Reflexionen des Genossen Fidel
DAS DARF NIEMALS VERGESSEN WERDEN
(ZWEITER TEIL)
Comandante.- Wie alt war Ihr Vater, als er gestorben ist?
Junko Watanabe.- Er ist 98 Jahre alt, er lebt noch.
Ich
möchte Ihnen gern versprechen, dass ich meine Botschaft weiter geben werde, mit
dem Ziel, Ihnen die Gefühle meines bereits verstorbenen Bruders sowie die
Botschaft aller Überlebenden weiter zu geben, damit die neue Generation der
nächsten Generation unsere Zeugenaussagen übermitteln können. Vielen Dank
(Beifall).
Comandante.- Verzeihen Sie mir bitte, wenn ich Ihnen ein
paar Fragen stelle, da es wichtig ist, dass alle genau erfahren, was sie
erzählt. Und natürlich, wenn sie nichts dagegen hat, werden wir dieses Treffen
über das nationale Fernsehen übertragen. (Beifall) Wir sind sehr daran
interessiert, dass unserer Öffentlichkeit von all dem Kenntnis hat, und es
nicht nur hier übertragen wird, sondern auch in anderen Ländern, damit auch sie
die Nachricht über dieses Treffen erhalten. Es ist äußerst wichtig, dass alle
wissen, was dort passiert ist, unabhängig davon, was veröffentlicht oder
verfilmt wurde, oder auch neue Dinge, die auftauchen.
Ich
werde Ihnen später erklären, warum ich bestimmte Fragen neben diesen noch extra
stelle.
Sie
erzählte, dass sie mit ihrem Bruder im Hof des Nachbarhauses war, als sich die
Explosion ereignete und die Staubwolke kam. Von anderen Personen, die sich
dieses Momentes bewusst waren, weiß sie, wie lange es dauerte, bis jener Staub
die dort anwesenden Personen erreicht hat.
Junko Watanabe.- Ungefähr 30 Minuten, aber es hat nicht
überall geregnet, sondern nur dort, wo der Wind den Regen hingetragen hat.
Comandante.- Den Regen. Also gab es Regen und auch Asche.
Junko Watanabe.- Es gab keinen richtigen Ascheregen, sondern
es war jene Mischung aus Staub und Regen, die auf sie zukam, aber nicht
getrennt, sondern als ein einheitliches Ganzes, vermischt mit dem ganzen
Schmutz und allem, was er mit sich gerissen hatte.
Comandante.- Gab es kein Dach, wo sie sich befand? War sie
auf einem Hof?
Junko Watanabe.- Wir waren
Comandante.-
Dolmetscherin.- Ja,
Comandante.- Gerade dies wollte ich Sie fragen. Es gab da
eine Brücke, die, glaube ich, als der Punkt, als das Ziel bezeichnet wird, auf
das die Bombe geworfen wurde. Das war also
Waren
deine Eltern unter Dach?
Junko Watanabe.- Meine Mama war mit meinem kleinen Bruder auf
dem Arm vor dem Haus, und mein Papa war in Hiroshima. Er hat dort gearbeitet
und kehrte nachts nach Hause zurück. Er war bei der Explosion in einem Gebäude.
Er hat sogar das Flugzeug gesehen, das über Hiroshima kreiste.
Comandante.- Vor dem Abschuss, nicht wahr?
Und hat
die Mutter auch Verbrennungen erlitten?
Junko Watanabe.- Nein.
Denn da, wo wir waren, in
Wenn
wir ein bisschen näher dran gewesen wären, das heißt, näher am Epizentrum,
würden wir, glaube ich, heute hier nicht sein, um davon zu erzählen.
Comandante.- Einverstanden.
Ich
wollte Ihnen erzählen, dass wir vor kurzem einen hoch angesehenen
Wissenschaftler zu Besuch hatten, einen emeritierten Professor der Rutgers-Universität
aus New Jersey. Er ist der Autor der Theorie des nuklearen Winters. Unserer
Meinung nach ist das sehr wichtig, weil es zu den gegenwärtigen Gefahren in
Bezug steht, denen die Menschheit
gegenüber steht. Und es gibt vieles, was man nicht weiß.
