Reflexionen des Genossen Fidel
DIE WELT FÜNFZIG JAHRE SPÄTER
Vor zwei Tagen, zum 51.
Jahrestag des Siegs der Revolution, kamen in mein Gedächtnis die Erinnerungen
an den 1. Januar 1959. Keiner von uns
hatte niemals die eigenartige Idee gehabt, dass wir uns nach einem halben
Jahrhundert, das sehr schnell vergangen ist, daran erinnern würden, als wäre es
gestern gewesen.
Während des Treffens am
28. Dezember 1958 in der Zuckerfabrik Oriente mit dem Oberbefehlshaber der
feindlichen Truppe, deren Eliteeinheiten einkesselt und ohne
Entkommensmöglichkeiten waren, erkannte dieser seine Niederlage an und berief
sich auf unseren Edelmut, um eine ehrenvolle Lösung für den Rest der Truppe zu
finden. Er wusste, dass wir die Gefangenen
und Verletzten ohne Ausnahme menschlich behandeln. Er akzeptierte die von mir
vorgeschlagene Vereinbarung, obwohl ich ihn darauf hingewiesen hatte, dass wir
die begonnenen Operationen fortsetzen würden. Aber er fuhr in die Hauptstadt
und von der US-Botschaft angestiftet veranlasste er einen Staatsputsch.
Wir bereiteten uns für
die Schlachten an jenem 1. Januar vor, als wir in der Nacht die Nachricht von
der Flucht des Tyrannen bekamen. Der Rebellenarmee wurde befohlen, den
Waffenstillstand nicht zu akzeptieren und die Schlachten an allen Fronten
weiterzuführen. Über Radio Rebelde wurden die Arbeiter zu einem revolutionären
Generalstreik aufgerufen, der von der gesamten Nation unverzüglich unterstützt
wurde. Der Staatsputschversuch wurde geschlagen und am Nachmittag des selben
Tages marschierte unsere siegreiche Truppe in Santiago de Cuba.
Che und Camilo bekamen
Anweisungen, entlang der Landstraße mit ihren abgehärteten Truppen in
Kraftfahrzeugen in Richtung von La Cabaña und dem militärischen Lager
Columbia schnell vorzurücken.
Die Gegnerarmee, angeschlagen an allen Fronten, hätte so keine Widerstandsmöglichkeit. Das aufständische Volk besetzte selbst die
Unterdrückungszentren und die Polizeistationen.
Am 2. Nachmittag traf ich mich, begleitet von einer kleinen
Eskorte, im Stadion von Bayamo mit mehr
als zwei tausend Soldaten der Panzer und der motorisierten Artillerie und
Infanterie, gegen die wir bis zum Tag vorher gekämpft hatten. Sie trugen noch
ihre Waffen. Wir hatten den Respekt des
Gegners mit unseren verwegenen aber menschlichen Methoden eines irregulären
Krieges gewonnen. Auf diese Art und
Weise fielen in nur vier Tagen – nach 25 Monate eines Krieges, den wir mit nur
einigen Gewehren begannen – ungefähr hundert Tausend Luft-, Meer- und
Landwaffen und die gesamte Staatsmacht in Revolutionshände. In nur wenigen Worten werde ich erzählen,
was an diesen Tagen vor 51 Jahren geschah.
Es begann damals die
Hauptschlacht: Die Unabhängigkeit Kubas vor dem mächtigsten Imperium, das je
existiert hat, zu bewahren, und diese Schlacht wurde von unserem Volk würdevoll
geliefert. Es freut mich jetzt sehr, diese Personen zu beobachten, die trotz
der unglaublichen Hindernisse, Opfer und Risikos fähig waren unser Vaterland zu
verteidigen und heute die Freude und Herrlichkeit jedes neuen Jahres zusammen
mit ihren Kindern, Eltern und Verwandten genießen.
