UNSERE ERKENNTNISSE AUS DEM VI. HEMISPHÄRE-TREFFEN
IN HAVANNA
María Luisa Mendonça
präsentierte dem Treffen in Havanna den beeindruckenden Dokumentarfilm über den
manuellen Schnitt des Zuckerrohrs in Brasilien.
Wie bei den vorangegangenen
Betrachtungen habe ich, Abschnitte und Sätze des Originals benutzend, hier eine
Zusammenfassung der wesentlichen Äußerungen von María Luisa vorbereitet.
Wir wissen, dass der zentrale
Punkt der meisten Kriege der letzten Jahrzehnte in der Kontrolle über die
Energiequellen liegt. Sowohl in zentralen als auch in Ländern der Peripherie
ist der Verbrauch von Energie den privilegierten Schichten gewährleistet;
hingegen hat der Großteil der Weltbevölkerung keine Möglichkeit des Erhalts der
Grundleistungen. In den Vereinigten Staaten beträgt der Pro-Kopf-Verbrauch von
Energie 13 000 kW, während der Weltdurchschnitt bei 2 429 kW und in
Lateinamerika bei 1 601 kW liegt.
Das Privatmonopol auf
Energiequellen wird gewährleistet vermittels der in den bilateralen und
multilateralen Freihandelsabkommen enthaltenen Klauseln.
Die Rolle der peripheren Länder
besteht darin, für die reichen zentralen Länder Energie zu produzieren, was
eine neue Stufe des Kolonisierens darstellt.
Es macht sich erforderlich, die
Propaganda für die angeblichen Vorteile der Agrobrennstoffe zu entmythologisieren. Bei Äthanol ist es so,
dass Anbau und Verarbeitung des Zuckerrohrs die Böden und Trinkwasserquellen
verseucht, denn es wird eine große Menge Chemikalien benutzt.
Bei der Spiritusherstellung
entsteht ein Rückstand, die Schlempe, und zwar in der Größenordnung von 10 bis
13 Litern pro Liter Spiritus. Ein Teil dieses Rückstandes kann als Düngemittel
Verwendung finden, doch der größte Anteil verunreinigt Flüsse und Grundwasserquellen.
Produziert also Brasilien 17 oder 18 Milliarden Liter Spiritus pro Jahr, so
bedeutet das, dass in den Regionen der Zuckerrohrplantagen mindestens 170
Milliarden Liter Schlempe deponiert werden. Man stelle sich die Auswirkungen
auf die Umwelt vor.
Das Abbrennen des Zuckerrohrs
zur Erleichterung der Ernte zerstört einen großen Teil der Mikroorganismen des
Bodens, verschmutzt die Luft und verursacht Krankheiten der Atmungsorgane.
Das brasilianische Nationale
Institut für Raumforschung verfügt fast alljährlich den Notstand in Sao Paulo –
auf die Region entfallen 60 % der Spiritusproduktion Brasiliens, denn das
Abbrennen verursacht ein extremes Sinken der Luftfeuchtigkeit auf Werte
zwischen 13 und 15 Prozent und macht in der Region Sao Paulo, wo das Zuckerrohr
geerntet wird, das Atmen unmöglich.
Großes Interesse an der
Erweiterung der Produktion von Agroenergie haben, wie wir wissen, Unternehmen,
die mit genetisch modifizierten oder transgenen Organismen arbeiten; so
Monsanto, Syngenta, Dupont, Bass und Bayer.
In Brasilien hat das
Unternehmen Votorantim Technologien zur Produktion eines transgenen – nicht
essbaren – Zuckerrohrs entwickelt und wir wissen, dass viele andere Unternehmen
sich mit der Entwicklung dieser gleichen Art Technologie befassen. Da nun die
Verseuchung der normalen Anbauflächen durch die transgenen Organismen nicht
vermieden werden kann, bedeutet dieses Vorgehen eine Gefahr für die
Nahrungsmittelproduktion.
