemisphäre. In diese Hemisphäre muss man
zum Geben und Nehmen kommen, oder wenn man so will, um zu geben und zu nehmen.
Ich meine, dass man in dieser Hemisphäre, und ich stelle nicht im Geringsten
die Hemisphäre dar, aber ich habe das Recht zu meinen, dass man heutzutage nur
zum Austausch, nur zum Zusammenschließen kommen kann, nur dazu, zu helfen und
geholfen zu bekommen; Hilfe zu leisten und Hilfe zu empfangen, miteinander zu
teilen und sich zusammenzuschließen, und nicht nur auf der Suche nach
materiellen und wirtschaftlichen Gewinnen, sondern ebenfalls auf der Suche nach
Frieden, auf der Suche nach Kräften, welche der Vernunft und dem Frieden auf
der Welt zur Vorherrschaft verhelfen, auf der Suche nach Kräften, die helfen,
die Zivilisation zu retten, von der ihr sprecht. Das weiß ich sehr gut, und aus
den Zusammenfassungen weiß ich, dass manche von euch dieses Problem aufgeworfen
haben. Ja, und ich sehe keinen anderen Weg.
Ich weiß, dass in Europa vor kurzem der Präsident von Russland und der
Präsident von Frankreich mit dem Kanzler von Deutschland und einem weiteren
Präsidenten, an den ich mich jetzt nicht erinnern kann, zusammengetroffen sind,
und dass diejenigen, die an der Spitze des Landes im Norden stehen, nicht sehr
glücklich waren.
Aber seht, beobachtet: Dort in Paris treffen sich vier Präsidenten; - ein
Wunder, dass der chinesische nicht dort war, bei jeglichem Treffen ist der
chinesische Präsident dabei – es treffen sich dort in Venezuela, im Vaterland
von Bolívar, der Präsident von Argentinien, der Präsident von Kolumbien, der
Präsident von Venezuela und der Präsident von Spanien, seht, wie die Geister,
die Tendenzen sich verständigen; die Gedanken reisen und fliegen und sind das
Einzige, das schneller als das Licht reist, schneller als der Strom. Die
Gedanken fliegen und sie sind Ideen, jeder beobachtet, was allerorts geschieht.
Dort, werden Konflikte geschaffen, Uneinigkeit geschaffen, Kriege gefördert,
denn zu einem Zeitpunkt, wo ein Land wie China sich mit dieser Kraft erhebt,
ist es für den Imperialismus das Ideale, dort Kriege, Sezessionen und Konflikte
zu fördern, welche die außerordentliche Entwicklung jenes Landes unterbrechen.
Jedermann weiß, dass die wirtschaftlichen Konkurrenzkämpfe zu den Kriegen
geführt haben, zu jenen enormen kommerziellen Defizits und jenen riesigen
Haushaltsdefizits, besonders aufgrund des Wettrüstens ohne Steuern. Kriege ohne
Steuern und die Verschwendung können ebenfalls in Versuchung führen, Konflikte
zu fördern, die jene Länder aus dem Rennen werfen, die großes
Entwicklungspotential aufweisen.
Ich frage mich, ob es in jenem kolossalen US-amerikanischen Imperium
führende Köpfe gibt, - ich meine dort unter den Fundamentalisten – Politiker,
welche die Entwicklung von Russland wünschen. Das frage ich mich. Ob sie
möchten, dass Russland gedeiht, dass die russische Wirtschaft gedeiht, dass der
russische Rubel Wert hat, dass die russischen Erzeugnisse Markt haben, dass der
russische Kraftstoff, das Erdgas und –öl Wert haben, oder das Holz aus Sibirien
oder das Nickel aus Norilsk, bzw. andere Dinge, von denen uns bekannt ist, dass
die Russen sie erzeugen.
Wir wissen, wo Qualität vorhanden war, und wo nicht, so wie wir auch im
Westen wissen, was taugt und was nicht. Das wissen wir sehr gut. Wir kennen den
Wert und die Möglichkeiten, die jedes der Länder hat. Das können wir nicht
ignorieren, wir können uns den Luxus nicht gönnen, dies zu ignorieren.
Ich frage mich: Welcher Raum bleibt, wenn schon alles erobert ist, wenn
schon alles besetzt ist, wenn Irak schon überfallen wurde, Iran bedroht wird,
weil es Atomwaffen haben könnte? Und es gibt wirklich Länder, welche Verbündete
der Vereinigten Staaten sind, die hunderte Atomwaffen besitzen und trotzdem hat
man das erlaubt, die Wahrheit ist, dass niemand das diskutiert. Wir wissen es
alle, ihr wisst, worauf ich mich beziehe. Ich will keine Länder nennen, ich
habe gegen kein Land etwas, aber ich habe eine Verpflichtung gegenüber der
Wahrheit und wir wissen, wie die Dinge sind, das Trichter-Gesetz, der große
Durchmesser für den einen, der enge für andere. So ist die Welt und ihr wisst,
dass diese Welt in eine Sackgasse ohne Ausweg führt, das ist so, das kann
niemand verneinen.
Aber diese Realität weckt auch Bewusstsein bei Vielen.
Diese Erdölkrise weckt Bewusstsein. Dort hat derjenige, der im Norden an
der Spitze steht, neulich gesagt: alle Energiearten suchen. Die Atomenergie hat
seit dem Unfall von Chernobil auf der Welt berechtigte Befürchtungen
hervorgerufen. Und schon jetzt ist es in den Vereinigten Staaten nicht leicht,
Atomkraftwerke in Serie herzustellen. Nun gut, also zurück zur Kohle. Es ist
nicht leicht, zur Kohle mit ihren umweltverschmutzenden Auswirkungen zurückzukehren.
Der Wasserstoff wird in Betracht gezogen, der Präsident der Vereinigten
Staaten sprach vom Wasserstoff. Was er noch nicht gesagt hat, ist, ob er den
Wasserstoff den Gasen, den fossilen Energiequellen oder dem Wasser entnehmen
wird. Denn wenn er ihn aus dem Wasser gewinnen wird, dann werden wir ihm sicherlich
alle Glückwünsche schicken, selbst ich schicke ihm einen herzlichen
Glückwunsch, wenn er die Energie aus dem Wasser gewinnt und wäre bereit, ihn
für den Nobelpreis vorzuschlagen und die Leute um ihre Unterschrift zu bitten
und würde eine Unterschriftsliste beginnen, um ihn sogar zu kanonisieren, wenn
er die glückliche Idee hätte, die Probleme zu lösen, indem er den Wasserstoff,
mit dem er die Autos in Betrieb bringen wird, aus dem Wasser gewinnt.
Ich weiß es sehr gut, denn hier hatten wir drei oder vier fanatische
Kameraden, die Wasserstoff aus dem Wasser gewinnen wollten. Sie haben so um die
30 Jahre daran gearbeitet. Ich erinnere mich daran, dass ich sie sogar besucht
habe. Ich weiß, dass es einmal eine Explosion gegeben hat, denn sie haben wirklich
ein bisschen Wasserstoff gewonnen und was sie erreichten, war eine Explosion,
aber ich weiß seit langem nichts mehr von ihnen.
Ich weiß, dass man auf der ganzen Welt Autos erzeugt, die mit Wasserstoff
als Brennstoff fahren; in Japan, in Europa, in den Vereinigten Staaten, was
nicht gesagt wurde, woraus der Wasserstoff gewonnen wird. Denn wenn er aus dem
Erdöl gewonnen wird, nun gut, genau wie alle diese Stoffe, diese Flasche,
dieser Verschluss; dieses Telefon wird, glaube ich, auch aus Erdöl hergestellt,
weder aus Stahl noch aus Eisen. Alles kommt vom Erdöl, es gibt nichts, was
nicht vom Erdöl stammt, ich glaube sogar wir stammen vom Erdöl (Lachen), das
ist die Realität.
Es gibt eine Frage: Was wird geschehen, wenn es zu Ende geht? Und jedermann
weiß, dass es zu Ende geht, niemand ignoriert das. Man muss kompletter,
absoluter Analphabet sein, oder vollkommen unverantwortlich, um zu glauben,
dass das Erdöl bei diesem Verbrauchsrhythmus weitere 100 Jahre dauern wird.
Ja, es gibt modernere Techniken, man findet es schneller und je schneller
man es auf dem Meeresboden findet, je schneller wird es verschwendet, desto
schneller wird es vergeudet. Der Kampf muss der um sparsamere Autos sein.
Eines der von jener Regierung vorgenommenen Dinge war, einige Maßnahmen
aufzuheben, die einen immer geringeren Kraftstoffverbrauch der Autos forderten.
Was nun? Erobern wir die Welt mit Kanonen, bedrohen wir sie mit allen Waffen,
allen Geschwadern, allen Flugzeugträgern, allen Marschflugkörpern und allen
Atomwaffen, damit sie gehörig ist, diszipliniert ist, Rohstoffe erzeugt, Erdöl
erzeugt, um weiter 25 % der Weltenergie verbrauchen zu können?
Wir unternehmen einige Anstrengungen auf dem Gebiet Energie und
Energiesparen, die interessant sein können. Wir dringen bis zu den Einzelheiten
in das Wesen der Probleme vor. Wir werden der Welt einen bescheidenen Beitrag
leisten, indem wir vielleicht 50% unseres Elektroenergieverbrauchs einfach
einsparen, womit wir einige hunderte Millionen Dollar für Energieausgaben
einsparen, von denen ein Teil jenen Programmen zukommen wird, von denen ich
euch erzählte und ein Teil ist für im hohen Grade nützliche Investitionen, ich
würde sagen in hohem Grade rentable Investitionen. Und dies geschieht ausgehend
von den Kenntnissen, ausgehend von einem Rohstoff, der Bildung und Kenntnisse
heißt; ausgehend von einem hochwertigen
Rohstoff, der Humankapital heißt. Wir haben hauptsächlich Humankapital und wir
werden ja sehen.
Wie wir zu unseren Mitbürgern sagen: Perfekt? Nein, wir wären die letzten
zu behaupten, dass wir zufrieden sind, aber wir haben mit der Zeit gelernt, aus
den Irrtümern gelernt und eine Erfahrung gewonnen. Das ist ein Privileg, nicht
einmal ein Verdienst.
In meinem persönlichen Fall ist es so, dass die Tatsache, dass ich eine
gewisse Anzahl Jahre gelebt habe, keinen Verdienst darstellt, es ist ein
Zufall, besonders da es so viele Attentate gegeben hat, um mich vorzeitig
kampfunfähig zu machen. Wenn die Natur mir eine gewisse Lebensfähigkeit gegeben
hatte, warum sollte sie mir genommen werden? Nun gut, ich habe gelebt, ich habe
etwas gelernt. Nicht nur ich, es gibt ein ganzes Kontingent Leute, die gelernt
haben, es gibt ein Volk, das während 46 Jahren gelernt hat, ein Volk, das sich
seiner Qualitäten bewusst ist, sich seiner Schwächen bewusst ist und seiner
Mängel. Wir sind uns sehr unserer Mängel bewusst und stehen ihnen kritisch
gegenüber, und zwar sehr kritisch, ich hätte keine Hemmung, euch hier alle
Fehler zu sagen, die wir begangen haben.