Dieser
Professor hat unser Land besucht und auf einer Veranstaltung mit
Wissenschaftlern eine hervorragende Präsentation seiner Theorie gegeben, einer
sehr anerkannten Theorie. Meiner Meinung nach ist sie unwiderlegbar. Sie beschäftigt sich mit den
Folgen eines Nuklearkrieges. Sie handelt weniger von der unmittelbaren
Zerstörung, die enorm sein wird, sondern analysiert die Gefahr, die bereits ein
regionaler Nuklearkrieg für die Menschheit mit sich bringt, geschweige denn ein
globaler Krieg.
Er geht
vom heutigen Zeitpunkt aus, der sehr viel anders ist als damals, als die erste
Atombombe abgeworfen wurde. Er berücksichtigt die jetzige Situation, wo mehr
als 25.000 Nuklearwaffen weltweit vorhanden sind. Ich vermute, dass viele der
hier Anwesenden diese Daten kennen. Der Wissenschaftler bestätigt, dass 100
Nuklearexplosionen reichen, um den von ihm genannten nuklearen Winter
auszulösen.
Er
begründet seine Theorie mit einer Reihe von Untersuchungen nordamerikanischer
und sowjetischer Wissenschaftler -vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion- über
die Folgen der Explosion mehrerer Atombomben in einem Krieg. Sie haben berechnet, dass ungefähr 100
nukleare Explosionen reichen, um das menschliche Leben auf dem Planeten auszulöschend,
d.h., dass ein Krieg zwischen Indien und Pakistan, zum Beispiel, mit den in
ihrem Besitz befindlichen Atomwaffen ausreichen würde, um unsere Gattung zu
vernichten.
Mir
scheint es, obwohl Sie sicher ausreichend Informationen dazu haben, dass wir
Ihnen eine Kopie des Vortrages von Alan Robock geben können, so heißt der
Professor, der vor kurzem genau hier, in diesem selben Monat, den Vortrag
gehalten hat. Der Vortrag enthält wertvolle Daten, die für Sie nützlich sein
könnten, um die Folgen bekannt zu machen, nicht nur wegen des Schadens, den
diese jetzt natürlich viel wirkungsvolleren, genaueren und schnelleren Waffen
verursachen. Die Schlagkraft der heute existierenden Waffen ist 440.000 Mal
höher als die Sprengkraft einer der Bomben, die in Japan über Hiroshima oder
Nagasaki abgeworfen wurden. Beide wurden
getestet, eine aus Uran und die andere aus Plutonium. Man beherrscht diese
Technologien und die Waffen haben eine totale Treffsicherheit.
Die von
den Großmächten getroffenen Maßnahmen sind praktisch wertlos, da sie keine
wirkliche Waffenreduzierung bedeuten.
Ich
hätte da eine Idee, dass Ihre Organisation mit ihm Kontakt aufnimmt, er ist ein
großzügiger Mann, und er für Sie einen Vortrag über dieses Problem halten
könnte.
Ich
habe ihn über den Nebel befragt, denn er erklärte und zeigte, dass infolge der
nuklearen Explosionen alles brennt, das Holz, aus Erdöl gewonnene und viele
andere Produkten brennen, wie er erklärte; und vermischt mit der Erde ergeben
sie hohe Konzentrationen von Staub. Er hat alles untersucht, was passiert wenn 2
oder 10 oder 100 explodieren, da gibt es eine Grenze. Diese Staubwolke würde
sich in einem bestimmten Zeitraum über die ganze Welt ausdehnen, ich glaube in
nicht mehr als drei Wochen, und die Temperatur würde unter den Gefrierpunkt
sinken. Das bedeutet zum Beispiel, dass monatelange nur Nacht herrscht, das
Sonnenlicht kann nicht durchdringen. Es gibt keine Produktion von
Nahrungsmitteln mehr, die Folgen sind schrecklich; mehr als 6 Milliarden
Menschen hätten keine Lebensmittel, abgesehen von der Kälte.
