Reflexionen des
Genossen Fidel
DER RIESE MIT DEN SIEBENMEILENSTIEFELN
TEIL 1
Ich
habe es von Aristoteles erfahren, dem berühmtesten Philosophen der
Menschheitsgeschichte.
Der
Mensch ist zu den wunderbarsten Handlungen fähig, oder auch zu den schlimmsten
Niederträchtigkeiten.
Seine
erstaunliche Intelligenz ist in der Lage, die unveränderlichen Gesetze der
Natur zum Guten oder zum Schlechten auszunutzen.
Zu
einem Zeitpunkt, an dem ich eine viel geringere Erfahrung als heute hatte, in
jenen Tagen, als unser bewaffneter Kampf in den Bergen von Kuba vorbereitet
wurde, dort, in der mexikanischen Nation – wo jeder Kubaner immer etwas Eigenes
aufgefunden hat – haben wir einen flüchtigen aber unvergesslichen Zeitabschnitt
gelebt, in dem alle Wunder sich in einem Winkel der Erde vereinten.
Ich
würde weder die korrekte Art und Weise noch die richtigen Worte finden, um
meine Eindrücke so zu beschreiben, wie es ein Mexikaner getan hat, der, nicht
umsonst, die Person mit der größten Authorität ist, um über die Tragödie jenes
Landes zu sprechen, da er als Gouverneur des äußerst wichtigen Wahlbezirks
Mexiko-City, der Hauptstadt der Republik, gewählt worden ist, und bei den vergangenen Wahlen von 2006 Kandidat
der „Coalición por el bien de todos“ (Koalition zum Guten aller) war.
Er
wurde für die Wahlen aufgestellt und gewann die Stimmenmehrheit gegenüber dem
Kandidaten des PAN (Partei der Nationalen Einheit). Aber das Imperium hat es
ihm nicht gestattet, die Macht zu übernehmen.
Mir
war bekannt, genau wie anderen führenden politischen Persönlichkeiten, wie
Washington die Ideen des „Neoliberalismus“ ausgearbeitet hatte, die es den
Ländern von Lateinamerika und dem Rest
der Dritten Welt als Inbegriff der politischen Demokratie und der
wirtschaftlichen Entwicklung verkaufte, aber niemals habe ich eine so klare
Vorstellung davon gehabt, auf welche Art und Weise das Imperium jene Doktrin
dazu verwendete, um die Reichtümer eines wichtigen Landes zu zerstören und zu
verschlingen, eines Landes, reich an natürlichen Ressourcen und Heimstatt eines
heldenhaften Volkes, das schon vor der vorchristlichen Ära, vor mehr als
zweitausend Jahren, eine eigene Kultur besaß.
Andrés
Manuel López Obrador, eine Person, mit der ich nie gesprochen und auch nie eine
Freundschaftsbeziehung gehabt habe, ist der Autor eines gerade verlegten
kleinen Bandes, dem ich für seine hervorragende Darlegung darüber, was in jenem
Bruderland geschieht, danke. Der Titel
lautet „Die Maffia, die sich Mexikos bemächtigt hat… und das Jahr 2012“.
Ich
habe das Buch vor vier Tagen bekommen, am 7. August nachmittags, als ich von
meiner Sitzung mit den Abgeordneten der Nationalversammlung der Volksmacht von
Kuba zurückgekommen bin und habe es mit sehr großem Interesse gelesen. Es
beschreibt die Art und Weise, in der die Vereinigten Staaten gierig ein
Bruderland dieser Hemisphäre verschlingen, dem sie eines Tages über 50% seines
Gebiets entrissen haben, die größten Minen von äußerst reinem Feingold und das
Ölreichtum, das sie über ein Jahrhundert intensiv ausgebeutet haben und von dem
sie jetzt noch knapp drei Millionen Barrel täglich fördern. Ich nehme keinen
Bezug auf die Naturgasgewinnung, da ich keine Angaben hierzu habe.
