Reflexionen des Genossen Fidel
Nachrichten über Chávez und Evo
Am gestrigen Donnerstag, dem 9.
April, hat die gespannte Situation in Bolivien unsere Aufmerksamkeit in
Anspruch genommen.
Heute, am Freitag, kommt eine
Tatsache von großem Interesse hinzu: die Ankunft von Hugo Chávez in Kuba, nach
seiner erfolgreichen Reise nach China. Wenn es so ist, dass die Oligarchie in
Bolivien auf einen ernsthaften und soliden Führer wie Evo Morales trifft, so
werden in Venezuela die Gegner der Bolivarianischen Revolution - die alle ihre
Hoffnungen in den Schlag gelegt hatten, den die Weltwirtschaftskrise diesem
Lande zufügen würde – verstehen, dass der Kampf von Chávez für den Sozialismus
in der Lage ist, jedes Hindernis zu überwinden. Er hat versprochen, die
Errungenschaften und die großen sozialen Fortschritte zu erhalten und dass die
Industrialisierung des Landes ihren Rhythmus beibehalten wird und Venezuela zu
einem Beispiel eines industriell entwickelten Landes mit sozialer Gerechtigkeit
werden wird, das der Dritten Welt als Eingebung und Beispiel dienen wird.
Seine Reise nach China und
Japan inmitten der alle Nationen der Welt geißelnden Krise ist ein echtes
Beispiel politischer Strategie. Vorher hatte er am Gipfeltreffen der
Südamerikaner und Araber teilgenommen, die zusammen riesige natürliche
Ressourcen besitzen. Er hat in Japan als eines der Länder, die industriell am
höchsten entwickelt sind und über das größte Wirtschaftspotential verfügen,
einen wichtigen Markt für die venezolanischen Erzeugnisse gesehen. Vor allem
schlussfolgerte er ganz klar, dass China mit seiner beschleunigten Entwicklung
die größte Wirtschaftsmacht der Erde sein wird, eine unvermeidliche Bastion des
Welthandels und Stütze für die Länder der Dritten Welt, welche von den
reichsten kapitalistischen Mächten diskriminiert und ausgebeutet wurden.
Die Agenturmeldungen vom 8.
berichteten über die Abkommen, die nach den zwischen den Präsidenten von
Venezuela und China, Hugo Chávez und Hu
Jintao, geführten Gesprächen unterzeichnet wurden.
Die von gestern, den 9., informierten
über die Aktivitäten, welche Hugo Chávez, auf Bitte des chinesischen
Präsidenten, an jenem Tag vor seiner Rückreise durchführte.
Die Nachrichtenagenturen
sprachen umfangreich über seine Aktivitäten in China:
„Hugo Chávez, Präsident von
Venezuela, erklärte heute, mit seinem chinesischen Amtskollegen Hu Jintao die
Erweiterung der Zusammenarbeit vereinbart zu haben, um abzusichern, dass China
im Jahr 2010 eine Million Barrel Erdöl täglich erhält.
'Ich habe ihm
vorgeschlagen, aufgrund der Situation (Krise) die Möglichkeit zur Vorverlegung
der im strategischen Abkommen für 2013 festgelegten Zielstellung zu analysieren
und zu vereinbaren', sagte Chávez heute zu den etwa hundert Führungskadern auf
Landes-, Provinz- und örtlicher Ebene der Parteischule der Kommunistischen
Partei Chinas (KPCh), die ihm applaudierten.“
„ Diese Lieferung, der Bau
einer venezolanischen Raffinerie auf chinesischem Gebiet und die Schaffung
einer binationalen Schifffahrtsgesellschaft für die Beförderung des Rohöls
waren die vorrangigen Zielstellungen, die mit diesem Besuch von Chávez erreicht
werden sollten.“
„Der venezolanische Präsident
Hugo Chávez betrachtete heute den Aufbau einer Bündnis-Plattform zwischen China
und Lateinamerika und der Karibik als 'unbedingt erforderlich'.“
„Der venezolanische
Präsident Hugo Chávez beendete heute seinen China-Besuch mit einer
Zusammenkunft mit dem chinesischen
Vizepräsidenten Xi Jinping, der als eventueller Nachfolger von Hu Jintao
an der Spitze der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) für den Zeitraum ab dem
nächsten Parteitag im Jahr 2012 angesehen wird.“
„Xi ist Rektor der Schule,
wo seit der Gründung der Volksrepublik China im Jahr 1949 alle leitenden Kader
der KPCh ausgebildet werden, und welche Chávez heute besucht hat.“
„'China versteht es
vorausschauend zu blicken. Wenige Monate nach dem Amtsantritt unserer Regierung
war ich hier, und wir haben mit Jiang Zemin eine Beziehung angefangen, der wir
jetzt zusammen mit Hu eine neue strategische Dynamik zu geben beschlossen haben'.“
„Gestern sagte Chávez zu
Hu – bei ihrem Treffen im Großen Palast des Volkes – dass 'China der größte vorhandene
Motor ist, um die Welt aus der Krise zu führen'.“
„Heute, in der Schule,
behaupte er Folgendes: 'wenn Washington die Hauptstadt der imperialen Welt war,
ist Beijing heute eine der großen Hauptstädte der pluripolaren Welt '.“
„'Wir sind dabei unsere
Parteischule zu gründen, wo unsere Partei seit knapp einem Jahr besteht, und
ihr Gründungskern muss sie absolvieren, weil wir im Begriff sind, einer großen
Partei mit einer klaren Ideologie ihre Form zu geben: dem Sozialismus', bekräftigte
er.”
