Reflexionen des Genossen Fidel
SALVADOR ALLENDE, EIN
BLEIBENDES BEISPIEL
Er wurde vor einhundert Jahren, am 26. Juni
Während seiner Gymnasialjahre kommt er über einen
alten Anarchisten, Juan Demarchi, mit den Büchern von Karl Marx in Berührung.
Er schließt die Schule als Bestschüler ab. Er mag und
treibt Sport. Er tritt freiwillig in das Regiment Coraceros von Viña del Mar
zum Militärdienst ein. Er bittet um Umsetzung in das Regiment Lanceros von
Tacna, einer chilenischen Enklave im trockenen und halb wüstenartigen Norden,
der später an Peru zurückgegeben wurde. Bei Abschluss seines Militärdienstes
wird er zum Reserveoffizier der Armee. Dies tut er schon als ein Mensch mit
sozialistischen und marxistischen Ideen. Es handelte sich nicht um einen
weichlichen Jüngling ohne Charakter. Es war so, als ob er voraussehen würde,
dass er eines Tages bis zum Tode kämpfen würde, um seine Überzeugungen zu
verteidigen, die schon in seinem Kopf zu reifen begannen.
Er beschließt den edlen Studiengang Medizin an der
Universität von Chile zu belegen. Er organisiert eine Gruppe von Kameraden, die
sich periodisch treffen, um über Marxismus zu lesen und zu diskutieren. Im Jahr
1929 gründet er die Gruppe Avance. Er wird 1930 zum stellvertretenden
Vorsitzenden des Studentenbundes von Chile gewählt und nimmt aktiv am Kampf
gegen die Diktatur von Carlos Ibáñez teil.
Mit der 1929 ausgelösten Krise der Wertpapierbörse
war die große Wirtschaftsdepression in den Vereinigten Staaten schon entfesselt
worden. In Kuba hatte der Kampf gegen die Machado-Tyrannei begonnen. Mella war
ermordet worden. Die kubanischen Arbeiter und Studenten boten der Unterdrückung
und Verfolgung die Stirn. Die Kommunisten unter Führung von Martínez Villena
lösten den Generalstreik aus. „Hace falta una carga para matar bribones, para acabar la
obra de las revoluciones…“[1]
– hatte er in einem kraftvollen
Gedicht ausgerufen. Guiteras, tiefgehend antiimperialistisch verwurzelt,
versuchte die Tyrannei mit Waffengewalt zu stürzen. Es fällt Machado, der dem
Ansturm der Nation nicht standhalten konnte, und es beginnt eine Revolution,
welche durch die Vereinigten Staaten in wenigen Monaten mit Seidenhandschuhen
und eiserner Faust zermalmt wird und ihre Totalherrschaft dauert bis 1959.
In diesem Zeitraum führte Salvador Allende in einem
Land, wo die imperialistische Herrschaft über seine arbeitenden Menschen, seine
Kultur und Naturreichtümer auf brutale Art und Weise ausgeübt wurde, einen konsequenten
Kampf, der ihn niemals von seiner makellosen revolutionären Haltung abweichen
ließ.
Im Jahr 1933 erhielt er seinen Arzttitel. Er nahm an
der Gründung der Sozialistischen Partei Chiles teil. Im Jahr 1935 ist er schon Vorsitzender
des Chilenischen Ärztebundes. Er erleidet eine fast halbjährige Gefängnishaft. Er
unternimmt große Anstrengungen, um die Frente Popular (Volksfront in Chile) zu gründen und man wählt ihn 1936 als stellvertretenden
Generalsekretär der Sozialistischen Partei.
Im September 1939 übernimmt er in der Regierung der
Frente Popular das Ministerium für Gesundheitswesen. Er veröffentlicht ein Buch
über Sozialmedizin. Er organisiert die erste Wohnungsausstellung. Im Jahr 1941
nimmt er an der Jahresversammlung des Amerikanischen Ärztebundes in den
Vereinigten Staaten teil. Er wird 1942 zum Generalsekretär der Sozialistischen
Partei Chiles. Im Jahr 1947 stimmt er im Senat gegen das Gesetz zur ständigen Verteidigung der Demokratie, das
aufgrund seines repressiven Charakters als „Ley Maldita“ (verdammtes Gesetz) bekannt ist. Im Jahr 1949 wird er zum Vorsitzenden
des Ärztegremiums erhoben.