Aber die heutigen Tage
sind ganz verschieden von den gestrigen. Wir leben in einer neuen Epoche, die
keiner anderen in der Geschichte ähnelt. Damals kämpften die Völker, und sie
kämpfen immer noch, ehrenvoll für eine bessere und gerechtere Welt, aber
heutzutage müssen sie, außerdem, und ohne eine mögliche Alternative, für das
Überleben der eigenen Spezies kämpfen.
Wir wissen überhaupt nichts, falls wir das nicht wissen wollen. Kuba ist
zweifellos eins der politisch gebildetsten Länder der Welt. Wir sind von einem
beschämenden Analphabetismus ausgegangen und noch schlimmer, unsere Herren, die
Yankees und die mit den ausländischen Eigentümern assoziierte Bourgeoisie waren
die Eigentümer des Bodens, der Zuckerfabriken, der Konsumgüter-Betriebe, der
Lagerhallen, des Handels, der Elektrizität, der Telefonzentrale, der Banken,
der Bergwerke, der Versicherung, der Häfen, der Bars, der Hotels, der Büros,
der Wohnhäusern, der Kinos, der Druckereien, der Zeitschriften, der Zeitungen,
des Rundfunks, des aufkommenden Fernsehens und von allem was Wert hatte.
Die Yankees hatten sich,
nachdem die leidenschaftliche Flamme unseres Freiheitskampfes verloschen war,
angemaßt, an Stelle eines Volks zu denken, das so viel gekämpft hatte, um
Eigentümer seiner Unabhängigkeit, seines Reichtums und seines Schicksals zu
sein. Überhaupt nichts hatten wir,
nicht einmal die Aufgabe politisch zu denken. Wie viele konnten lesen und
schreiben? Wie viele hatten mindestens die sechste Klasse erreicht? Ich
erinnere mich daran besonders an einem Tag wie heute, denn dieses war das Land,
von dem man annahm, dass es den Kubanern gehörte. Ich werde nichts Anderes
erwähnen, sonst müsste ich viel mehr einschließen, darunter die besten Schulen,
die besten Krankenhäuser, die besten Wohnhäuser, die besten Ärzte, die besten
Rechtsanwälte. Wie viele hatten Zugang
dazu? Wie viele hatten mit einigen Ausnahmen, das selbstverständliche und
göttliche Recht, Verwalter oder Chefs zu
sein?
Alle Millionäre oder
Reichen, ohne Ausnahme, waren Parteileiter, Senator, Abgeordneter oder ein
wichtiger Funktionär. Diese war die
parlamentarische und pure Demokratie, die in unserem Vaterland herrschte. Die
einzige Ausnahme war, dass die Yankees, nach ihrem Gutdünken, schonungslose und
grausame Kleintyrannen ihren Interessen entsprechend auferlegte, um ihr
Eigentum vor den landlosen Bauern und den Arbeitern, mit oder ohne Arbeit,
besser zu verteidigen. Da niemand mehr
darüber spricht, wage ich mich, daran zu erinnern. Unser Land gehört zu den
mehr als 150 Ländern der Dritten Welt. Sie werden die ersten aber nicht die
einzigen sein, die unter den unglaublichen Folgen leiden werden, falls die
Menschheit nicht ein klares, wahres und schnelleres Bewusstsein erreicht, als
wir ahnen bezüglich der Wirklichkeit und der Folgen des von den Menschen
verursachten Klimawandels und wenn wir nicht in der Lage sind, ihn rechtzeitig
zu verhindern.
Unsere Massenmedien haben
über die Folgen des Klimawandels geschrieben. Die immer heftigeren Hurrikans,
die Dürren und andere Naturkatastrophen haben auch zur Bildung unseres Volkes
in diesem Thema beigetragen. Ein eigenartiges Ereignis war beim Kopenhagener
Gipfel gelieferte Schlacht um den Klimawandel, die zur Kenntnis über die
imminente Gefahr beigetragen hat. Es handelt sich nicht um ein fernliegendes
Risiko für das 22. Jahrhundert, sondern für das 21. Jahrhundert. Es ist auch
nicht ein Risiko für die zweite Hälfte dieses Jahrhunderts, sondern für die
nächsten Jahrzehnte, in denen wir unter den peinlichen Folgen leiden werden.