Im
Kapitel 1 erklärt er das sehr seltsame Phänomen, dass es keine Eisenbahn mehr
in Mexiko gibt, welche zu Zeiten von Benito Juárez geschaffen worden war, als
die erste Strecke von Mexiko-City bis Veracruz begonnen wurde.
Während
der Regierungszeit von Porfirio Díaz wurde sie auf 20 000 Kilometer ausgebaut,
eine Bemühung, die die Mexikanische Revolution anschließend bedeutend erweitert
hat.
Heute
gibt es eine Eisenbahn, die geht „von Chihuahua im Bundesstaat Chihuahua nach
Los Mochis, im Bundesstaat Sinaloa. Im Nu haben die Technokraten die Illusion
der Liberalen des 19. Jahrhunderts zerstört, die in der Verkehrsverbindung
durch die Eisenbahn den idealen Weg für den Fortschritt von Mexiko sahen“ –
berichtet das Buch von Obrador.
„Die
Machtübernahme von Fox als Präsident der Republik hat nur dazu gedient, das
alte Regime wieder aufzubauen und dieselbe Korruption fortzusetzen. In
Wirklichkeit handelte es sich um den 6-Jahre-Zeitraum des Gepardismus, jenes Manövers, bei dem scheinbar alles verändert
wird, damit alles gleich bleibt. Fox hat sich schon vor der Übernahme der
Präsidentschaft den internationalen Finanzorganisationen unterworfen, und fuhr
offensichtlich fort, weiter den Mächtigen des Landes zu dienen. Mehr noch, er
hat nicht nur die Wirtschaftspolitik unverändert belassen, sondern sich auf dieselben
Technokraten gestützt, die schon zu Salinas Regierungszeit tätig waren.“
Einige
Seiten weiter zeigt der Autor Folgendes auf: „…heutzutage gehören fast alle
Bankeinrichtungen Ausländern. Sie erteilen keine Kredite, um die Entwicklung
des Landes zu fördern, sondern investieren in Staatspapiere, verlangen die
höchsten Zinsen der Welt, erreichen fabelhafte Gewinne und sind wichtigste
Quelle der Mittelübertragung an ihre Stammhäuser in Spanien, den Vereinigten
Staaten und England.“
„Unter
Fox wurden weiter die Güter des Volkes und der Nation an Privatpersonen, sowohl
einheimische als auch ausländische […] übergeben; unter Fox wurde die Übergabe
von Hoheitsgebiet des Landes zur Förderung von Gold, Silber und Kupfer ohne
Grenzen ausgedehnt […] das Bergbaugesetz verändert, um monopolistische
Aufsuchungs- und Ausbeutungslizenzen mit einer Laufzeit bis zu 50 Jahren zu
erteilen und mit der Möglichkeit zur Verlängerung derselben […] bis Dezember
2008 waren Konzessionen über 24,816.396 Millionen Hektar erteilt worden, d.h.
12 Prozent des Hoheitsgebiets, was dem Gebiet des Bundesstaats Chihuahua
entspricht, dem größten des Landes.“
Etwas
wirklich Unglaubliches und Ungeahntes, selbst für diejenigen, die die
schlechteste Meinung über den Neoliberalismus haben, sind die im Schlussteil
von Kapitel 1 des Buches von López Obrador gebotenen Angaben.
