Reflexionen
des Genossen Fidel
OBAMAS
REDE IN KAIRO
Am Donnerstag, den 4. Juni hat Obama an
der Islamischen Universität Al-Azhar in Kairo eine Rede von besonderem
Interesse für diejenigen unter uns gehalten, die seine politischen Handlungen
aufgrund der enormen Macht der von ihm regierten Supermacht mit besonderem
Interesse verfolgen. Ich werde seine eigenen Worte verwenden, um das
aufzuzeigen, was meines Erachtens die von ihm zum Ausdruck gebrachten
Grundideen waren und werde so, um Zeit zu sparen, seine Rede zusammengefasst
wiedergeben. Wir sollten nicht nur wissen, was er gesagt hat, sondern auch
worüber er gesprochen hat.
„Wir
sind in einem Augenblick der Spannung zwischen den Vereinigten Staaten und den
Muslimen auf der ganzen Welt zusammengekommen…”
„Die Beziehung zwischen dem Islam und dem
Westen schließt Jahrhunderte der Koexistenz und Zusammenarbeit ein, aber
ebenfalls Konflikte und religiöse Kriege.”
„…der Kolonialismus hat vielen Muslimen
Rechte und Chancen verweigert, … der kalte Krieg hat oft die Länder mit
muslimischer Mehrheit als Agenten genutzt, ohne ihre eigenen Erwartungen zu
berücksichtigen.”
„Gewalttätige Extremisten haben diese
Spannungen ausgenutzt…”
„…haben dazu geführt, dass einige Menschen in
meinem Land der Meinung sind, dass der Islam nicht nur den Vereinigten Staaten
und den westlichen Ländern gegenüber unweigerlich feindlich gesinnt ist,
sondern ebenfalls bezüglich der Menschenrechte.”
„Ich bin auf der Suche nach einem solchen Neuanfang
für die Vereinigten Staaten und die Muslime auf der ganzen Welt hierher
gekommen, der sich auf gemeinsame Interessen und die gegenseitige Achtung
gründet…”
„…stimmen teilweise überein und haben
gemeinsame Prinzipien, die Prinzipien der Gerechtigkeit, des Fortschritts, der
Toleranz und der Achtung der Würde aller menschlichen Wesen.”
„Keine Rede kann von sich allein Jahre des
Misstrauens beenden und ich kann auch nicht in der mir zur Verfügung stehenden
Zeit alle komplizierten Fragen beantworten, die uns zu diesem Augenblick
geführt haben.”
„Wie
uns der Heilige Koran sagt, ,seid euch Gott bewusst und sagt immer die
Wahrheit.’”
„Ich bin Christ, aber mein Vater gehörte
einer Familie in Kenia an, die mehrere Generationen von Muslimen einschließt.
Ich habe als Kind mehrere Jahre in Indonesien verbracht und den Azan-Ruf bei
Tagesanbruch und gegen Abend gehört. Als junger Mensch habe ich in Chikago in
Gemeinden gearbeitet, wo viele in ihrer muslimischen Religion Würde und Frieden
fanden.”
„ Es war der Islam – an solchen Orten wie der
Universität Al-Azhar – der die Fackel des Lehrens und Lernens über viele
Jahrzehnte getragen hat und in Europa den Weg für die Renaissance und das
Zeitalter der Aufklärung geebnet hat.”
„…seit unserer Gründung haben die US-Muslime
die Vereinigten Staaten bereichert.”
„Sie haben in unseren Kriegen gekämpft, für
die Regierung gearbeitet, die Bürgerrechte verteidigt…”
„…es gehört zu meinen Verantwortlichkeiten
als Präsident der Vereinigten Staaten, gegen die negativen
Klischeevorstellungen über den Islam überall dort, wo sie auftauchen,
anzukämpfen.”
„…die Vereinigten Staaten passen nicht in die
plumpe Klischeevorstellung eines Imperiums, dass sich nur um seine eigenen
Interessen kümmert.”
„Der
Traum der Chancen für alle Menschen ist nicht in allen Fällen Wirklichkeit geworden…”
„Die
Worte allein befriedigen nicht die Bedürfnisse unserer Völker.”
„Wenn eine neue Grippe einen Menschen
ansteckt, dann sind wir alle gefährdet.”