Als er
seinen einstündigen Vortrag anhand von Landkarten und Skizzen beendete, habe
ich ihm eine Frage gestellt. Es wurden alle Auswirkungen von Vulkanausbrüchen,
die Ausbreitung des Staubes nach jedem Ausbruch untersucht, einschließlich des
kürzlich in Island, in Europa ausgebrochenen, der sehr ernste Probleme
verursachte. Es wurden die großen Brände untersucht, die aus natürlichen
Gründen oder als Folge eines Krieges oder eines Unglücksfalls ausgebrochen
sind. Ich fragte ihn also: „Wie viel Personen auf der Welt kennen diese
Information, die Sie uns gegeben haben?“. Er sagte: „Fast niemand.“ Und ich fragte weiter: „Und in Ihrem
eigenen Land, Wie viele Personen kennen
das?“ Er sagte mir: „Ganz wenige“. Dann sage ich zu ihm: „Wie kann man sich
dieses Phänomen erklären?“ und fügte noch hinzu: „Vielleicht soll man das
untersuchen, Fachleute für Psychologie und anderer Zweige suchen, die eine
Erklärung für dieses Phänomen finden“, und er sagte darauf: „Ich habe die
Antwort: das nennt man Negationszustand.“ Er sann nach, dass, wenn schreckliche Ereignisse eintreten
könnten, die Leute solche Informationen ablehnen, weil sie für unglaubwürdig
halten.
Diese
Erklärung von ihm könnte man durch eine andere ergänzen, die mit den Medien
verbunden ist, der Monopolisierung der Medien. Was auf der Welt passiert, wird
trotz der modernen Mittel wie Rundfunk, Fernsehen und Film so manipuliert, dass
die Ereignisse zwar passieren, aber nicht erklärt werden, und tatsächlich viele
der wichtigsten Ereignisse auf der Welt nicht bekannt sind, oder man bringt die
Nachricht, analysiert sie aber nicht. Darüber gibt es bedeutende Bücher, über
die Monopolisierung der Massenmedien. Die Wahrheit wird verborgen
gehalten, man kennt sie nicht. Das sind zwei
Phänomene.
Ich
habe erklärt, dass wir hinsichtlich der möglichen Herausbildung eines
Bewusstseins nicht pessimistisch waren. Ich sage Ihnen: Man kann Bewusstsein schaffen oder auch
nicht. Natürlich, wenn die Bevölkerung nicht schreiben oder lesen kann, kann
man nicht einmal den Versuch machen.
Wenn eine Gesellschaft so ein Wissensniveau hat, wie es die japanische
Gesellschaft hat, dann kann man heute mit eigenen Werbemitteln, nicht nur
schriftlich, sondern auch mit Worten, Bildern, Musik und vielen anderen
Formen ein Bewusstsein schaffen.
Ich
sage Ihnen, dass das in Kuba der Fall war, als die Leute weder lesen noch
schreiben konnten…Was kann ein Mensch tun, der nicht lesen und schreiben kann? Ob man die sechste Klasse
erreicht oder nicht, ob man das Abitur erreicht oder nicht, ob hunderttausend
an der Universität studieren, ob sie gute Professoren haben, das macht den
Unterschied. Die Revolution hat sich nicht mit Gewalt verteidigt, sondern
mit Wissen und Bewusstsein. Wie hätte
ein kleines Land wie Kuba fünfzig Jahre
lang Blockade und Anfeindungen aushalten können? Sie dachten, sie könnten das
Land auf Knie zwingen, oder könnten es betrügen, aber sie konnten es nicht. Das
ist, meines Erachtens, ein Beweis dafür, dass man Bewusstsein schaffen kann;
denn wenn wir die Idee aufgeben, dass Bewusstsein herausgebildet werden kann,
was würde dann wohl aus Ihrer Arbeit werden?