Wir leben nicht auf der Grundlage, Fehler zu verbergen, wir leben auf der
Grundlage, Wahrheiten zu sagen, wir leben auf der Grundlage, ehrlich zu sein,
wir leben auf der Grundlage, unaufhörlich zu berichtigen, wir leben auf der
Grundlage, unser Gewissen über unsere Verhaltensweise zu befragen und uns nie
auf den Lorbeeren auszuruhen, und deshalb kann jetzt der Eindruck eines Phönix
entstehen, der aus seiner Asche aufersteht. Ja, das ist der Eindruck, den man
in vielen Teilen der Welt haben wird, den eines kleinen Phönix, einer Schwalbe,
die aus ihrer Asche aufersteht. Das ist
Kuba, welches fliegt, sich hoch in die Lüfte erhebt, wenn ich es mit wenigen
Worten definieren soll.
Mir scheint, ich habe wirklich mehr als genug gesprochen und ihr stimmt mit
mir überein, ich weiß, dass ihr mit mir übereinstimmt. Es ist zumindest wahr.
Ihr werdet nicht sagen, dass ich nicht ehrlich wahr, dass ich Angst gehabt
hätte, klar und offen zu sprechen und mit Respekt Wahrheiten auszusprechen. Ich
habe wie ein Bruder gesprochen, ich habe wie ein Mensch gesprochen, der das
Leben schätzt.
Ich besitze in meinem Innern auch
starke Gefühle. Ich habe meine Gefühle nicht sprechen lassen. Ich habe
versucht, dass der Verstand spricht, weil unser Dichter das gesagt hat, als er
von der Literatur sprach. Als er von der Literatur sprach und davon sprach, was
er dort las, erinnerte ich mich an das Gefängnis auf der Insel Isla de Pinos,
jetzt Jugendinsel, als ich in Einzelhaft war. Ich habe ebenfalls die Bücher von
Tolstoi gelesen und habe die Bücher von Dostojewski gelesen, ich habe sie alle
gelesen. Ich schien ein Masochist, wie ich in einem Gefängnis jenes Buch von
Dostojewski las, wo der Mann sich mit demselben Stein von hier nach dort und
von dort nach hierher bewegte und Der Idiot, Schuld und Sühne (Verbrechen und
Strafe), Aufzeichnungen aus einem Totenhaus, alle. Und die Bücher von Tolstoi.
Was für eine ausgezeichnete russische Literatur.
Nun gut, ich muss die Wahrheit sagen, ich war schon Marxist-Leninist, als
ich den bewaffneten Kampf begonnen habe. Ich war es, bin es und werde es sein,
darüber darf sich niemand wundern, weil ich kein Dogmatiker bin, ich analysiere
die Verdienste, die Personen in der Geschichte haben können, werde niemals von
meinen Ideen abtrünnig und bin in der Lage, kritisch zu sein. Aber ich habe
weder etwas an Marx, noch an Lenin zu kritisieren, das sage ich euch ehrlich –
ich könnte andere Kritiken machen – auch mache ich keine Kritik an Engels. Er
war der Erste, der mir gezeigt hat, dass sogar die Sterne verlöschen werden,
wenn die Energie versiegt, und es gibt seit langem erloschene Sterne, während
andere sich von dem angeblichen Ort des Urknalls entfernen.
Lenin war noch nicht geboren, als Marx das Kommunistische Manifest
veröffentlichte.
Die heutige Welt ist ganz anders, als jene Marx und Lenin bekannte; niemand
konnte sie kennen, niemand konnte sich die Kommunikation in wenigen Sekunden
vorstellen. Ihr habt die Globalisierung behandelt, ihr habt gesehen, wo ein
System hinführte, in dem die Produktivkräfte sich entwickeln. Ihr habt gesehen,
dass die Entwicklung jener Produktivkräfte solche Niveaus erreichen würde, dass
auf der Welt neue Situationen geschaffen würden, große Veränderungen. Wir haben
eine Globalisierung erreicht, jene unter solchen Bedingungen geschaffene
Globalisierung, die von niemandem vorausgesehen wurde. Die Widersprüche und der
Konkurrenzkampf wurden mittels Kriegen gelöst. Heute kann kein Krieg auch nur
irgendein Problem lösen. Die Kriege verbieten sich von selbst, da es in einem
modernen Krieg weder Sieger noch besiegte geben wird. Ihr Russen, ihr wisst
das, als Supermacht, die ihr ward, groß und mächtig, und als Macht die ihr
heute seid.
Wir waren Zeuge jenes Moments, als es ein gewisses Gleichgewicht gab.
Zuerst hatten sie die Atomwaffe, dann gab es ein Gleichgewicht, und jedes Mal
haben beide Seiten mehr Waffen erzeugt. Schließlich bestand der Unterschied
schon darin, dass die eine Seite die andere fünfzehn Mal zerstören konnte und
die andere jene zehn Mal, die Sache bestand darin, wie oft eine die andere
zerstören konnte. Ihr Russen habt aufgehört, eine Supermacht zu sein, und doch
wissen Alle, dass jeder den anderen fünfmal zerstören kann.
Als reale Macht, vom technisch-militärischen Standpunkt aus gesehen, hat
der russische Staat viermal zuviel Macht, denn eine einzige würde ausreichen,
um den Anderen zu zerstören und es kann sein, dass bei jener noch mehr
überflüssig ist, alles umsonst. Und eines Tages wird das US-amerikanische Volk
das verstehen, es wird das verstehen, die Hoffnung besteht.
Ich kann euch sagen, dass ich mich beim Anblick dieser Versammlung
glücklich fühle und wenn ich euch so sprechen höre, wie ihr hier gesprochen
habt. Das macht mich glücklich, es erfreut mich, denn in jenem so
verdienstvollen, geschichtsträchtigen Land und mit so viel Heldentum sehe ich
ein Potential, um zum Weltfrieden, zur Zivilisation beizutragen und die Gattung
zu bewahren. Wir sind nicht überflüssig und noch weniger sind es diejenigen,
die so viel zum Erhalt der Gattung tun können, wie Russland, wie China, wie
Europa, wie Lateinamerika. Alle zusammen können wir etwas tun, wobei Einige
mehr als andere tun können, zum Beispiel Venezuela, zum Beispiel Brasilien, ich
sehe, dass sie viel tun können.
Ich habe gesehen, was Argentinien gerade gemacht hat, wie das Land eine
Außenschuld-Frage angegangen ist. Ich habe mich heute gewundert, genau als ich
anrufen wollte, ich glaube es war der Vorsitzende im Ministerrang der
Zentralbank, der mir heute sagte, dass Bush bei heutigen Erklärungen sehr
lobende Worte für Argentinien fand.
Ich werde ihn erneut fragen, ich glaube es wirklich noch nicht, aber er
lobte Kirchner, um Chávez anzugreifen, um das Treffen von Gestern anzugreifen,
das ihm überhaupt nicht behagt hat. Natürlich werden sie Kirchner nicht mit
Schmeicheleien oder Ähnlichem neutralisieren, Kirchner hat ihm einen, sagen
wir, Jab versetzt, mehr noch als einen Jab, einen harten Schlag. Er hat den
Währungsfond nicht k.o. geschlagen, ihn aber durch die Art und Weise, wie er
die Auslandsschuld angegangen ist, halb zum Taumeln gebracht. Es ist das erste
Mal, dass ein Land jene entschlossene Stellung einnimmt, wie es Argentinien
getan hat.
Der Internationale Währungsfond wird noch einige Zeit bestehen bleiben, ich
glaube, nicht mehr lange. Und wenn ich nicht mehr lange sage, dann meine ich,
dass er keine zwei Jahrzehnte mehr bestehen bleiben wird. Ich sage sogar, dass
ich bezweifle, dass jener Fond ein Jahrzehnt überlebt, da die Rechnungen nicht
aufgehen. Ich stelle Berechnungen an, addiere, subtrahiere, multipliziere,
dividiere und es geht nicht auf, er übersteht die Krise nicht. Es ist schon
nicht mehr eine Krise, sondern eine Summe von Krisen: die Summe der Krisen, die
Summe von Problemen erlauben es nicht, dass diese Ordnung auch nur zwei weitere
Jahrzehnte dauert. Sie haben immer etwas erfunden: diese oder jene Formel, die
keynessche Methodik, d.h. Geldausschüttungen, die Verhinderung der Krise durch
Druck von Banknoten, die Erhöhung der Liquidität, usw.
Ich schulde euch nur noch eins – ich habe schnell gesprochen – ich bin
bereit, jede Frage zu beantworten, die ihr mir stellt, jegliche, was euch
einfällt, und nicht nur eine, auch zwei, drei, in Abhängigkeit von der Zeit,
die er mir zur Verfügung stellt.
Ich bin sieben Minuten zu spät gekommen. Es ist schon lange her, dass ich
kaum eine Minute zu spät kam, Aber ich unterhielt mich mit dem
Landwirtschaftsminister von Kanada, wir sprachen über die Landwirtschaft, über
Preise der Produkte, welchen Preis der Weizen, der Mais, die Bohnen, die
Linsen, die Erbsen, die Kühe haben, viele Angaben, wie es um die Produktion
bestellt ist, alles.
Ich sprach zu ihm über die Dinge, die wir in diesem Jahr, im
Schließlich bitte ich euch um Verzeihung für meine Verspätung von sieben
Minuten aufgrund des Gesprächs mit dem Landwirtschaftsminister und einer Gruppe
kanadischer Landwirte.
Sie mussten gehen, da sie eine Versammlung hatten und ich wollte hierher
kommen. Ich hatte erfahren, dass sie um 16:00 Uhr abreisen sollten, um die
Uhrzeit, die ich für diese Versammlung mit euch vorgesehen hatte. Ich kam ein
paar Minuten zu spät und weiß, dass meine Genossen einverstanden damit sind,
dass ich es euch erkläre und einige Fragen beantworte. Ich kam ein paar Minuten
zu spät.
Keine Sorge, im Anschluss werdet ihr
euer Abendessen bekommen, Alle. (Lachen)
Nun gut, ich beantworte Fragen jeder Art, die ihr mir stellen möchtet, über
jedes Thema. (Lachen)
Bitte, die Dominikanerin. Man hat mir gesagt, dass sie eine große
Schriftstellerin ist.
Luisa Zheresada Vicioso: Ich würde gern von Ihnen
hören, an welcher Stelle in diesem Dialog der Kulturen Sie die Karibik sehen.
Sie wissen, dass wir als Region die außerordentlichsten Theoretiker
hervorgebracht haben, nicht nur für uns, sondern für die Welt, zum Beispiel
Frantz Fanon, beginnend bei seiner Rolle in Afrika und zum Wohl der
Unterdrückten der Welt.
Comandante: Was, meinst du, dass
ich nicht Karibikeinwohner bin und nicht als solcher fühle?
Luisa Zheresada Vicioso: Ich weiß das.
Comandante: Weißt du nicht, dass
ich, als bei euch Trujillo herrschte, Jurastudent im zweiten Studienjahr und
Präsident des Komitees Pro Democracia Dominicana war, als in jenem Jahr 1947
eine Expedition organisiert wurde, um das dominikanische Volk von Trujillo zu
befreien und an jener Expedition teilnahm? Ich war der einzige Teilnehmer des
Komitees und trotzdem diejenigen, die dort waren, meine Feinde waren, bin ich
mitgegangen.