Es handelt es sich auch
nicht um eine einfache Aktion gegen das Imperium und seine Anhänger, die in
diesem Thema wie in allen anderen versuchen, ihre dummen und egoistischen
Interessen aufzuzwingen. Es handelt sich um eine Schlacht der
Weltöffentlichkeit, die man nicht der Spontaneität oder der Laune der Mehrheit
der Medien überlassen darf. Millionen ehrlicher und tapferer Menschen in der
Welt kennen zum Glück diese Situation. Diese Schlacht muss man mit den Massen
und im Schoß der Massenorganisationen sowie in wissenschaftlichen, kulturellen,
humanitären und andere internationalen Einrichtungen liefern, vor allem im
Schoß der Vereinten Nationen, wo die US-Regierung, ihre Alliierten der NATO und
die reichsten Länder versucht haben, in Dänemark einen betrügerischen und
antidemokratischen Anschlag gegen die Schwellenländer und die armen Länder der
Dritten Welt zu verüben.
In Kopenhagen hat die
kubanische Delegation neben anderen Delegationen der ALBA-Gruppe und der Länder
der Dritten Welt teilgenommen. Sie musste energisch gegen die unglaublichen
Ereignisse, die durch die Rede des Yankee-Präsidenten Barack Obama und die
reichsten Staaten der Welt verursacht wurden, kämpfen. Diese waren
entschlossen, die verbindlichen Verpflichtungen von Kyoto aufzuheben, wo vor
zwölf Jahre über dieses schwierige Problem diskutiert wurde. Sie wollten, dass
die Schwellenländer und die unterentwickelten Länder das größte Opfer leisten.
Diese sind die ärmsten Länder und gleichzeitig die Hauptzulieferer der
Rohstoffe und nicht erneuerungsfähigen Ressourcen der Welt in die entwickelsten
und reichsten Länder.
Nach Kopenhagen ist Obama
am letzten Tag der am 7. Dezember begonnenen Konferenz gekommen. Das schlimmste
seines Verhaltens war, dass er nach Oslo zum Empfangen des Friedensnobelpreises
geflogen ist, als er schon entschieden hatte, 30 Tausend Soldaten zur Metzelei
von Afghanistan zu senden, einem Land mit einer starken
Unabhängigkeitstradition, das nicht einmal die Engländer in ihren besten und
grausamsten Zeiten unterwerfen konnten. Er kam am 10. Dezember in der
norwegischen Hauptstadt und hielt dort eine leere, demagogische und
rechtfertigende Rede. Am 18., dem Tag der letzten Gipfelsitzung, erschien er in
Kopenhagen, wo er anfänglich acht Stunden bleiben wollte. Am Tag vorher war die
Staatssekretärin und eine ausgewählte Gruppe ihrer besten Strategen angekommen.
Das erste, was Obama
machte, war, eine Teilnehmergruppe auszuwählen, die die Ehre bekam, ihn bei
seiner Gipfelrede zu begleiten. Der
dänische Premierminister, der den Gipfel leitete, gab dieser Gruppe von ca. 15
Personen gefällig und schmeichlerisch das Wort. Der Imperiumschef verdiente
besondere Ehren. Seine Rede war eine Mischung von süßen Worten gewürzt mit
Theatergestik, die Personen wie ich langweilen, die sich die Aufgabe geben, ihm
zu zuhören, um zu versuchen, bei der Bewertung seiner politischen Eigenschaften
und Absichten objektiv zu sein. Obama hat seinem fügsamen dänischen Gastgeber
aufgedrängt, dass nur seine Gäste das Wort ergreifen konnten, obwohl er nach
seiner Rede durch der Hintertür „abgegangen ist“, wie ein Kobold, der vor
seiner Zuhörerschaft entflieht, die ihm interessenvoll zugehört hatte.
