28.
Januar 2008
Vor fünf Jahren fand in Kuba zu Ehren José Martís – sein
Geburtsdatum jährte sich zum 150. Male – die Internationale Konferenz zum
Gleichgewicht der Welt statt, auf der Delegierte aus 43 Ländern aller
Kontinente anwesend waren.
Am
Abend des 29. Januar jenes Jahres 2003 sprach ich zu ihnen. Der Zufall oder die
vielen Zufälle wollten es, dass es zu einer Wiederholung von 1953 kam, obwohl
auf eine signifikant andere Art.
Damals
war mit der Befreiung der Heimat vom Joch des Imperiums sein Andenken zu ehren;
und jenes andere Mal machte es sich erforderlich, auf dem Gebiet der Ideen
gegen die Bedrohung vorzugehen, die die Worte des Präsidenten der Vereinigten
Staaten in der Akademie von West Point für die Menschheit bedeuteten.
Was ich an jenem Tag aus tiefster Überzeugung äußerte,
wurde zum Ausgangspunkt eines wesentlichen Teils der Reflexionen, die ich
während meiner Rekonvaleszenz zu Papier brachte.
Es
ist diese meine bescheidene Pflichterfüllung dem Meister gegenüber. Auch
entbiete ich meinen Gruß den Hunderten von Intellektuellen und Personen der
Welt der Ideen, die sich in der gleichen Absicht der Ehrenbezeugung für José
Martí zu seinem 155. Geburtsdatum wieder hier zusammenfinden. Diese und keine
anderen sind meine Worte dazu! Unsere Presse bitte ich, sie nach Möglichkeit
auf einer der Innenseiten zu veröffentlichen, um nicht den Platz anderer
wesentlicher Meldungen zu den Gedenkfeiern einzuschränken.
Fidel Castro Ruz
Rede
des Präsidenten der Republik Kuba, Fidel Castro Ruz, zum Abschluß der
Internationalen Konferenz Für das Gleichgewicht der Welt, veranstaltet als
Hommage auf den 150. Geburtstag unseres Nationalhelden, José Martí, am 29.
Januar 2003
Sehr geehrte
Teilnehmer des Internationalen Treffens Für das Gleichgewicht der Welt,
veranstaltet zu Ehren des 150. Geburtstages von José Martí!
Sehr geehrte
Gäste!
Mitbürger!
Was bedeutet
Martí für die Kubaner?
In seinem Aufsatz
„Das Politische Gefängnis in Kuba" – Martí war kaum 18 Jahre alt, als er
ihn verfaßte, nachdem er mit 16 Jahren, an Fußeisen gekettet, eine grausame
Haft erdulden mußte – behauptet José Martí: „Es gibt einen Gott, doch im Sinne
des Guten, der über die Geburt eines jeden Wesens wacht und in der Seele, die
sich ihm einverleibt, eine unverfälschte Träne hinterläßt. Das Gute ist Gott.
Die Träne ist die Quelle des ewigen Leides."
Für uns Kubaner
verkörpert Martí das Gute, so wie er es beschrieb.
Wir, die am 26.
Juli 1953 den am 10. Oktober 1868 begonnen Unabhängigkeitskampf im hundertsten
Geburtsjahr Martís wieder aufnahmen, hatten uns von ihm vor allem die ethischen
Prinzipien zu eigen gemacht, ohne die an eine Revolution nicht einmal zu denken
ist. Ebenso hatte er uns seinen inspirierenden Patriotismus vermittelt sowie
einen derartig hohen Begriff von Ehre und Menschenwürde, wie es kein anderer
auf der Welt hätte tun können.
Er war ein
außergewöhnlicher Mensch; Sohn eines Militärs und geboren als Kind spanischer
Eltern, wird er Verkünder und Schmied der Unabhängigkeit des Landes, in dem er
das Licht der Welt erblickte. Intellektueller und Dichter, bei Beginn des
ersten großen Krieges noch ein Heranwachsender, war er später dann fähig, das
Herz und die Achtung, das Vertrauen und die Ehrfurcht der alten und erprobten
militärischen Führer zu gewinnen, die in jenem Kriege zu Ruhm gelangten.