Ich weiß nicht, ob du es weißt, aber ich blieb bis zum Ende, viele sind
desertiert. Zu einem bestimmten Zeitpunkt gab es ein Problem und man hielt das
Schiff, in dem ich reiste, dort in der Nähe der Küsten von Haiti fest. Ich war
nicht der Chef, ich war Leutnant eines Trupps, da ich gewisse Kenntnisse hatte
und Abenteuer liebte, das streite ich nicht ab. Wenn man mich Abenteurer nennen
will, dann nehme ich diesen Titel im Bereich der Geographie, der Exkursionen
oder irgendeiner anderen Sache mit Ehren an, aber nicht in der Politik. In der
Politik würde ich die Bezeichnung kühn akzeptieren, und derjenige, der es nicht
ist, soll gar nicht erst in jenem Beruf
beginnen, besser, er überlässt es anderen, versteht ihr? (Lachen)
Aber ich bin vor Abschluss meines zweiten Studienjahres dorthin gegangen.
Ich bin auf jener kleinen Insel 21 Jahre alt geworden, auf der die Expedition
unter Führung einer Reihe schwachsinniger und selbstgefälliger Leute, Kubaner,
organisiert wurde, welche den Dominikanern halfen und beabsichtigten, alles tun
zu wollen.
Dort lernte ich Juan Bosch kennen und habe ihn seit damals in seiner
intellektuellen Größe und seinen Gefühlen erkannt. Dort lernte ich Pichirilo
kennen, der in der Jacht Granma mit uns kam, er war der Schiffskapitän der
Aurora, in der ich reiste. Jemand beging Verrat, er fuhr in einem schnelleren
Schiff, es waren vier Schiffe, sie hatten zwei Landungsboote, und dort, aus der
Nipe-Bucht wurde ein Befehl vom anderen Schiff empfangen, der besagte, dass wir
in der Nähe von Moa, am Paso de los Vientos, auf es warten sollten. Dort war
eine riesige Fregatte. Niemals schienen mir Geschützrohre einer Fregatte so lang
wie jene, denn sie haben sie gezeigt und in Angriffsstellung gebracht und
gesagt: „Zurück!“, und den Expeditionsleitern blieb nichts anderes übrig.
In jenem Schiff kam zusammen mit mir Pichirilo, wie ich schon sagte, ein
Dominikaner. So entschlossen und so mutig! Er war Jahre danach unser Steuermann
in der Granma. Wir wurden zu Brüdern, denn an jenem Tag habe ich gegen die
Expedition, gegen die Kompanie, in der ich einen Trupp leitete, rebelliert und
gesagt: „Ich bin dagegen, in den Hafen zurückzukehren, die Situation in Kuba
ist so, dass man euch alle gefangen nehmen wird und ich akzeptiere das nicht“.
Ich befürwortete, die Waffen zu retten und sie in die gebirgige Region zu
bringen und sammelte die Waffen und hatte sogar eine Menge Leute, die mir dabei
half, darunter der Schiffskapitän. Bei jenem Anlass wurde ich zu seinem Freund,
er wurde zu meinem Komplizen in jener komplizierten Situation, als ich mich
gegen die kubanischen und dominikanischen Chefs auflehnte. Rebellion, ich habe
es wie Hugo Chávez gemacht. Ich habe mich aufgelehnt, weil ich mich weigerte,
in einen Hafen zurückzukehren, in dem wir die Waffen verlieren und alle
gefangen genommen werden würden. Am Anfang habe ich sogar geglaubt, dass die
Fregatte, die uns den Weg verstellte, eine dominikanische wäre. Bald habe ich
festgestellt, dass sie kubanisch war.
Ich beharrte auf der Beihilfe von Pichirilo. Ich konnte jenes Manöver nicht
machen, da die Fregatte uns nah folgte. Wir warteten auf die Nacht. Mit Hilfe
des Kapitäns wurde die Schiffsgeschwindigkeit auf weniger als die Hälfte
gedrosselt. Das half nichts, es war Sommer und es wurde später dunkel. Ich
blieb aufständisch, bis ich das Schiff in einem Schlauchboot verließ und mit
drei weiteren. wir waren die einzigen vier von über eintausend, die nicht
verhaftet wurden. Der Kapitän übermittelte an die Fregatte, dass er die
Einfahrt nicht kenne und Angst habe aufzulaufen. Ich war Abenteurer, das gebe
ich zu. Jedermann glaubte, dass ich von den Haien verschlungen worden wäre und
eines Tages überraschte ich alle und erwachte vom Tode. Ich bin mehrmals
auferwacht, mehr als einmal.
Sodass ich also die Sache gut kenne und sie unterstütze und ich bin ein
Karibikeinwohner. Du kennst schon unsere Beziehungen zu den dominikanischen
revolutionären und zu Caamaño hier, wohin er nach seinem heldenhaften
Widerstand reiste. Nach unserem revolutionären Sieg sind Dutzende kubanische
Revolutionäre in der Nähe des Gebirgsmassivs gelandet und haben gegen Trujillo
gekämpft.
Das heißt, ich war immer aktives Mitglied der karibischen Sache. Ich bin
ein Karibikeinwohner und stolz auf unsere Beziehungen zur Karibik.
Ich hege große Sympathie für die englisch sprechende Karibik.
Glaub nicht, dass ich Fanatiker der Lateinamerikaner bin. Ich bin ein
Kritiker, so, wie ich mir selbst kritisch gegenüberstehe und es gegenüber den
Kubanern sein kann.
Und die Karibikeinwohner waren es, die geholfen haben, die Blockade von
Lateinamerika zu brechen, als alle bis auf Mexiko die Beziehungen zu uns
abbrachen. Sie, die noch nicht einmal unabhängig waren, als die Revolution
siegte, waren diejenigen, welche zu jener Zeit die Bewegung gemeinsam mit
Torrijos und auch einem Venezolaner förderten - dieser Venezolaner spielte eine
bestimmte Rolle in verschiedenen Zeitabschnitten seines Lebens und zu jener
Zeit war es nicht die schlechteste - aber es gab eine Tendenz und sie haben sie
unterstützt.
Die Karibikeinwohner waren die besten Freunde, die wir in dieser Hemisphäre
gehabt haben, nicht die Lateinamerikaner; es waren die Karibikeinwohner und wir
haben sehr enge Beziehungen zu ihnen und sie sind alle berechtigt, ohne
Einschränkungen an unseren Universitäten zu studieren, sie bekommen alle
Stipendienplätze, die sie möchten und gratis.
Es gibt hier eine Lateinamerikanische Medizinschule mit 10 000 Studenten
aus Lateinamerika und der Karibik.
Vielleicht hätte ich sagen sollen, dass das Vorhandensein des
revolutionären venezolanischen Prozesses und die Wirtschaftsvereinbarungen mit
China bedeutende Faktoren gewesen sind; die Vereinbarungen mit Venezuela auf
der Grundlage des ALBA, den wir am 14. Dezember unterzeichneten, 10 Jahre
nachdem Chávez zum ersten Mal gekommen ist. Wir haben dies in einem für beide
Seiten in hohem Grade nützlichen Abkommen unterzeichnet. Wir sind halb
integriert. Das Gefühl, die Idee, der Wille zur Integration sind dieselben.
Ich war Kommunist, utopischer Kommunist! - bevor ich Marxist wurde. Wo habe
ich das gelernt? Vom Leben, aufgrund des Nachdenkens. Ich bin zu dieser
Überzeugung durch das Studieren der Wirtschaft gelangt.
Ich wurde auf einem Großgrundbesitz geboren und bin dort aufgewachsen. Mein
Vater war Besitzer jenes Großgrundbesitzes von
Ich habe in religiösen Schulen gelernt. Sodass ich nicht in einer
proletarischen Wiege geboren wurde. Mehr noch, wenn ich nicht Sohn des
Großgrundbesitzers gewesen wäre, hätte ich nicht studieren können, und wenn ich
nicht hätte studieren können, dann hätte ich keine einzige Idee haben können,
dann hätte ich keine Sache verteidigen können.
Ich habe es jenem Umstand zu verdanken, dass ich etwas lernen konnte und
kein politischer Analphabet bin. Den politischen Analphabetismus habe ich mir
selbst genommen, denn ich war in den Ideen alphabetisiert. Nun gut, nicht allzu
sehr, denn ich war Sohn und nicht Enkel eines Großgrundbesitzers. Ich bin nicht
dazu gekommen, das bürgerliche Leben in einem Aristokratenviertel zu leben, wo
man aus mir den größten je in diesem Land vorhandenen Reaktionär gemacht hätte,
denn in der einen oder anderen Richtung wäre ich nicht auf halbem Wege stehen
geblieben.
Nun gut, aus Temperamentgründen gibt es Leute, die nicht auf halbem Wege
stehen bleiben, sie sind zu enthusiastisch, in der einen oder anderen Richtung
und so musste ich hier ein bisschen aus meiner Autobiografie erzählen, um zu
beweisen, dass ich Karibikeinwohner gewesen bin. Aber ich bin ebenfalls
Lateinamerikaner, ich bin Afrikaner, ich bin Russe, ich bin Chinese, ich bin
Japaner, ich bin Vietnamese. Und Vietnam wusste, dass es auf uns zählen konnte,
als es sich mitten in seinem Krieg befand. Sie wussten, dass sie auf unsere
Kräfte zählen konnten. Und die Südafrikaner wissen, dass sie auf unser Blut
zählen konnten und sie haben darauf gezählt, als es dort sieben Atomwaffen gab.
Sodass ich nicht viele Argumente anführen müsste, um zu beweisen, dass unser
Herz weder ein chauvinistisches Herz ist, noch die Menschen der Karibik
ausschließen wird, auf keinen Fall, ihr werdet einen großen Platz dort
einnehmen.
Wenn ihr seriöse Regierungen sucht, dann haltet Ausschau nach den
karibischen Regierungen, die bis vor wenigen Jahren englische Kolonien waren.
Sie sind als Regierungen die seriösesten, als treue Menschen. Sie gehören zu
denen, welche den geringsten
Analphabetismus aufwiesen. Sie haben weniger Analphabetismus als
diejenigen, die wir uns von Spanien befreiten, – oder ihr, die ihr euch von Spanien
befreit habt. Wir haben dazu ein Jahrhundert gebraucht, wir waren ein
Sklavenstaat – es gibt weniger Analphabeten in der Karibik als in
Lateinamerika; bessere ärztliche
Dienstleistungen, bessere Gesundheitsniveaus als in Lateinamerika, abgesehen von
Haiti, denn Haiti ist das erste Land, das sich erhoben hat, das Land, das
jedermann interveniert hat. Keine jener Mächte ist in der Lage, dem Land einen
Arzt zu schicken.