„Wenn
eine Nation sich Atomwaffen beschafft, dann laufen alle Nationen größere
Gefahr, einen Atomangriff zu erleiden.”
„…jegliches
Regime auf der Welt, das eine Nation oder Menschengruppe über andere erhebt,
wird unweigerlich scheitern.”
„In Ankara habe ich klargestellt, dass die
Vereinigten Staaten weder mit dem Islam auf Kriegsfuss stehen noch es je sein
werden.”
„…wir lehnen dieselben Dinge ab, wie die
Menschen aller Glaubensrichtungen: den Mord von unschuldigen Männern, Frauen
und Kindern.”
„…es gibt Leute, die die Ereignisse des 11.
September in Frage stellen oder rechtfertigen.”
„Die
Opfer waren unschuldige Männer, Frauen und Kinder der Vereinigten Staaten…”
„…damit
es klar wird: wir wollen nicht unsere Truppen in Afghanistan behalten. Wir
wollen dort keine Militärstützpunkte haben. Es ist schmerzhaft für die
Vereinigten Staaten, wenn ihre jungen Menschen umkommen. Diesen Konflikt
fortzusetzen hat einen hohen politischen und wirtschaftlichen Preis. Wir würden
sehr gern alle unsere Truppen nach Hause schicken, wenn sichergestellt wäre,
dass es in Afghanistan und Pakistan keine gewalttätigen Extremisten gibt, die
bereit sind, soviel US-Amerikaner zu ermorden, als es ihnen möglich ist.”
„Der
heilige Koran lehrt, dass derjenige, der einen Unschuldigen tötet, die gesamte
Menschheit tötet; und wer einen Menschen rettet, die gesamte Menschheit rettet.”
„Im
Unterschied zu Afghanistan haben wir selbst beschlossen, den Krieg gegen den
Irak zu beginnen, und das hat einen starken Antagonismus in meinem Land und
rund um die Welt hervorgerufen.”
„…ich bin auch der Meinung, dass die
Ereignisse im Irak die Vereinigten Staaten von Nordamerika daran erinnert
haben, dass es notwendig ist, immer wenn es möglich ist, die Diplomatie zu
verwenden und einen Konsens auf internationaler Ebene zu erreichen, um unsere
Probleme zu lösen.”
„Jetzt
haben die Vereinigten Staaten eine doppelte Verantwortung: dem Irak zu helfen,
eine bessere Zukunft zu schmieden und Irak in die Hände der Iraker zu
übergeben.”
„Ich
habe dem irakischen Volk klar gesagt, dass wir weder Militärstützpunkte wollen,
noch den Besitz irgendeines Teils ihres Gebiets oder ihrer Naturschätze
verlangen wollen.”
„Die
Souveränität des Irak gehört ihm allein. Deshalb habe ich die Rückkehr unserer
Kampfeinheiten für den kommenden August befohlen.”
„…unserer Kampftruppen aus den irakischen
Städten für Juli und den Rückzug aller unserer Truppen aus dem Irak bis
„Der 11. September war ein riesiges Trauma
für unser Land.”
„…in
einigen Fällen hat es uns dazu geführt, im Widerspruch zu unseren Idealen zu handeln.”
„Ich
habe unmissverständlich die Anwendung der Folter durch die Vereinigten Staaten
verboten und angeordnet, das Gefängnis der Bucht von Guantánamo bis zum Beginn
des nächsten Jahres zu schließen.”
„…die Vereinigten Staaten werden sich die
Souveränität der Nationen und das Legalitätsprinzip achtend verteidigen.”
„Die zweite zu debattierende bedeutende
Spannungsquelle ist die Situation zwischen den Israelis, den Palästinensern und
der arabischen Welt.”
„Die engen Beziehungen der Vereinigten
Staaten mit Israel sind recht bekannt. Diese Beziehung ist unerschütterlich.”
„Andererseits
ist ebenfalls unbestreitbar, dass das palästinensische Volk – Muslime und
Christen – auch im Kampf um ein Vaterland gelitten hat. Während über sechzig
Jahren haben sie den Schmerz der Verdrängung ertragen.”
„Viele
warten in Flüchtlingslagern an den Westufern, im Gazastreifen und den
angrenzenden Gebieten auf ein Leben in Frieden und Sicherheit, dass sie nie
gehabt haben.”