Im Jahr 1952 wird er von der Frente del Pueblo als
Präsidentschaftskandidat aufgestellt. Er war damals 44 Jahre alt. Er verliert.
Er legt dem Senat ein Gesetzesprojekt zur Nationalisierung des Kupfers vor. Er
reist 1954 nach Frankreich, Italien, in die Sowjetunion und die Volksrepublik
China.
Vier Jahre später, 1958, wird er als Kandidat der
Frente de Acción Popular (Front der
Volksaktion) für die Präsidentschaft der Republik aufgestellt. Diese wurde
von dem Sozialistischen Volksbund (Unión Socialista Popular), der
sozialistischen Partei Chiles und der Kommunistischen Partei gebildet. Er
verliert die Wahlen gegenüber dem Konservativen Jorge Alessandri.
Er nimmt 1959 an der Amtsübernahme von Rómulo
Betancourt als Präsident von Venezuela teil, der bis dahin als eine
revolutionäre linke Persönlichkeit angesehen war.
Er reist im selben Jahr nach Havanna und hat eine
Unterredung mit dem Che und mit mir. Er unterstützt 1960 die Kohle-Bergarbeiter,
die ihre Arbeit für über drei Monate lahm legen.
Gemeinsam mit dem Che klagt er 1961 bei dem OAS-Treffen in Punta del Este in
Uruguay den demagogischen Charakter der Alliance for Progress an.
Erneut als Präsidentschaftskandidat aufgestellt, wird
er 1964 durch Eduardo Frei Montalva besiegt, ein Christdemokrat, der über alle
Mittel der herrschenden Schichten verfügte und der gemäß den freigegebenen
Dokumenten des Senats der Vereinigten Staaten von dem CIA Geld zur
Unterstützung seiner Kampagne erhielt. Während seiner Regierung versuchte der
Imperialismus das zu entwerfen, was sie als ideologische Antwort auf die
Kubanische Revolution „Revolución en Libertad“ (Revolution in Freiheit) nannten. Sie führte dazu, die Grundlagen
der faschistischen Tyrannei zu schaffen. Bei jenen Wahlen erhält Allende dennoch
über eine Million Stimmen.
Er ist 1966 Leiter der Delegation, die an der Trikontinentalen
Konferenz von Havanna teilnimmt. Er besucht die Sowjetunion zum 50. Jahrestag
der Oktoberrevolution. Im Folgejahr, 1968, besucht er die Demokratische
Republik Korea und die Demokratische Republik Vietnam, wo er mit großer
Befriedigung den außerordentlichen Führer jenes Landes Ho Chi Minh kennen lernt
und Gespräche mit ihm führt. Dieselbe Rundreise schließt Kambodscha und Laos
mit ein, die sich in vollem revolutionärem Aufruhr befinden.
Nach Ches Tod begleitet er persönlich drei Kubaner
der Guerilla von Bolivien, die den Tod des Guerillero Heroico überlebten und
sich auf chilenischem Gebiet befanden, bis nach Tahiti.
Die Unidad Popular (Bündnis der Volkseinheit),
eine politische Koalition der Kommunisten, Sozialisten, Radikalen, von MAPU,
PADENA und der Unabhängigen Volksaktion, stellt ihn am 22. Januar 1970 als
ihren Kandidaten auf und er siegt bei jenen Wahlen am 4. September jenes
Jahres.
Er ist ein echt klassisches Beispiel des Kampfes mit
friedlichen Mitteln zur Errichtung des Sozialismus.
Die Regierung der Vereinigten Staaten unter der Präsidentschaft
von Richard Nixon tritt unmittelbar nach dem Wahlsieg sofort in Aktion. Der
Oberbefehlshaber der chilenischen Armee, General René Schneider, wird am 22.