Nachdem die aufgestellte
Rednerliste erschöpft war, forderte ein waschechter Aymara-Indianer, der
bolivianische Präsident Evo Morales, der vor kurzem mit 65 % der Stimmen
wiedergewählt wurde, sein Recht, sich zu Wort zu melden. Angesichts des
stürmischen Beifalls wurde ihm das Wort erteilt. In nur neun Minuten hat er
tiefe und angemessene Auffassungen zum Ausdruck gebracht, die auf die Worte des
abwesenden Präsidenten der Vereinigten Staaten antworteten. Gleich darauf stand
Hugo Chávez auf, um zu bitten, im Namen der Bolivarianischen Republik Venezuela
zu sprechen; Dem Sitzungsvorsitzenden blieb keine andere Wahl als auch ihm das Wort zu erteilen, was er genutzt hat, um
eine der brillantesten Reden, die ich von ihm gehört habe, zu improvisieren.
Schließlich setzte ein Hammerschlag der ungewöhnlichen Sitzung ein Ende.
Der äußerst beschäftigte
Obama und sein Gefolge hatten jedoch keine Minute zu verlieren. Seine Gruppe
hatte einen Erklärungsentwurf voller vagem Gerede erarbeitet, der die Negation
des Kyoto-Protokolls war. Nachdem er vorschnell aus der Plenarsitzung gegangen
war, traf er sich mit anderen Gruppen von Gästen, die keine 30 Personen waren.
Er verhandelte im privaten Kreis und in Gruppen; Er drang, sprach über ganz riesige Summen
von grünen Scheinen ohne Golddeckung, die ständig abgewertet werden. Er drohte
sogar damit, das Treffen zu verlassen, wenn man in seine Forderungen nicht
einwilligen würde. Das Schlimmste daran war, dass es sich um ein Treffen von
Superreichen handelte, zu dem mehrere der wichtigsten Schwellenländern und zwei
oder drei arme Länder eingeladen wurden, denen er das Dokument so vorlegte wie
jemand der vorschlägt: Du machst mit
oder nicht!
Diese verworrene
mehrdeutige und widersprüchliche Erklärung – an deren Diskussion die
Organisation der Vereinten Nationen gar nicht teilgenommen hatte – versuchte
der dänische Ministerpräsident als Abkommen des Gipfels vorzulegen. Die
Sitzungsperiode des Gipfels war bereits zu Ende, fast alle Staats-, Regierungschefs und Außenminister
waren in ihre entsprechenden Länder zurückgereist, und um drei Uhr nachts legte
der angesehene dänische Ministerpräsident es der Plenarsitzung vor, wo hunderte
geduldige Beamte, die seit drei Tagen nicht geschlafen hatten, das umständliche
Dokument bekamen. Ihnen gab er nur eine Stunde, um es zu beurteilen und über
dessen Gutheißung zu entscheiden.
Dort entzündete sich das
Treffen. Die Delegierten hatten kaum Zeit gehabt, es zu lesen. Mehrere baten
ums Wort. Der erste war der aus Tuvalu, dessen Inseln überschwemmt werden
würden, wenn in das eingewilligt würde, was da vorgeschlagen war. Ihm folgten
die aus Bolivien, Kuba und Nicaragua. Es
ist wert, dass die dialektische Konfrontation um 3 Uhr jener Nacht vom 19.
Dezember, in die Geschichte eingeht, wenn die Geschichte noch viel länger nach
dem Klimawandel fortdauert.
Da ein großer Teil der
Geschehnisse in Kuba bekannt ist, oder in den Webseiten im Internet steht,
werde ich mich darauf beschränken, die zwei Widerreden des kubanischen
Außenministers Bruno Rodríguez nur zum Teil zu zitieren, weil sie es wert sind,
genannt zu werden, um die letzten Teile der Seifenoper von Kopenhagen zu
kennen, sowie die Elemente des letzten Kapitels, die in unserem Land noch nicht
veröffentlicht worden sind.