Im Zuge der Entnationalisierung
des brasilianischen Staatsgebietes haben – neben den Megaunternehmern George
Soros und Bill Gates – große Unternehmen Zuckerrohrplantagen erworben; so
Bunge, Novo Group, ADM und Dreyfus.
Auch wissen wir, dass die
Erweiterung der Spiritusproduktion die Vertreibung der Bauern von ihrem Grund
und Boden verursacht und eine Abhängigkeit von der Zuckerrohrwirtschaft, wie
wir es nennen, geschaffen hat; denn es ist nicht so, dass die Industrie des
Zuckerrohrs Arbeitsplätze schafft. Das Gegenteil ist der Fall, sie schafft
Arbeitslosigkeit, denn diese Industrie ist es, die das Territorium unter
Kontrolle hat. Das bedeutet, es gibt keine Räume für andere
Produktionsbereiche.
Gleichzeitig wird Propaganda
entfaltet für die Effizienz dieser Industrie. Wir wissen, dass sie auf der
Ausbeutung einer billigen und sklavischen Arbeitskraft basiert. Die Arbeiter
werden je nach der Menge des geschnittenen Zuckerrohrs und nicht nach den
gearbeiteten Stunden entlohnt.
Der Bundesstaat Sao Paulo
verfügt über die – in Anführungsstrichen –
modernste Industrie und ist der größte Produzent des Landes. Hier bewegt
sich das Soll eines jeden Schnitters zwischen 10 und 15 Tonnen Zuckerrohr pro
Tag.
Professor Pedro Ramos von der
Universität Campinas hat folgende Berechnungen angestellt: In den 80er Jahren
bewältigten die Schnitter etwa vier Tonnen pro Tag für mehr oder weniger fünf
Dollar. Gegenwärtig müssen sie für drei Dollar pro Tag 15 Tonnen Zuckerrohr
bringen.
In einer Studie des
brasilianischen Ministeriums für Arbeit heißt es, dass früher 100 Quadratmeter
Zuckerrohr 10 Tonnen ergaben und dass heute mit dem transgenen Zuckerrohr für
10 Tonnen 300 Quadratmeter zu bewältigen sind. So müssen also die Schnitter, um
10 Tonnen zu erzielen, das Dreifache arbeiten. Diese Ausbeutung hat bei den
Arbeitern zu ernsten gesundheitlichen Problemen, ja bei manchen sogar zum Tode
geführt.
Eine Ermittlerin des
Ministeriums für Arbeit in Sao Paulo sagt, dass der Zucker und der Spiritus
Brasiliens von Blut, Schweiß und Tod getränkt sind. Im Jahr 2005 hat das
Ministerium für Arbeit in Sao Paulo 450 Todesfälle registriert, denen andere
Ursachen zugrunde lagen; so Ermordungen und Unfälle, denn der Transport auf die
Plantagen ist äußerst unsicher, wie auch Krankheiten wie Herzschlag und Krebs.
María Cristina Gonzaga
recherchierte für diese Studie des Ministeriums für Arbeit, aus der ersichtlich
wird, dass in den letzten fünf Jahren allein im Bundesstaat Sao Paulo 1 383
Zuckerrohrarbeiter verstorben sind.
Auch die Sklavenarbeit ist
üblich in diesem Bereich. Die Arbeiter, von Vermittlern verlockt, stammen
größtenteils aus dem Nordosten und aus Minas Gerais. Normalerweise gibt es
keine Direktverträge mit dem Unternehmen, sondern diese werden über die
Vermittler geschlossen – in Brasilien nennen wir sie „gatos“ – die die Arbeitskräfte für die Plantagen auswählen.
Im Jahr 2006 inspizierte die
Staatsanwaltschaft 74 Plantagenkomplexe, alle in Sao Paulo, und im Ergebnis
dieser Überprüfung wurde gegen alle Anklage erhoben.