Es gibt welche, die sich Ärzte ohne Grenzen nennen. Sehr gut, ich
beglückwünsche sie, verleiht ihnen Orden, gebt ihnen den Nobelpreis, aber es
sind eben nur ein paar Leute. Das Problem ist, dass ganz Europa zusammen nicht
die Ärzte schicken kann, die Kuba in Haiti hat. Verzeiht mir, dass ich das
sagen muss, aber es ist wahr, sie haben keine 500 Ärzte. Ganz Europa und die
Vereinigten Staaten zusammen haben nicht so viele Ärzte in Afrika wie wir. Ganz
Europa und die Vereinigten Staaten zusammen haben nicht so viele Ärzte in
Zentralamerika wie wir, und die Leistung ist gratis. Das ist nicht dieselbe
Situation wie die von Venezuela, Land, mit dem wir schon ein Abkommen über
Handelsaustausch von Gütern und Dienstleistungen unterzeichnet haben.
Ich weiß hier darüber Bescheid, wo alle Gewinne hingehen. Man will uns
wegen der durchgeführten Zentralisierung kritisieren. Wenn wir nicht
zentralisieren, können wir die Dinge nicht machen, die wir jetzt tun. Das ist
wie im Krieg, die Entscheidungen im Krieg sind Entscheidungen, die der
Generalstab schnell treffen muss, wo man nicht allzu viel beratschlagen kann.
Wir diskutieren hier. Niemand kann dieses Land verpfänden.
Wer hat die Auslandsschuld in Lateinamerika gemacht? Die
Wirtschaftsminister, nicht einmal das Parlament. Mit dem Volk wurden jene
kolossalen Schulden niemals diskutiert, welche die Regierungen machten. Der
Wirtschaftsminister entschied, ob das Land sich auf 40 Milliarden verschuldete
oder nicht. Zur Rentenerhöhung habe ich den ganzen Staat versammelt. Ich habe
Befugnisse, weil die Verfassung mir größere Befugnisse als einem Wirtschaftsminister
in Lateinamerika verleiht, ich bin Vorsitzender des Staats- und Ministerrats,
von der Nationalversammlung gewählt. Ich kann den Staatsrat einberufen. Zu ihm
gehören die Vorsitzenden der höchsten Verwaltungsorgane der Poder Popular jeder
Provinz, Vertreter der Massenorganisationen, der Vorsitzende der Bank und alle
Vorsitzenden der hauptsächlichen Banken, die staatlich und nicht privat sind
und als alle dort waren, bat ich sie: „Macht ein Gutachten. Können wir das
machen, oder nicht?“ Denn das sind bedachte, berechnete, gut berechnete Dinge
und dort entscheiden wir, was wir tun. Als erster Sekretär der Partei habe ich
die hauptsächlichen Parteikader geladen.
In dem so demokratischen Lateinamerika haben die Wirtschaftsminister die
Auslandschulden entschieden und jene imperiale Regierung hat nicht behauptet,
dass es antidemokratische Länder wären, nichts dergleichen haben sie gesagt.
Diejenigen, welche die Auslandsschuld machten, waren superdemokratisch. Im Jahr
1985 haben wir die Schlacht gegen dieselbe geschlagen, wegen 350 Milliarden.
Jetzt schulden sie 750 Milliarden. Seht, wie viel Demokratie in dieser
Hemisphäre herrschte.
Und in Zentralamerika und anderen Ländern? Was geschieht in Costa Rica,
jener Wiege, jenem Gipfel der demokratischen Denkweise? In Kuba haben wir jetzt
70 000 Ärzte und mehr als 50 000 Fachleute. Wir kämpfen mit aller Kraft gegen
die Abwerbung von qualifizierten Arbeitskräften und in Costa Rica haben sie
mehr als achthundert Ärzte kubanischer Herkunft, die sie in den vergangenen
Jahren Kuba geraubt haben.
Eines Tages hat mir das ein Präsident von Costa Rica - von den vielen, die
in jenem Land ohne Ruhm einer auf den anderen folgen - bei einer
internationalen Versammlung erzählt: „Wir haben dort 800 kubanische Ärzte.“ Ich
sagte zu ihm: „Ah, so, so, Sie haben 800 Ärzte“, aber haben keinen einzigen
Cent für die 800 Ärzte bezahlt, die wir ausgebildet haben.
Die Vereinigten Staaten wollten ein kleines Schaufenster vor den Türen von
Kuba aufbauen, um zu zeigen, dass man durch „Demokratie“ das machen könne, was Kuba so
„antidemokratisch“ machte, das heißt, Leben von Kindern retten, Leben von
Müttern retten und alle jene Dinge; ein Schaufensterchen, und Costa Rica hat
800 kubanische Ärzte, welche bezahlte medizinische Dienste leisten.
Das ist sehr wichtig, wenn wir diskutieren, warum wir die 300 Kilowatt
bezahlen müssen, die man mit einem Dollar kaufen konnte. Und 300 Kilowatt
werden mit einem Dollar bezahlt, wo es dem Land 25 Dollar in Devisenwährung
kostet, um sie zu erzeugen.
Seht, was für ein Missbrauch des Dollars, der nach Kuba geschickt wurde.
Wenn jemand einen alten Kühlschrank hatte und jener keinen Thermostat mehr
besaß, dann kostet das dem kubanischen Staat monatlich sieben Dollar. Eine
unserer Sparmaßnahmen ist, dass alle Kühlschränke ohne Thermostat verschwinden
werden. Nicht weil wir sie wegnehmen und zum Schrott bringen, sondern weil wir
Thermostaten einbauen werden und ebenfalls die Dichtungen, damit die Kälte
nicht entweicht, da wir festgestellt haben, dass die Kühlschränke zwischen 7
und 8 Millionen Kilowatt pro Tag verbrauchen. Wer weiß, wie viel Kilowatt wir
auf diese Art und Weise einsparen werden und das bei 10 Millionen an
Investition für Thermostate. Das ist etwas, was wir nicht wussten und in dem
Maße entdeckt haben, wie der Kraftstoffpreis zu steigen begann und somit die
Erzeugung von einem Kilowatt immer teurer wird.
Was geschieht schließlich mit dem Strom?
Vielleicht haben manche mehr Thermostaten als wir, weil sie nicht die
Blockade erlebt haben wie wir Kubaner. Die Blockade, die sie erleben ist eine
andere, schrecklichere, eine Blockade, die Analphabeten erzeugt, eine Blockade,
die Unterernährte, Hungrige, Kindersterblichkeit, Müttersterblichkeit,
Verminderung der Lebenserwartung erzeugt, jene Demokratie, die man ihnen
dorthin gebracht hat. Jene Blockade ist schlimmer als die Wirtschaftsblockade,
denn jene Blockade gibt es hier schon lange nicht mehr und deshalb können wir sogar den Dollar abwerten. Seht, wie
wunderbar! Und sie können nicht protestieren, denn, was können sie von uns
fordern? Wer kann von uns verlangen, dass wir 25 Dollar für jene Anzahl
Kilowatt Strom bezahlen müssen, die man mit einem Dollar kauft, den sie von
dort schicken? Und wer schickt sie? Tagelöhner, Analphabeten? Nein, sie haben
keine Analphabeten aus Kuba bekommen. Die Emigration aus Kuba, die sie
aufgenommen haben, bestand aus Akademikern, Fachkräften mit mittlerer höherer
Reife und vielen ehemaligen Großgrundbesitzern und Angehörigen der Bourgeoisie,
die Geschäfte zu machen verstanden.
Die Emigration mit dem größten Einkommen in den Vereinigten Staaten ist die
kubanische, ein viel größeres als das der dominikanischen, der haitianischen
und der jedes anderen lateinamerikanischen Landes.
Ah, nun gut, wir haben eine eigene Währung. Wir haben den Dollar aus dem
Umlauf genommen und ihn durch den konvertierbaren Peso ersetzt. Jetzt gehen wir
zur Aufwertung unseres Peso über, und zur Aufwertung unseres konvertierbaren
Pesos, beider Währungen. Ein Schritt in einer Richtung, ein anderer in einer
anderen. Sodass der Dollar jetzt gegenüber unserem konvertierbaren Peso
abgewertet wurde, und gut und schön, sie haben keine Argumente.
Was bedeutet jetzt diese Abwertung? Vorher kaufte man 27 Peso für einen
Dollar und jetzt kauft man nur 25. Das ist eine Maßnahme, die wir so oft
anwenden können, wie es notwendig wäre.
Was für einen Schlag können wir dem armen Dollar versetzen. Dort in den
Vereinigen Staaten wird das Kilowatt Strom zu 12 und bis zu 15 Cent bezahlt.
Hier zahlt man weniger als einen Cent eines Dollars. Wie kauft man den Strom?
Nun gut, mit einem Cent, derjenige, der wirklich weniger als 300 verbraucht,
zurzeit kauft man mit einem Cent 3 Kilowatt.
Was für ein Verbrechen wir gegen den Dollar begangen haben! Was für eine
schreckliche Beschwerde! Was für einen vandalischen Akt wir begangen haben,
dass wir sie gebeten haben, dass sie mit einem Dollar mehr bezahlen! Wir haben
ihn fast nicht angerührt, ihn gerade einmal mit dem Blütenblatt einer Rose
gestreift. Nun gut, wir können ihn mit dem Blütenblatt einer Rose streifen,
aber auch mit einer Feile. Wenn wir das wollen, können wir das tun, mit ihnen
die Dollar streicheln oder sie feilen.
Was für ein wunderbares Ding, nicht dem Währungsfond anzugehören! Was für
ein wunderbares Ding, nicht bei dieser Einrichtung in einer so wechselhaften
Welt um Unterstützung bitten zu müssen!
In vier Jahren ist der 50. Jahrestag des Sieges der Revolution. Es sind
schon 50 Jahre seit dem Beginn unseres bewaffneten Kampfes am 26. Juli 1953
vergangen. Das sind mehr als 50 Jahre Kampf, mehr als 50 Jahre Erfahrung.
Im Namen dessen spreche ich, und nur im Namen dessen erlaube ich mir, zu
euch zu sprechen. Und ich spreche nicht immer so. Ich spreche so, weil wir sehr
wichtige Dinge definieren.
Für mich ist jede Art Sozialismus mit ein und derselben Zielstellung und
auf verschiedenen Realisierungs-Wegen denkbar, auch mit einem andersartigen
Stil, einem Stil, der aus einem anderen Ursprung, anderen historischen
Umständen und den konkreten Tatsachen jedes Landes hervorgegangenen ist. Wir
erbauen diesen hier. Ich habe euch schon erläutert, wie wir es getan haben. Es
ist zum jetzigen Zeitpunkt, wo wir alle Vorteile von dem bekommen können, was
wir geschaffen haben. Jetzt beginnen wir, die Früchte zu ernten. Jetzt, wo es einzig
und allein von unserem Bewusstsein, unserem Humankapital, unserer Erfahrung und
unserem Willen abhängt, alle Fehler zu berichtigen, die wir in großen Mengen
begangen haben, taktische und einige große, aber keine strategischen. Wir haben
wirklich versucht, um jeden Preis strategische Fehler zu vermeiden, die von
sich aus irreversibel sind.
Ich möchte, dass ihr wisst, dass einige der Dinge uns infolge von Theorien
und Büchern passiert sind, die zu anderen Zeiten und an anderen Orten
geschrieben worden waren.
