Reflexionen des Genossen Fidel
Die Widersprüche in der Außenpolitik der Vereinigten
Staaten
Nach dem Gipfel der G-20,
welcher die Aufmerksamkeit der Welt erregte, kamen über die
Nachrichtenagenturen weiterhin Pressemeldungen über die fieberhafte Tätigkeit
desjenigen an, der der Star von London war, der neue Präsident der Vereinigten
Staaten Barack Obama, der sich in der Phase seiner ersten 100 Amtszeit-Tage
befindet, wobei er aufmerksam von allen denen beobachtet wird, welche die
internationale Politik aus der Nähe verfolgen.
Mit der Genauigkeit einer
Digitaluhr geht er von einem Ort zum
anderen und unterhält Treffen mit führenden politischen Persönlichkeiten,
begeht Jahrestage, empfängt Ehrungen, besucht Städte, gibt Pressekonferenzen,
kündigt Pläne an, verkündet Botschaften und hält Reden.
Der „Überschall“-Gipfel der
G-20 war gerade erst zu Ende, als er nach dem französischen Strassbourg abflog,
das an der Grenze zu Deutschland liegt. Dort traf er sich am 3. April mit einem
Sarkozy, der glücklich darüber war, den Verhandlungstisch der G-
Es wird angekündigt, dass
beide, Obama und Sarkozy, am NATO-Gipfel teilnehmen werden, der unter
Anwesenheit von 26 Ländern an jenem Nachmittag in der deutschen Ortschaft
Baden–Baden beginnen und am darauf folgenden Tage in Strassbourg abgeschlossen
werden wird.
Vor seiner Abfahrt erklärt er,
dass „Europa die Vereinigten Staaten jene schwere Last nicht alleine tragen
lassen sollte, da das ein Problem ist, das beide Seiten angeht, und so sind gemeinsame Anstrengungen
erforderlich“.
„Wir beabsichtigen nicht, die
Chefs von Europa zu sein, wir wollen Partner von Europa sein“.
Von Strassbourg aus fährt er
nach Baden-Baden, um sich dort mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel
zu treffen, und zwar vor einem Abendessen mit den 26 Staats- und Regierungschefs
der NATO, plus die Aufnahmebewerber Kroatien und Albanien. Der Gipfel dient zur
Eröffnung der Veranstaltungen anlässlich des 60. Jahrestages der
Militärorganisation. Es war vorgesehen, dort die Beziehungen zu Russland zu
analysieren, welche „im vergangenen August nach dem russisch-georgischen Krieg ihren
Tiefpunkt erreicht haben“.
Ein weiteres Ziel war die
Diskussion zur Erneuerung des von 1999 stammenden strategischen Konzepts des
Bündnisses, um es an die neuen Bedrohungen anzupassen.
Anschließend würden sie die
Situation von Afghanistan und Kosovo diskutieren.
In Strassbourg trifft sich
Obama am selben Tag, d.h. dem 3., mit mehr als dreitausend jungen Franzosen und
Deutschen und hält eine kurze Rede, von der aufgrund der in ihr enthaltenen Kühnheit
in der Zukunft recht viel gesprochen werden wird.
„Ich bin diese Woche nach
Europa gekommen, um unser Bündnis zu erneuern. Die USA verändern sich, aber es
kann nicht nur Amerika allein sein, das sich verändert“. Anschließend kündigt
er den Inhalt der Rede an, die er in Prag über die Verbreitung von Atomwaffen
halten wird und behauptet, dass seine Zielstellung folgende sei: „eine Welt
ohne Atomwaffen“.
In einem anderen Augenblick
fügte er hinzu: „sogar jetzt, wo der Kalte Krieg beendet ist, könnte die
Verbreitung der Atomwaffen und der Raub von Atommaterial zur Zerstörung
jeglicher Stadt des Planeten führen”.
Unumstritten gibt es eine
zunehmende Besorgnis auf der Welt aufgrund der riesigen Zerstörungs- und
Vernichtungsgewalt jener Waffen, die zur Sorge von anderen Staaten über die
Gefahr einer atomaren Sabotage hinzukommt, besonders innerhalb der
US-amerikanischen Gesellschaft selbst. Das ist es, was Obama mit seinem
Ausspruch: „könnte der Raub von Atommaterial zur Zerstörung jeglicher Stadt des
Planeten führen“, wörtlich meint.