Während
der Regierungszeit von Fox, behauptet er: „…im Jahr 2005, während des Foxismus,
wurde erneut das Gesetz über die Kapitalertragssteuer abgeändert, um erneut den
großen Körperschaften 100 Prozent der Gewinne zu gewähren. Um besser verstehen zu können, was das
bedeutet, muss man sich vor Augen halten, dass im Jahr 2008 offiziellen Angaben
zufolge 400 große Monopole, welche Einnahmen von fünf Billionen Peso hatten –
was offiziellen Angaben zufolge über die Hälfte des Bruttoinlandsprodukts jenes
Jahres entspricht – nur 1,7 Prozent der Kapitalertragssteuer und der
Körperschaftssteuer zu einem Einheitssteuersatz (IETU) gezahlt haben.“
„Außerdem
war es unter der Regierung von Fox, wo zusätzlich die meisten
Steuerrückvergütungen zugunsten der so genannten großen Steuerzahler
durchgeführt wurden. Und wie es klar auf der Hand liegt, haben sowohl die
Regierungen des PRI (Partei der Institutionalisierten Revolution) als die die
des PAN (Partei der Nationalen Aktion) diese Steuerpfründe mit
dem Betrug der Investitionsförderung rechtfertigen wollen. Allein wenn das wahr
wäre, dann hätten wir in den letzten 27 Jahren Wirtschaftswachstum zu
verzeichnen gehabt und nicht diese Stagnation, die vorgeherrscht hat. Ebenso
kann nachgewiesen werden, dass die Steuerrückvergütungen höher sind als die
Zunahme der privaten Investition. Allein im Zeitraum 2001 bis 2005 – während die
private Investition um 279 Milliarden erhöht wurde – betrugen die
Steuerrückvergütungen 604 Milliarden Peso, das heißt mehr als das Doppelte. Die
Korruption in der an der Macht befindlichen Führungsspitze ist so amtlich
besiegelt, dass das Bundesinstitut für Zugang zur öffentlichen Information
(IFAI) beschlossen hat, 12 Jahre lang – bis 2019 – die Namen jener Unternehmen
geheim zu halten, die 2005 vom Steuerreferat (SAT) von jenen millionenfachen Steuerrückvergütungen
begünstigt worden sind.“
Genau
das waren die Worte, die Carlos Ahumada gesprochen hat, als wir ihn in Kuba
wegen Verletzung unserer Gesetze verhaftet haben. Diese sind López Obrador
bekannt, da wir ihm am 28. April 2004 das Protokoll zusammen mit dem
Deportierten Carlos Ahumada zugeschickt haben.
Diese
Tatsache stellt ohne Zweifel den größten politischen Betrug in der Geschichte
Amerikas dar. Es gibt ein paar weitere Punkte, die ich ganz genau erläutern
werde.
Im
selben Kapitel 1 schreibt López Obrador unter dem Titel „Die Besitzer von
Mexiko“ Folgendes: „Während jener Zeitspanne, in der ich Oberbürgermeister von
Mexiko-City war (2000-2005), habe ich fast alle Mitglieder jener Elite kennen
gelernt…“
Die
Meinung von López Obrador über Carlos Slim teile ich ebenfalls. Ich habe ihn
ebenfalls gekannt. Er hat mich immer besucht, wenn ich in Mexiko weilte und
einmal hat er mich in Kuba besucht. Er hat mir einen Fernseher geschenkt – das
modernste Modell damals – den ich noch bis vor knapp einem Jahr bei mir zuhause
hatte. Er hat das nicht mit der Absicht, mich zu bestechen, getan. Ich habe ihn
auch niemals um irgendeinen Gefallen gebeten. Trotzdem er der Reichste von allen
ist, mit einem Vermögen von über 60 Milliarden Dollar, ist er ein intelligenter
Mensch, der alle Geheimnisse der Börsen und die Mechanismen des
kapitalistischen Systems kennt.
Es
würde immer Multimillionäre geben, mit oder ohne Salinas, mit oder ohne Fox,
obwohl natürlich niemals so viele, wie es unter der Maffia geschehen ist, die
sich Mexikos bemächtigt hat. López Obrador nimmt sie in sein Buch auf und
identifiziert die Macht jener Maffia, die sich des Landes bemächtigt hat.