„…dass es außer jeglichem Zweifel steht: die
Situation für das palästinensische Volk ist unerträglich. Die Vereinigten
Staaten werden den legitimen Erwartungen der Palästinenser bezüglich Würde,
Chancen und eines eigenen Staates nicht den Rücken kehren.”
„…zwei Völker mit legitimen Erwartungen,
jedes von ihnen mit einer schmerzhaften Geschichte, die ein Übereinkommen
schwer macht.”
„Es
ist leicht, die Schuld zuzuweisen, d.h. für die Palästinenser der Gründung von
Israel die Schuld für die Verdrängung zu geben und für die Israelis den
ständigen Anfeindungen und Angriffen innerhalb und außerhalb ihrer Grenzen während
ihrer gesamten Geschichte die Schuld zu geben.”
„…wenn
wir den Konflikt nur von der einen oder anderen Seite sehen, dann können wir
die Wahrheit nicht erkennen.”
„…die
einzige Lösung besteht darin, dass die Erwartungen beider Seiten durch zwei
solche Staaten befriedigt werden, wo die Israelis und Palästinenser Frieden und
Sicherheit haben.”
„Während Jahrhunderten haben die Menschen
schwarzer Hautfarbe als Sklaven die Geißel der Peitsche und die Demütigung der
Rassentrennung ertragen. Aber sie haben die vollen und gleichen Rechte nicht
durch Gewalt erreicht.”
„Hamas muss mit der Gewalt aufhören,
vergangene Übereinkommen und das Existenzrecht von Israel anerkennen.”
„…die Israelis müssen anerkennen, dass
genauso wie Israel das Existenzrecht nicht verweigert werden kann, dies
ebenfalls Palästina nicht verweigert werden kann. Die Vereinigten Staaten
gestehen weiteren israelischen Siedlungen keine Legitimität zu.”
„Jene
Errichtung verletzt vorausgegangene Vereinbarungen und behindert die Bemühungen
zur Erreichung des Friedens. Es ist an der Zeit, dass solche Ansiedlungen
aufhören.”
„Israel muss ebenfalls seinen Verpflichtungen
nachkommen, und absichern, dass die Palästinenser leben und arbeiten und ihre
Gesellschaft entwickeln können.”
„Der
Fortschritt im täglichen Leben des palästinensischen Volkes muss Bestandteil
des Weges zum Frieden sein und Israel muss konkrete Schritte unternehmen, um
jenen Fortschritt zu ermöglichen.”
„Der arabisch-israelische Konflikt darf nicht
weiter zur Ablenkung der Einwohner der arabischen Länder dienen und das
Vorhandensein von anderen Problemen verbergen.”
„Die
dritte Spannungsquelle ist unser gemeinsames Interesse an den Rechten und
Pflichten der Länder bezüglich der Atomwaffen.”
„Inmitten
des Kalten Krieges haben die Vereinigten Staaten eine Rolle bei dem Sturz einer
demokratisch gewählten iranischen Regierung gespielt.”
„Seit
der Islamischen Revolution hat der Iran bei Entführungen und Gewaltakten gegen
US-amerikanische Militärangehörige und Zivile die Hand im Spiel gehabt.”
„Ich
habe den führenden Persönlichkeiten und dem Volk des Iran klargestellt, dass
mein Land bereit ist, das hinter sich zu lassen, anstelle sich von der
Vergangenheit einfangen zu lassen. Die Frage besteht jetzt nicht darin, gegen
was sich der Iran stellt, sondern eher, welche Zukunft er schmieden möchte.”
„Es wird schwer sein, Jahrzehnte des
Misstrauens zu überwinden, aber wir werden mit Mut, Aufrichtigkeit und
Überzeugung voran kommen. Es wird viele, zwischen unseren Ländern zu debattierende
Themen geben und wir sind bereit, ohne Vorbedingungen und auf der Grundlage der
gegenseitigen Achtung voranzuschreiten.”
„Ich verstehe diejenigen, die protestieren,
dass einige Länder Waffen besitzen, die andere nicht haben. Kein Land darf auf
eigene Faust entscheiden, welche Länder Atomwaffen besitzen dürfen. Deshalb
habe ich beharrlich die Verpflichtung der Vereinigten Staaten bekräftigt, eine
Welt zu schaffen, in der kein Land Atomwaffen besitzt.”