Gegen 14 Uhr wird Präsident
Chávez mir die Ehre erweisen, mich zu besuchen. Für mich wird es von großem
Interesse sein, die Einzelheiten seiner Reise ins Ausland kennen zu lernen, wo
er insgesamt mehr als 12 Tage weilte, womit er sein unbegrenztes Vertrauen in
das Volk, sein zunehmendes sozialistisches Bewusstsein, und in die im Lande
verbliebenen Kader zeigt.
Tagsüber werden sicherlich
neue Nachrichten über Bolivien und die politische Schlacht von Evo und seines opferbereiten
Volkes ankommen. Ich werde weiter schreiben und versuchen, mich bei so vielen
Nachrichten so kurz als möglich zu fassen.
Um 13:15 Uhr rief ich Dausá
an. Die Neuigkeit ist, dass Evo um 7 Uhr früh noch nicht geschlafen hatte. Um
diese Uhrzeit übergab man ihm meine heutige Reflexion. Er hat sich gefreut und
sie den Journalisten vorgelesen. Es hat ihn gefreut, dass ich die Situation aus
der Nähe verfolge. Dann hat er zwei oder drei Stunden geschlafen.
Dausá versorgte mich mit
genauerer Information über die Funktionsweise des Parlaments. Sowohl in der
Kammer, zu der 130 Abgeordnete gehören und in der Evos Partei über eine große
Mehrheit verfügt, als auch im Senat mit 27 Kongressmitgliedern, wo die
Opposition die Mehrheit hat, werden die Gesetze durch die einfache Mehrheit
verabschiedet.
Das Problem besteht darin,
dass das Übergangswahlgesetz zu seiner Verabschiedung jene Mehrheit in beiden
Kammern benötigt. Die Oligarchie blockiert seine Verabschiedung, da sie unter
den 27 Senatsmitgliedern über die Mehrheit verfügt, und stellt dabei
Bedingungen, die inakzeptabel sind, wie zum Beispiel ein neues
Einwohnerverzeichnis; die Verminderung der Anzahl der Sonderwahlbezirke für die
indigene Bevölkerung auf beinahe Null, welche von der neuen, durch die
kürzliche Volksbefragung von der Bevölkerung bestätigte Verfassung des
bolivianischen Staates geschaffen wurden, und als Letztes die Auferlegung von
bedeutenden Einschränkungen der Möglichkeit zur Teilnahme an der Abstimmung der
im Ausland ansässigen Bolivianer, die in ihrer Mehrheit Sympathisanten von Evo
sind.
Mittels jener Forderungen
beabsichtigen sie, den bolivianischen Präsidenten der von ihm genossenen zunehmenden
Unterstützung der Bevölkerung zu entledigen.
Während eine Lösung auf der
Grundlage der möglichen Verminderung der 14 von Evo vorgeschlagenen indigenen
Abgeordneten auf knapp die Hälfte ausgehandelt wird, da die Opposition nur drei
akzeptiert hatte, haben sie Ränke zu schmieden begonnen, indem sie behaupten,
dass der Indio-Präsident seine eigenen Leute verrät. Auf diese Art versuchen
sie, seine Kräfte zu reduzieren, wobei sie außerdem das Wählerverzeichnis anfechten,
was das Recht von 700 000 bolivianischen Wählern in Frage stellen würde. Das
gleiche Ziel verfolgen sie mit den Einschränkungen und Hindernissen für im
Ausland ansässige Bolivianer.