Kapitel
2 gibt er den Titel „Vernachlässigung, Korruption und Armut“. Er zeigt das BIP aller Länder im Zeitraum
1982-2009 auf; mit Bewunderung bezieht er sich auf das von China: 10,1. Mehr
noch, in einem weiteren Absatz nennt er das BIP im Jahr 2009. Er führt an, dass
„obendrein Mexiko – in jenem Jahr – in diesem Bereich den letzten Platz unter
allen Ländern des amerikanischen Kontinents eingenommen hat, und wenn es auch
unglaublich klingt, lagen wir hinter Haiti zurück“.
„Die
Technokraten haben wie Fundamentalisten gehandelt. Sie haben nicht nur die
Orthodoxie der internationalen Finanzorgane befolgt, sondern deren Empfehlungen
in Ideologie verwandelt.“
„Das
ländliche Mexiko wurde am meisten von der so genannten neoliberalen Politik
betroffen. Die Landflucht ist dramatisch. Ich kann mich noch daran erinnern,
dass Pedro Aspe, Finanzminister in der Salinas-Regierung, damit prahlte, dass
es keinerlei Bedeutung habe, die Produktionstätigkeit im Landwirtschaftsbereich
zu fördern, weil es in einer globalisierten Welt wirtschaftlicher sei, das was
wir verbrauchen, im Ausland zu kaufen.“
„Die
Gesamtheit der auf die ländlichen Gebiete angewandten neoliberalen
Politikleitlinien hat einen schwerwiegenden Produktionsrückstand der
Landwirtschaftsbranche im Vergleich zum Bevölkerungswachstum hervorgerufen.
Vom Dreijahreszeitraum 1980-1982 bis zu
dem von 2007-2009, hat sich das land-, forst- und fischereiwirtschaftliche BIP
pro Einwohner um 15,2 Prozent verringert. Mit anderen Worten, während die
Gesamtproduktion von Nahrungsmitteln mit einem Jahresrhythmus von 1,5 Prozent
fortgeschritten ist, ist die Landesbevölkerung im Bezugszeitraum um 1,7 Prozent
jährlich gewachsen.“
„Ab 1996 stieg die Erdölförderung weiter bis sie im Jahr
2004 die Rekordmenge von 1,231.145 Milliarden Barrel erreichte. Von 1996 bis
2004 sind die Rohölexporte von 563 auf 683 Millionen Barrel pro Jahr gestiegen.
Dieser Zuwachs fiel mit dem Raubbau des Komplexes Cantarell zusammen, der von
2000 bis 2004 seine Gewinnung von 47 auf 61 Prozent der Landesproduktion erhöht
hat, womit er zum Ölfeld mit der größten Ausbeute in der Weltgeschichte
wurde.“
„Während
die Ölgewinnung stieg, erlitten die nachgewiesenen Reserven eine bedeutende Verminderung: Im Jahr 1982
betrugen diese 48,300 Milliarden Barrel; jedoch im Jahr 2009 fielen sie auf 10
Milliarden ab. Allein während der Fox-Regierung wurde ein Drittel der
nachgewiesenen Reserven verbraucht.“
„Diese
absurde technokratische Politik hat ebenfalls Verwüstung bei der Ölraffination, bei Naturgas und in
der Petrolchemie verursacht. Den mit diesen Tätigkeiten verbundenen Unternehmen
wurden die Mittel zu ihrer Erweiterung und Modernisierung genommen. Seit 1979
wird keine neue Raffinerie im Land gebaut. Kürzlich, aufgrund unsere Bewegung,
sah sich Calderón zu sagen gezwungen, dass er eine bauen würde. Es sind jedoch
schon zwei Jahre seit dieser Ankündigung vergangen und es wurde noch kein
einziger Ziegelstein gelegt.“
„Und
gleichzeitig wurde als Bezugspreis der von den Vereinigten Staaten bestimmte
festgesetzt, der der teuerste der Welt ist. Aus diesem Grund sind wir zu
Importeuren von Naturgas geworden.“
„Im
Fall der Petrolchemie ist es aufgrund fehlender Investitionen und der
Vernachlässigung so, dass das Einzige, was getan wurde, darin besteht, ‚die
Verluste’ der Petrolchemie-Komplexe durch die Einstellung der Produktionslinien
zu vermindern.“
„…die
großen Unternehmens- und Finanzkorporationen haben für sich beansprucht, alle
Einnahmen von Pemex zu konfiszieren. Von 2000 bis 2009 hatte dieses Unternehmen
thesaurierten Absatz von 8,841 Billionen Peso zu verzeichnen, und hat Steuern
über 6,185 Billionen Peso gezahlt, d.h.
