Reflexionen des Genossen Fidel
Obamas Lied
Der Präsident der Vereinigten Staaten erklärte auf einer Konferenz zum
Abschluss des Gipfels der G-20 um 14:30 Uhr Ortszeit Kuba, dass die
Arbeitslosigkeit in seinem Land ihren Höchstwert innerhalb der letzten 26 Jahre
erreicht hat.
In der Vergangenheit hat die Welt gegenüber Krisen dieser Art nicht mit der
notwendigen Schnelligkeit reagiert, sagte er. Wir haben jetzt die Geschichtslektionen
gelernt. Manche Presseleute haben Zweifel über unsere Fähigkeit zur Erreichung
eines Übereinkommens zum Ausdruck gebracht. Sie haben die ehrliche Debatte mit
unvereinbaren Meinungsverschiedenheiten verwechselt, aber wir haben bewiesen,
dass es möglich ist, Konsense zu erreichen.
Wir haben Maßnahmen zur Lösung der Situation vereinbart und zur Absicherung
dessen, dass wir in der Zukunft nicht bis an diesen Punkt kommen werden. Wir
haben eine Übereinkunft, um die Schaffung von Arbeitsplätzen zu fördern. Die
Vereinigten Staaten werden ihre Finanzeinrichtungen von den toxischen Aktiva säubern, um den Kredit für kleine und
mittlere Unternehmen(KMU)erneut zu fördern. Die G-20 wird ähnliche Programme in
Angriff nehmen.
Wir werden mittels
Kreditbereitstellungen eine Initiative zur Unterstützung der Volkswirtschaften
der Entwicklungsländer in die Tat umsetzen. Gleichzeitig lehnen wir den
Protektionismus ab, der zur Verschlimmerung der Probleme beitragen könnte.
Wir werden die Überwachung der wichtigen Einrichtungen und Bereiche
ausdehnen und umfangreicher gestalten. Wir werden den IWF und die anderen
internationalen Finanzierungseinrichtungen reformieren und erweitern, um sie so
zu stärken.
Circa 448 Milliarden Dollar werden dazu bestimmt sein, die Wirtschaften der
Entwicklungsländer zu unterstützen. Zur Verhinderung von humanitären Katastrophen
werden wir ebenfalls die UNO und die Weltbank unterstützen.
Auf viele der direkten Fragen
der akkreditierten Presse antwortete der US-amerikanische Präsident.
Unter anderem behauptete er:
Ich bin der Meinung, dass alles recht gut gelaufen ist. Ich bin mit der
Absicht zuzuhören, zu lernen und Führerschaft anzubieten, hierher gekommen. Ich
bin mit den vereinbarten Übereinkommen und damit, dazu einen Beitrag geleistet
zu haben, zufrieden.
Wir haben eine globalisierte Wirtschaft und so müssen wir die Initiativen
ebenfalls auf globaler Ebene ergreifen, damit sie wirksam sein können. Die
Vereinigten Staaten haben eine
drastische Exportverminderung erfahren und die Tatsache, dass andere
Volkswirtschaften davon angesteckt wurden, übt negativen Einfluss auf andere
US- Unternehmen aus, die solider aussahen.
Unter anderem sagte er
Folgendes:
Dies ist ein gemeinschaftliches Dokument, aber ohne Zweifel hat jedes Land
seine eigenen Ideen und Probleme, die vielleicht für das jeweilige Land nicht
verhandelbar sind. Wir haben versucht, diese Elemente so anzupassen, dass wir
die Effektivität des Dokuments im Allgemeinen nicht behindern.
Das löst aber noch nicht das Problem der toxischen Aktiva, und die
Art und Weise, wie jedes Land damit umgehen wird, erreicht äußerste Bedeutung,
und ebenso die Pläne für den wirtschaftlichen Aufschwung jedes Einzelnen.
Vollkommen klar ist aber, je schneller gehandelt wird, desto schneller werden
wir alle Nutzen daraus ziehen.
Ich glaube, dass es immer ein breites Meinungsspektrum darüber gegeben hat,
wie ungerecht der freie Markt sein kann und diesen Ruf verfolgend argwöhnen
einige bezüglich der Globalisierung und andere sind der Meinung, dass der Markt
immer Herrscher ist; aber derjenige, der die Geschichte studiert hat, weiß, dass
der Markt der effektivste Mechanismus ist, um Reichtum zu erzeugen. Nur
manchmal gerät er aus dem Gleis und wenn er nicht reguliert ist, und wenn es
keine Rahmen gibt, durch welche die Energien des Marktes kanalisiert werden
können, kann uns das zu etwas führen, was wir nicht möchten.
Bezüglich der lokalen Politik – ich bin Präsident der Vereinigten Staaten,
ich bin nicht Präsident von China oder Japan, bzw. Europa. Also muss ich
direkte Antworten für meine Wählerschaft haben, um ihr Leben zu verbessern. Meine
Anwesenheit hier hilft, dass die US-Bürger eine Wohnung, eine Beschäftigung
haben können, und dass ihre Kinder zur Schule gehen können; kurz und gut, damit
sie den amerikanischen Traum haben können.