Oktober Opfer eines Attentats, an dem er drei Tage später verstirbt, weil er
sich der imperialistischen Forderung zu einem Putsch nicht beugte. Der Versuch,
die Machtübernahme der Regierung der Unidad Popular zu verhindern, scheitert.
Allende übernimmt am 3. November 1970 rechtmäßig und
mit aller Würde das Präsidentenamt von Chile. Er beginnt ausgehend von der
Regierung seinen heldenhaften Kampf um die Veränderungen, wobei er dem
Faschismus die Stirn bietet. Er war schon 62 Jahre alt. Ich hatte die Ehre,
seit dem Sieg der Kubanischen Revolution mit ihm 14 Jahre des
antiimperialistischen Kampfes zu teilen.
Bei den örtlichen Wahlen vom März 1971 erreicht die
Unidad Popular absolute Stimmenmehrheit von 50,86 Prozent. Am 11. Juli
verkündet Präsident Allende das Gesetz zur Nationalisierung des Kupfers, eine
Idee, die er dem Senat 19 Jahre vorher schon vorgeschlagen hatte. Es wurde
im Kongress einstimmig verabschiedet. Niemand
wagte, etwas dagegen einzuwenden.
Im Jahr 1972 erhebt er öffentlich Anklage in der
Generalversammlung der Vereinten Nationen über die internationale Aggression,
die sein Land erleidet. Er bekommt viele Minuten lang Beifall von den
Anwesenden, die sich von ihren Plätzen erhoben haben. Er besucht im selben Jahr
die Sowjetunion, Mexiko, Kolumbien und Kuba.
Im Jahr 1973, bei den Parlamentswahlen vom März,
erreicht die Unidad Popular 45 Prozent der Stimmen und vergrößert ihre
Parlamentspräsenz.
Die von den Yankees in beiden Kammern geförderten
Maßnahmen zur Absetzung des Präsidenten haben keinen Erfolg.
Der Imperialismus und die Rechte verschärfen den erbarmungslosen
Kampf gegen die Regierung der Unidad Popular und lösen den Terrorismus im Land
aus.
Ich habe ihm in den Jahren 1971 bis 1973 eigenhändig
sechs vertrauliche Briefe mit kleiner Schrift und einem sehr spitzen Füllhalter
geschrieben, in denen ich Themen von Interesse mit der größten Zurückhaltung
behandelte.
Am 21. Mai 1971 teilte ich ihm mit:
„Wir hegen Bewunderung für deine außerordentlichen
Anstrengungen und grenzenlosen Energien, um den Sieg zu halten und zu
konsolidieren.“
„Von hier aus können wir wahrnehmen, dass die
Volksmacht trotz ihrer schwierigen und vielschichtigen Mission an Boden
gewinnt.“
„Die Wahlen vom 4. April stellten einen großartigen
und ermutigenden Sieg dar.“
„Dein Mut und deine Entschlossenheit, deine geistige
und körperliche Energie sind entscheidend gewesen, um den revolutionären
Prozess voranzubringen.“
„Sicherlich warten große und vielschichtige
Schwierigkeiten auf euch, denen ihr unter Bedingungen, die nicht gerade ideal
sind, begegnen müsst, aber eine gerechte Politik, die sich auf die Massen
stützt und die mit Entschlossenheit angewandt wird, kann nicht besiegt werden…“
Am 11. September 1971 schrieb ich ihm:
„Der Überbringer reist, um mit dir die Details des
Besuchs zu vereinbaren.“
„Anfänglich hatten wir die Zweckmäßigkeit in Betracht
gezogen, in Arica zu landen und die Rundreise im Norden zu beginnen, wobei wir an
einen möglichen Direktflug mit einem Flugzeug von Cubana de Aviación gedacht
hatten. Später ergaben sich zwei neue Dinge: das dir von Velazco Alvarado
mitgeteilte Interesse an einem möglichen Kontakt während meiner Reise dorthin
und die Möglichkeit, über ein sowjetisches Flugzeug IL-62 mit größerem
Aktionsradius zu verfügen. Letzteres ermöglicht im gewünschten Fall den
Direktflug nach Santiago.“
„Wir schicken einen Entwurf der Reiseroute und der
Aktivitäten, damit du die Veränderungen hinzufügst, bzw. das streichst, was du
für angebracht hältst.“