Im Monat März dieses Jahres
befreiten die Anwälte des Ministeriums für Arbeit in Sao Paulo 288 Personen aus
ihren Lage Sklavereibedingungen.
Im gleichen Monat holten sie im
Staat Mato Grosso 409 Arbeiter aus einer Spiritus produzierenden
Zuckerrohrplantage. Unter ihnen befanden sich 150 Arbeiter der indigenen
Bevölkerung. Hier im Landeszentrum, in Mato Grosso, ist es üblich, die
Eingeborenen zur Sklavenarbeit im Zuckerrohr zu benutzen.
Jedes Jahr leiden Hunderte von
Arbeitern auf den Zuckerrohrpflanzungen unter ähnlichen Bedingungen. Wie sehen
diese Bedingungen aus? Sie arbeiten ohne offizielle Registrierung, ohne
Arbeitsschutz, ohne Wasser und adäquate Verpflegung, ohne Zutritt zu Bädern und
mit sehr erbärmlichen Unterkünften. Zahlen müssen sie für Unterkunft,
Verpflegung, die sehr teuer ist, für Arbeitsmittel wie Schuhwerk und Machete,
und bei Arbeitsunfällen, deren es sehr
viele gibt, erhalten sie natürlich keine adäquate Behandlung.
Für uns besteht die Kernfrage
in der Beseitigung des Latifundiums, denn hinter diesem modernen Image steht
ein zentrales Problem, nämlich der Großgrundbesitz in Brasilien und natürlich
auch in anderen lateinamerikanischen Ländern. Auch ist eine ernste Politik der
Nahrungsmittelproduktion vonnöten.
Ich möchte Ihnen nun einen
Dokumentarfilm zeigen, den wir mit Zuckerrohrarbeitern im Staat Pernambuco
gedreht haben. Diese ist eine der Hauptregionen des Zuckerrohrs. Hier werden
Sie sich selbst von den Bedingungen überzeugen.
Der Dokumentarfilm entstand
unter Mitarbeit der Comisión Pastoral de
So endet der Vortrag der
hervorragenden und applaudierten brasilianischen Führungspersönlichkeit.
Im Folgenden nun die Aussagen
der Zuckerrohrschnitter, wie sie im Filmmaterial von María Luisa festgehalten
sind. Werden die Personen im Film nicht identifiziert, so wird doch gesagt, ob
es sich um einen Mann, eine Frau oder einen Jugendlichen handelt. Aufgrund
ihres Umfangs werde ich nicht alle nennen.
Severino Francisco da Silva:
Als ich 8 Jahre alt war, ging mein Vater auf die Zuckerrohrpflanzung El Junco.
Und als ich kam – ich war noch keine neun Jahre alt – begann mein Vater zu
arbeiten und ich schnürte die Bündel mit ihm. Auf der Pflanzung El Junco habe
ich 14 oder 15 Jahre gearbeitet.
Eine Frau: Seit 36 Jahren lebe
ich hier aus dieser Zuckerrohrpflanzung. Hier habe ich geheiratet und 11 Kinder
zur Welt gebracht.
Ein Mann: Seit vielen Jahren
schneide ich Zuckerrohr, ich kann nicht einmal zählen.
Ein Mann: Mit sieben Jahren
begann ich zu arbeiten, und mein Leben ist das Schneiden von Zuckerrohr und
Entfernen von Gestrüpp.
Junger Mann: Hier bin ich
geboren, bin jetzt 23 Jahre alt, und mit neun Jahren begann ich, Zuckerrohr zu
schneiden.
Eine Frau: 13 Jahre habe ich
hier in Planta Salgado gearbeitet, Zuckerrohr gesät, Düngemittel ausgebracht,
das Zuckerrohr gesäubert, Unkraut entfernt.