„…jedes Land – einschließlich der Iran – sollte
das Recht haben, Atomenergie zu friedlichen Zwecken zu nutzen, wenn es seinen
Verpflichtungen gemäß dem Atomwaffensperrvertrag nachkommt.”
In diesen ersten drei Themen seiner Rede ist die Hauptzielstellung seiner
Reise an diese Islamische Universität von Ägypten enthalten. Dem neuen
Präsidenten der Vereinigten Staaten kann nicht die Schuld an der im Mittleren
Osten geschaffenen Situation gegeben werden. Es ist offensichtlich, dass er
einen Ausweg aus der kolossalen, dort von seinen Vorgängern und durch die Entwicklung
der Ereignisse in den letzten 100 Jahren selbst geschaffenen Verwicklung finden
möchte.
Nicht einmal Obama selbst konnte ahnen, als er in den schwarzen Gemeinden
von Chicago arbeitete, dass die schrecklichen Folgen einer Finanzkrise zu den
Faktoren hinzukommen würden, die seine Wahl als Präsident in einer stark
rassistisch veranlagten Gesellschaft möglich machten.
Er übernimmt das Amt in einem äußerst schwierigen Augenblick für sein Land
und die Welt. Er versucht, Probleme zu lösen, die er vielleicht für einfacher
ansieht, als sie wirklich sind. Jahrhunderte der kolonialen und
kapitalistischen Ausbeutung haben eine Welt geschafft, in der eine Handvoll
sehr hoch entwickelter und reicher Länder neben einer äußerst armen Welt
existiert, die Rohstoffe und Arbeitskräfte liefert. Wenn China und Indien
hinzugefügt werden, zwei echte Schwellenländer, dann gestaltet sich der Kampf
um die natürlichen Ressourcen und die Märkte in einer vollkommen neuen
Situation auf dem Planeten, wo das einfache Überleben der menschlichen Gattung
noch zu lösen ist.
Die afrikanische Wurzel von Obama, seine einfache Herkunft und sein
erstaunlicher Aufstieg wecken Erwartungen bei vielen Menschen, die wie
Schiffbrüchige die letzten Zuflüchte inmitten des Unwetters suchen.
Seine Behauptung, dass „jegliches
Regime auf der Welt, das eine Nation oder Menschengruppe über andere erhebt,
unweigerlich scheitern wird” stimmt, genauso wie seine Aussage, dass „Menschen aller Glaubensrichtungen den Mord von unschuldigen
Männern, Frauen und Kindern ablehnen” oder wenn er vor der Welt seinen Widerstand
gegen die Anwendung der Folter bestätigt. Überhaupt sind mehrere seiner
aufgezeigten Aussagen theoretisch richtig. Er besitzt klar die Wahrnehmung
bezüglich der Notwendigkeit, dass alle Länder – natürlich ohne jegliche
Ausnahme – auf die Atomwaffen verzichten. Berühmte und einflussreiche
Persönlichkeiten der Vereinigten Staaten
sehen darin eine große Gefahr, und zwar in dem Maße, wie die Technik und
die Wissenschaften den Zugang zu radioaktivem Material und dessen Arten der
Anwendung sogar in kleinen Mengen allgemein ermöglichen.
Es ist noch zu früh, um Beurteilungen über sein Maß an Verpflichtung
bezüglich der dargelegten Ideen abzugeben und zu sagen, inwieweit er bereit
ist, zum Beispiel die Absicht aufrecht zu erhalten, einen Friedensvertrag auf
gerechter Grundlage, mit Garantien für alle Staaten im Mittleren Osten zu
erreichen.
Die größte Schwierigkeit für den jetzigen Präsidenten besteht darin, dass die von ihm verkündeten
Prinzipien im Widerspruch zur Politik stehen, welche die Supermacht fast über
siebzig Jahre verfolgt hat, seitdem im August 1945 die letzten Kämpfe des
Zweiten Weltkrieges beendet waren. Hierbei lasse ich die aggressive und
expansionistische Politik, die sie gegenüber den Völkern von Lateinamerika und
besonders Kuba angewandt hat, als sie noch weit davon entfernt war, die
mächtigste Nation der Welt zu sein, außer Betracht.