Gemäß den internationalen Umfragen scheinen die Menschen größere Hoffnungen
bezüglich der Führerschaft der Vereinigten Staaten zu haben.
Ich wäre nicht hier, wenn ich nicht der Meinung wäre, dass wir als Nation
wichtige Dinge zeigen können.
Wir haben über Bretton Woods gesprochen. Wir befinden uns nicht in jener
Epoche, wo wir einen Roosevelt oder
Churchill erwarten können. Die Welt, in der wir jetzt leben, ist nicht wie
jene. Europa wurde wiederaufgebaut, China und Indien sind Mächte. Einige andere
Länder sind dabei, sich zu mobilisieren und das ist gut.
Es gab ab und zu Kommentare über die Rolle der Vereinigten Staaten in
dieser Krise. Es wurde davon gesprochen, dass die Vereinigten Staaten die Krise
in Wall Street begonnen haben könnten, und wir haben gehört, dass ein Teil
davon in Wall Street begonnen hat.
Einige Gesellschaften bzw. Firmen sind ungerechtfertigt große Risiken
eingegangen und dass hat eine riesige Auswirkung auf unsere Wirtschaft ausgeübt
und das wurde in der Weltwirtschaft diskutiert.
Wie ersichtlich, waren die
Antworten von Obama an die Journalisten vor allem an seine Wähler gerichtet. Sie
drücken das aus, was der Präsident der Vereinigten Staaten denkt. Ohne Zweifel
ist er viel besser als Bush und McCain, aber seine Denkweise wird den realen
Problemen der heutigen Welt nicht gerecht. Das Imperium ist viel mächtiger als
er und seine guten Absichten.
Der Gipfel der G-20 kündigte
in seinem Schlusskommuniqué Folgendes an:
Sie werden die Fonds für den
Weltwährungsfond verdreifachen - auf 750 Milliarden Dollar; 500 Milliarden Dollar sind für Darlehen an
die am härtesten von der Krise betroffenen Länder vorgesehen und 250
Milliarden für eine neue Zuweisung von
Sonderziehungsrechten (SZR).
Sie werden zusätzliche 100
Milliarden der Stärkung der multilateralen Entwicklungsbanken widmen.
Sie werden 250 Milliarden zur
Ankurbelung des Welthandels zur Verfügung stellen.
Ich muss darauf hinweisen,
dass die Europäische Union, Japan, China und andere Länder diese Fonds einbringen
werden und andererseits außerdem durch den Verkauf eines Teils der Goldreserven
des IWF.
Der britische Premierminister
äußerte, dass „eine neue Weltordnung am Entstehen ist“; und fügte hinzu, dass “der
Konsens von Washington übertroffen wurde” und dass “die Entscheidungen von
heute die Krise nicht unmittelbar lösen werden”.
Der französische Präsident
erklärte sich „wirklich glücklich“ über die auf dem Gipfel erreichten
Ergebnisse, indem er bei seinen Erwägungen äußerte, dass die getroffenen
Maßnahmen ein Beweis für „die tief greifendste Reform des Finanzwesens seit
1945“ sind. Er musste den Konferenzraum nicht verlassen.
Das US-Arbeitsministerium
berichtete, dass im März die Anzahl derjenigen, die weiterhin Arbeitslosengeld
empfangen haben, auf einen neuen historischen Höchstwert von 5,73 Millionen
gestiegen ist.
Obama sprach von Bretton
Woods. Damals, am Ende des letzten Weltkrieges, besaßen die Vereinigten Staaten
80% des Goldes der Welt und ihre aufstrebende Wirtschaft war intakt. Bretton Woods hat ihnen das Privileg gegeben,
die konvertierbaren Devisen in Umlauf zu bringen, als die anderen Länder
ruiniert waren.
Sie verfügten über Dollars und
Gold. Dessen Wert blieb während über 25 Jahren stabil, bis zu dem Zeitpunkt,
als die Vereinigten Staaten – ruiniert durch den imperialistischen Krieg in
Vietnam – einseitig die Konvertierung des Dollar abgesetzt und nach ihrem
Belieben die Wirtschaft der anderen Länder der Welt manipuliert haben.
Die Krise ist unlösbar an das
kapitalistische System der Produktion und Verteilung gebunden. Dessen wichtigsten
Exponenten, die Vereinigten Staaten, haben während ihrer Geschichte zwei große Krisen erlitten,
welche ihre Wirtschaft über Zeiträume beeinträchtigt haben, die 20 Jahre
überschritten. Dies ist die dritte und sie werden sich nur sehr langsam von ihr
erholen. Das weiß Europa aus eigener bitterer Erfahrung.
