Reflexionen des Comandante en Jefe
EIN BEISPIEL KOMMUNISTISCHEN
VERHALTENS
Ich spreche hier von einer chilenischen Frau, Elena
Pedraza, einer hochqualifizierten Rehabilitation-Fachkraft. Vor über 40 Jahren hat sie Kuba ihren ersten
Besuch abgestattet. Damals war Allende, von Beruf Arzt, noch nicht Präsident
von Chile. Es waren noch keine 8 Jahre
seit dem Sieg der Kubanischen Revolution
vergangen, aber diese bildete aus voller Kraft
Lehrer, Ärzte, Physiotherapeuten und Fachkräfte für das Gesundheitswesen
aus.
Ich schreibe diese Reflexion teils als Zusammenfassung der von mir
erhaltenen sechs kleingedruckt beschriebenen Seiten. Sie ist etwas
umfangreicher als gewöhnlich, aber ich schreibe sie mit der Idee, dass später
in einem Zeitungs- oder Zeitschriftenartikel der vollständige Wortlaut der Rede
veröffentlicht wird, den die chilenische Expertin am Morgen des 15. März
Wollen wir sie
selbst zu Wort kommen lassen:
„Ich bin im Jahr 1966 gekommen und Kuba begann eine
historische Etappe, deren Beginn von großen Schwierigkeiten und
Mangelerscheinungen gekennzeichnet war. Es waren dringliche Probleme zu lösen,
unter anderen das des Gesundheitswesens, das als vorrangig angesehen wurde…“
„…Es wurde ein auf diesem Fachgebiet vorbereitetes
Personal benötigt und dementsprechend musste dessen Ausbildung in Angriff
genommen werden, wobei der Zeitfaktor eine bestimmte Dringlichkeit auferlegte;
aber es musste getan werden, und das trotz aller im Land bestehender Beschränkungen.“
„Jedoch gewinnt
die Gesellschaft immer mehr Bewusstsein über die Ausgrenzung, in welcher die
Behinderten leben. In Kuba gab es zum Beispiel nur eine geringe Anzahl
empirischer Physiotherapeuten, einige von denen ihre Ausbildung in den
Vereinigten Staaten in Sommerkursen erhalten hatten; andere verließen das Land.
„Der Gesundheitsminister jener Zeit, Dr. Machado Ventura,
sagte zu mir, als er mich kennen lernte: ‘wir müssen Physiotherapeuten für das
gesamte Land ausbilden, aber das muss sofort geschehen’. Ich antwortete ihm mit
einer Zusage und fragte ihn, was ich mitbringen sollte, um diese Mission zu
erfüllen. Er antwortete mir: ‘es werden Bücher benötigt’ und ohne zu zögern
bestand er darauf: ‘es werden Bücher benötigt’. Ich habe diese Anregung nie
vergessen. Sie stellte für mich eine Verpflichtung dar, die ich immer zu
erfüllen versucht habe.“
„Meine Ausbildung
als Kinästhesistin begann im Jahr 1930..."
„Meine während 30 Jahren
in meinem Land, in Chile, gesammelten Berufserfahrungen waren schwierig…“
„Ich beendete meine
Arbeitsjahre in Chile, aber ich habe keinen Augenblick überlegt, um diese
Verpflichtung in Kuba im Jahr 1966 erneut zu beginnen.
Zu meinen ersten Kontakten
gehörte das Krankenhaus Frank País. Diese Einrichtung war für die
Behandlung von Patienten im Kindes- und Erwachsenalter im Fachgebiet
Traumatologie und Orthopädie sehr gut ausgerüstet. Man erläuterte mir, dass
diese Institution früher ihre Gesundheitsbetreuung sehr ausgewählten Patienten
zukommen ließ und dass damals nur eine geringe Anzahl der ärmsten Bevölkerung
Zugang zu diesen Behandlungen hatte.“
„In dem Maße, in dem ich
das Ambiente kennen lernte, in dem ich arbeiten sollte, sah ich die Notwendigkeit
eine sehr umfangreiche Arbeit zu leisten und dass diese auch auf lange Zeit
sein würde. Schon zu jenem Zeitpunkt beobachtete ich die Sorge des Staates, das
Recht der Bevölkerung auf Gesundheit und die Reha-Behandlung im ganzen Land zu
gewährleisten.