Jede einzelne der von Obama in Kairo verkündeten Regeln steht im
Widerspruch zu den von den Vereinigten Staaten geförderten Interventionen und
Kriegen, wovon der bekannte Kalte Krieg, den er bei seiner Rede erwähnt, der
erste, von der Regierung seines Landes ausgelöste war. Die ideologischen
Unterschiede zur UdSSR rechtfertigten nicht die Anfeindung gegenüber jenem
Staat, der über 25 Millionen Menschenleben im Kampf gegen den Faschismus
geopfert hat. Obama könnte nicht in diesen Tagen des 65. Jahrestages der
Landung in der Normandie und der
Befreiung von Europa gedenken, wenn nicht Millionen Soldaten, die im Kampf
gegen die nazistischen Elitetruppen gefallen sind, ihr Blut gegeben hätten. Die
Überlebenden des berühmt-berüchtigten Konzentrationslagers Auschwitz wurden von
der Sowjetarmee befreit. Der Welt war nicht bekannt, was fortlaufend geschah, trotzdem
nicht Wenigen in den offiziellen Kreisen des Westens die Tatsachen bekannt
waren. Genauso wie Millionen jüdische Kinder, Frauen und Greise grauenhaft
ermordet wurden, haben Millionen russische Kinder, Frauen und Greise das Leben infolge
der brutalen Nazi-Invasion auf der Suche nach Lebensraum verloren. Der Westen
machte Hitler Zugeständnisse und intrigierte, um ihn zu lancieren und hat ihn
schließlich lanciert, um das slawische Gebiet zu besetzen und zu kolonisieren.
Im Zweiten Weltkrieg waren die Sowjets Verbündete der Vereinigten Staaten und
nicht deren Feinde.
Auf Hiroshima und Nagasaki, zwei wehrlose Städte, haben sie zwei Atombomben
abgeworfen und deren Auswirkungen ausprobiert. Bei den dort Umgekommenen
handelt es sich in erster Linie um japanische Kinder, Frauen und Greise.
Wenn die von den Vereinigten Staaten in China, Korea, Vietnam, Laos und
Kambodscha geförderten, unterstützten bzw. durchgeführten Kriege analysiert
werden, ist festzustellen, dass es unter den Millionen Toten viele Kinder,
Frauen und Greise gab.
Die kolonialen Kriege von Frankreich und Portugal nach dem Zweiten
Weltkrieg hatten die Unterstützung der Vereinigten Staaten. Die Staatsstreiche
und Interventionen in Mittelamerika, Panama, Santo Domingo, Grenada, Chile,
Paraguay, Uruguay, Peru und Argentinien wurden alle von den Vereinigten Staaten
gefördert und unterstützt.
Israel war keine Atommacht. Die Schaffung eines Staates in einem Gebiet,
aus dem die Juden vor zweitausend Jahren vom Römischen Imperium zum Exodus gezwungen
worden waren, wurde mit guter Absicht von der UdSSR und vielen anderen Ländern
der Welt unterstützt. Zu Beginn der Kubanischen Revolution unterhielten wir
über ein Jahrzehnt diplomatische Beziehungen zu diesem Staat, bis seine
Eroberungskriege gegen die Palästinenser und andere arabische Völker uns zum
Abbruch derselben führten. Die vollkommene Achtung des jüdischen Glaubens und
der jüdischen Glaubensausübung sind ununterbrochen beibehalten worden.
Die Vereinigten Staaten haben sich weder jemals der Eroberung der arabischen
Gebiete durch Israel widersetzt, noch gegen die den Palästinenser gegenüber
verwendeten terroristischen Methoden protestiert. Im Gegenteil, sie haben dort
eine Atommacht geschaffen, und zwar eine der am weitesten fortgeschrittenen der
Welt, mitten im Herzen des arabischen und muslimischen Gebiets, womit im
Mittleren Osten einer der gefährlichsten Punkte des Planeten geschaffen wurde.
Die Supermacht hat Israel ebenfalls dazu genutzt, um die Apartheid-Armee in
Südafrika mit Atomwaffen zu versehen, um diese gegen die kubanischen Truppen
anzuwenden, die an der Seite der angolanischen und namibischen Kräfte die
Volksrepublik Angola verteidigten. Das sind nicht sehr weit zurückliegende
Tatsachen, die dem jetzigen Präsidenten mit Sicherheit bekannt sind. Somit ist
uns die Aggressivität und die Gefahr nicht fremd, die das israelische
Atompotential für den Frieden bedeutet.