„Ich habe mich bemüht, ausschließlich daran zu
denken, was von politischem Interesse sein kann, ohne mich sonderlich um den
Arbeitsrhythmus oder die Arbeitsintensität zu kümmern, aber absolut alles unterliegt
deinen Kriterien und Erwägungen.“
„Wir haben die außerordentlichen Erfolge deiner Reise
nach Ekuador, Kolumbien und Peru sehr genossen. Wann werden wir in Kuba die
Möglichkeit haben, mit den Ecuadorianern, Kolumbianern und Peruanern bezüglich
der riesigen, dir beim Empfang entgegengebrachten Zuneigung und Wärme zu
wetteifern?“
Bei jener Reise, deren Entwurf ich Präsident Allende
übermittelte, überlebte ich wie durch ein Wunder. Ich bin Dutzende Kilometer
entlang einer riesigen, am Straßenrand stehenden Menschenmenge gefahren. Der Central
Intelligence Agency der Vereinigten Staaten organisierte drei Aktionen, um
meine Ermordung während dieser Reise abzusichern. Bei einer im Vorhinein
angekündigten Pressekonferenz gab es eine Kamera, die von einem venezolanischen
Fernsehsender geliefert wurde und mit Maschinengewehren ausgerüstet war. Diese
wurde von kubanischen Söldnern bedient, die mit Ausweisen jenes Landes in Chile
eingereist waren. Denjenigen, die während der langen Zeit des Interviews und
der auf mich gerichteten Kameras nur den Abzug zu bedienen gehabt hätten,
reichte der Mut nicht aus. Sie wollten nicht Gefahr laufen, zu sterben. Sei
hatten mich außerdem durch ganz Chile verfolgt, wo sie mich nicht erneut so nahe
und verwundbar gehabt haben. Ich konnte die Details der feigen Aktion erst
Jahre später in Erfahrung bringen. Der Geheimdienst der Vereinigten Staaten war
weiter gegangen, als wir es uns denken konnten.
Am 4. Februar 1972 schrieb ich Salvador Folgendes:
„Die Militärdelegation wurde hier von allen mit größter
Sorgfalt empfangen. Die Revolutionären Streitkräfte haben in diesen Tagen
praktisch ihre gesamte Zeit deren Betreuung gewidmet. Die Treffen waren
freundschaftlich und menschenfreundlich. Das Programm war intensiv und
vielseitig. Mein Eindruck ist der, dass die Reise positiv und nützlich war und
dass die Möglichkeit besteht, diesen Austausch fortzusetzen und dass dies
angebracht ist.“
„Mit Ariel sprach ich über die Idee deiner Reise. Ich
verstehe vollkommen, dass die intensive Arbeit und der Ton des politischen
Kampfes in den letzten Wochen es dir nicht erlaubt haben, diese für den
erwähnten ungefähren Zeitpunkt vorzusehen. Zweifellos hatten wir diese Eventualitäten
nicht berücksichtigt. Mich meinerseits beruhigte an jenem Tag, d.h. am Vortag
meiner Rückreise, als wir schon bei Tagesanbruch in deinem Haus zu Abend aßen,
der Gedanke, dass wir relativ bald erneut in Kuba zusammentreffen würden, wo
wir mehr Zeit für ausgedehnte Unterhaltungen haben würden. Ich hege trotzdem
die Hoffnung, dass du den Besuch vor Mai in Erwägung ziehen kannst. Ich habe
diesen Monat genannt, weil ich spätestens ab Mitte desselben die nicht mehr
aufschiebbare Reise nach Algerien,
Guinea, Bulgarien und andere Länder und die UdSSR antreten muss. Diese umfangreiche
Besuchsreise wird mir eine beträchtliche Zeit in Anspruch nehmen.“
„Ich danke dir sehr für deine mir übermittelten
Eindrücke zur jetzigen Lage. Hier, wo wir mit jedem Tag mehr mit dem
chilenischen Prozess vertraut, an ihm interessiert und von ihm emotionell
bewegt sind, verfolgen wir mit großer Aufmerksamkeit die Nachrichten, die uns von
dort erreichen. Jetzt können wir besser die Wärme und Leidenschaft verstehen,
welche die kubanische Revolution in der ersten Zeit hervorgerufen haben muss.