Severina Conceiçäo: Ich kann alle diese
landwirtschaftlichen Arbeiten machen: düngen, Zuckerrohr anbauen. Ich habe das
alles mit so einem dicken Bauch gemacht (Sie bezieht sich auf die
Schwangerschaft) und mit dem Korb an meiner Seite habe ich weitergearbeitet.
Ein Mann: Arbeit? Alle Arbeiten sind schwierig, aber
die Zuckerrohrernte ist das schlimmste was es in Brasilien gibt.
Edleuza: Wenn ich nach Hause komme, wasche ich ab,
räume zu Hause auf, mache die Hausarbeiten, mache alle Arbeiten. Ich habe
Zuckerrohr geschlagen und manchmal kam ich nach Hause und war nicht einmal in
der Lage abzuwaschen, weil meine Hände vollkommen geschunden waren, voller
Schwielen.
Adriano Silva: Es ist so, dass der Verwalter auf
Arbeit sehr viel fordert. Manche Tage schlägt man Zuckerrohr und bekommt es
bezahlt, aber es gibt Tage, an denen man nichts bezahlt kriegt. Manchmal ist es
ausreichend, manchmal nicht.
Misael: Das hier ist eine böse Situation, der
Verwalter versucht das Gewicht des Zuckerrohrs zu vermindern. Er sagte, dass
wir das erhalten hätten, was wir gearbeitet hätten und fertig. Wir arbeiten wie
die Sklaven, verstehen Sie? Auf diese Art und Weise geht’s nicht!
Marcos: Die Arbeit in der Zuckerrohrernte ist eine
Sklavenarbeit, es ist eine schwierige Arbeit. Wir gehen um 3 Uhr früh los und
kommen um 8 Uhr abends zurück. Das ist nur für den Besitzer gut, da er mit
jedem Tag mehr verdient. Der Arbeiter verliert, wenn die Produktion geringer
wird, und der Besitzer behält alles.
Ein Mann: Manchmal gehen wir schlafen, ohne uns
gewaschen zu haben, es gibt kein Wasser. Wir baden in einem kleinen Bach hier,
der dort unten lang fließt.
Ein Jugendlicher: Hier gibt es kein Brennholz zum
Kochen. Jeder muss selbst losgehen, Brennholz besorgen, wenn er essen will.
Ein Mann: Das Mittagessen ist das, was man von zu
Hause mitbringt. Man bringt ein Essen mit, und ist hier, unter dieser Sonne.
Und man lebt so dahin und versucht hinzukommen.
Ein Jugendlicher: Wer viel arbeitet, braucht
ausreichend Ernährung. Während der Besitzer der Zuckerfabrik Privilegien hat,
vom Guten und Besten hat, leiden wir hier.
Eine Frau: Ich habe oft gehungert. Viele Nächte habe
ich mich hungrig schlafen gelegt, manchmal hatte ich nichts zu essen, weder für
mich noch für meine Tochter. Manchmal habe ich Salz besorgt, dass war das, was
man am leichtesten bekommen konnte.
Egidio Pereira: Die Leute haben zwei oder drei
Kinder, und wenn man sich nicht in Acht nimmt, stirbt man vor Hunger. Es reicht
nicht zum Leben.
Ivete Cavalcante: Hier gibt es keinen Lohn. Für acht
Reale muss man eine Tonne Zuckerrohr von den Blättern befreien. Man verdient,
was man abzuschlagen in der Lage ist: Wenn man eine Tonne reinigt, dann
verdient man acht Reale, es gibt keinen Festlohn.
Eine Frau: Lohn? Davon weiß ich nichts.
Reginaldo Souza: Manchmal zahlen sie uns Geld aus.
Jetzt in der Saison bezahlen sie mit Geld, aber im Winter bekommen wir alles
durch Bons, d.h. Gutscheine, bezahlt.
Eine Frau: Der Bon. Das geht so: Man arbeitet, er
schreibt alles auf einem Zettel auf und gibt den der Person, damit diese im
Laden kaufen kann. Die Person sieht das Geld nicht, das sie verdient.