Es musste begonnen
werden. Ich bin durch einen Großteil des Landes gereist und habe einige Orte
kennen gelernt: ich war in Santiago de
Cuba, einer sehr schönen Stadt im Kolonialstil. Dort machte ich in einem
kleinen Behandlungszentrum für Patienten mit Folgeerscheinungen verschiedener
neuromotorischer Störungen meinen ersten Versuch, einen elementaren Schulungskurs
zu geben. Die Einrichtung wurde von Dr. González Corona geleitet…“
“Dieser Arzt baute seine
eigenen Vorrichtungen zur Behandlung seiner Patienten. Er erzählte mir, wie er
selbst die Lauf-Apparate für die an den Folgen der Kinderlähmung leidenden
Kinder aus Alu-Blech-Abfall angefertigte. Außerdem baute er Barren und ein laienhaft
gebautes Schwimmbad für die Übungen im Wasser.“
„Offiziell habe ich im
Jahr 1966 eine weitere programmierte Schulung über Kinästhetik für Studenten
der Reha-Behandlung des Krankenhauses Frank País gegeben...“
„Bei dieser Gelegenheit
begriff ich, wie richtig es gewesen war, die wichtigsten Bücher mitgebracht zu
haben, um eine tadellose Lehrtätigkeit geben zu können. Es waren keine
Lehrmaterialien vorhanden, alles musste mit den Mitteln gemacht werden, die wir
zur Verfügung hatten. Aber das Bestreben der Studenten zu lernen war so groß
und mein Interesse daran, einen Unterricht zu geben, über den es keine
Referenzen gab und der in meiner Fachrichtung keiner Bewertung unterlag,
sondern vollkommen auf meiner in meinem Land erworbenen Erfahrung beruhte und
auf einer Verantwortung, die ich meines Erachtens während meines gesamten, der
Krankenhauspraxis gewidmeten Lebens bewiesen habe.“
„Das war der Anfang, der mir als Muster für
die folgenden Kurse diente, die später folgten, und mit der gewonnenen
Erfahrung haben wir jedes Jahr mit viel Hingabe die Programme angepasst. Als diese
endeten – sie dauerten inzwischen drei Ausbildungsjahre – ermöglichte es uns
die Erfahrung, das integrale Lehrmaterial vorzubereiten; d.h. die wichtigsten
Grundlagen eines Programms jener Art für Direktstudienkurse.“
„Bei meinem zeitweiligen
Aufenthalt in diesem Krankenhaus konnte ich viele Erfahrungen sammeln, die mir
in den Jahren, in denen ich meine Tätigkeit in Kuba ausübte, sehr wertvoll
waren.
Der Weg zur Entwicklung
dessen, was heute die Reha-Behandlung in Kuba ist, wurde mit jenen Episoden
geebnet, von denen ich erzähle, davon, was diese Fachrichtung war und wie sie
von Jahr zu Jahr wuchs, bis sie zu dem wurde, was wir heute bei diesem Kongress
sehen können.“
„…Zu Informationszwecken
besuchte ich die Krankenhäuser und Polikliniken in Randvierteln aller
Landesgebiete, selbst an den am weitesten abgelegenen Orten. In einigen fand ich
kleine, sich organisierende Reha-Abteilungen vor, auch wenn diese sehr
bescheiden und eng waren. Andere, schon eingerichtete boten der Bevölkerung
diese Behandlung, verfügten aber über ungenügend in dieser Fachrichtung
ausgebildetes Personal.“
„…Interessant war, die von allen unternommenen
Anstrengungen zu beobachten, auf diesem Weg Schritt für Schritt voranzukommen,
an dem wir alle beteiligt waren. Diese Erfahrung war sehr wichtig für mich, ich
habe gesehen, wie ausgehend vom Bildungs- und Gesundheitsministerium die
geeigneten Abteilungen geschaffen wurden, um den zukünftigen Studenten eine
bessere Vorbereitung zu gewährleisten, z. B. wurde das zur Aufnahme für die
Kinästhetik-Kurse notwendige Schulausbildungsniveau erhöht und ebenfalls weitere
Fächer zu den mit der Fachrichtung in Verbindung stehenden Programmen
hinzugefügt.“
„Im Jahr 1979 habe ich meine ersten Unterrichtstunden als
Dozentin für Kinästhetik innerhalb des Lehrprogramms für Assistenzärzte der
Fachrichtung Reha-Behandlung gegeben… Ich habe sie gelehrt, immer die
Kontrollbewertung zu führen, Ungenauigkeiten und negative Kommentare zu
vermeiden, um den Behandlungsplan angemessen voranzubringen. Ich konnte feststellen,
dass das immer eine ethische Norm sein sollte und dass so verhindert wird, dass
der Patient sich bei Beginn einer Behandlung erniedrigt fühlt.