Nach den drei Anfangspunkten widmete sich Obama in seiner Rede in Kairo dem
Philosophieren über die Außenpolitik der Vereinigten Staaten und neue
Richtlinien zu setzen:
„Bei der vierten Angelegenheit, die ich
behandeln möchte, handelt es sich um die Demokratie“, sagte er.
„…erlauben sie mir, mich klar auszudrücken: keine
Nation kann oder soll einer Nation ein Regierungssystem aufzwingen.”
„Die Vereinigten Staaten beabsichtigen nicht
zu wissen, was besser für alle ist, sowie wir ebenfalls nicht das Ergebnis von
friedlichen Wahlen vorauszubestimmen beabsichtigen würden.”
„Aber
ich bin felsenfest davon überzeugt, dass alle Menschen bestimmte Dinge
ersehnen: die Möglichkeit der freien Meinungsäußerung und das Mitbestimmungs-
und Wahlrecht bezüglich der Regierung; das Vertrauen in den Rechtsstaat und die
Unparteilichkeit der Justiz… ”
„Das
sind nicht nur US-amerikanische Ideen, das sind Menschenrechte, und deshalb
unterstützen wir sie überall.”
„Die fünfte Angelegenheit, die wir gemeinsam
konfrontieren müssen, ist die religiöse Freiheit.”
„Der Islam besitzt eine stolze Tradition der
Toleranz… Das habe ich mit meinen eigenen Augen in Indonesien gesehen, wo die
gläubigen Christen ihrer Religion in einem vorwiegend muslimischen Land frei
nachgingen.”
„Unter den Muslims gibt es eine besorgniserregende
Tendenz, den eigenen Glauben auf der Grundlage der Ablehnung der anderen zu
messen.”
„…ebenfalls sollten die Teilungen und
Uneinigkeiten innerhalb der Muslims überwunden werden, da die Trennung zwischen
Sunniten und Schiiten in tragische Gewalt übergegangen ist, besonders im Irak.”
„…es ist wichtig, dass westliche Länder es
vermeiden, die Religionsausübung der muslimischen Bürger, so wie sie es für
richtig befinden, zu verhindern, indem sie zum Beispiel vorschreiben wollen,
welche Kleidung muslimische Frauen tragen dürfen. Wir können die Feindseligkeit
gegenüber jeglicher Religion nicht hinter dem Vorwand des Liberalismus verstecken.”
„Ich lehne den Standpunkt einiger Menschen im Westen ab,
dass die Frau, die sich entscheidet, ihr Haar zu bedecken, in gewisser Weise
nicht gleich ist, aber ich bin der Meinung, dass einer Frau, der die Bildung
verweigert wird, die Gleichheit verweigert wird. Und es ist kein Zufall, dass
die Frauen in jenen Ländern, wo sie eine gute Bildung genießen, viel mehr
Möglichkeiten haben, erfolgreich zu sein.”
„…der Kampf um die Gleichberechtigung der Frauen geht in
vielen Aspekten des US-amerikanischen Lebens und in den Ländern der Welt
weiter.”
„Unsere Töchter können einen genauso großen Beitrag zur
Gesellschaft leisten, wie unsere Söhne, und unser gemeinsamer Wohlstand kann
gefördert werden, wenn wir es der gesamten Menschheit ermöglichen, - Männern und
Frauen – ihr gesamtes Potential zu erreichen.”
„Internet und Fernsehen können Kenntnisse und Information
vermitteln, aber ebenfalls beleidigende Sexualität und irrationelle Gewalt. Der
Handel kann neuen Reichtum und Möglichkeiten mit sich bringen, aber auch enorme
Störungen und Veränderungen für die Gemeinden.”
„…investieren wir in die Bildung über Internet für Lehrer
und Kinder der ganzen Welt und schaffen wir ein neues Internetnetz, sodass ein
Teenager in Kansas sich augenblicklich mit einem Teenager in Kairo in
Verbindung setzen kann.”