Den Frieden, den
Zusammenhalt und die Harmonie zwischen den Menschen leidenschaftlich liebend,
zögerte er nicht, den gerechten und notwendigen Krieg gegen das Kolonialsystem,
die Sklaverei und die Ungerechtigkeit zu organisieren und zu beginnen. Sein
Blut war das erste, das vergossen wurde und sein Leben das erste, das als
unauslöschliches Symbol von Opferwilligkeit und persönlichem Einsatz hingegeben
wurde. Bei einem großen Teil des Volkes, für dessen Unabhängigkeit er gekämpft
hatte, war dies viele Jahre lang in Vergessenheit geraten oder unbekannt, und
nun stiegen seine unsterblichen Ideen wie ein Phönix aus der Asche empor und
ließen fast ein halbes Jahrhundert nach seinem Tode ein ganzes Volk einen
kolossalen Kampf führen, bei dem es dem mächtigsten Gegner gegenüberstand, den
es je für ein Land, ob groß oder klein, gegeben hat.
Heute nun – nur
einige Stunden nach seinem 150. Geburtstag – veranstalten Hunderte brillante
Denker und Intellektuelle aus aller Welt eine Hommage auf ihn in tiefster
Anerkennung seines Lebens und seines Werkes.
Was vermachte er
der Welt über die Grenzen Kubas hinaus? Ein außergewöhnliches Vorbild als
Schöpfer und Humanist, der es wert ist, daß man seiner noch Jahrhunderte lang
gedenkt.
Für wen und warum
tat er es? Für all jene, die heute kämpfen und die, die morgen kämpfen werden
für die gleichen Träume und Hoffnungen auf die Rettung der Welt und weil es der
Zufall wollte, daß sich heute die Menschheit der Risiken bewußt wird, die er vorausgesehen
und vor denen er mit seiner ausgeprägten Vision und seinem hochbegabten Talent
gewarnt hat.
Der Tag, an dem
er fiel, am 19. Mai 1895, opferte sich Martí dem Recht auf Leben aller Menschen
unserer Erde.
In dem berühmten
unvollendeten Brief an seinen innigen Freund Manuel Mercado – er unterbricht
ihn, um sich in ein unerwartetes Gefecht einzureihen, ohne daß es jemand hätte
verhindern können – enthüllt er seine innersten Gedanken, die, obwohl bekannt
und wiederholt, ich hier erneut darlegen will: „Ich bin jeden Tag in Gefahr,
mein Leben für mein Land und meine Pflicht hinzugeben ..., um rechtzeitig mit
der Unabhängigkeit Kubas zu verhindern, daß sich die USA über die Antillen
ausdehnen und mit dieser Kraft mehr über die Länder unseres Amerikas herfallen.
Was ich bis heute tat und weiter tun werde, tue ich dafür."
Wochen vorher,
als er und der vorbildliche lateinamerikanische Patriot Máximo Gómez –
gebürtiger Dominikaner und von Martí zum militärischen Führer der kubanischen
Truppen bestimmt, der bald nach Kuba aufbrechen sollte – das Manifest von
Montecristi unterzeichneten, schrieb Martí, neben den vielen anderen brillanten
revolutionären Ideen, etwas so Bewundernswertes, daß ich es, auch wenn ich
damit langweilig werden sollte, hier wiederholen muß: „Der Krieg für die
Unabhängigkeit Kubas ... ist ein Ereignis von großer menschlicher Tragweite und
ein zweckmäßiger Dienst, den der vernünftige Heldenmut der Antillen der
Standhaftigkeit und gerechten Behandlung der amerikanischen Nationen und dem
noch wankenden Gleichgewicht der Welt erweist."