Es ist logisch, dass Evo sich
weder damit abfindet, die Wahlen ausfallen zu lassen noch damit, einer großen Anzahl
von Bolivianern die Möglichkeit zur Wahlteilnahme zu nehmen, und das kraft der
Anfechtung eines Wahlverzeichnisses, dessen Qualität von internationalen Organisationen
als eine der besten in Lateinamerika bestätigt worden ist. Um 14:05 Uhr hörte
ich Evo im Fernsehen sprechen, ruhig, beredt, überzeugend.
Das kann man einfach nur
anerkennen und ihn unterstützen. Der Hungerstreik beeinträchtigt seine intellektuellen
Fähigkeiten nicht im Geringsten. „Ich suche nicht die Macht für mich, ich suche
die Macht für die sozialen Organisationen”, erklärt und wiederholt er. Seine
Antworten an die Presse sind wirklich viel sagend.
Dausá informiert,
dass viele der Oppositions-Parlamentarier, vor allem die von Santa Cruz, in
ihre Departements abgereist sind, um den Karfreitag und den Rest der Woche zu
verbringen, als ob sie fromme Gläubige wären.
Evo ändert seinerseits
seine Haltung nicht und behält sie zusammen mit einer Gruppe der ihn im
Regierungspalast begleitenden Führern bei. Aber gleichzeitig hat er Verbindung
zu allen Anhängern aufgenommen, die sich im Rest des Landes im Hungerstreik
befinden, damit sie diesen bis zum Montag unterbrechen und so das Wochenende
mit ihren Familien verbringen können.
Eine weitere angenehme
Nachricht habe ich heute Mittag in der Landesnachrichtensendung im Fernsehen
gehört. Unser Freund Bouteflika hat gestern mit Unterstützung von 90% der
Wähler eine dritte verfassungsmäßige Amtszeit erreicht. Das ist eine gute
Nachricht für Kuba, die uns an die Wichtigkeit der Solidarität mit anderen
Völkern erinnert, die unsere Geschichte seit den ersten Tagen der Revolution so
bereichert.
Um 15:55 Uhr kam Chávez. Ihn
begleitete Luis Reyes Reyes, Minister des Präsidentenamts; der ihn zusammen mit
Rafael Ramírez, Minister für Energie und Erdöl; Nicolás Maduro, Außenminister und anderen Kadern auf seiner Auslandsreise
begleitete. Er hatte sich noch gar nicht richtig hingesetzt, als er begann, mir
seine Eindrücke zu vermitteln.
Er kam sehr zufrieden von seinem
Treffen mit Hu Jintao, Präsident von China, zurück. Er erzählte mir über den
bei seinem Arbeitsbesuch mit ihm geführten breit gefächerten Dialog, das
anschließende Abendessen, das er ihm im Volkspalast bot, und über den Besuch
der historischen Kaderschule der Kommunistischen Partei Chinas, der ihm vom
Präsidenten empfohlen worden war. Er führte einen Meinungsaustausch mit dem
Vizepräsidenten von China und Rektor jener Schule, Xi Jinping, der tiefe Spuren
bei ihm hinterlassen hat. Er hatte ihn schon in Venezuela kennen gelernt, als
er das Land als Vizepräsident der großen Nation besuchte.
Er hatte ebenfalls ein
Treffen mit seinem Freund Chen Yuan, Präsident der Chinesischen Bank für
Entwicklung, Sohn desjenigen, der in der ersten Zeit der Revolution Präsident
jenes Landes war. Er sprach ebenfalls mit dem Außenminister. Er lobte das
Talent und die Arbeitsmethoden der obersten Führung von China sehr, besonders
von Hu Jintao.
Die Zusammenkünfte und
Besuche waren im Beisein der Presse oder
ohne diese. Er gab Interviews. Anhand der veröffentlichten Agenturmeldungen gab
er an, welche Worte er wirklich gesagt hatte und welche Ergebnis der
Übersetzung bzw. Interpretierung des von ihm Gesagten waren; sie berichteten
ausführlich über seine Tätigkeiten.
Er kehrte über Vancouver
zurück, in der entgegen gesetzten Richtung. Der Flug mit einem
Zwischenaufenthalt dauerte 16 Flugstunden,
die Hälfte der Zeit über Gebiet der Vereinigten Staaten, die dem IL-96 von Cubana de Aviación keinerlei Hindernisse in
den Weg legten. Er erzählte ebenfalls Einzelheiten seiner Besuche und Treffen
in Katar, Iran und Japan. Er hat sich mit unzähligen führenden Persönlichkeiten
unterhalten. Er widmete mehrere Minuten, um die Grüße auszurichten, die viele
seiner Gesprächspartner übermittelt hatten. Damit nimmt er es sehr genau. Er
wollte keinen vergessen, besonders von denjenigen, die von den chinesischen
führenden Persönlichkeiten ausgerichtet worden waren.