Das Einzige, was ich als Rechtsanwalt zu meiner Entlastung sagen kann –
falls ich mich irgendwann einmal verteidigen müsste – ist, dass ich immer
antidogmatisch gewesen bin. Ich war immer gegen Dogmas, Schemen, Büchlein, die
über eine bestimmt Sache handeln. Noch mehr, ich meine – und Osvaldo weiß das
gut – ich meine, dass die Wirtschaft, wie auch die Politik keine Wissenschaften
sind, sondern Künste. Die Künstler können nicht sagen, dass sie eine
Wissenschaft beherrschen, sie benötigen die Wissenschaft, sie brauchen alle
Berechnungen. Wenn man nicht subtrahiert, addiert, multipliziert und die
Quadratwurzel zieht, dann kann man nichts summieren. Aber der Poet mischt
Wörter, Ideen, Bilder und Stile. Der Schriftsteller tut dasselbe. Der Politiker
mischt Dinge, mischt Faktoren. Der Wirtschaftswissenschaftler mischt ebenfalls
Elemente, Volkswirtschaften und Ersparnisse. Das Monopol gab es immer, der
freie Handel war fast nie existent, das sind allein Theorien, denen alle
Industrienationen sich widersetzten.
Jetzt, wo sie die Welt beherrschen, sagen sie den anderen, die sich noch
entwickeln müssen: freier Handel, keine Zölle, kein Dies und kein Das.
Eins ist sehr klar: Für mich ist die Wirtschaft eine Kunst und eine
Wissenschaft, und die Politik ist eine Kunst und keine Wissenschaft. Stützt
euch auf die Politik, stützt euch auf die Wissenschaft und stützt euch auf
andere Elemente.
Ich habe das beste Konzept von der Wirtschaft und ebenfalls von der Politik
- ich sehe sie beide als eine Kunst.
Möchte jemand etwas sagen? Pass auf, führe den Vorsitz.
Gebt all denjenigen das Wort, die reden möchten.
Ich antworte allen Journalisten, die es möchten.
Bischof Feofán: Compañero Castro…
Comandante: Wird mir niemand
übersetzen? Ich höre nur Russisch. (Lachen)
Bischof Feofán:
Compañero Fidel Castro! Erlauben Sie mir, Ihnen
zuallererst meinen Dank dafür auszusprechen, dass es hier eine russisch-
orthodoxe Kirche geben wird.
Leider veraltern die Fabriken, sie verlieren sogar ihre Bedeutung, selbst
wenn sie auf der Grundlage der Brüderschaft errichtet wurden. Jedoch eine
Kirche hat mehr Wert, je älter sie ist. Und die Kirche, welche ihr uns für die
russische Orthodoxie zu bauen helft, wird nach einem Jahrhundert treuer Zeuge
unserer guten Beziehungen sein.
Aber mich interessiert eine andere Angelegenheit: Ich bin Bischof einer
Region im Nordkaukasus und bin selbst Überbringer einer Tragödie der
Terroristen, als sie eine Schule überfielen. Nach 20 Minuten erschien ich in
jener Schule und war bis zum Ende dort. Es war etwas Schreckliches.
Ich würde gern Ihre Meinung hören, da die Terroristen oft behaupten, dass
sie ja Rettungsmissionen machen; aber was ich gesehen habe, war schrecklich.
Ich möchte gern Ihre Meinung hierüber wissen. Danke.
Comandante: Im Innersten meiner
Gefühle und Überzeugungen lehne ich den Tod von unschuldigen Menschen ab.
Ich erinnere mich an die Kämpfe während des Krieges im
Sierra-Maestra-Gebirge. Es gab Kämpfe und manchmal kam jemand, der uns die
gesamte Information übermittelte – Kameraden von uns, die Familienangehörige
ganz in der Nähe des Zielobjekts hatten. Wir griffen von der Armee besetzte
Orte an und nahmen nicht wenige von ihnen ein. Manche Kämpfe waren hart und ich
erinnere mich an keine einzige tote Zivilperson. Seht, wie es selbst im Krieg
und wenn man kämpfen muss, weil eine Kaserne in einem Ort ist und man sie
angreifen muss – obwohl es besser ist, die Truppen zum Herauskommen zu zwingen,
da sie in Bewegung schwächer sind, als wenn sie sich in ihren Stellungen
befinden – möglich ist, den Tod von Unschuldigen zu verhindern. Ich erinnere
mich an keine einzige tote Zivilperson in irgendeinem der Kämpfe während der 25
Monate Krieg, die wir ausgefochten haben.
Ich hatte eine Kolonne, aus der alle anderen hervorgegangen sind und die
Leute haben das Kämpfen im Kampf gelernt. Sie sind auf keine Akademie gegangen,
die gab es damals nicht.
Das, was ich Ihnen sage, sind keine Worte, die ich hier gesagt habe.
Dahinter steht eine Geschichte, die diese Worte belegt.
Nein, ich kann nicht mit dem Ziel, die Blockade zu zerstören, ein Kind
töten. Bewusst hingehen und ein Kind töten, das kann ich nicht tun. Man besitzt
eine Ethik und Prinzipien. Man kann sein
eigenes Leben opfern, wann man will, aber man kann nicht das Leben eines
Unschuldigen opfern. So denke ich und so habe ich es immer gesagt. Und unser
Land war in internationalistischen Missionen: – nicht nur eine einzige, so
einige – als die südafrikanischen Rassisten Angola überfielen; oder als jenes
Land vom Norden her von den Streitkräften von Mobuto angegriffen wurde – jener
hatte wirklich Geld und reichlich Geld, ohne dass irgendjemand weiß, wo es
aufbewahrt ist, noch in welche Bank es gebracht wurde, verstehen Sie? – und
nicht nur dort. Wir haben an mehr als einem Ort Missionen erfüllt. Fragen Sie
überall auf der Welt, ob ein Kriegsgefangener standrechtlich erschossen worden
ist, dort wo unsere Truppen gewesen sind und wo Kameraden von uns gefallen
sind! Denn das war eine Doktrin und die haben wir nicht nur hier geachtet, denn
unsere Armee hat nie einen Kriegsgefangenen standrechtlich erschossen. Darauf
sind wir stolz. Wir geben Ihnen alles, was wir haben und was man uns leiht,
sagen wir mal, wenn jemand beweisen kann, dass wir bei unserem Krieg gegen die
Apartheid und andere Verbündete des Imperialismus in Afrika einen einzigen
Gefangenen standrechtlich erschossen haben. Oftmals zogen es die
Apartheid-Soldaten vor, als Gefangene in unsere Hände zu fallen, weil sie so
das Leben gesichert hatten. Ich sage nichts weiter. (Beifall)
Bischof Feofán: Dank, Comandante
Castro. Das war es, was ich von Ihnen hören wollte.
Natalia Chopin: Ich heiße Natalia
Chopin und bin Journalistin von ECO aus Moskau.
Eine sehr kurze und einfache Frage.
Sagen Sie mir bitte, ob sie in der unmittelbaren Zukunft beabsichtigen, die
Russische Föderation zu besuchen? Danke.
Comandante: …wie kann ich planen,
die Russische Föderation zu besuchen. Wenn du mich über meine Gefühle, meinen
Willen befragst, dann kann ich ja sagen, sowohl im Sommer als im Winter, bei
Schnee oder ohne Schnee, egal wer an der Spitze des Landes steht, und mehr noch
jetzt, wo die Beziehungen zwischen Kuba und Russland sich verbessern. Jetzt
habe ich mehr Grund, da gerade eine ausgezeichnete Sitzung des
Zusammenarbeits-Ausschusses zwischen Russland und Kuba stattgefunden hat, mit
sehr guten Ergebnissen, in einem Augenblick des Aufschwungs in den Beziehungen
zwischen den beiden Völkern, und wo diese als Grundlage eine riesige Zuneigung
haben, die Zuneigung, die der Dichter ausgedrückt hat. Sie haben die Zuneigung
als Grundlage, die ich ausdrücken wollte, als ich mich an eine Begebenheit dort
am Baikalsee erinnerte, als einmal inmitten des Schnees ein paar kräftige, raue
Fischer dort in Sibirien einen Fisch grillten. In unseren Beziehungen gab es
noch gewisse Schwierigkeiten, bestimmte Auseinandersetzungen aufgrund der
unserer Meinung nach unkorrekten Art und Weise,
– etwas aus der Vergangenheit -
wie die Oktoberkrise gelöst worden war, und als wir jene Männer sprechen
sahen, da konnte ich das russische Volk kennen lernen. Und ich kann über es
sagen, dass es das friedliebendste Volk ist und es ist das friedliebendste,
weil es dasjenige ist, das den Krieg am meisten kenne gelernt hat.
Kein Volk hat so viel gelitten und wurde so sehr zerstört, wie das russische
im Zweiten Weltkrieg. Jenes Volk hat den Krieg und die Tragödie des Krieges
wirklich kennen gelernt. Deshalb liebte es mehr als irgendjemand den Frieden.
Aber ich kann auch von jenem russischen Volk sagen, dass es das selbstloseste
Volk war. Jener Mann, der den Krieg kennen gelernt hatte, war bereit, alles zu
geben und erneut zu kämpfen. Jener Sibirier wusste, dass ich Bürger einer
kleinen Insel hier am Ende der Welt war. Wie er sich mit mir unterhielt und mir
seine Gefühle ausdrückte! Denn jenes war ein Volk, dass weil es den Krieg mehr
als irgendwer kannte und den Krieg mehr als irgendwer hasste, den Edelmut
besaß, bereit zu sein, für andere zu sterben.
Davon haben auch wir Kubaner gelernt. Wir sind nicht nur für unser eigenes
Vaterland gestorben und für unseren Grund und Boden, nicht wenige Kubaner sind
gefallen, während sie kämpften oder internationalistische Missionen leisteten.
Man läuft Gefahr im Krieg, im Frieden und unter allen Umständen.
Mich hat wirklich sehr verwundert, was ich, wie ich euch erzählte, mit 21
Jahren gemacht habe. Ich könnte euch sagen, dass nicht viel Zeit vergangen war,
und da war ich in Bogota, als zu dem Zeitpunkt, als dort die OAS versammelt
war, ein hervorragender Studentenführer ermordet wurde und ich eine ganze Stadt
aufbegehren sah. Ich nahm dort gemeinsam mit dem Volk und mit den Studenten
teil, ich erlangte auch ein Gewehr, das ich in einer Polizeistation in Besitz
nahm, ich bewaffnete mich. Ich glaube, mir war es gelungen, sieben
Gewehrkugeln, eine Mütze, die ein Käppi schien, und solch ein Paar Schuhe zu
haben, die nicht für Kämpfe geeignet sind. Und in jener Stadt war ich bis zum
letzten Tag, bis man mich hinauswarf, bis eine Verhandlung stattfand und ein
Frieden kam und man dort alle für dumm verkaufte. Das ist schriftlich
festgehalten, das ist nicht meine Erfindung.