Wie früh schon
hat er doch diesen letzten Satz formuliert, der zum Hauptthema dieses Treffens
geworden ist. Heute gibt es nichts, das notwendiger und lebenswichtiger wäre
als jenes entfernte und augenscheinlich utopische Gleichgewicht.
106 Jahre, vier
Monate und zwei Tage nach dem Brief Martís an Manuel Mercado und 106 Jahre,
fünf Monate und 26 Tage nach der Unterzeichnung des Manifestes von Montecristi
durch José Martí und Máximo Gómez machte der Präsident der Vereinigten Staaten
in einer Rede vor dem Kongreß jener Nation am 20. September 2001 folgende
Äußerungen:
„Wir werden jede
notwendige Kriegswaffe einsetzen, die gebraucht wird."
„
„Alle Nationen,
wo auch immer, müssen sich jetzt entscheiden: Entweder sind sie für uns oder
für den Terrorismus."
„Ich habe die
Streitkräfte ersucht, sich in Alarmbereitschaft zu halten; und es gibt einen
Grund dafür: Es nähert sich die Stunde, da wir zur Tat schreiten müssen, und
ihr werdet uns stolz machen."
„Dieser ist ein
Kampf der Zivilisation."
„Die
Errungenschaften unserer Zeit und die Hoffnungen aller Zeiten hängen von uns
ab."
„Wir wissen
nicht, wie der Ablauf dieses Konfliktes sein wird, doch wir wissen, wie er
ausgehen wird. ... Und wir wissen, daß Gott nicht neutral ist."
In seiner Rede
zum 200. Jahrestag der Militärakademie in
„In der Welt, in
der wir leben, ist der einzige Weg zur Sicherheit der Weg des Handelns. Und
diese Nation wird handeln."
„Unsere
Sicherheit wird die Umgestaltung des Militärs erfordern, daß Sie anführen
werden –ein Militär, daß jeder Zeit bereit sein muß, in jeder dunklen Ecke der
Welt einzugreifen, ... daß wir bereit sind für den Präventivschlag, wenn es
notwendig ist, unsere Freiheit und unsere Leben zu verteidigen.."
„In 60 oder mehr
Ländern müssen wir terroristischen Zellen aufdecken."
...
„Wir werden
Diplomaten dorthin entsenden, wo sie gebraucht werden, und wir werden Sie,
unsere Soldaten, dorthin entsenden, wo Sie gebraucht werden."
...
Wir befinden uns
in einem Konflikt zwischen Gut und Böse... Wir schaffen kein Problem, sondern
wir decken ein Problem auf. Und wir werden die Welt gegen dieses Problem
anführen."
Ich frage mich,
welche Gedanken wären in Lichtgeschwindigkeit durch das geniale Gehirn eines
Mannes wie Martí gegangen, um ihn im tiefsten Grunde seines unendlichen Herzens
zu verwunden, hätte er diese Worte vernommen in einer Welt, in der heute mehr
als 6,4 Milliarden Menschen leben und in der, aus welchem Grund auch immer,
sowohl die Superreichen als auch die Superarmen ihre Überlebenschancen bedroht
sehen.
Jene Worte
stammen nicht von einem Verrückten aus einer dunklen Ecke einer Irrenanstalt.