Denn Sie reisen durch die ganze Welt, um alles zu erklären; Sie nehmen Leute mit, die das miterlebt
haben; Sie erzählen von wirklich grausamen
Ereignissen. Und es wird mir noch deutlicher, was Sie tun, weil Sie das
fühlen. Sie haben Leute dabei, die das erlebt haben, und Sie haben die
Bilder und vieles mehr.
Ich war
in Hiroshima und habe das Museum besucht. Dort hat man mir
alles erklärt: Was geblieben ist und was nicht.
Eines der grausamen Bilder menschlicher Tragödie waren eben die Abbilder der Kinder, die noch
nicht geboren waren, die werdenden Mütter, die noch einen Monat, oder zwei oder
drei bis zur Entbindung hatten. Diese
Bilder sind dort dargestellt und
sind sehr schockierend. Ich denke, es gibt genug Material, um das zu
schaffen. Ich würde sagen, dass es heute
ein viel stärkeres Bewusstsein gibt, aber es ist noch mehr nötig. Tatsache ist,
dass heute die ganze Menschheit von etwas genauso Grausamen bedroht ist, wovon Sie erzählt haben, wahrscheinlich noch entsetzlicher. Wir
haben es aus dem Munde von Personen gehört, die sich in der Region befanden, wo
die erste Bombe detonierte, über den Schmerz der Sterbenden, der Brennenden,
der Verletzten oder Verstrahlten, die noch über 50 Jahre gelebt haben. Vor 65
Jahre hat es jene Explosionen gegeben, und heute bedrohen tausende noch stärkere und präzisere die Menschheit.
Der
Wissenschaftler bekräftigt die Theorie, dass, je mehr Atomwaffen ein Land hat, desto geringer seine
Möglichkeiten für Frieden und Sicherheit sind. Er setzt sich für die
Vernichtung aller Kernwaffen ein. Aber ich gehe noch ein Stück weiter. Wenn nur die nuklearen und nicht die konventionellen Waffen abgeschafft werden,
läuft es fast auf dasselbe hinaus.
Die
Vernichtungskraft der konventionellen Waffen ist heute enorm. Eine Splitterbombe mit Wolfram gefüllt in einem schweren Sprengkopf
-und das ohne Anwendung der Kernenergie- erreicht im Weltall eine Geschwindigkeit von
Selbst
Einstein sagte, dass er nicht wüsste, wie ein Weltkrieg im Atomzeitalter aussehen würde, aber der
nächste Krieg wäre einer mit Pfeil und Bogen.
Ich
habe einen Brief mitgebracht, den mir Robock, der erwähnte Wissenschaftler,
geschickt hat, in dem er mir auf eine Frage antwortet, die ich ihm gestellt
habe, als er sich bereits auf dem Flughafen befand, um in sein Land
zurückzukehren. Während seines Vortrages hatte er einige Daten über den
Planenten Mars genannt. Ich habe ihn angerufen
und gefragt, wo ich noch weitere Informationen über diesen Planten
finden könnte. Er erklärte mir, dass der Mars eine Atmosphäre habe, das habe
ich aufgrund der geringen Dicke der Schicht nicht gewusst. Er hat versprochen,
Informationen zu schicken,
Zwei oder
drei Tage später hat er sie geschickt.
„Der
Mars verfügt über eine Atmosphäre, die weniger dick als die der Erde ist, mit
nur 7% Luftanteil. Das entspricht der
Luftdichte der Erde auf
„Die Atmosphäre auf dem Mars”, fügte er hinzu,
“besteht fast vollständig aus Kohlendioxid.“
Diese
Information hat mit unseren Ausführungen zu tun, nämlich dem Effekt der
nuklearen Explosionen; den Konsequenzen für das Klima. Was ist zur Umwelt gesagt worden? Was ist zum
Klimawandel gesagt worden? Besteht vielleicht dieses ernsthafte Problem gar
nicht? Hat man vielleicht dazu gar nicht
recherchiert? Gibt es vielleicht keinen hervorragenden Film, der in Zusammenarbeit mit den eminentesten
Wissenschaftlern auf dem Gebiet des Klimawandels gedreht wurde, Seine
Auswirkungen auf die Niederschläge, die Wirtschaft und das Leben der Menschen?