Ich hatte in einer Nacht Zweifel, so gegen 2.00 oder 3.00 früh. Wir
befanden uns in einer Polizeistation, das Polizeipräsidium war erzürnt dort,
weil die Gewalt ausbrach, die Ausplünderung und alles dies. Die Armee selbst
war unschlüssig. Zu jenem Zeitpunkt war Gaitán ein sehr beliebter Führer, er
verteidigte einen Leutnant vor einer Verleumdung oder so, jedermann hörte auf
ihn. Aber jene Ausplünderung führte mit Gewalt zur Ordnung und ich befand mich
auf der Seite der Aufständischen, nicht wahr, auf der Seite der Studenten, des
Volkes.
Das Volk hat das alles zerstört, weil es geplündert hat. Sein kulturelles
Niveau und seine Ausbildung gaben nicht mehr her. Die Menschen schienen
Ameisen, wie sie so Klaviere schleppten und Kühlschränke, die um die zwei
Kubikmeter groß waren. Ich habe das alles gesehen. Jene in der aufständischen Polizeistation
stationierten Männer waren dort verloren. Ich bekam das mit, und zwar aufgrund
unserer Geschichte und überhaupt. Denn ich hatte überlegt, ich hatte trotz
meiner Jugend über viele jene Dinge nachgedacht. Und ich war dort in jener
verlorenen Garnison. Es fuhr ein Panzer vorbei und sie gaben ein paar Schüsse
auf ihn ab.
Ich habe dort gesehen, wie sie einen Polizisten misshandelt haben, es
empörte mich. Es war ein „Godo“ (abwertend für Spanier), wie sie es nannten,
reaktionär, aber ich empörte mich darüber, weil sie ihn dort misshandelt haben.
Ich befand mich an einem Fenster in einem der Schlafräume, weil das die mir
zugewiesene Stellung war, Ich spürte Widerwillen. Sie misshandelten ihn, sie
beleidigten ihn und haben ihm so einige Dinge gesagt. Ich habe so zwei- oder
dreimal mit unserem Befehlshaber gesprochen und zu ihm gesagt: „Sehen Sie,
diese Truppe steht auf verlorenem Posten.“
Wer die Bücher über die französische Revolution gelesen hat und weiß, wie
die Zusammenrottungen waren, der hätte gewusst, dass eine Truppe, die nicht in
Bewegung ist, verloren ist. Jegliche Truppe unter jenen Umständen muss die
Initiative ergreifen. So geschah es in der Französischen Revolution, wir alle
haben Bücher von fast allen Autoren gelesen… Jeder, der sich an einem
bestimmten Ort verbarrikadierte, war verloren. Ich habe zu ihm gesagt: „Bringen
Sie diese Truppe auf die Straße, greifen Sie an.“ Ich versuchte, ihn zu
überzeugen, er begriff es nicht. Nun gut, aber ich war dort, und zu einem
bestimmten Augenblick erinnerte ich mich an meine Familie, sogar an meine
Verlobte erinnerte ich mich. Was meint ihr? Ich erinnerte mich an alles. So
hatte ich einen Augenblick Zweifel, niemand wusste es, ich würde dort anonym
sterben. Und ich musste mich selbst überzeugen, warum ich weiter dort blieb.
Und ich erklärte mir sofort, warum ich dort blieb, und beantwortete mir selbst
die Frage: Dieses Volk ist genau so, wie die anderen, wie meines. Seine Sache
ist gerecht, die Ungerechtigkeiten sind wie jene von dort. Und ich wusste, dass
ich Recht hatte. Ich fand nur die Art und Weise, wie die Truppe eingesetzt
wurde, nicht richtig. Ich sagte: soll ich mich opfern, oder nicht? Und welchen
Entschluss habe ich getroffen? Zu bleiben, mich gemeinsam mit den Leuten dort
zu opfern. Ich hatte das Glück, dass sie nicht angegriffen haben, und jene
fuhren in Panzern.
Am nächsten Tag sagte ich zu ihm: „Geben Sie mir eine Patrouille“. Alle
Anhöhen waren unbesetzt. Da brauchte nur eine Truppe zu kommen, um jenen Punkt
einzunehmen, die Anhöhen einzunehmen. Ich sagte zu ihm: „Geben Sie mir eine
Patrouille“. Und man gab mir eine Patrouille und ich ging, jene Anhöhen dort zu
verteidigen.
Die dort erlebte Erfahrung war schrecklich, an jenem Tag sah ich die Stadt
in Flammen aufgehen. Und gegen Abend bin ich zurückgegangen. Ich habe das nicht
als Vorwand genutzt, um mein Leben zu retten, ich bin in jene Kaserne
zurückgegangen, weil man mir gesagt hatte, dass die Station angegriffen wurde.
Zum Glück waren die Aufständischen dabei, ein Gebäude dort in der Nähe
anzugreifen. So habe ich durch Zufall überlebt. Ich bin dort geblieben und am
anderen Tag hat man mir nicht einmal einen kleinen Säbel zum Andenken mitnehmen
lassen. Sie hatten schon Frieden geschlossen, jedermann applaudierte: „Der
Kubaner!“ Jedermann sprach mit dem Kubaner, denn es erregte die Aufmerksamkeit
aller, dass ein kubanischer Student dort geblieben war.
Ich war zur Vorbereitung eines Kongresses dort und habe teilgenommen und
hatte an jenem Tag meine Zweifel. Das, was ich euch erzähle, habe ich nie
vorher erzählt. Es war eine Gewissensfrage, ich blieb und beschloss, mich für
ein Volk zu opfern, das nicht das meinige war und bei einer Operation, die
verloren war, bei einer Truppe, die besiegt war und ich blieb dort, weil es
eine Gewissensfrage war.
Ich sagte, dass dies kurz nach dem anderen Ereignis war, weil es zu jenem
Zeitpunkt war, als ich vom zweiten ins dritte Studienjahr überwechseln sollte.
Ich hatte schon viele Ideen, war Antiimperialist und Antikolonialist, war für
die dominikanische Demokratie, für die Unabhängigkeit von Puerto Rico, für die
Rückgabe des Kanals von Panama an die Panamaer, der Malvinen (Falklandinseln)
an Argentinien, für die Aufhebung der europäischen Kolonien. In Lateinamerika
waren das die Dinge, die Vorrang hatten. Nun gut, es ging noch nicht um den
Sozialismus.
Zu jenem Zeitpunkt, von dem ich spreche, hatte ich Marx noch nicht gelesen.
Ich habe euch schon zwei Episoden erzählt. Aber seht, wie ich damals dachte,
ich sprach schon wirklich aus, was ich dachte und es ist keine Antwort. Ich
kann jegliche Frage von euch beantworten, deshalb bin ich sicher, dass ich sie
beantworten kann, weil ich versucht habe, konsequent in meinen Ideen zu sein,
standhaft zu bleiben. Und standhaft zu bleiben, das würde ich jedem jungen
Menschen raten. Und wie bei allen jungen Menschen war sicher auch eine Dosis
Eitelkeit dabei, sicherlich… Ich wies alles Mögliche auf und kleinbürgerliche
Eitelkeiten ebenfalls, Stolz, und andere Lappalien dieser Art. Aber meine
Werteskala habe ich nie aufgegeben und das Leben hat mir sogar gezeigt,
anspruchsloser zu sein, bescheidener. Ich meine, dass ich jetzt bescheidener bin
als damals, als ich als junger Mann begann. Ein junger Mensch ist sehr kritisch
gegenüber allen anderen. Er glaubt, dass er alles weiß und hat recht viel Grund
dazu, aber nicht allen Grund. Und
natürlich erinnere ich mich immer daran, wie ich selber war.
Das Leben ist bis zum letzten Augenblick ein fortschreitender Kampf. Ich
gedenke bis zum letzten Augenblick gegen mich selbst zu kämpfen, bis ich
sterbe, genau bis zur letzten Sekunde, denn ich analysiere immer noch meine
Handlungen. Ich analysiere mich und wenn ich einen Fehler begehe, selbst wenn
er gering ist, ein Detail ist, dann berichtige ich ihn. Wer weiß, vielleicht
denke ich anschließend darüber nach, was ich hier gesagt habe. Ich hoffe nicht,
denn es war ein Treuebeweis euch gegenüber, weil ich diese Versammlung schätze.
Ich werde hier keine Rede halten, ich hatte keine Zeit, weil ich mit allen
diesen Dingen beschäftigt bin. Ich hatte wenig Information. Ich hatte nur eine
minimale. Ich habe fast nicht Mittag gegessen, um andere Dinge zu lesen und zu
sehen. Ich sah den Minister fast im Vorbeigehen, und bin schnell hierher
gekommen, weil ihr hier auf mich gewartet habt. Morgen habe ich einen
wichtigen Fernsehauftritt um 18 Uhr und
eigentlich befinde ich mich noch in Rehabilitation von einem Unfall, den ich am
20. Oktober vergangenen Jahres erlitten habe.
Sodass ich deshalb zu euch sage, dass ich vielleicht dann überlege: Was
habe ich mit den Russen gesprochen? Aber ich bin sicher, dass ich nicht bereuen
werde, worüber ich mit euch gesprochen habe, denn ich habe als Bruder
gesprochen, ich habe mit Zuneigung gesprochen, ich habe mit dem Gefühl
gesprochen. So sind also unsere Gefühle für euch. Denn es ist so, wie ich dir
sagte, ich habe Menschen wie jene kennen gelernt, ich habe Förster kennen gelernt. Ich habe
Russen kennen gelernt, die echte Patrioten und Revolutionäre sind, wie jene es
waren, die ich immer als Kämpfer gesehen habe, diejenigen, die in Stalingrad,
in Leningrad, in Kerch gekämpft haben, überall, in Smolensk, diejenigen, die
sich nicht ergaben, die den Widerstand fortsetzten, die kämpften. Ja, jene, die
dorthin gingen, um gegen die Japaner zu kämpfen, als die Vereinigten Staaten
ohne jemandem etwas zu sagen die berühmt berüchtigte Atombombe abwarfen, ein
Terrorakt.
Wenn ich die Verluste der Alliierten berechne, dann muss ich sagen, dass
die Russen und alle anderen an der Seite von Russland kämpfenden sowjetischen
Völker mehr Leben opferten als alle anderen, die an diesem Krieg teilgenommen
haben, das ist die reine Wahrheit. Ich bin auf einigen Friedhöfen gewesen und
ich bin auf dem von Leningrad gewesen und kenne die Geschichte und die 1 000
Tage der Belagerung. Ich habe ein dickes Buch gelesen, in dem an alle die Opfer
erinnert wird, die die Leningrader durchmachten, ähnlich, wie das russische
Volk allerorts. Sodass meine Gefühle eine solide Grundlage haben. Ich weiß, wie
die Russen sind und bewundere sie.
Wie ich schon sagte, laufen unsere Beziehungen zum russischen Staat und zur
russischen Regierung sehr gut und das freut mich. Denn wir müssen uns alle
zusammentun, Dialog der Verteidiger der Zivilisation. Das wollte ich sagen.
Alfonso Bauer: Meine Frage ist
folgende: In Guatemala wird behauptet, dass sie in der Stadt Jalapa gelebt
haben und ich gehöre zu denen, die behaupten, dass das nicht stimmt, obwohl es
für mein Vaterland eine Ehre gewesen wäre, wenn Sie zu jener Zeit in Guatemala gewesen wären.
Comandante: Wenn ich nur hätte dort
sein können. Das hätte mir wirklich gefallen. Wie viel Verschwundene gibt es?