Ihr Fundament bilden Kernwaffen in vierstelligem Umfang; Millionen Bomben und
Geschosse; Abertausende ferngesteuerte und Präzisionsraketen; Tausende Bomben-
und Kampfflugzeuge mit und ohne Piloten; Dutzende Geschwader und
Flotteneinheiten mit Flugzeugträgern und Unterseebooten mit konventionellem
oder Kernantrieb; Militärstützpunkte – mit und ohne Genehmigung – an allen
Enden der Welt; Militärsatelliten, die jeden Quadratkilometer unseres Planeten
ausspionieren; sichere und sofortige Kommunikationssysteme mit der Fähigkeit,
die Systeme eines jeden anderen Landes zu überspielen sowie der Möglichkeit,
sich in Milliarden Gespräche gleichzeitig einzuschalten; enorme Arsenale an
chemischen und biologischen Waffen und Militärbudgets von etwa 400 Milliarden
Dollar, womit viele der Hauptprobleme der Welt angegangen und gelöst werden
könnten. Die Worte der Bedrohung sprach jemand aus, der über diese Mittel
verfügt und ihren Einsatz befehlen kann. Der Vorwand? Der brutale
Terroristenangriff vom 11. September, der Tausenden US-Amerikanern das Leben
kostete. Die ganze Welt bekundete Solidarität mit dem US-amerikanischen Volk
und verurteilte entrüstet den Angriff. Mit einmütiger Unterstützung durch die
Weltöffentlichkeit konnte gegen die Geißel des Terrorismus von allen Ecken der
Welt und allen politischen und religiösen Strömungen aus vorgegangen werden.
Die Schlacht hat,
wie von Kuba vorgeschlagen, grundsätzlich eine politische und ethische sein, im
Interesse und mit der Unterstützung aller Völker der Welt. Niemand darf
absurde, verwerfliche und volksfeindliche terroristische Gedanken hegen, die
unschuldige Menschen in Mitleidenschaft ziehen, umgesetzt von Einzelnen,
Gruppen, Organisationen, diesem oder jenem Staat oder Regierung. Sie soll zur
Bekämpfung eines brutalen universalen Staatsterrorismus dienen, der als das
Recht einer Supermacht die mögliche Ausrottung ganzer Nationen durch Einsatz
sogar von Kern- und anderen Massenvernichtungswaffen proklamiert.
Zu dieser Stunde,
da des 150. Geburtstages von José Martí gedacht wird, des Mannes, der
möglicherweise als erster in der Geschichte den Begriff des Gleichgewichts der
Welt ansprach, steht die Welt vor einem Krieg als Folge des überaus kolossalen
Ungleichgewichts aus militärischem Gebiet, wie es dieses auf unserer Erde noch
nie gegeben hat. Gestern lief die Frist ab, derzufolge der mächtigste Staat der
Welt sein einseitiges Recht bekundete, sein Arsenal hochmodernster Waffen gegen
ein anderes Land zu lancieren, und zwar mit oder ohne Zustimmung des
Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, wobei sich diese Institution sowieso
schon fragwürdig gemacht hat, da das Vetorecht eine Prärogative ausschließlich
der fünf ständigen Mitgliedsländer ist und damit den fast 200 in der
Vollversammlung der Vereinten Nationen vertretenen Staaten das elementarste
Demokratieprinzip verwehrt bleibt.
Vom Privileg des
Vetorechtes wurde ausgerechnet von der Regierung Gebrauch gemacht, die heute
ihr Recht proklamiert, sich über den Sicherheitsrat hinwegzusetzen. Sehr wenig
von den übrigen Mitgliedern geltend gemacht, läßt es der in den letzten zwölf
Jahren erfolgte radikale Wandel im militärischen Kräfteverhältnis der
Mitgliedsländer faktisch unmöglich werden, von diesem Vorrecht gegen jenen
Gebrauch zu machen, der nicht nur in seiner erdrückenden militärischen Stärke,
sondern auch auf wirtschaftlichem, politischem und technologischem Gebiet das
Sagen hat.
Die
Weltöffentlichkeit ist mehrheitlich gegen diesen angekündigten Krieg. Doch das
Wichtigste hierbei ist, daß kürzlichen Umfragen zufolge 65 % des
US-amerikanischen Volkes ohne die Zustimmung des Sicherheitsrates diesen
Angriff ablehnen. Jedoch stellt das kein unüberwindbares Hindernis dar: Sind
einmal die Truppenverbände vor Ort und einsatzbereit und müssen die modernsten
Waffen getestet werden, dann ist es äußerst unwahrscheinlich, daß dieser Krieg
nicht ausbricht, wenn die Behörden des mit Vernichtung bedrohten Landes nicht
allen Forderungen derer nachkommen, die es bedrohen.