Am 4. April hieß er bei einer
Ansprache auf dem NATO-Gipfel Kroatien und Albanien im Schoße dieser
militärischen Einrichtung willkommen, womit die Mitgliederzahl derselben sich
auf 28 erhöht. Der Präsident der Vereinigten Staaten unterstrich, dass schon 140
Albaner und 296 kroatische Soldaten Dienst in Afghanistan getan haben. „Ich bin
der Meinung, dass beide stabile Beiträge zum Bündnis leisten werden“.
Die widersprüchlichen Formen,
mit der die Ideen des US-Präsidenten ausgedrückt werden, sind
offensichtlich.
„Die Tür des Bündnisses steht
weiterhin für andere Länder offen, welche die Standards der NATO erfüllen und
einen bedeutenden Beitrag zur Sicherheit des Bündnisses leisten können.“
Die Nachrichtenagentur EFE erläutert
Folgendes: „Russland zeigt sich sehr kritisch gegenüber der Ausweitung der NATO
gen Osten, und besonders in die ehemaligen Sowjetrepubliken, die es als sein
natürliches Einflussgebiet ansieht”.
„Das Bündnis hat auf seinem
Gipfel vom April vergangenen Jahres in Bukarest, unterstützt von Obamas
Vorgänger George W. Bush, einen eventuellen Weg zum Eintritt von der Ukraine
und von Georgien versprochen“, erinnert die Meldung.
Zweifelt etwa jemand dran,
dass die NATO eine kriegerische und aggressive Organisation ist, die nicht nur
Russland, sondern ebenfalls andere Länder überall auf der Welt bedroht? Hätte
das Folterzentrum von Guantánamo etwa ohne die Kooperation zahlreicher
NATO-Länder geschaffen und aufrecht
erhalten werden können?
Die Kühnheit und die Widersprüche
kommen erneut auf dem ersten Gipfel des US-Präsidenten mit der Europäischen
Union in Prag zum Ausdruck. Er versprach, „die Bemühungen für eine Welt ohne
Atomwaffen anzuführen“.
„Wir können nicht erfolgreich
sein, wenn wir diese Anstrengungen allein unternehmen, aber wir können die
Führung bei denselben übernehmen.”
Konkret sagte er, dass er vorhabe,
ein schnelles Ende der Atomversuche zu erreichen und bestätigte seine Absicht,
die Zustimmung des Senats zum Vertrag über das umfassende Verbot aller Atomversuche
zu suchen.
„Er setzte sich außerdem für
einen Weltgipfel über Atomsicherheit für das nächste Jahr ein“, informieren die
Agenturmeldungen.
Ebenfalls wurde berichtet,
dass “Obama aufgeweckt wurde, um über den
Start einer nordkoreanischen Rakete informiert zu werden, die scheinbar Japan
überflog. Er bat darum, dass der UN-Sicherheitsrat auf einer für diesen Sonntag
einberufenen Notstandssitzung eine unerschütterliche Antwort auf diese
Provokation geben solle“.
Die Demokratische
Volksrepublik Korea hat am 12. März angekündigt, dass sie als Bestandteil eines
Weltraumprogramms zu friedlichen Zwecken zwischen dem 4. und 8. April einen
Nachrichtensatelliten starten würde. Das war bekannt, als Obama in Strassbourg
zu den jungen Franzosen und Deutschen sprach.
Als er in Prag informiert
wurde, formulierte er eine Erklärung, die besagte: „Die Richtlinien müssen
beachtet werden, die Verstöße müssen bestraft werden, die Worte müssen
irgendeine Bedeutung haben“.
Eine Rakete zu starten, um
einen Nachrichtensatelliten in Umlauf zu setzen, eine Technologie zu
auszuprobieren bzw. einen Touristen auf einen Spaziergang zu führen ist kein
Delikt, ausgenommen, wenn das die Demokratische Volksrepublik Korea tut, die
nicht dem Klub der Stärksten, mit den Mitteln zur Anwendung solcher hoch
entwickelter Technik angehört. Japan hat die Gelegenheit genutzt, um seine
Satellitenabwehrraketen zu justieren und seine Verteidigung zu vervollkommnen,
ohne dass irgendjemand ihm dieses Recht bestritt.