Nun gut, ich weiß, dass es nach der US-Intervention gegen die guatemaltekische
Revolution mehr als 100 000 Tote gegeben hat und mehr als 100 000
Verschwundene.
Das wäre uns passiert, wenn sie in Girón (Schweinebucht) gesiegt hätten.
Wie viel Leben hat die Söldnerexpedition in Guatemala gekostet, welche die
Arbenz-Regierung gestürzt hat?
Alfonso Bauer: So um die 200 000.
Comandante: Genau, 100 000 Tote und
100 000 Verschwundene. Aus welchem Grund gibt es denn dann aber so viele
Proteste wegen ein paar gefangenen Söldnern? Ah, aber hier gibt es Häftlinge,
hier gibt es keine Verschwundenen, hier gibt es keine Ermordeten. Oh ja, die
eine große, eine olympische Medaille und den Segen des Imperiums verdienen sind
diejenigen, die in jenen Ländern töten, wo die Analphabeten und Halbanalphabeten
30%, 40% oder viel mehr betragen können, wo die Säuglingssterblichkeit äußerst
hoch ist, alles dieses Unheil, von dem ich sprach. Das ist „Demokratie“, meine
Herrschaften, und das, was wir tun, ist ein Mistding, eine „systematische und
permanente Verletzung der Menschenrechte“.
Ich glaube, wenn wir nicht in der Lage gewesen wären, harte Maßnahmen
anzuwenden, dann hätten wir denen in die Hände gearbeitet, die unsere
Revolution zerstören wollten und die unser Volk zerstören wollten.
Wenden wir die Todesstrafe gern an? Nein, es ist uns zuwider. Nicht nur das
wir es nicht mögen, es ist uns zuwider. Aber wenn es darum ging, uns vor dem
mächtigsten Imperium der Geschichte zu verteidigen, dann haben wir sie
angewandt. An keinem anderen Ort wurden so viele Menschen hingerichtet, wie in
Texas, und es wurden Unschuldige hingerichtet und es wurden Kinder
hingerichtet, Leute, die als Kind ein Delikt verübt haben. So etwas ist hier
nie geschehen. Sie haben geistesgestörte hingerichtet. So etwas ist hier nie
geschehen.
So frage ich mich schließlich: Warum stellt man jenen Herrn, der Präsident
der Vereinigten Staaten ist, nicht vor
die Menschenrechtskommission in Genf? Oh, nein, aber Kuba ist jedes Jahr dran.
Um die Wahrheit zu sagen, möchte ich nicht mit Verachtung sprechen, aber wir
spüren Verachtung gegenüber all jener Scheinheiligkeit. Ich kann weiter nichts
hierzu sagen als: Verachtung. Denn wir brauchen niemanden, der über uns Gericht
hält, weil wir selbst die Ersten sind, die über uns urteilen müssen.
Russischer Delegierter: Zuerst einmal vielen
Dank für ihre hervorragende Rede. Und seien Sie bitte so nett uns zu sagen,
welche für Sie seit Beginn ihres revolutionären Kampfes die schwerste Etappe
war.
Comandante: Dies ist jetzt die
schwierigste für mich, diese hier, in der ich hier diese, Ihre Frage beantworten soll. (Lachen und Beifall)
Wir haben noch Zeit. Wenn ihr noch durchhaltet, ich kann noch durchhalten.
Michael Chernow: Sehr geehrter Compañero
Fidel Castro, vielen Dank für Ihren Vortrag. Ich heiße Michael Chernow, bin
russischer Journalist, sowjetischer, von der Zeitschrift Expert. Ich bin nicht
zum ersten Mal in Kuba. Ich mag Ihr Land sehr, mir sagt die kubanische
Erfahrung, die ich hier sehen konnte, sehr zu und meine Frage ist folgende: Ich
bin der Meinung, dass wir viel von Kuba lernen können. Sagen sie uns bitte: Wie
können sie uns helfen?
Comandante: Zweiter, sehr
schwieriger Augenblick. (Lachen) Ich kann euch bei nichts helfen, im Gegenteil,
ihr seid es, die uns helfen können. Ich spreche hier ganz offen zu euch, wir
tauschen Eindrücke aus. Ich kann dir und deinem Volk soviel helfen, wie ihr uns
helfen könnt, indem ihr diese Dinge tut, helft ihr euch selbst und helft ihr
uns.
Was uns verbleibt, ist die
Verpflichtung euch gegenüber, die ihr Vertrauen in uns gelegt habt, die ihr uns
für würdig erachtet habt, diese Versammlung hier durchzuführen, diesen
Austausch, und uns dazu eingeladen habt.
Ich kann weder denken, dass ich euch helfe, noch dass es eine Art und Weise
gibt, dass ich euch helfen kann. Ich meine, dass ihr uns helft und dass ihr der
Welt helft.
Dies ist mein Amt. Hier sind viele Religiöse anwesend, sie wissen, welche
ihre Pflicht ist, welches ihr Amt ist. Es sind Ärzte und Fachleute anwesend und
jeder weiß, welches seine Aufgabe ist. Und auch ich weiß, dass dies meine
Aufgabe ist.
Das Einzige, was ich wirklich tun kann, ist einen Austausch führen. Das ist
alles, was ich dazu sagen kann: uns gegenseitig helfen, das ist es, was wir tun
können. (Beifall)
Jeder, der fragen möchte, von der Presse oder Delegationsmitglieder, kann
hier jede Frage stellen.
Russischer Delegierter: Sehr geehrter Herr
Fidel Castro! Wir würden gern Ihre Meinung darüber hören, wenn das möglich ist,
wie lange die Besetzung des Irak noch dauern wird.
Vor fünf Minuten haben Sie gesagt, dass Sie manchmal Fehler begehen.
Könnten Sie uns sagen, welche Fehler sie als Regierungsoberhaupt von Kuba
begangen haben?
Comandante: Diese Versammlung hier
und mich eurem Verhör zu unterziehen (Lachen) Das ist einer von vielen.
Ihre Frage ist, wie lange die Besetzung von Irak noch anhalten wird. Die
Besetzung von Irak? Ich glaube, die Frage ist nicht richtig. Man ist in Irak
einmarschiert, aber man hat es nicht besetzt.
Du kannst fragen, wann sie gehen werden. Das ist es, was ich meine.
(Beifall)
Möchtest du die Frage klarer stellen? Meinst du, dass es besetzt ist? Sie
haben schon keine Regierung mehr dort, sie haben kein Parlament mehr. Warum
gehen sie nicht? Wann sie gehen werden, das ist es, was du wissen möchtest?
Wann sie wirklich gehen werden? Sie werden sich zurückziehen, wenn sie
gehen können, wenn sie sich zurückziehen können. Es ist so, dass sie jetzt so
dastehen, wie der, der gekommen ist: sie können nicht gehen, aber sie können
auch nicht bleiben. Sie sind im Hin und Her: sobald die Chiiten, sobald die
Sunniten, sobald es eine Regierung gibt… Sie werden gehen, wenn sie gehen
können, denn die Invasoren gehen nicht, wann sie wollen, sondern wann sie es
können. Sie wissen, zu welchem Augenblick sie überfallen können, aber sie
wissen nicht, wann sie sich zurückziehen können.
In Vietnam wussten sie, wann sie einmarschiert waren, aber dann hat es sie
harte Arbeit gekostete, viel Zeit und 50 000 Menschenleben. Die Quote an
Menschenleben, welche ihnen die US-amerikanische Gesellschaft damals
zugestanden hat, betrug 50 000. Ich frage mich, ob die US-amerikanische
Gesellschaft den Invasoren heute ebenfalls eine Quote von 50 000 Menschenleben
zugesteht. Vielleicht werden 5 000 Menschenleben schon das Höchstmaß an Toleranz
sein und jedes Mal wird die Quote für auf Lügen und Betrug gegründete Abenteuer
geringer sein.
Das Problem ist, dass sie den Rückzug benötigen, es aber nicht tun können.
Jetzt Überprüfen sie, was sie tun können, wie sie es anstellen können, um sich zurückziehen
zu können.
Sodass die Frage die ist: Wann werden sie sich zurückziehen können? Das
wird schließlich vom US-amerikanischen Volk abhängen und von der
Wirtschaftskrise und dem Haushaltsdefizit von knapp 500 Milliarden und einem
Handelsbilanzdefizit von weiteren 500 Milliarden, insgesamt eine Billion. Wie viele weitere Jahre
nacheinander können sie jenes Defizit von einer Billion noch aushalten und wie
werden sie dies überwinden? Meint ihr, dass sie die Kultur beseitigen werden?
Sie nutzen religiöse Widersprüche aus, nationale Widersprüche, eine schwierige
Situation: Kurden im Norden, Sunniten im zentralen Teil, Chiiten im Süden,
Orthodoxe Christen an anderer Stelle; ein Iran, das sie zerstören wollen bzw.
das sie überfallen wollen und dessen Ressourcen sie sich bemächtigen möchten.
Das ist kein Iran, das von den Chiiten aus dem Süden von Irak verachtet wird,
die zu einem bestimmten Zeitpunkt unterdrückt wurden.
Das ist eine bekannte Geschichte. Wir wissen recht viel darüber. Denn als
jener Krieg zwischen Irak und Iran begann, waren wir Vorsitzender der Bewegung
der Paktfreien Staaten und bekamen die Aufgabe, den Frieden zwischen beiden
Staaten zu suchen. Wir wissen alles, was dort geschah.
Irak war ein Land, das Beziehungen
zu vielen Ländern hatte. Es investierte das Geld aus dem Erdöl sehr gut,
bis jener unglückliche Krieg mit dem Iran begann.
Mehr möchte ich nicht hierzu sagen. Ich habe eine sehr klare Meinung über
alles das. Es war ein einflussreiches Land, das anschließend schwerwiegende Fehler
beging.
Wir waren ebenfalls gegen die Besetzung von Kuwait und haben das in den
Vereinten Nationen verurteilt. Aber wir haben große Anstrengungen unternommen,
selbst versucht, die Regierung davon zu überzeugen, dass sie sich zurückziehen
sollte. Wir haben ihnen klargemacht, dass der Mut darin bestand, sich
zurückzuziehen und jenen Fehler zu korrigieren, der es den Vereinigten Staaten
ermöglichte, eine große arabisch-muslimisch-europäisch-NATO-Vereinigte
Staaten-Koalition zu schaffen. Wir haben sogar so zu ihnen gesagt:
„Korrigiert!“
In Russland gibt es in den Archiven Kopien jener Dokumente und in den
Vereinigten Staaten natürlich ebenfalls, denn zu einem bestimmten Zeitpunkt hat
es Russland damals den Vereinigten Staaten mitgeteilt. Im State Department und
dort, an beiden Orten, ist das vorhanden, was ich geschrieben habe und was ich
hier sage. Aber ich veröffentliche es nicht von mir aus, die Argumente, die
Überlegungen, die ich anstellte, um sie zu beeinflussen, da wir Verpflichtungen
mit der internationalen Bewegung hatten.
Wir hatten Beziehungen zum Irak, sogar ärztliche Dienste, es gab ein
Kontingent kubanischer Ärzte, die dort arbeiteten.