das Äquivalent von 70 Prozent seines Absatzes.
[…] die staatliche Direktinvestition in Pemex (ohne die Schulden zu
berücksichtigen) betrug 437 Milliarden Peso, eine Zahl, die fünf Prozent seines
gesamten Absatzes entspricht.“
„Wie
es logisch ist, ist es ausgehend von der Anwendung der neoliberalen Politik
enge Beziehungen mit dem Energiesektor mit ausländischen Interessen
eingegangen. In dieser Zeitspanne entfernte sich die Möglichkeit, es zu
integrieren und als Hebel für die nationale Entwicklung zu benutzen, und alle
neoliberalen Regierungen haben die Idee und die Absicht beibehalten, sowohl die
Elektroindustrie als auch die Erdölverarbeitungsindustrie zu privatisieren.“
„Wir
akzeptieren keinerlei Besetzung unseres Gebiets. Mexiko muss weiter ein freies,
unabhängiges und souveränes Land sein. Wir wollen uns nicht in Kolonie
verwandeln.“
„…Zu
jenem Anlass brachte ich euch schließlich in Erinnerung, was einmal General
Lázaro Cárdenas del Río gesagt hat: ‚Eine Regierung oder eine Einzelperson, die
die nationalen Ressourcen ausländischen Unternehmen übergibt, verrät das
Vaterland’. Jedoch in diesen Zeiten ist die Korruption unglücklicherweise
stärker als der Patriotismus.“
„Eines
der ertragreichsten Geschäfte zum Nutzen von Beamten und Unternehmern ist der
Kauf von Naturgas bei ausländischen Unternehmen gewesen. Aus diesem Grund hat
es die Technokraten nie wirklich interessiert, das Gas zu gewinnen bzw. zu
verhindern, dass es nutzlos verloren geht. Mexiko ist das Erdölfördernde Land,
das die größte Menge an Gas in der Atmosphäre verbrennt.“
„In
diesen Tagen ist die größte Besorgnis der Leute das Fehlen von Arbeitsplätzen.
Die Arbeitslosigkeit ist beunruhigend. Der Rückstand ist auf exponentielle Art
und Weise gewachsen. Es wird geschätzt, dass jedes Jahr eine Million
Jugendliche in den Arbeitsmarkt eintreten und die neuen Arbeitsplätze, die auf
dem legalen Markt geschaffen worden sind, befriedigen nicht einmal 25 Prozent der
Nachfrage.“
„Selbst
diejenigen, die ihre Beschäftigung behalten haben, verfügen über Einnahmen, die
nicht einmal für das Notwendigste ausreichen. In einem Forschungsbericht vom
Januar 2010 wird vom Zentrum für multidisziplinäre Untersuchungen der Nationalen
Autonomen Universität von Mexiko (UNAM) behauptet, dass 17,776 Millionen
Menschen, die weniger als zwei Mindestlöhne erhalten und 41 Prozent der aktiven
erwerbstätigen Bevölkerung darstellen, Einkünfte haben, die es ihnen nicht
erlauben, einen unter Berücksichtigung von Nahrhaftigkeit und kulturellen und
wirtschaftlichen Aspekten zu empfehlenden Nahrungsmittelwarenkorb zu erwerben.“
„Bezüglich
der Bildung ist der Rückstand beeindruckend: Die Zahl der Einwohner über 15
Jahre, die keine abgeschlossene Grundschulausbildung haben, erreicht 34 Prozent
der Bevölkerung und das Analphabetentum beträgt
9,46 Prozent, aber in solchen Bundesstaten mit einem höheren Grad an
Ausgrenzung wie Oaxaca, Guerrero und Chiapas erreicht es bis zu 23 Prozent.“
„In
Mexiko haben nur zwei von je zehn Jugendlichen Zugang zur Hochschulbildung,
d.h. 20 Prozent. Die UNESCO hat als Bezugsmaßstab für dieses Niveau zwischen 40
und 50 Prozent festgelegt.“
„Im
Februar 2010 hat Doktor José Narro Robles, Rektor der UNAM, berichtet, dass von
den 115.736 Studenten, die Aufnahmeprüfungen gemacht haben, nur 10.350
ausgewählt worden sind, d.h. 8,9 Prozent.