Man könnte sagen, dass wir unsere eigene Erfahrung andersherum erleben.“
„In deinem Brief kann ich die ausgezeichnete Willensbereitschaft,
Gelassenheit und den Mut erkennen, mit denen du bereit bist, den
Schwierigkeiten zu begegnen. Und das ist fundamental in jedem revolutionären
Prozess, besonders, wenn er unter den sehr vielschichtigen und schwierigen
Bedingungen von Chile abläuft. Ich bin mit einem außerordentlichen Eindruck
über die moralische, kulturelle und menschliche Qualität des Volks von Chile
und über seine bedeutende patriotische und revolutionäre Berufung
zurückgekehrt. Dir ist das einzigartige
Privileg zugefallen, sein Revolutionsführer in diesem für die Geschichte von Chile
und Amerika entscheidenden Moment zu sein, was wie eine Vollendung eines immer mit
Kampf angefüllten Lebens ist, wie du es im Stadium gesagt hast, das der
revolutionären Sache und dem Sozialismus gewidmet ist. Kein Hindernis kann
unüberwindbar sein. Jemand hat gesagt, dass eine Revolution mit ‘Kühnheit,
Kühnheit und nochmals Kühnheit’ voranschreitet. Ich bin von der tiefgehenden
Wahrheit überzeugt, welche dieses Axiom
beinhaltet.“
Ich habe Präsident Allende erneut am 6. September
1972 geschrieben:
„Über Beatriz habe ich dir Botschaften zu
verschiedenen wichtigen Angelegenheiten geschickt. Nachdem sie abgereist war
und aufgrund der vergangene Woche erhaltenen Nachrichten haben wir beschlossen,
Genossen Osmany zu schicken, um unsere Bereitschaft zur Zusammenarbeit in
jeglichem Sinne zu bestätigen. Gleichzeitig, damit du uns über ihn deine
Einschätzung der Situation und deine Ideen bezüglich der vorgesehenen Reise
hierher und in andere Länder mitteilen kannst. Der Vorwand von Osmanys Reise
wird eine Inspektion der kubanischen Botschaft sein, obwohl sie auf keine Weise
öffentlich verkündet werden wird. Wir möchten, dass sein Aufenthalt dort kurz
und diskret ist.“
„Die von dir über Beatriz angetragenen Dinge, werden
schon ausgeführt…“
„Obwohl wir die jetzigen Schwierigkeiten des
chilenischen Prozesses begreifen, vertrauen wir darauf, dass ihr die Art und
Weise finden werdet, sie zu bezwingen.“
„Du kannst vollkommen auf unsere Kooperation zählen.
Wir senden dir alle einen brüderlichen und revolutionären Gruß.“
Am 30. Juni 1973 schickten wir eine offizielle
Einladung an Präsident Salvador Allende und die Parteien der Unidad Popular zu
den Feierlichkeiten anlässlich des 20. Jahrestages des Sturms auf die
Moncada-Kaserne.
In einem zusätzlichen Brief, sagte ich ihm Folgendes:
„Salvador!
Das vorhergehende ist die offizielle, formelle
Einladung zu den Feierlichkeiten des 20. Jahrestages. Es wäre großartig, wenn
du zu diesem Datum einen Abstecher nach Kuba machen könntest. Kannst du dir
vorstellen, was für eine Freude, Befriedigung und Ehre das für die Kubaner
bedeuten würde? Ich weiß jedoch, dass das vor allem von deiner Arbeit und der
Situation dort abhängt. Sodass wir es deinem Ermessen überlassen.“
„Wir stehen noch unter dem Eindruck des großen
revolutionären Sieges vom 29. und der glänzenden persönlichen Rolle, die du bei
den Ereignissen gespielt hast. Es ist natürlich, dass viele der Schwierigkeiten
und Hindernisse weiter bestehen bleiben werden, aber ich bin sicher, dass diese
erste erfolgreich bestandene Probe euch viel Mut einflößen und das Vertrauen
des Volkes festigen wird. Auf internationaler Ebene wurde den Ereignissen viel
Bedeutung beigemessen und es wird als ein großer Sieg eingeschätzt.“
„Wenn du so handelst, wie du es am 29. getan hast,
dann wird die chilenische Revolution siegreich aus jeder Prüfung hervorgehen,
egal wie hart diese auch sei. Ich wiederhole dir, dass wir Kubaner an deiner
Seite stehen und dass du auf deine treuen Freunde von eh und je immer zählen
kannst.“
Am 29. Juli 1973 schicke ich ihm den letzten Brief:
„Lieber Salvador!