Ich bin der Meinung, dass es eine
Übertreibung war, Obama in den frühen Morgenstunden aufzuwecken.
Bevor er von Prag abreiste,
sagte er auf einer Kundgebung vor 30 000 Menschen Folgendes: „Zu behaupten,
dass die Atomwaffen unvermeidbar sind, ist dasselbe, als wenn man sagen würde,
dass die Anwendung der Atomwaffen unvermeidbar ist. Die Menschheit muss erneut
Herr ihres Schicksals sein”. Diese Behauptung an sich besitzt große
Wirksamkeit. Jedoch fügte er anschließend hinzu, dass das von den Vereinigten
Staaten auf europäischen Gebiet vorgesehene Abwehrschild ein Programm in
Antwort auf die iranischen atomaren Bedrohungen ist. Solch eine Behauptung
entspricht jedoch nicht der Wahrheit und ich verstehe nicht, warum sie
wiederholt wird.
Russland weist jenen Plan des Abwehrschildes
zurück und ist der Meinung, dass er expansionistisch ist, weshalb es seine
Annullierung fordert.
Am Sonntag, dem 5. April, kam
er in den Abendstunden in der Türkei an.
Nachdem er am Montag in
Ankara, Hauptstadt dieser euroasiatischen Nation, mit den türkischen Regierenden
zusammengetroffen war und eine Rede im Parlament gehalten hatte, kündigte er
an, dass er nach Istanbul reisen werde, um am zweiten Forum der Allianz
der Zivilisationen teilzunehmen.
In Prag hatte er versprochen,
den Eintritt der Türkei in die Europäische Union zu unterstützen, dem sich
Frankreich, Deutschland und andere widersetzen.
Er bat in Ankara erneut um den
Eintritt der Türkei in die Europäische Union. Dessen ungeachtet wies er darauf
hin, dass die Türkei Anstrengungen unternehmen müsse, um den Rechtsstaat zu
verstärken.
Als er in jenem Land ankam,
war seine erste Handlung eine Ehrenbekundung für den Gründer der Türkischen
Republik, Mustafa Kemal Atatürk.
„Seien wir respektvoll, auch
in dem Fall, wenn wir nicht einverstanden sind“, sagte er vor dem Parlament.
Eine weitere Aussage mit einem an sich tiefgründigen Inhalt.
„Die Vereinigten Staaten
befinden sich nicht im Kriegszustand mit dem Islam und werden es auch nicht
sein“, erklärte er.
Tausende Türken waren auf die
Straße gegangen, um gegen die Politik der Vereinigten Staaten zu protestieren.
Der Präsident der Vereinigten
Staaten beendete seinen Besuch am 7. April um 02:20 Uhr Ortszeit von Istanbul, der
wichtigsten Stadt der Türkei, nach einer anstrengenden Rundreise von 8 Tagen.
Sein letztes Treffen war mit
den Studenten. Er rief die Jugendlichen dazu auf, Brücken zwischen dem Islam
und dem Westen zu schlagen. Wie EFE
berichtet, rief er die Moslems dazu auf, die „Karikaturen“ nicht zu beachten, welche
die US-Bürger als Ignoranten bzw. Gefühllose darstellen, und versicherte, dass
„jenes nicht das Land ist, was er liebt“.
Die erzählten Geschehnisse
widerspiegeln die Vielschichtigkeit der Aufgaben, die auf Obamas Schultern
lasten.
Er hatte offen erklärt: „nach
vier bzw. acht Jahren wird man sagen können, ob ich dieselben politischen
Richtlinien weiterverfolgt habe, oder ob die Dinge sich verändert haben“.
Auch wenn er diese genannten
Widersprüche in sich vereint, hat der schwarze Präsident, mit einer eisernen
Gesundheit, wie eine Arbeitsmaschine und mit regem Geist, seinen ersten
Auslandsbesuch mit unbestreitbaren politischen Ergebnissen vollendet.
Er ähnelt seinem Vorgänger
absolut nicht.
Fidel Castro Ruz
8. April 2009
19:11 Uhr