In den
letzten 20 Jahren hat sich aufgrund der Vernachlässigung der Hochschulbildung
seitens des Staates die Einschreibung an Privatschulen von 16 auf 37 Prozent
erhöht.“
Im
Kapitel 3 bekräftigt López Obrador Folgendes: „…Die Oligarchie, die Maffia der
Macht, sah sich bedroht und ihr machte es nichts aus, das Wenige
niederzumachen, dass aufgebaut worden war, um die Demokratie in Mexiko zu errichten.“
„Die
Zeit und die Wirklichkeit haben bewiesen, dass der Wahlbetrug einen riesigen
Schaden angerichtet hat: er hat die Gefühle von Millionen Mexikanern verletzt,
die Einrichtungen untergraben, die so genannte politische Gemeinschaft
vollkommen herabgewürdigt…“
„Heute,
am 9. März 2009, hier in Tamazula im Bundesstaat Durango, wo der erste
Präsident von Mexiko, Guadalupe Victoria, geboren wurde, beende ich meine Tour
durch die 2038 Einzelkreise der Parteiordnung, die es im Land gibt. Jetzt
fehlen mir nur noch die 418 indigenen, auf der Grundlage von Sitten und
Gebräuchen eingerichteten Kreise des Bundesstaates Oaxaca, die ich im letzten
Quartal dieses Jahres besuchen werde.“
„Während
der 430 Tage sind wir auf 148.173 Kilometern asphaltierter Straßen und aus
Erdaufschüttungen bestehender Wege gereist, um in die entferntesten Orte von
Mexiko zu gelangen.“
„Das
Fehlen der Infrastruktur und der Grundversorgungs-dienstleistungen in den
Kreisen ist offenkundig. Von den 2038 von mir besuchten Kreisen verfügen 38
nicht über asphaltierte Wege in ihren Kreishauptstädten. Der rückständigste
Bundesstaat in diesem Aspekt ist Oaxaca; von seinen 152 Parteiordnungs-Kreisen
haben 36 keinerlei Straßenpflaster. Ihm folgt Puebla mit 15. Dort und in der
Bergregion von Guerrero habe ich nicht nur den schlechten Zustand der Wege und
Straßen konstatiert, sondern festgestellt, dass die neuen, jene die gerade erst
gebaut werden, von solch schlechter Qualität sind, dass sie spätestens in einem
Jahr erneut nur einfache Wege sein werden.“
„Es
ist unlogisch, dass soviel Coca-Cola oder deren Äquivalent konsumiert wird…“
„Ich
glaube, dass dieser Verbrauch an Erfrischungsgetränken, der auf eine Million
Liter täglich berechnet wird, hauptsächlich auf die Werbung zurückzuführen ist
und in bestimmten Gebieten zu so etwas geworden ist, was Status verleiht.“
„Es
ist unerlässlich, die jetzige Wirtschaftspolitik zu beseitigen, die nicht
einmal vom mengenmäßigen Standpunkt aus gesehen Ergebnisse gezeigt hat. Mexiko ist eines jener Länder der Welt, die
in den letzten Jahren das geringste Wachstum zu verzeichnen hatten.“
„Es
ist notwendig, die Art und Weise, Politik zu machen, zu verändern. Dieses edle
Handwerk ist vollkommen verkommen. Heute ist Politik Synonym für Täuschung, Arrangements in den hohen Kreisen
und Korruption. Die Parlamentarier, führenden Persönlichkeiten und öffentlichen