Das hat man untersucht als Folgeproblem des Klimawechsels. Also, es braucht
nicht auf einen nuklearen Krieg gewartet zu werden, um das Leben auf unserem
Planeten verschwinden zu lassen. Ja, ich wiederhole, es bedarf keinen nuklearen
Krieg, damit das Leben auf unseren Planten verschwindet.
Die
Wirtschaft und das Leben der Nationen stützen sich heute auf den Verbrauch
nicht erneuerbarer Rohstoffe. Der
wichtigste davon ist das Erdöl, das in
einem Umfang von fast Hundert Millionen Barrels pro Tag verbraucht wird.
Man
bedenke, das Erdöl brauchte für seine Entstehung aus lebender Materie Hunderte
Millionen Jahre.
Etwa
400 Millionen Jahre waren nötig für die Entstehung von Erdöl, Gas und
Kohle. In welchen Zeitraum verbraucht
nun der Mensch das Erdöl, für das die
Natur 400 Millionen Jahre gebracht hat?
In zirka 130 Jahren haben die Menschen bereits mehr als die Hälfte
dieses Brennstoffes verbraucht, der
anderseits schreckliche Auswirkungen
auf die Umwelt hat. Das so
reichlich auf dem Mars vorhandene
Kohlendioxid ist es, was durch die
Verwendung von Petroleum entsteht.
Diese Faktoren sollten die Menschheit unbedingt kennen, bekämpfen und
lösen. Das ist der Preis für ihre Existenz.
Die
Bevölkerung darf nicht unbegrenzt wachsen, denn unser Planet auf dem wir
geboren wurden und leben, hat seine Grenzen.
Wenn ich mich nicht irre, wird die Bevölkerungsanzahl für das Jahr 2050
mit mehr als neun Billionen berechnet. Vor nur 200 Jahren waren es gerade
einmal eine Milliarde. Die Folgen, die das in Bezug auf Wasser, Nähungsmittel,
Energie und Rohstoffe mit sich bringt, sind
wahrhaft außerordentlich.
Japan
ist ein Land dessen Oberfläche für die vorhandene Bevölkerung ziemlich begrenzt
ist. Heute nähert sich die Anzahl bereits 130 Millionen, soweit mir bekannt
ist. Es heißt, es ist die Nation mit der
höchsten Lebenserwartung und Träger einer hohen Kultur und seine
Bevölkerungszahl werde sich stabil auf etwa über 100 Millionen Personen halten.
So ist es möglich, die Stabilität zu erreichen.
Euer
Nachbarland China ist bei der Umsetzung einer rigorosen Bevölkerungspolitik.
Praktizierte es diese Politik nicht, gäbe es heute in China annähernd drei
Milliarden Einwohner. In China und Indien zusammen lebt fast die Hälfte der
Weltbevölkerung.
Das
sind Realitäten. Die Menschen müssen den
Mut haben, sich mit ihnen bekannt zu machen und sie zu bekämpfen, so wie ihr es
tut hinsichtlich der furchtbaren Folgen der nuklearen Explosionen. Für die künftige
Generation müssen die unerlässlichen Bedingungen für ein natürliches und so
vollkommen wie mögliches Leben vorhanden sein.
Aber
das ist es nicht, was zurzeit geschieht. Jährlich sterben etwa 8 bis 10
Millionen Menschen an Hunger oder Mangel an ärztlicher Betreuung. Und darüber,
wer sagt etwas darüber? Nur einige Wissenschaftler und Politiker. Doch darüber
hört man kaum reden. Das große Monopol interessiert dieses Thema nicht.