Unter dem Vorwand, mit dir Angelegenheiten bezüglich
des Treffens der blockfreien Staaten zu besprechen, werden Carlos und Piñeiro
eine Reise dorthin machen. Die reale Zielstellung besteht darin, von dir Information über die
Situation zu erfahren und wie immer unsere Bereitschaft zur Kooperation gegenüber
den Schwierigkeiten und Gefahren anzubieten, die den Prozess behindern und
bedrohen. Ihr Aufenthalt wird sehr kurz sein, da sie hier viele ausstehende
Verpflichtungen zu erfüllen haben und wir haben beschlossen, dass sie diese
Reise unternehmen, trotzdem das ihre eigene Arbeit beeinträchtigt.“
„Ich sehe, dass ihr euch jetzt inmitten der
schwerwiegenden Ereignisse, wie der brutalen Ermordung deines Marine-Adjutanten
und des neuen Streiks der Lastwagen-Besitzer, in der heiklen Angelegenheit des
Dialogs mit den Christdemokraten befindet. Deshalb kann ich mir die große
vorhandene Spannung und deinen Wunsch, Zeit gewinnen und das Kräfteverhältnis
verändern zu wollen, und zwar für den Fall, dass es zum Ausbruch des Kampfes
kommt, vorstellen, und außerdem den Wunsch, einen Weg zu finden, der ein
Fortschreiten bei dem revolutionären Prozess ohne Bürgerkrieg ermöglicht, und
außerdem deine historische Verantwortung für das, was geschehen kann, wahrt.
Das sind lobenswerte Absichten. Aber für den Fall, dass die andere Seite, deren
reale Absichten wir von hier aus nicht einzuschätzen in der Lage sind, stur auf
einer verräterischen und unverantwortlichen Politik beharren und dabei einen
von der Unidad Popular und der Revolution unmöglich bezahlbaren Preis verlangen
wir, – was sogar recht wahrscheinlich ist – vergiss keinen Augenblick die riesige
Kraft der chilenischen Arbeiterklasse und die energische Unterstützung, die sie
dir in allen schwierigen Augenblicken gegeben hat. Sie kann auf deinen Aufruf
hin, dass die Revolution in Gefahr schwebt, die Putschisten zum Erliegen
bringen, die Unschlüssigen an unserer
Seite halten, ihre Bedingungen auferlegen und ein für alle Male das Schicksal
von Chile entscheiden, falls es notwendig wäre. Der Feind muss wissen, dass sie
aufmerksam gemacht wurde und zum In-Aktion-Treten bereit ist. Ihre Kraft und
ihr Kampfgeist können die Waage in der Hauptstadt zu deinen Gunsten umschwenken
lassen, selbst wenn andere Umstände ungünstig wären.“
„Dein Entschluss, den Prozess mit Standhaftigkeit und
Ehre selbst um den Preis deines eigenen Lebens zu verteidigen, - wovon
jedermann weiß, dass du es zu erfüllen bereit bist - wird alle jene Kräfte an deine Seite ziehen, die
zu kämpfen in der Lage sind und alle würdigen Männer und Frauen von Chile. Dein
Mut, deine Gelassenheit und deine Kühnheit in dieser historischen Stunde deines
Vaterlandes und vor allem deine standhaft, entschlossen und heldenhaft
ausgeübte Führung stellen den Schlüssel zur Situation dar.“
„Teile Carlos und Manuel mit, womit wir, deine treuen
kubanischen Freunde, Kooperation leisten können.“
„Ich unterstreiche dir die Zuneigung und das
unbegrenzte Vertrauen unseres Volkes!“
Das habe ich eineinhalb Monate vor dem Putsch
geschrieben. Die Abgesandten waren Carlos Rafael Rodríguez und Manuel Piñeiro.