Meine Jahre im Julio
Díaz waren sehr bereichernd. Sie haben es mir ermöglicht, alle jene
Situationen kennen zu lernen, die ein Behinderter erlebt. Die Einrichtung hatte
sowohl stationäre als auch ambulante Behandlung und war für eine zahlreiche
Bevölkerungsgruppe zuständig. In dem Maße, in dem ich diese Erinnerungen
aufschreibe, versetze ich mich in jene ferne Zeit. Ich sollte sagen, dass ich
ein edelmütiges und solidarisches Volk kennen gelernt habe. Das Krankenhaus
wurde mit immer neuen Elementen ausgerüstet, um den Patienten eine vollständigere
Behandlung zu geben. Jedes Jahr wurden sowohl Behandlungen in neuen
Fachrichtungen hinzugefügt, als auch sein Gebäude erweitert, bis es zu dem
wurde, was es heute ist, eine kleine Stadt.“
„… Ich konnte
feststellen, dass ein Physiotherapeut die theoretischen und praktischen
Grundlagen seiner Erziehung nicht vergisst, und noch weniger sollte vergessen
werden, immer weiter zu studieren und gleichzeitig auf dem aktuellsten Stand zu
bleiben.
Diese Einrichtung war für
mich das, wie man die Zuneigung für sein Zuhause fühlt. Ich kann so viele von
mir mit so vielen Arbeitskollegen, Physiotherapeuten,
Ärzten und Hilfspersonal erlebte Dinge nicht vergessen. Diese haben mir immer eine warmherzige Hochachtung
entgegengebracht…“
“Ich muss auch meine
zeitweilige Tätigkeit in anderen Krankenhäusern denken, wo ich Unterricht
gegeben, Konferenzen erteilt und Schulungen durchgeführt habe, wie zum Beispiel
das Krankenhaus Hermanos Ameijeiras, unter anderen. In den 70er Jahren
haben wir im Exil lebenden Chilenen (obwohl ich mich in Kuba niemals als im
Exil-Lebende gefühlt habe) beschlossen, einen Geldbeitrag zum Erwerb von 23
Buchbänden der Fachrichtung Kinästhetik zu leisten, um zur Entwicklung der
Medizin in Kuba beizusteuern. Dies geschah als Reaktion auf die kaum vorhandene
Möglichkeit, ausländische Lehrbücher zu bekommen, die so notwenig gebraucht
wurden, um den Unterricht und die Vorbereitung des Fachpersonals zu
verbessern.“
„Dieser Kongress vermittelt eine sehr
komplette Sicht darüber, was bezüglich Reha-Behandlung im ganzen Land getan
wird. Das widerspiegelt die Sorge der Regierung und des Ärztegremiums hierum, und
außerdem das Interesse an der Weiterbildung des verschiedenen Fachpersonals, das
zu einem Reha-Team gehört, das in diesem Fachgebiet und in dieser Fachrichtung
arbeitet.“
„Das Motto dieses Kongresses ‘Behinderung, Rehabilitation,
Menschlichkeit’ verpflichtet uns, dem, was wir den Behinderten geben, viel mehr
Wertschätzung beizumessen. Wir bemühen uns, eine Rehabilitation zu geben, aber
als dieses Motto auf dieses Wort ‘Menschlichkeit’ erweitert wurde, wurde mir
bewusst, dass dies nicht nur einfach ein weiteres Wort ist, sondern ein Aufruf
an das Innerste: die Menschlichkeit und Würde der Lebewesen.“
„Auf diesem Internationalen Kongress kann man
das große Volumen an Arbeit der kubanischen Ärzte und anderen Mitglieder des Reha-Teams
wahrnehmen. Hier werden die Erfahrungen auf allen Gebieten der medizinischen
Fachrichtungen dargelegt, was die beständige Hingabe und Verantwortung bei den
inländischen und ausländischen, dem Kongress vorgelegten Beiträgen beweist.“
„Ich möchte den jungen