„…wir tragen die Verantwortung dafür, uns zum Nutzen der
Welt, die wir Wirklichkeit werden lassen wollen, zusammenzutun: eine Welt, wo
die Extremisten schon nicht mehr unsere Völker bedrohen und die
US-amerikanischen Soldaten nach Hause zurückkehren können; eine Welt, in der
sowohl Israelis als Palästinenser Sicherheit in einem eigenen Staat genießen
und die Atomenergie zu friedlichen Zwecken genutzt wird…”
„Das ist die Welt, die wir wollen. Aber das können wir
nur gemeinsam erreichen.”
„Es ist einfacher, Kriege zu beginnen, als sie zu Ende zu
bringen.”
„Die anderen so behandeln, wie man selbst gern behandelt
werden möchte.”
„Es liegt in unsrer Macht, die Welt zu schaffen, die wir
möchten, aber nur wenn wir den Mut besitzen, einen neuen Anfang zu schaffen,
indem wir uns daran erinnern, was geschrieben steht.”
„Der heilige Koran sagt uns Folgendes: ,¡Oh, Menschheit! Wir
haben euch Männer und Frauen geschafft, und euch in Nationen und Stämme gruppiert,
damit ihr euch gegenseitig kennen lernt.’”
„Der Talmud lehrt uns: ,die gesamte Thora beabsichtigt
die Förderung des Friedens.’”
„Die heilige Bibel sagt uns: ,Gesegnet seien diejenigen,
die den Frieden fördern; diese werden Gotteskinder genannt werden.’”
„Die Völker der Welt können gemeinsam und in Frieden
leben.”
Wie beobachtet werden konnte, gerät Obama bei der
Behandlung des vierten Themas seiner Rede an der Universität Al-Azhar in einen
Widerspruch. Nachdem er seine Worte wie gewöhnlich mit einem Sinnspruch
einleitet und dabei behauptet, dass: „…keine Nation
einer Nation ein Regierungssystem aufzwingen kann oder soll”, ein als ein
Grundelement des Völkerrechts in der Charta der Vereinten Nationen enthaltenes
Prinzip, widerspricht er sich unmittelbar mit einem Glaubensbekenntnis, das die
Vereinigten Staaten in obersten Richter der demokratischen Wertvorstellungen
und Menschenrechte verwandelt.
Später spricht er Themen an, die im
Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Entwicklung und der Chancengleichheit
stehen. Er macht der arabischen Welt Versprechungen; zeigt Vorteile und
Widersprüche auf. Es sieht wirklich wie eine Public-Relations-Kampagne seitens
der Vereinigten Staaten in Bezug auf die muslimischen Länder aus, was unter
allen Umständen besser ist, als damit zu drohen, sie zu bombardieren und zu
zerstören.
Am Ende der Rede werden recht viele Themen
miteinander vermischt.
Wenn man die Länge der Rede ohne Verwendung
eines schriftlichen Konzepts berücksichtigt, dann ist die Anzahl der Versprecher
im Vergleich zu seinem Vorgänger, der sich in jedem Absatz irrte, unbedeutend.
Er besitzt eine große Kommunikationsfähigkeit.
Ich beobachte für gewöhnlich aufmerksam die
historischen, politischen und religiösen Zeremonien.
Das von der Universität Al-Azhar schien mir
eine irreale Szene. Nicht einmal Pabst Benedikt XVI. hätte ökumenischere Sätze
als die von Obama gesagt. Ich habe mir für einen Augenblick den gläubigen
Muslim, Katholiken, Christen oder Juden vorgestellt, oder den Anhänger
jeglicher anderer Religion, wie er dem Präsidenten im weitläufigen Saal der
Universität Al-Azhar zuhört. Zu
bestimmten Augenblicken würde er nicht wissen, ob er sich in einer katholischen
Kathedrale, einem christlichen Tempel, einer Moschee oder einer Synagoge
befindet.
Er ist zeitig nach Deutschland aufgebrochen.
Drei Tage lang ist er Orte von politischer Bedeutung abgefahren. Er nahm an
allen Gedenkfeiern teil und redete dort. Er besuchte Museen, empfing die
Familie und hat in berühmten Restaurants zu Abend gegessen. Er besitzt eine
beeindruckende Arbeitsfähigkeit. Es wird viel Zeit vergehen, ohne dass man so
einen Fall erneut erleben werden kann.
Fidel Castro Ruz
8. Juni 2009
19:12 Uhr