Pinochet hatte eine Unterredung mit Carlos Rafael. Er
hatte vor ihm eine Loyalität und Standhaftigkeit ähnlich wie die des Generals
Carlos Prats, Armeeoberbefehlshaber während eines Teils der Regierungszeit der
Unidad Popular, simuliert. Prats war ein würdiger Militär, den die Oligarchie
und der Imperialismus in eine vollkommene Krise brachten, die ihn zum
Rücktreten zwang, und er wurde später, nach dem faschistischen Putsch von 1973,
von den Schergen des chilenischen Geheimdienstes DINA in Argentinien ermordet.
Ich misstraute Pinochet seitdem ich die Bücher über
Geopolitik gelesen hatte, mit denen er mich während meines Besuchs in Chile beschenkt
hatte, und seinen Stil und seine Erklärungen beobachtet hatte und seine
Methoden, die er als Armeechef anwendete, wenn die Provokationen von Rechts
Allende zwangen, den Belagerungszustand in Santiago auszurufen. Ich erinnerte
mich an das, vor dem Marx im 18. Brumaire warnte.
Viele führende Militärs der Armee in den Regionen und
ihre Generalsstäbe wollten sich mit mir unterhalten, wo immer ich auch hinkam,
und zeigten beachtliches Interesse an den Themen unseres Befreiungskrieges und
den Erfahrungen der Oktoberkrise (Raketenkrise) von 1962. Die Treffen in der
Morgendämmerung, die einzige mir zur Verfügung stehende freie Zeit, dauerten
stundenlang. Ich willigte ein, um Allende zu helfen, indem ich ihnen mühsam die
Idee beibrachte, dass der Sozialismus kein Feind der Armeeeinrichtungen ist.
Pinochet war da als Militärchef keine Ausnahme. Allende betrachtete diese
Treffen als nützlich.
Am 11. September 1973 fällt er heldenhaft bei der
Verteidigung des Präsidenten-Palasts Palacio de
Die Revolutionäre, die dort dem faschistischen
Ansturm standhielten, haben fabelhafte Dinge über die letzten Augenblicke
erzählt. Die Versionen stimmten nicht immer überein, weil sie von verschiedenen
Stellen des Palasts aus kämpften. Außerdem sind einige seiner nächsten
Mitarbeiter gestorben bzw. wurden nach dem harten und ungleichen Kampf ermordet.
Der Unterschied der Zeugenaussagen bestand darin,
dass die einen behaupteten, dass er die letzten Schüsse auf sich selbst abgab,
um nicht gefangen genommen zu werden, und die anderen, dass sein Tod auf das
feindliche Feuer zurückzuführen ist. Der Palast brannte, er war durch Panzer
und Flugzeuge angegriffen worden, um einen Putsch zu vollenden, den sie als
eine einfache Angelegenheit ohne Widerstand ansahen. Es gibt keinerlei
Widerspruch zwischen beiden Formen die Pflicht zu erfüllen. In unseren
Befreiungskriegen gab es mehr als ein Beispiel von berühmten Kämpfern, die, als
es keine mögliche Verteidigung mehr gab, sich das Leben genommen haben, bevor
sie gefangen genommen werden konnten.
Es gibt noch viel darüber zu sagen, was wir alles für
Allende zu tun bereit gewesen waren, manche haben es schriftlich festgehalten.
Das ist nicht das Ziel dieser Zeilen.
Heute ist ein Jahrhundert seit seiner Geburt
vergangen. Sein Beispiel wird überdauern.
Fidel Castro Ruz
26. Juni 2008
18:34 Uhr
[1] „Es wird ein Angriff benötigt, um Schurken zu töten, um so das Werk der Revolutionen zu vollenden…“