Sodass einige der Dinge, die jener tragischen Seite vorangingen, vorher
schon geschehen waren und die Folgen waren vorausgesehen worden. Das kann durch
Dokumente bewiesen werden.
Das hat ebenso wie die Zerstörung der Zwillingstürme der unangebrachten,
anachronischen, kriegstreiberischen Politik des Imperiums Aufschwung gegeben.
Ich erinnere mich daran, dass ich mich beim Treffen der Blockfreien in
Malaysia mit dem Vizepräsidenten von Irak unterhalten habe. Zu jenem Zeitpunkt
waren die Beziehungen zur irakischen Regierung nicht sehr gut, da wir niemals
mit der Besetzung von Kuwait einverstanden waren. Und so waren sie nicht sehr
erfreut über die Tatsache, dass es ein interparlamentarisches Treffen gab und
dass ich mich mit der Delegation von Kuwait und ebenfalls mit der irakischen
getroffen habe. Sie sprachen viel über die große Anzahl Kinder, die starben und
ich sagte ihnen: „Warum tun wir nicht etwas, um den Tod jener Kinder zu
verhindern? Sagen Sie uns, wie viel Ärzte gebraucht werden. Man kann ein
Programm entwickeln, damit sie nicht sterben.“ Es stimmt, dass die Kinder
starben.
Hier haben wir Sonderperiode, Blockade und viele andere Dinge gehabt, aber
die Kinder sind nicht gestorben. Zuerst sterben die Eltern, bevor sie die
Kinder sterben lassen.
So argumentierte ich schließlich Folgendes: „Es ist nicht zu
rechtfertigen.“ Und fragte sie: „Warum schließen Sie nicht ein für alle Mal
Frieden mit Kuwait?“ Ich sagte zu den auf diesem Treffen anwesenden Vertretern
des Irak: „Suchen sie den Frieden!“
Es gab sogar viele Leute, arabische Länder, von denen, die sich im Krieg
befunden haben, die wollten, dass sie einlenkten und wollten den Frieden suchen und sie
hielten jene unnachgiebige Position aufrecht. Ich sagte in Malaysia zum
Vizepräsidenten: „Die Regierung der Vereinigten Staaten will den Krieg gegen
euch führen, es ist offensichtlich, dass sie den Krieg machen werden, sie
können es nicht verbergen. Gebt ihnen nicht den geringsten Vorwand, helft ihnen
nicht, den Krieg vom Zaun zu brechen.“ Ich sagte ihnen: „Schaut, fangt jetzt
nicht an zu überlegen, ob jene Raketen
Dort gibt es viele, die nachdenken. Die Frage ist nicht die, drück hier ab,
oder drück einen Knopf und fertig. Um einen Knopf zu drücken, muss es so um die
200 oder 300, oder wer weiß wie viele Leute geben, die entschlossen sind, einen
Knopf zu drücken. Die Militärs wissen es, sie verstehen ihr Fach, sie kennen
den Preis an Menschenleben, an Prestige. Sie sind vollkommen in Misskredit
geraten. Selbst mich haben die Ereignisse überrascht.
Seht, wie naiv wir sind. Ich kenne sie und weiß, wer sie sind und dass sie
keinerlei Skrupel kennen, aber ich hätte mir nicht die Regierung der
Vereinigten Staaten beim Foltern von Gefangenen vorstellen können. Mir schien,
dass sie zumindest das nicht tun würden, dass sie nicht so dumm sein würden,
das zu tun. Diese sadistischen Verfahrensweisen der körperlichen Folter, der
moralischen Folter, umsonst. Es ist beschämend, stößt ab, und es geschah nicht
nur an einem einzigen Ort.
Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass eines Tages der
Marinestützpunkt Guantánamo, ein mit Gewalt besetztes kubanisches Gebiet, zu
einem Folterzentrum werden würde. Und was für sadistische Foltermethoden. Ich
hatte es mir nicht vorgestellt. Ich glaubte es wirklich nicht… Ich glaubte,
dass jene unzivilisierte Zivilisation, jene Regierung, die Atombomben abwerfen
konnte, alles bombardieren konnte, nicht die Dummheit begehen würde,
Menschenwesen zu foltern, egal wer es wäre. Oder haben wir nicht auch mit
Kriminellen zu tun gehabt, die Kameraden von uns ermordet haben? Egal wer sie
waren, wir haben sie nie angerührt. Wir könnten demjenigen das ganze Geld des
Landes geben – viel ist es nicht, aber etwas hat es, wisst ihr? – der beweist,
dass hier auch nur einer der bösartigsten Häftlinge misshandelt worden ist,
auch wenn er Autor der schlimmsten Verbrechen, der größten Terrorakte gegen
unser Land gewesen wäre.
Wir haben Gefangene gehabt, und die von Girón, und Söldner die uns
überfallen haben, diejenigen, die gekommen und gelandet sind nachdem vorher
bombardiert worden war, die Frauen und Kinder ermordet haben. Dort, nach jenem
blutigen Kampf, bei dem 68 Stunden ununterbrochen gekämpft wurde. Sie bekamen
keine Ruhepause, weder bei Tag noch bei Nacht, weil das US-Geschwader mit der
Marineinfanterie schon dort darauf wartete, zu landen. Und das erzählt euch
nicht jemand, der es gehört hat, das
erzählt euch jemand, der unter anderem dort war, da das ein Leben lang meine
Gewohnheit gewesen ist. Ich war nie in einem Unterstand oder ähnlichem Ort, das
ist nicht meine Gewohnheit, das ist nicht meine Mentalität, das ist nicht meine
Art. Ich war dort an jenem Tag im
Morgengrauen, als die US-Marine eine Landung im Norden der Provinz Pinar del
Rio simulierte, in der Nähe der Hauptstadt. Wir sagten: „Aber ein
Landungsversuch? „Ja, ein Landungsversuch.“ „Der Landungsversuch bei Cabañas
wurde bestätigt“, genau so, wie man es mir vor knapp 24 Stunden gesagt hatte,
als man mich weckte: Landung bei Playa Larga, dort ist ein Trupp auf den Feind
gestoßen.
Anschließend, als sie Fallschirmspringer absetzten, war ich vollkommen
überzeugt, dass dies die Hauptrichtung war. Wir waren dort, man hatte uns einen
Panzerangriff abgewehrt. Wir waren dabei, einen weiteren von der anderen Seite
her vorzubereiten. Wir würden in ihrer Nachhut erscheinen, in Playa Larga und
in Girón, an beiden Stellen. Dort wartete ich auf ein Bataillon Panzer. Dort
war unsere Artillerie und schoss kräftig. Es kann sein, dass wir vor dem
Morgengrauen in Girón angekommen wären. Da machten die Yankees ein Manöver – es
gab noch nicht einmal die jetzige Autobahn; unsere Verkehrswege waren sehr
schlecht. Wir waren als Bataillone organisiert, nicht als Armee oder
Heereskorps oder Divisionen, nicht einmal als Brigaden. Als wir Guerillakrieger
waren, hatten wir nicht einmal Bataillone, weder Panzerbataillone, noch
Artilleriebataillone noch Luftabwehrbataillone, noch Batterien von
130er-Geschützen oder Batterien von 122er-Granatwerfern. Es war auf der Ebene von
Batterien, aber in den Bergen hatten wir nichts dergleichen.
Also genau gegenüber des US-Geschwaders. Dort gab es weder einen einzigen
standrechtlich Erschossenen, noch Schläge mit dem Gewehrkolben. Was zeigte das?
Dass die Ideen zum Bewusstsein geworden waren, dass die Ethik Bewusstsein war.
Und jene Soldaten, die entrüstet waren, haben niemanden misshandelt. Das
US-Geschwader in drei Meilen Entfernung, nicht in 12. Als wir in Girón
einfuhren, da waren sie dort mit ihren abgeschalteten Lichtern. Flugzeugträger,
Marineinfanterie auf Schiffen, die darauf warteten, eine Regierung einzusetzen.
Das ist es, was ich dir sagen möchte: ich kenne jene Leute. Ich hätte nie
gedacht, dass sie in der Lage wären, Gefangene zu foltern, weder in Guantánamo,
noch in Abu Ghraib. Ich hatte sie für etwas klüger eingeschätzt, ausreichend
bei Verstand, um so etwas nicht zu tun und ich habe dir gesagt, warum. Sie
können es nicht mit dem Hass und der Entrüstung rechtfertigen und deshalb
erwähnte ich dir gegenüber, dass wir oft Terroristen gefangen gehabt haben,
Söldner, Verräter und niemals haben wir sie misshandelt und sie haben es getan.
Deshalb sage ich dir schließlich, dass sie sich zu jenem Augenblick
zurückziehen werden, in dem sie können, zu dem Zeitpunkt, wo die moralischen
und politischen Kosten am geringsten sind; aber niemand weiß es. Vielleicht
entscheidet das US-amerikanische Volk eines Tages, dass diese sich aus jenem
Land zurückziehen müssen, unabhängig davon, wer die Vereinigten Staaten
regiert.
Nun gut, das sind schon Dinge, die geschehen können, sie sind nicht
abzuschätzen.
Erteile das Wort jemand anderem.
Beende diese Sitzung nicht, du wirst unpopulär werden. (Beifall)
Schnell zwei oder drei weitere.
Ich werde versuchen, mich knapp zu fassen. Ich muss versuchen, euch die
Dinge zu erklären.
Vladimir I. Yakunin: …Ich glaube wir haben
alle Arbeitsschutzgesetze bzw. -regeln verletzt.
Ich bitte die Konferenzteilnehmer, die Hände herunter zu nehmen. Es gibt einen sehr guten Refrain, der besagt:
„Man muss wissen, wann man sich zurückziehen muss.“
Ich glaube, wir müssen dem Vorsitzenden des Staats- und Ministerrats für
die uns gewidmete Zeit danken. Wir müssen ihm danken. (Beifall)
Comandante: Es kann sein, dass wir
uns dort wieder sehen, aber weder habt ihr mich zum Treffen eingeladen, noch
weiß ich, ob man mir ein Visum erteilen wird. (Lachen) Wann ist das Treffen, in
welchem Monat?
Vladimir I. Yakunin: Vom 3. bis 7. Oktober.
Comandante: Dieses Jahr?
Vladimir I. Yakunin: Jawohl.
Comandante: Wo wird es stattfinden?
Vladimir I. Yakunin: In Rodas, in
Griechenland.
Comandante: Werden Gäste geladen?
Vladimir I. Yakunin: Ja, natürlich.
Comandante: Welches sind die
Voraussetzungen, um …?
Vladimir I. Yakunin: Ihre Anwesenheit und
nichts weiter.
Comandante: Ich kann mich hier
nicht verpflichten, denn ich weiß nicht, ob ich gerade sehr beschäftigt sein
werde und ich will nicht, dass mein Versprechen…
Vladimir I. Yakunin: Vielleicht möchten Sie
es überdenken.
Comandante: Ich werde es
überdenken, ja ich werde es in Betracht ziehen, sicher. (Beifall)
Vielen Dank für eure Geduld.
Es lebe der Frieden!
Es lebe der Dialog zwischen den Kulturen! (Beifall)