Keiner kann
wissen oder vorhersehen, was in einem Krieg oder einer ähnlichen Situation
geschehen kann. Das einzige, was gesagt werden kann, ist, daß die Gefahr eines
Irakkrieges die Weltwirtschaft beträchtlich belastet hat, die heute eine schwere
und tiefe Krise durchlebt, was neben dem faschistischen Putsch gegen die
bolivarianische Regierung Venezuelas, eines der stärksten erdölexportierenden
Länder, den Preis dieses lebenswichtigen Produktes für die große Mehrheit der
übrigen, insbesondere der ärmeren Länder auf unerträgliche Höhen getrieben hat,
und dabei ist in Irak noch kein Schuß gefallen.
Man ist allgemein
der Meinung, daß das Bestreben eines Irakkrieges auf der Besitzergreifung an
den weltweit drittgrößten Erdöl- und Erdgasvorkommen fußt. Dieser Aspekt
beschäftigt fast alle anderen Industrieländer, wie die Länder Europas, die 80 %
ihrer Energie importieren, ganz im Gegenteil zu den Vereinigten Staaten, deren
Import gegenwärtig 20 bis 25 % ihres Verbrauches ausmacht.
Am gestrigen 28. Januar
erklärte der Präsident der Vereinigten Staaten vor dem Kongreß:
„Die Vereinigten
Staaten werden beim UN-Sicherheitsrat beantragen, am 5. Februar zu tagen, um
die Aspekte zu den Herausforderungen Iraks der Welt gegenüber zu behandeln.
...
„Wir werden uns
beraten lassen, doch dieses soll nicht falsch verstanden werden. Kommt es nicht
zu einer kompletten Entwaffnung durch Saddam Hussein, dann werden wir für die
Sicherheit unseres Volkes und für den Frieden der Welt uns an die Spitze einer
ihn entwaffnenden Koalition stellen."
...
„Werden wir zum
Krieg gezwungen, so werden wir mit der ganzen Stärke unserer Streitkräfte
kämpfen."
Nicht ein Wort
wird gesagt über die vorherige Zustimmung durch den Sicherheitsrat.
Abgesehen von den
schrecklichen Folgen eines Krieges in jener Region, den die einzig existierende
Supermacht nach ihrem Gutdünken aufzwingen könnte, so ist doch das
wirtschaftliche Ungleichgewicht, unter dem die Welt gegenwärtig leidet,
gleichermaßen eine enorme Tragödie.
Es wachsen und
vertiefen sich die Unterschiede zwischen den reichen und den armen Ländern,
zwischen ihnen und in den Ländern selbst; das heißt, es vergrößert sich der
Abgrund bei der Verteilung des Reichtums, die härteste Geißel unserer Ära. Die
Folgeerscheinungen sind Armut, Hunger, mangelnde Bildung, Krankheiten, Schmerz
und Leid, die allesamt für den Menschen unerträglich sind.
Warum sagen wir
nicht einfach, daß es keine Demokratie, keine freie Wahl noch wahre Freiheit
geben kann inmitten jener entsetzlichen Ungleichheiten, der Unkenntnis, des
totalen oder partiellen Analphabetentums, des Mangels an Kenntnissen und des
erstaunlichen Mangels einer politischen, ökonomischen, wissenschaftlichen und
künstlerischen Bildung, zu der nur geringe Minderheiten Zutritt haben, sogar in
den Industrieländern; dabei wird die Welt von einer Billion Dollar zu Zwecken
der kommerziellen und Verbrauchswerbung überschwemmt, die die breiten Massen
mit unerfüllbaren Träumen und Wünschen vergiftet; die zur Verschwendung, zur
Entfremdung und der unerbittlichen Zerstörung der natürlichen Lebensbedingungen
des Menschen führt. In knapp eineinhalb Jahrhundert werden wir die
Energieressourcen sowie ihre vorhandenen und noch zu erschließenden Reserven
erschöpft haben, die die Natur in 300 Millionen Jahren schuf und für die kein
äquivalenter Ersatz in Sicht ist.