Die transnationalen US-Unternehmen
haben kraft Bretton Woods überall auf der Welt Besitztümer erworben. Sie zahlten
mit Gold und mit Wertpapieren; heutzutage kaufen sie diese mit Geldscheinen oder
wie die Chinesen sie zu bezeichnen pflegen mit Schrottwährung. Ihr Land besitzt
außerdem das eigentümliche Privileg des Vetorechts im Internationalen
Währungsfond. In London wurde kein einziges Wort darüber verlauten lassen, dass
die Vereinigten Staaten zum Verzicht auf solch ein Privileg verpflichtet. Die
nächste Krise wird viel schneller erfolgen und wird viel schwerwiegender sein,
als sich das Obama und mehrere seiner wichtigsten Verbündeten der G-7
vorstellen. Die Krisen können weder durch verwaltungsmäßige noch durch
technische Maßnahmen gelöst werden, weil sie systemisch sind und jedes Mal die
Weltwirtschaft und die Globalisierung des Planeten beeinträchtigen.
Nicht alle haben sich von der Hochstimmung
von London mitreißen lassen.
Eine Agenturmeldung von AFP
berichtet, dass die UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, an
diesem Donnerstag den Gipfel der G-20 kritisiert hat, wobei sie bedauerte, dass
die Demonstranten und die ärmsten Länder ausgeschlossen worden waren.
„ Als Hochkommissarin für
Menschenrechte würde ich sagen, dass die Finanzpolitik sich nicht auf die
Banken beschränken, sondern sich den Menschen widmen sollte, deren Interessen
im Zentrum der Debatten stehen müssten. Der Gipfel der G-20 sollte sofort die
Sorgen der armen Arbeiter und Bauern in den Mittelpunkt stellen.”
Zahlreiche Demonstrationen
gegen den Gipfel fanden gleichzeitig in London statt.
Eine weitere Agenturmeldung teilt mit, dass
der Kommissionsvorsitzender der Afrikanischen
Union, Jean Ping, bezüglich des Gipfels erklärte: „Wir bitten die Länder nicht
darum, dass sie ihre Hände in die Taschen stecken, um uns Geld zu geben, denn
sie haben versprochen, versprochen und abermals versprochen und haben nichts
getan. Das ist eine Maßnahme, die schon im vergangenen Jahr getroffen worden
war“.
Während in London die
angeblich rettenden Maßnahmen getroffen wurden, erschien das Gespenst des
Klimawechsels am selben Tag, als das Schlussabkommen der G-20 verabschiedet
wurde, als eine noch schwerwiegendere Tragödie als die Finanzkrise.
Eine AFP-Agenturmeldung berichtete
Folgendes: „Circa 80% der arktischen
Polarkappe könnte bis zu einem so nahe liegenden Zeitpunkt wie dem Jahr 2040
verschwinden, anstelle der bis jetzt geschätzten Zeitspanne bis zum Jahr 2100, wie
aus einer neuen wissenschaftlichen Studie hervorgeht“.
„Die gegen Ende des Sommers
mit Eis bedeckte Oberfläche des Nordpolarmeeres könnte in jener Epoche unter
einer Million Quadratmeter bleiben, gegen 4,6 Millionen Km2 heute”.
Jener Bericht wurde aus den von Wissenschaftlern einer gemeinsamen Studie der
Universität des Bundesstaates Washington und der US-Behörde für Ozeane und Atmosphäre
zur Verfügung gestellten Angaben erarbeitet. Gemäß derselben hat die arktische
Polarkappe an den Sommer-Enden der Jahre 2007 und 2008 eine spektakuläre Verminderung erlitten, als
die Eisoberfläche jeweils 4,3 und 4,7 Millionen Km2 erreichte.
Die angewandten Modelle
ermöglichen vorauszusehen, dass der Nordpol in 32 Jahren praktisch ohne Eis
sein wird. Wie die Wissenschaftler zu berichten wissen, sahen die vorherigen Modelle
diesen Ausgang für Ende des 21. Jahrhunderts vor. Eine riesige Wassermenge ist
dort in der sehr dickschichtigen Polarkappe gespeichert.
Die Zeitung Granma hat in ihrer
heutigen Ausgabe jene Nachrichten wiedergegeben.
Über beide Probleme, die internationale Finanzkrise
und den Klimawechsel habe ich am 1. April geschrieben. Die Absicht besteht
nicht darin, Mutlosigkeit zu säen, sondern Bewusstsein zu schaffen. Nichts ist
schlimmer, als die Unwissenheit. Wie wunderbar auch die klassischen
Sportwettkämpfe sein mögen, wir dürfen nicht verzagen und solche Themen, die
unbedingt Aufmerksamkeit erfordern, wie zum Beispiel die Wirtschaft, das Klima und die
Wissenschaft, ignorieren. Ich bin
Sportfanatiker wie alle anderen, aber der Mensch lebt nicht vom Brot allein.
Fidel
Castro Ruz
3. April 2009
15:49 Uhr