José Luis: Der Verwalter macht mit den Leuten, was er
will. Es ist so, dass ich ihn herbeigerufen habe, um „den Durchschnitt“ aus dem
Zuckerrohr zu berechnen, aber er wollte nicht. Das heißt: in diesem Fall zwingt
er die Person mit Gewalt zur Arbeit. So arbeitet diese gratis für das
Unternehmen.
Clovis da Silva: Das macht uns fertig! Man schlägt
einen halben Tag Zuckerrohr und glaubt, dass man ein bisschen Geld bekommen
wird. Und wenn er kommt, um die Menge zu bestimmen, erfahren wir, dass die
Arbeit nichts wert war.
Natanael: Der Lastwagen für den Viehtransport
befördert hier Arbeiter und unter schlechteren Bedingungen als das Pferd des
Besitzers. Denn wenn der Besitzer das Pferd auf den Lastwagen bringt, stellt er
ihm Wasser hin, streut Sägespäne auf den Boden, damit das Pferd nicht seine
Hufe verletzt, legt ihm Futter hin und eine Person zur Begleitung. Und die
Arbeiter, die sollen irgendwie zurechtkommen: wenn die reingehen, wird die Tür
zugemacht und fertig. Sie behandeln die Arbeiter, als ob diese Tiere wären. Das
Programm „Pro-Álcool“ hilft den Arbeitern
nicht, es hilft nur den Zuckerrohrlieferern, hilft den Besitzern und bereichert
sie immer mehr. Denn wenn es Arbeitsplätze für die Arbeiter schaffen würde, das
wäre für uns das Wichtigste, aber es schafft keine Arbeitsplätze.
José Loureno: Sie haben alle diese Macht, weil sie im
Landes- oder Bundesparlament einen Politiker haben, der die Zuckerfabriken
vertritt. Es gibt Besitzer, die Abgeordnete sind, Minister, Verwandte von
Zuckerfabrikbesitzern und diese ermöglichen diese Situation für die Besitzer
und für die Zuckerfabrikbesitzer.
Ein Mann: Unser Kampf
scheint nie aufzuhören. Wir haben keinen Urlaub, kein Weihnachtsgeld,
das geht alles verloren. Außerdem erhalten wir nicht einmal einen Viertellohn,
was obligatorisch ist. Das ist das, womit wir die Anziehsachen zum Jahresende
kaufen und eine Kleidung für die Kinder. Sie geben uns nichts dergleichen, und
wir sehen, dass die Situation jeden Tag schwieriger wird.
Eine Frau: Ich bin als Arbeiterin eingetragen und
hatte nie ein Anrecht auf irgendetwas, nicht einmal auf eine Krankschreibung.
Wenn wir schwanger werden, haben wir ein Anrecht auf ärztliches Attest, aber
ich hatte nicht dieses Recht, diese Garantie für die Familie. Ich hatte auch
kein Weihnachtsgeld. Ich erhielt immer eine Kleinigkeit, dann habe ich es nicht
mehr bekommen.
Ein Mann: Seit 12 Jahren zahlt er weder
Weihnachtsgeld noch Urlaub.
Ein Mann: Man darf nicht krank werden, man arbeitet
Tag und Nacht auf dem Lastwagen, beim Zuckerrohrschlagen, im Morgengrauen.
Meine Gesundheit ist verloren gegangen, ich war kräftig.
Reinaldo: Einmal hatte ich nur Turnschuhe an, und als
ich mit der Machete zuschlug, um das Zuckerrohr zu schlagen, traf ich meinen
Zeh und habe mich geschnitten. Ich habe meine Arbeit beendet und bin nach Hause
gekommen.
Ein Jugendlicher: Arbeitsstiefel gibt es nicht, es
wird so gearbeitet. Viele arbeiten barfuss, es sind keine Arbeitsbedingungen
vorhanden. Sie heben gesagt, dass die Zuckerfabrik Arbeitsstiefel spenden
würde. Vor einer Woche hat er sich in den Fuß geschnitten (er zeigt auf den
Mann), weil es keine Stiefel gibt.