Menschen, die meine Studentinnen und Studenten waren, von denen so viele heute
schon Fachleute mit großer Erfahrung und Prestige sind, einen herzlichen,
freundschaftlichen Gruß übermitteln. Ich habe mit ihnen solche erfreuliche Aufgaben
wie freiwillige unbezahlte Arbeitseinsätze geteilt, die in Kuba immer
Bestandteil der Arbeit der Bürger war.“
„Havanna, den März 2002“
Als der von der Regierung
der Vereinigten Staaten finanzierte faschistische Putsch in Chile stattfand und
tausende Bürger inhaftiert, gefoltert, verschwinden lassen oder ermordet
wurden, sowohl innerhalb als außerhalb ihres Landes, übersiedelte Elena Pedraza
nach Kuba, von wo aus sie in verschiedenen Länder reiste, um die weltweite
Solidarität der Frauen zu fordern. Sie führte in unserem Land ihre Forschungen
und ihr Ausbildungsprogramm weiter. Später kehrte sie in ihr Herkunftsland
zurück, von wo aus sie weiter Kuba unterstützt.
Vor wenigen Tagen konnte
ich einen Blick in ein ausgezeichnetes Buch werfen, dessen Verfasserin, Frau Doktor
Debra Rose, Bürgerin der Vereinigten Staaten ist, wo gerade die Rehabilitation
die teuerste Behandlung darstellt, nur für Eliten gedacht und unzugänglich für
die Armen, und wo außerdem Kuba der Zugang zu den Kenntnissen verwehrt wird.
Elena, die niemals aufhört, Informationen zu übermitteln, die das
wissenschaftliche Niveau unserer Fachleute erhöhen können, schickte unter
anderem jenes Buch, das mehr als einhundert verschiedene einfache und
zugängliche Übungen enthält.
Jetzt erwirbt die
Rehabilitation eine besondere und neuartige, mit dem Leben verbundene
Bedeutung. Jeder Mensch erhöht sein geistiges und körperliches Potential bis
zum Alter von 35 Jahren; manche behaupten bis zu 30 Jahren. Ab diesem Alter kann er weitere zwei oder drei Jahrzehnte
über Gesundheit und eine gute körperliche Leistung verfügen, und diese von
dem genannten Grenzalter an bis ins hohe
Alter aufrechterhalten, in dem das Leben dann endgültig erlöscht. Die Menschen
sind glücklich, wenn sie bis zum Schluss allein zurechtkommen.
Der Reha-Dienst kommt
allen Bewohnern des Landes zu statten, wo derjenige, der geboren wird, eine
Lebenserwartung von 77 Jahren hat und diese erhöht sich weiter. Nicht nur
Erwachsene unter 35 oder 40 Jahren, die Opfer von Unfällen aller Art sind, auch
Kinder benötigen oft die edle Behandlung durch einen Krankengymnasten.
In über 600
Einrichtungen, die zu Krankenhäusern und Polikliniken gehören oder im Ausland
Dienste leisten, sind ungefähr zehntausend Krankengymnasten tätig, während
weitere Tausende mit zunehmender Genauigkeit und steigenden Anforderungen
ausgebildet werden.
Elena Pedraza ist schon
97 Jahre alt geworden und leistet weiterhin beruflich Dienst als Beraterin. Sie
stellt ein Beispiel der intellektuellen Arbeiterin, der Frau und Kommunistin,
dar. Sie war Mitglied derselben Partei wie Ricardo Fonseca, Luis Corvalán,
Volodia Teitelboim und die vor kurzem verstorbene Gladys Marín und viele
andere, die ihr Leben ihren Ideen widmeten oder für diese starben.
Im Namen des Volkes,
welches dem Imperium trotzend vor einem halben Jahrhundert den Weg der
Sozialistischen Revolution begonnen hat, zolle ich ihrem Werk und ihrem
Beispiel Hochachtung.
Fidel Castro Ruz
7. Januar 2008
17:12 Uhr