„Herr Vorsitzender
(Ministerpräsident ¨von Dänemark)… nun ist das Dokument aufgetaucht, von dem
Sie mehrmals behauptet haben, dass es nicht existiere. Wir alle haben Fassungen
gesehen, die heimlich verbreitet und in kleinen geheimen Versammlungen
diskutiert werden, außerhalb der Säle, in denen die Völkergemeinschaft durch
ihre Vertreter transparent verhandelt.“
„Ich schließe meine
Stimme der von den Vertretern aus Tuvalu, Venezuela und Bolivien an. Kuba hält den Text dieses vermeintlichen
Entwurfes für äußerst unzureichend und unannehmbar…“
„Das Dokument, das Sie
unglücklicherweise vorlegen, enthält keine Verpflichtung zur Reduzierung der
Emissionen von Treibhausgasen.
„Ich kenne die vorherigen
Fassungen, welche auch mittels fraglicher und geheimer Prozeduren in
geschlossenen Cliquen verhandelt worden sind, die zumindest über eine
Reduzierung von 50 % für das Jahr 2050 sprachen…“
„Das Dokument, das Sie
jetzt vorlegen, lässt gerade die bereits mageren und unzureichenden
Schlüsselworte jener Fassung aus. Dieses
Dokument gewährleistet auf keinen Fall das Ergreifen von Mindestmaßnahmen, die
eine höchst ernste Katastrophe für den Planeten und die menschliche Gattung
vermeiden können.“
„Dieses schändliche
Dokument, das Sie bringen, ist auch nachlässig und mehrdeutig bezüglich der
spezifischen Verpflichtung zur Reduzierung der Emissionen seitens der
entwickelten Länder, die für die globale Erwärmung verantwortlich sind und zwar
aufgrund der historischen und aktuellen Werte ihrer Emissionen, von denen man
ab sofort substanzielle Reduzierungen fordern muss. Dieses Papier enthält kein einziges Wort zur
Verpflichtung seitens der entwickelten Länder."
„… Ihr Papier, Herr
Vorsitzender, ist die Sterburkunde des Protokolls von Kyoto, welche meine
Delegation nicht annimmt.“
"Die kubanische
Delegation möchte Nachdruck auf das Vorrecht über „gemeinsame aber unterschiedliche
Verantwortlichkeiten“ legen, als zentraler Begriff des zukünftigen
Verhandlungsprozesses. In Ihrem Papier
steht kein Wort davon.”
„Die kubanische
Delegation wiederholt ihren Protest wegen den ernsten Verfahrensverletzungen,
die während der antidemokratischen Leitung des Prozesses dieser Konferenz
zustande gekommen sind, besonders durch die Anwendung von willkürlichen,
ausschließenden und diskriminierenden Diskussions- und Verhandlungsformen…“
„Herr Vorsitzender, ich
beantrage förmlich, diese Erklärung in
den Abschlussbericht über die Arbeiten dieser bedauerlichen und
beschämenden 15. Konferenz der Parteien aufzunehmen.”
Was sich niemand vorstellen konnte, war die Tatsache, dass
nach einer anderen langen Pause und als alle bereits dachten, dass nur die
formellen Formalitäten fehlten, um den Gipfel als abgeschlossen zu erklären,
der Ministerpräsident des Gastlandes, angestiftet von den Yankees, nochmals
versuchen würde, das Dokument für einen Konsens des Gipfels halten zu lassen,
als nicht einmal die Außenminister in der Plenarsitzung blieben. Delegierte aus
Venezuela, Bolivien, Nicaragua und Kuba, die wachsam und schlaflos bis zur
letzten Minute blieben, zerschlugen das letzte Manöver in Kopenhagen.
Das Problem war
allerdings noch nicht zu Ende gehen. Die Mächtigen sind weder an Widerstand
gewöhnt noch lassen ihn zu. Am 30. Dezember teilte die Dänische Ständige
Vertretung vor den Vereinten Nationen in New York unserer Vertretung in jener
Stadt höflich mit, dass sie die Kopenhagen-Vereinbarung vom 18. Dezember 2009
zur Kenntnis genommen hätte und eine Kopie dieser Entscheidung im Voraus
schicke. Sie enthält wortwörtlich folgendes: „…die dänische Regierung in ihrer
Eigenschaft als Vorsitzender der COP 15, lädt die Parteien der Konvention ein, dem
Sekretariat der UNFCCC so früh wie möglich schriftlich, ihren Wille, sich dem
Abkommen von Kopenhagen anzuschließen, mitzuteilen."