Ich
weiß, dass Sie für diese Reise uns um einen Arzt mit internationalistischer
Erfahrung gebeten haben; nicht um einen, der es werden will. Von diesen
kubanischen Ärzten gibt es Tausende in vielen Ländern. Sicherlich wären Sie
überrascht, wenn Sie beispielsweise hörten, was unser kleines Land für andere
Völker tun kann. Worüber ich spreche, sind keine undurchführbaren Aktivitäten.
Matsumi Matsumura.- Comandante, was ich noch sagen wollte, als
Sie den internationalistischen Arzt ansprachen ….
Comandante.- Ist er hier?
Matsumi Matsumura.- Ja.
Comandante.- Wo ist er? Er soll doch bitte die Hand heben.
Mal
sehen, ob ich dich so besser sehen kann.
Man
sagte mir, du seiest in Haiti gewesen, stimmt das?
Matsumi Matsumura.- Herr Dr. Liván Torero hat sehr viel für die
Leute in Haiti nach dem Erbeben gearbeitet und wir luden ihn auf unser Schiff
des Friedens ein, damit er uns seine Erlebnisse und Erfahrungen in Haiti zu
berichten. An seiner Seite José Ramón, der Salsa-Tänzer; denn für uns ist das
Kennen lernen Ihrer Kultur sehr wesentlich. Ich denke, das ist ein
traditioneller Tanz und wir haben viel über Salsa gelernt.
Also,
noch einmal ganz herzlichen Dank für die
Einladung. Vielen Dank, Comandante. (Beifall)
Comandante.- Ich gratuliere auch und vielen Dank. Ich habe
ihn erwähnt, weil ich genau Bescheid weiß über alles was dort getan wird und
wollte Haiti als einen Beweis dessen nennen, wozu das Bewusstsein fähig ist.
Sogar
in Bolivien gibt es nahezu 2 000 Ärzte an verschiedenen Orten. In Ecuador - mit
15 Millionen Einwohnern – helfen sie bei der Untersuchung und Betreuung aller
Personen, die aus genetischen oder anderen Gründen behindert sind oder blind
oder taub geboren wurden. Wenn ein Kind nicht hören kann, bleibt es stumm; wenn
es die Laute nicht kennt, kann es sie nicht aussprechen. Viele dieser Probleme
können nur mit einem kleinen Gerät gelöst werden, sie brauchten nur einen
Kopfhörer um sich unterhalten zu können.
Sind sie von Geburt an gehör- und sehgeschädigt,
dann wird das Ganze etwas komplizierter. Wie kann das Leben einer blinden und
taubstummen Person verlaufen, die nie etwas gehört oder gesehen hat?
Ich
kenne die Ergebnisse des Cochlearimplantats und wie sie beginnen zu hören, zu
sprechen, Musik zu hören und die Welt kennen zu lernen; ihr Leben wird ein ganz
anderes.
Ich
glaube, dass die Gesellschaft die Eltern informieren soll, auch über die
Risiken. In bestimmten Fällen sollten sie keine Kinder zur Welt bringen. Ich
bin der Meinung, dass jedes Kind mit all seinen Potenzialitäten zur Welt kommen
soll.
Falls
es aus gewissen Gründen mit nicht erblichen
Behinderungen geboren wird, sollte man alles Mögliches für die
Verbesserung der Lebensqualität dieser Personen getan werden. Kinder die nicht ernährt werden können, die
nicht erzogen und ausgebildet werden
können, die kein normales Leben
führen können, oder deren Leben eigentlich sich nicht lohnt, sollten nicht gezeugt werden.
Ich
verstehe, dass nicht alle genau wie ich denken, es gibt religiöse
Einflüsse, ich respektiere all dies;
aber ich äußere meine Meinung ganz ehrlich und sage ich auch warum. Für den heutigen Menschen geht es um das berühmte Problem Sein oder Nicht Sein, ob diese
Gattung überleben wird oder nicht, die wahrhaft den anderen Lebewesen schon
viel Schaden zugefügt hat. Der Mensch
hat seit seiner Entstehung alles
durcheinander gebracht. Bis jetzt ist
die Intelligenz des Menschen für die Natur eine Tragödie gewesen. Bis heute ist
der Intellekt des Menschen eine Tragödie für die Natur gewesen und mit den
Kernwaffen könnte so ein schwerwiegendes
Problem entstehen, wie bei dem berühmten Asteroiden, der im mexikanischen Tehuantepec vor mehreren Millionen Jahren gefallen sein
soll und einen langen Winter bewirkt
hat.