Was wissen die
breiten Massen von den komplexen ökonomischen Probleme der heutigen Welt? Wer
hat ihnen erklärt, was der Internationale Währungsfonds, die Weltbank, die WTO
und andere ähnliche Institutionen sind? Wer hat ihnen die Wirtschaftskrisen,
ihre Ursachen und Folgen erklärt? Wer hat ihnen gesagt, daß es den
Kapitalismus, die Unternehmensfreiheit, die freie Konkurrenz kaum noch gibt und
daß 500 Monopole 80 % der Weltproduktion und des Welthandels unter ihrer
Kontrolle haben? Wer belehrte sie über die Wertpapierbörse, die steigende
Spekulation mit den Produkten, von denen die Dritte Welt abhängig ist, und über
die Währungsgeschäfte, deren Umfang sich heutzutage auf Billionen Dollar
täglich beläuft? Wer hat ihnen beigebracht, daß die Währungen der Dritten Welt
einer ständigen Abwertung ausgesetzte Scheine sind und daß ihre realen oder
fast realen Geldreserven, unbeirrbar wie das physikalische Energiegesetz
Newtons, in die reichen Länder abwandern und welche schrecklichen materiellen
und sozialen Folgen sich aus dieser Realität ergeben? Oder warum wir
unbezahlbare und nicht beitreibbare Billionen Dollar schulden, während Dutzende
Millionen Menschen, einschließlich Kinder von Null bis zu fünf Jahren, Jahr für
Jahr an Hunger und heilbaren Krankheiten sterben? Wieviel Menschen wissen, daß
es die Souveränität der Staaten kaum noch gibt infolge der Abkommen, an deren
Ausarbeitung wir Länder der Dritten Welt gar nicht mehr beteiligt werden, durch
die wir jedoch von Mal zu Mal mehr ausgebeutet und unterworfen werden? Wie
viele sind sich bewußt, daß unsere nationalen Kulturen immer mehr zerstört
werden?
Man könnte noch
unendlich viele Fragen stellen. Doch noch eine soll genügen für all jene, die
von Heuchelei und Lüge über die heiligsten Rechte des Menschen, der Völker und
der Menschheit insgesamt leben: Warum setzt man nicht der schönen und
tiefgründigen Wahrheit, die der martianische Denkspruch „Gebildet sein ist die
einzige Art, frei zu sein" enthält, ein lebendes Denkmal?
Ich bekräftige
dieses im Namen eines Volkes, das unter den Bedingungen einer harten Blockade
und eines unerbittlichen Wirtschaftskrieges, dazu mit dem Zerfall des
sozialistischen Lagers und der UdSSR der Verlust des fast gesamten
Absatzmarktes, des Handels und der Importe, mehr als vier Jahrzehnte standhaft
durchgehalten hat und das heute eines der Völker der Welt mit der
ausgeprägtesten Einigkeit, sozialer Entwicklung, Grundkenntnissen, politischer
und künstlerischer Bildung ist.
Wenn es etwas
gibt, worin wir den Helden zu ehren verstanden haben, dessen Geburtstages und
fruchtbaren Lebens wir heute gedenken, so ist es der Beweis, daß ein kleines
und armes Land mit sehr wenig sehr viel erreichen kann, auch wenn es zu vielen
unvermeidlichen Fehlern in den Lehrjahren kam
gegeben hat.
Das beste
Denkmal, das ihm die Kubaner setzen konnten, war die Errichtung und die
Verteidigung dieses Schützengrabens, damit niemand mit einer Kraft mehr über
die Völker Amerikas und der Welt herfallen kann.
Er lehrte uns den
unendlichen Wert und die Kraft der Ideen.
Die von dem
mächtigen Nachbarn des Nordens der Menschheit aufgezwungene Wirtschaftsordnung
ist unhaltbar und untragbar. Auch die modernsten Waffen werden den Lauf der
Geschichte nicht aufzuhalten vermögen.