Diese unerwartete
Mitteilung veranlasste die Antwort der Kubanischen Ständigen Vertretung vor den
Vereinten Nationen, in der sie „das Vorhaben durchaus ablehnt, auf indirektem
Weg in einen Text einzuwilligen zu lassen, der Gegenstand der Ablehnung von
mehreren Delegationen gewesen ist, und zwar nicht nur aufgrund seiner
Unzulänglichkeiten hinsichtlich der ernsten Folgen des Klimawandels, sondern
auch weil er ausschließlich den Interessen einer kleinen Staatengruppe
entspricht.“
Ebenfalls hat er einen
Brief des Ersten Vizeministers vom Ministerium für Wissenschaft, Technologie
und Umwelt der Republik Kuba an Herrn Yvo de Boer, Exekutivsekretär der
Rahmenkonvention der Vereinten Nationen zum Klimawandel ausgelöst. Einige
dieser Absätze lauten wie folgt:
„Wir haben unerwartet und
mit Sorge die Mitteilung erhalten, die von der dänischen Regierung an die
Ständigen Vertretungen der Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen in New York
geschickt wurde, die Sie gewiss kennen, mittels der, die Teilnehmerstaaten der
Rahmenkonvention der Vereinten Nationen zum Klimawandel eingeladen werden, dem
Exekutivsekretariat schriftlich und bei baldigster Gelegenheit ihren Wunsch
mitzuteilen, sich dem sogenannten Abkommen von Kopenhagen anzuschließen.“
„Wir haben mit
zusätzlicher Sorge beobachtet, dass die Regierung Dänemarks mitteilt, dass das
Exekutivsekretariat der Konvention in den Bericht der in Kopenhagen
stattgefundenen Konferenz der Parteien eine Liste derjenigen Teilnehmerstaaten
aufnehmen wird, die ihren Willen geäußert hätten, sich dem erwähnten Abkommen
anzuschließen."
„Nach Erachten der
Republik Kuba stellt diese Handelsart eine plumpe und verwerfliche Verletzung
der Entscheidung von Kopenhagen dar, wo aufgrund des offensichtlichen
Konsensmangels die Teilnehmerstaaten sich darauf beschränkt haben, das
Vorhandensein eines solchen Dokuments nur zur Kenntnis zu nehmen."
Keine der Vereinbarungen
in der 15. COP ermächtigt die Regierung Dänemarks diese Aktion durchzuführen
und auf keinen Fall das Exekutivsekretariat in Abschlussbericht eine Liste der
Teilnehmerstaaten aufzunehmen, wofür es keine Vollmacht hat"
„Ich muss Sie darauf
hinweisen, dass die Regierung der Republik Kuba auf nachdrücklichste Weise
diesen neuen Versuch ablehnt, auf indirektem Wege ein unechtes Dokument zu
legitimieren und außerdem Ihnen immer wieder betonen, dass diese Handelsart das
Ergebnis zukünftiger Verhandlungen aufs Spiel setzt, einen gefährlichen
Präzedenzfall für die Arbeiten der Konvention schafft und besonders die
ehrliche Absicht verletzt, mit der die
Delegationen den Verhandlungsprozess im nächsten Jahr fortsetzen müssen“,
beendete der Erste Vizeminister für Wissenschaft, Technologie und Umwelt aus
Kuba.
Viele, besonders die
sozialen Bewegungen und die besser informierten Personen aus den humanitären,
kulturellen und wissenschaftlichen Einrichtungen, wissen, dass das von den
Vereinigten Staaten angestiftete Dokument einen Rückschlag in der von
denjenigen erreichten Lage darstellt, die sich bemühen, eine kolossale
Katastrophe für unsere Gattung zu vermeiden. Es wäre überflüssig hier Zahlen
und Tatsachen zu wiederholen, die das mathematisch beweisen. Die Angaben stehen
auf den Webseiten im Internet und sind der wachsenden Anzahl von Personen
zugänglich, die sich für dieses Thema interessieren.