Bei den Themen unserer
Zusammenkunft, die 2 Stunden und 50 Minuten gedauert hat, haben wir viele
Angelegenheiten angesprochen. Ich sagte ihm, dass China sich den Weg zur
Verwendung des Yuan als Devisenwährung bahnt, der nicht künstlich entwertet
ist, um wettbewerbsfähig zu sein, wie von seinen Gegnern behauptet wird,
sondern weil seine Wettbewerbsfähigkeit progressiv zunimmt.
Paul Krugman, Nobelpreisträger
für Wirtschaftswissenschaften, behauptet, dass möglicherweise bei der nächsten
Sitzung, die alle paar Jahre bestimmten Währungen den Charakter einer
konvertierbaren Währung verleiht, der Yuan zusammen mit dem Dollar, dem Euro,
dem Pfund Sterling und anderen Währungen vom Internationalen Währungsfond als
solche aufgenommen wird. Diejenigen, welche die Weltwirtschaft leiten, können
ihn nicht weiterhin ignorieren.
Bei unserem
Meinungsaustausch durfte Evo nicht fehlen. Ich erläuterte ihm detailliert die
mir zur Verfügung stehende Information, seinen ausgezeichneten Gemütszustand und
seine Bereitschaft, den Streik bis zu den letzten Konsequenzen durchzuhalten.
Er rief ihn an und brachte ihm seine vollständige Solidarität zum Ausdruck. Zuletzt
sprach er von seinem baldigen Besuch in Argentinien. Er bat um Angaben über den
Gipfel von Trinidad und Tobago und die Haltung von Daniel, der, genau wie
Cristina, zur Eröffnung desselben sprechen wird. Ich erzählte ihm alles, was
ich wusste.
Um 21:54 Uhr rief ich Dausá
an und bat um Nachrichten.
Der für 19:00 Uhr
einberufene Kongress konnte wegen fehlendem Quorum nicht zusammenkommen. Er
wird erneut für 20:30 Uhr einberufen, es gab ebenfalls kein Quorum. Die
Fernsehkanäle zeigten zu jenen Stunden die Parlamentarier der Opposition in
ihren Departements. García Lineras bedauerte diese Abwesenheit und sagte, dass
diese Haltung an ein Delikt grenzt und dass er sie erneut Morgen, am 11. April
um 12:30 Uhr einberufen wird. Dass es keine andere Tätigkeit im Kongress geben
wird, bis das Gesetz nicht verabschiedet ist.
Evo geht es gut. Er wurde
von dem Arzt untersucht, der ihn begleitet. Der Hungerstreik der führenden
Persönlichkeiten in den verschiedenen Departements des Landes wurde trotz des
Aufrufs von Evo, ihn bis zum Montag zu unterbrechen, in Solidarität mit dem
Präsidenten fortgesetzt. Gemäß dem Generalsekretär des Bolivianischen
Gewerkschaftsverbandes sind es heute eintausendsiebenundzwanzig in 96 Streikposten.
Auf einer Pressekonferenz
der führenden Persönlichkeiten der Coordinadora Nacional por el Cambio (Landeskoordinationskomitee
für die Veränderung) und des Bolivianischen Gewerkschaftsverbandes wurde
gesagt, dass sie in dem Fall, wenn die Abwesenheit der Parlamentarier aus dem
Kongress fortgesetzt wird, gesetzlich gegen diese vorgehen werden. Er
informierte mich, dass er den Präsidenten heute Abend besuchen wird. Er braucht
40 Minuten von der Botschaft bis zum Regierungspalast. Ich versprach, ihn
anzurufen, um Evo zu grüßen.
Um 22:20 Uhr rief ich ihn an. Er
übergab das Handy sofort an Evo. Ich hatte das Vergnügen, seine gelassene, aber
standhafte, auf die Gerechtigkeit seiner Sache vertrauende Stimme zu hören. Ich
brachte ihm unsere Freude über seinen guten Gesundheitszustand zum Ausdruck.
Ich beglückwünschte ihn für seine Standhaftigkeit und seine ruhigen, viel sagenden
Worte, die niemanden beleidigen oder verletzen. Ich erzählte ihm über Chávez
Besuch und seine solidarische Haltung ihm und Bolivien gegenüber. Ich
übermittelte ihm eine Solidaritätsbotschaft und unser Vertrauen in seinen Sieg.
Fidel Castro Ruz
10. April 2009
23:02 Uhr