Die Jahrhunderte
lang Mehrwert und billige Arbeitskraft geliefert haben und noch liefern, sind
heute Milliarden Menschen. Sie können nicht einfach wie Fliegen ausgerottet
werden. Immer stärker werden sie sich der Ungerechtigkeiten bewußt, deren Opfer
sie sind durch Hunger, Leiden, Demütigungen, die sie als menschliche Wesen zu
erdulden haben, mehr noch als durch die ihnen verwehrten Schulen und Bildung
und als die abgedroschenen Lügen, mit denen die Monopole und der Gebrauch und
Mißbrauch der Medien sie in ewiger und unmöglicher Unterwürfigkeit zu halten
trachten. Sie haben ziemlich neue, bedeutungsvolle Lektionen gelernt, wie die
von
Der Soldaten sind
es immer weniger, die bereit sind, auf ihre Landsleute zu schießen und sie in
Blut zu ersticken. Die Welt kann nicht regiert werden, indem man einen
ausländischen Soldaten mit Gewehr, Helm und Bajonett in jede Fabrik, jede
Schule,
Eine steigende
Anzahl Intellektueller, gebildeter Arbeiter, Fachkräfte und Angehöriger des
Mittelstandes der Industrieländer schließen sich dem Kampf zur Rettung der
Menschheit vor unerbittlichen Kriegen gegen die Völker und gegen die Natur an.
Die Geschichte
hat bewiesen, daß die großen Krisen zu großen Lösungen führten; und in ihnen
und aus ihnen sind die Führungskräfte hervorgegangen.
Keiner glaubt,
daß die Geschichte von einzelnen gemacht wird. Die subjektiven Faktoren haben
ihren Einfluß; mit ihren zutreffenden Entscheidungen beschleunigen sie die
historischen Prozesse oder sie verlangsamen sie durch ihre Mängel und Fehler,
doch das Endergebnis bestimmen sie nicht. Nicht einmal ein so überragender
Mensch wie Martí – dasselbe könnte man von Bolívar, Sucre, Juárez, Lincoln und
vielen anderen bewunderungswürdigen Männern sagen – wäre in die Geschichte
eingegangen, wenn er beispielsweise dreißig Jahre früher oder später geboren
wäre.
Nehmen wir den
Fall Kuba. Wäre unser Nationalheld 1823 geboren und 1853 dreißig Jahre als
gewesen inmitten einer Sklavenhalter- und Gesellschaft mit
Annexionsbestrebungen mit Eigentum an großen Plantagen und zahlreichen Sklaven
und ohne die Existenz eines starken patriotischen und Nationalgefühls, gestählt
durch die ruhmreichen Vorkämpfer, die 1868 unseren ersten Unabhängigkeitskrieg
auslösten, dann hätte er in der Geschichte unseres Vaterlandes unmöglich diese
überragende Rolle spielen können.
Deshalb glaube
ich ganz fest, daß die große Schlacht im Bereich der Ideen und nicht mit den
Waffen geschlagen werden wird, ohne jedoch auf ihren Einsatz zu verzichten in
Fällen wie dem unseres oder eines anderen Landes unter ähnlichen Umständen,
sollte man uns zu einem Krieg zwingen; denn jede Kraft, jede Waffe, jede
Strategie und jede Taktik hat ihre Antithese, die aus dem unerschöpflichen
Intellekt und Bewußtsein derer quillt, die für eine gerechte Sache kämpfen.
Selbst im
US-amerikanischen Volk, das wir nie als einen Feind betrachtet noch es der
Drohungen und Aggressionen beschuldigt haben, die wir mehr als vierzig Jahre
lang erlitten, spüren wir, von seinen ethischen Wurzeln ausgehend, einen Freund
und potentiellen Verbündeten jeder gerechten Sache der Menschheit. Wir sahen es
im Zusammenhang mit dem Krieg in
Wenn ich
Vielen Dank.