Die Theorie, mit der man
das Anschließen an das Dokument gerechtfertigt, ist haltlos und bedeutet einen
Rückschlag. Angeführt wird die betrügerische Idee, nach der die reichen Länder
eine knickerige Summe in Höhe von 30 Milliarden Dollar in drei Jahren für die
armen Länder beitragen würden, um die Kosten zur Bekämpfung des Klimawandels zu
bestreiten, das ist eine Zahl, die im Jahr 2020
um 100 Milliarden pro Jahr steigen könnte, was vor diesem äußerst
ernsten Problem bedeuten würde, auf den Sankt-Nimmerleins-Tag zu warten. Die
Fachleute wissen, dass diese Zahlen aufgrund des zu beanspruchenden
Investitionsumsatzes lächerlich und unannehmbar sind. Die Herkunft solcher
Summen ist vage und konfus, sodass sie niemanden verantwortlich machen.
Was ist ein Dollar wert?
Was bedeuten 30 Milliarden? Wir alle wissen, dass seit Bretton Woods im Jahr
1944 bis zum Befehl von Präsidenten Nixon im Jahr 1971 – erteilt, damit die
Weltwirtschaft die Kosten des völkermörderischen Krieges gegen Vietnam deckt -,
der Wert eines Dollars, umgerechnet in Gold, so gesunken ist, dass er heute 32
mal weniger wert ist als damals; 30 Milliarden bedeuten weniger als 1
Milliarde, und 100 Milliarde geteilt durch 32 sind gleich 3.125, die heutzutage
nicht einmal zum Bau einer Erdölraffinerie mittlerer Kapazität ausreichen.
Würden die
Industrieländer gelegentlich die Versprechung erfüllen, den Entwicklungsländern
0,7 Prozent des BIP beizutragen –etwas, das sie niemals getan haben, bis auf
seltene Ausnahmen – würde die Zahl die 250 Milliarden Dollar im Jahr
übersteigen.
Um die Banken zu retten
hat die Regierung der Vereinigten Staaten 800 Milliarden ausgegeben; wie viel
wäre sie bereit auszugeben, um die 9 Milliarden Personen zu retten, die im Jahr
2050 den Planeten bewohnen werden, wenn es vorher keine großen Dürren und
Überschwemmungen gibt, die vom Meer aufgrund des Abschmelzens von Gletschern
und großer Mengen gefrorenen Wasser in Grönland und der Antarktis verursacht
werden?
Lassen wir uns nicht
täuschen. Was die Vereinigten Staaten mit ihren Manövern versucht haben, ist,
die Dritte Welt zu teilen, mehr als 150 unterentwickelte Länder von China,
Indien, Brasilien, Südafrika und anderen zu trennen, mit denen wir zusammen
kämpfen müssen, um in Bonn, Mexiko oder auf irgendeiner anderen internationalen
Konferenz neben den sozialen, wissenschaftlichen und humanitären Organisationen
echte Abkommen zu verteidigen, die alle Länder begünstigen und die Menschheit
vor einer Katastrophe schützen, die zum Aussterben unserer Gattung führen kann.
Die Welt verfügt über
immer mehr Information, aber die Politiker über immer weniger Zeit, zu denken.
Die reichen Nationen und deren Führer, und
auch der Kongress der Vereinigten Staaten scheinen zu diskutieren, wer zuletzt
verschwinden wird.
Wenn Obama die 28 Partys
hinter sich hat, mit denen er beabsichtigte, Weihnachten zu feiern, wenn da die
Party der Heiligen Drei Königen eingeschlossen ist, werden ihm Caspar, Melchior
und Balthasar vielleicht raten, was er zu tun hat.
Ich bitte darum, mich
wegen der Länge zu entschuldigen. Ich wollte diese Reflexion nicht in zwei
Teilen trennen. Ich bitte die geduldigen Leser um Entschuldigung.
Fidel Castro Ruz
3. Januar 2010
15:16 Uhr