Ein Jugendlicher: Ich war krank, ich war drei Tage
lang krank. Ich bekam nichts bezahlt, sie haben mir nichts bezahlt. Ich bin zum
Arzt gegangen und um ein Attest gebeten und sie haben es mir nicht gegeben.
Ein Jugendlicher: Es kam einmal ein Junge aus
„Macugi“. Er arbeitete und währenddessen begann er sich plötzlich sehr schlecht
zu fühlen und musste brechen. Die Anstrengungen sind groß, die sonne brennt
sehr heiß und die Leute sind nicht aus Eisen, der menschliche Organismus hält
das nicht aus.
Valdemar: Dieses Gift, das wir verwenden bringt viele
Krankheiten mit sich (er spricht von den Unkrautvertilgungsmitteln). Es
verursacht mehrere Krankheitsarten: Haut- und Knochenkrebs, es gelangt ins Blut
und schädigt die Gesundheit. Es wird einem übel und schwindlig und man kann
sogar umfallen.
Ein Mann: In den Zeitspannen zwischen den Ernten gibt
es praktisch keine Arbeit.
Ein Mann: Man muss die Arbeit machen, die der
Besitzer anordnet. Denn, wissen sie, wenn wir es nicht tun... Wir haben nichts
zu sagen, sie geben die Befehle. Wenn sie einem eine Aufgabe zuteilen, dann
muss man sie machen.
Ein Mann: Ich bin hier und hoffe darauf, dass ich
eines Tages ein kleines Stück Land haben kann und so mein Leben auf dem Lande
zu Ende leben kann, damit ich meinen Bauch voll kriege und die Bäuche meiner
Kinder und meiner Enkel, die hier bei mir leben.
Gibt es vielleicht noch etwas Anderes?
Ende des Dokumentarfilms.
Niemand ist dankbarer für dieses Zeugnis als ich und
für die Vorstellung von María Luisa, deren Zusammenfassung ich gerade
erarbeitet habe. Das ruft mir die Erinnerungen meiner ersten Lebensjahre ins
Gedächtnis, eines Alters, in dem die Menschen äußerst aktiv zu sein geruhen.
Ich wurde auf einem Zuckerrohr-Großgrundbesitz
geboren. Es war ein Privateigentum, das
im Norden, Osten und Westen von großen Ländereien umgeben war, deren Grund und
Boden Eigentum von drei transnationalen US-Unternehmen war, die zusammen mehr
als 250 000 Hektar Land besaßen. Das Zuckerrohr wurde manuell und grün
geschlagen, damals verwendete man keine Unkrautvertilgungsmittel, nicht einmal
Düngemittel. Eine Plantage konnte mehr als 15 Jahre Früchte bringen. Die
Arbeitskraft war so billig, dass die Transnationalen viel Geld verdienten.