Keine
andere Gattung hat sich so verhalten, sie alle haben das Gleichgewicht mit der
Natur mehrere Milliarden Jahre, ungefähr vier
Milliarden Jahre halten. Der Mensch kam zuletzt. Diese denkende Gattung existiert seit weniger als 200 000
Jahren - ich würde sagen, dass sie ihre Denkeigenschaft noch zu beweisen hat,
ob sie fähig ist zu überleben. Verzeihen
Sie mir, wenn ich über unsere Dummheiten so grob spreche. Das einzige was bis
heute bewiesen wurde ist, dass vor uns
keine ähnliche Gattung Mensch existiert hat.
Nun
gut, alle diese Probleme sind miteinander verbunden und ich glaube, man sollte gemeinsame Ansatzpunkte finden, um
diese Schlacht zu gewinnen, die das Ziel alle Menschen sein soll. Und erst dann
könnte man viel Schönes schaffen.
Wie
viel wissenschaftlich gut ausgebildete Personen, wie viel Genies gibt es auf der Welt? In den Vereinigten
Staaten sind 80% der Ingenieure im militärischen Bereich tätig. Sie kreieren
die wissenschaftlichen und technischen
Mittel der Zerstörung und Tötung
auf der Basis des perfiden Systems, das
sie dazu geführt hat.
Unser
Bestreben ist es, dass die Menschen ein hohes intellektuelles Niveaus
erreichen. Zufälligerweise habe ich auf dem Weg hierher einige Nachrichten
gelesen, und eine davon war, dass Kuba den ersten Platz in der Welt im
prozentualen Anteil von immatrikulierten Studenten in Hochschuleinrichtungen
einnimmt. Venezuela liegt auf dem fünften Platz. Den zweiten, dritten und
vierten Platz belegen die Republik Korea, Finnland und Griechenland. Die
Vereinigten Staaten waren hinter uns auf
dem sechsten Platz.
Ich
habe den Arzt zitiert, denn diese Männer und Frauen – in der Mehrheit sind es
Frauen - arbeiten in Bolivien, Nicaragua, Venezuela und viele andere Ländern
der Dritten Welt. Aber warum? Ich wundere mich, sie kommen, z.B., 15 Tage auf
Urlaub, möchten dann aber so schnell wie möglich zu ihren Arbeitsplätzen
zurückkehren. Sie vermissen ihre Patienten, und wenn man erst die Patienten
hört, wie gut sie über diese Ärzte sprechen! Das ist ein Ergebnis des
Bewusstseins, das hat man nirgendwo gekauft, das tut man nicht für Geld.
Die
Aufgabe, die die Genossen in Haïti erfüllen, ist ein Ergebnis des Bewusstseins.
Deshalb erlaube ich mir, über Bewusstsein zu sprechen, denn ich habe gesehen,
dass das Bewusstsein die Revolution ermöglichte, den Widerstand ermöglichte,
unabhängig von den Kritiken uns gegenüber, oder von den Irrtümern, die wir
begehen können, weil kein menschliches Werk perfekt ist. Wir fürchten
keineswegs, über Fehler zu sprechen, Das einzige, was nicht verziehen werden
kann, ist das, was man bewusst zum
Nachteil anderer tut.
Es gibt
kein perfektes menschliches Werk, aber wir glauben daran, wenn wir das nicht
glauben würden, dann würden wir heute nicht tun, was wir tun, und auch Sie
würden nichts so Bemerkenswertes tun, wie es der Fall ist.
Es tut
mir leid, dass ich zuviel Zeit in Anspruch genommen habe.
Morgen
geht es weiter.
Fidel
Castro Ruz
25.
September 2010
12:14
Uhr