Der Eigentümer des Zuckerrohrlandguts, wo ich geboren
wurde, war ein Einwanderer galicischer Herkunft aus einer einfachen
Bauernfamilie, praktisch Analphabet. Er wurde zuerst anstelle eines Reichen als
Soldat hergebracht, da jener bezahlte, um dem Militärdienst auszuweichen und am
Ende des Krieges wurde er in die Heimat nach Galicien zurückgesendet. Er kaum
auf eigene Faust nach Kuba zurück, wie es unzählige Galicier taten, die in
lateinamerikanische Länder reisten. Er arbeitete als Landarbeiter einer
wichtigen Transnationale, der United Fruit Company. Er hatte Voraussetzungen
als Organisator, er rekrutierte eine große Anzahl Tagelöhner wie er selbst,
wurde zum Unternehmer und kaufte schließlich mit dem kumulierten Mehrwert ein
Grundstück im an das große US-Unternehmen im Süden angrenzenden Gebiet. Die
kubanische Bevölkerung in der Ostregion, die viel Tradition im
Unabhängigkeitskampf hat, hatte bedeutend zugenommen und ihr standen keine
Ländereien zur Verfügung. Aber das Hauptgewicht der Landwirtschaft im Ostgebiet
fiel zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts auf die Sklaven, die wenige Jahre
vorher freigelassen worden waren, oder diejenigen, die von ehemaligen Sklaven
abstammten und auf die Einwanderer aus Haiti. Die Haitianer hatten keine
Familie. Sie lebten allein in ihren miserablen Häusern aus Palmblättern und
–holzbrettern, die in Gehöften angeordnet waren und wo nur zwei oder drei
Frauen unter ihnen lebten. Während der wenigen Monate der Zuckerrohrernte,
wurden die Hahnenkämpfe eröffnet. Dort
verspielten die Haitianer ihre miserablen Einkommen und den Rest verwendeten
sie, um Lebensmittel zu kaufen. Diese waren teuer, da sie über viele
Zwischenhändler gingen.
Der Eigentümer galicischer Herkunft wohnte dort, auf
dem Zuckerrohrgut. Er hatte die Gewohnheit, durch die Plantagen zu gehen und
sprach mit jedem, der das wollte oder der etwas wünschte. Er kam oft den
Forderungen nach, und zwar mehr aus humanitären Gründen als aus
wirtschaftlichen. Er konnte Entscheidungen treffen.
Die Verwalter der Plantagen der United Fruit Company
waren US-Amerikaner, die sorgfältig ausgesucht worden waren und gut bezahlt
wurden. Sie lebten mit ihren Familien in prächtigen Villen und an ausgesuchten
Orten. Sie waren wie entfernte Götter, welche die hungrigen Arbeiter mit
Ehrfurcht erwähnten. Man sah sie nie auf dem Feld, wo Zuckerrohr geschlagen
wurde. Dort handelten seine Untergebenen. Die Aktienbesitzer der großen
Transnationalen lebten in den Vereinigten Staaten oder an irgendeinem Ort auf
der Welt. Die Ausgaben der Plantagen hatten ihr Budget und niemand konnte es
auch nur einen Centavo erhöhen.
Ich kenne die Familie des Einwanderers galicischer
Herkunft aus zweiter Ehe mit einer jungen sehr armen kubanischen Bäuerin sehr
gut, die wie er nie zur Schule gehen konnte. Sie war sehr selbstlos und widmete
sich sehr der Familie und den wirtschaftlichen Aufgaben der Plantage.
Diejenigen, die im Ausland diese Überlegungen im
Internet lesen, werden überrascht sein, wenn sie erfahren, dass dieser Besitzer
mein Vater war. Ich bin der dritte Sohn von den sieben Kindern dieser Ehe. Wir
wurden in einem Zimmer eines Landhauses geboren, weit entfernt von irgendeinem
Krankenhaus, nur von einer Hebamme betreut, einer Bäuerin, die sich mit Leib
und Seele ihrer Aufgabe widmete und nur ihre praktischen Kenntnisse besaß. Alle
jene Ländereien wurden von der Revolution dem Volk übergeben.
Ich möchte nur noch hinzufügen, dass wir das
Nationalisierungsdekret des Patents für eine Pharmazeutische Multi für die Produktion und Vermarktung in
Brasilien eines Medikaments gegen AIDS, das Efavirenz, das einen überhöhten
Preis hat, vollkommen unterstützen – genau wie viele andere – sowie ebenfalls die kürzliche, gegenseitig befriedigende Lösung
des Konflikts über die zwei Erdölraffinerien mit Bolivien.
Ich wiederhole, dass wir große Hochachtung vor dem
brasilianischen Brudervolk hegen.
Fidel Castro Ruz
14. Mai 2007
17.12 Uhr