Beamten sind weit von den Gefühlen des Volkes entfernt; es herrscht weiter die
Idee vor, dass Politik Sache der Politiker ist und nicht Angelegenheit von
allen.“
„Die
Veränderung, die das Land benötigt, darf nicht nur das Wirtschaftswachstum, die
Demokratie, die Entwicklung und den Wohlstand zum Ziel haben. Sie bedeutet auch
und vor allem, eine neue Denkrichtung hervorzubringen, die sich auf die Kultur
unseres Volkes stützt, auf seine Berufung zur Arbeit und seine unendliche
Liebenswürdigkeit; wobei solche Werte hinzuzufügen sind, wie die Toleranz, die
Achtung der Vielfältigkeit, und der
Umweltschutz.“
„Im
März 2009 habe ich meine Tour durch die 2038 Einzelkreise der Parteiordnung des
Landes beendet, und aus diesem Anlass habe ich einen Text mit folgendem Titel
ausgearbeitet ‚Das Land von unten gesehen: Notizen meiner Tour durch Mexiko’.
Am 20. November habe ich meinen Besuch in den 418 indigenen, auf der Grundlage
von Sitten und Gebräuchen eingerichteten Kreise des Bundesstaates Oaxaca
abgeschlossen…“
„Das
Volk von Oaxaca hat aufgrund seiner Kultur überleben können. Aus ihr gehen
seine Arbeitsmystik, sein Talent und seine starken Familien- und Gemeindebande
hervor. Seine Bande mit der Erde helfen ihm, eine Wirtschaft für den
Eigenverbrauch aufrecht zu erhalten, die sich auf die Erzeugung von Mais,
Bohnen und Geflügel, sowie den Kaffeeanbau, die Nutzung der Wälder, das
Flechten von Schlafmatten und Hüten, die Kunsthandwerkserzeugnisse und andere
Tätigkeiten stützt. In den Städten des Landes, in den Ackerbau-Ländereien des
Nordens und im Ausland sind ihre Kreativität und Arbeitskraft sehr geschätzt.
In den Vereinigten Staaten haben die Mixteken auf eigene Faust den Ruhm
erlangt, die besten Arbeiter der Welt zu sein.“
„Aufgrund
der Vernachlässigung durch die Regierung ist Oaxaca der Bundesstaat mit der
größten Armut und Ausgrenzung des Landes. Und in den jetzigen Zeiten bekommen
seine Einwohner das am meisten zu spüren. Gehen wir von folgender Tatsache aus:
die Menschen haben drei hauptsächliche Quellen für ihren Unterhalt – die Produktion
für den Eigenverbrauch, die staatlichen Stützungen und die Gelder, die von der
Migration herstammen. Im ersten Fall
handelt es sich hauptsächlich um den Maisanbau. Diese gesegnete Pflanze ist es,
die absichert, dass die Grundnahrungsmittel nicht fehlen, darunter die Tortilla (Maisfladen), die mit
Bohnen, Cayennepfeffer und Feigenkaktus vervollständigt wird und es erlaubt, den
Hunger zu lindern. Jedoch sind im Jahr 2009 wegen der verspäteten Regenfälle
die Ernten verloren gegangen und der Mais musste gekauft werden.“
„Und
als letztes sind die Geldüberweisungen die dritte Einkommensquelle, die sich im
Jahr 2009 aufgrund der Wirtschaftskrise in den Vereinigten Staaten und in
unserem Land um circa 18 Prozent vermindert haben. Im Jahr 2008 gingen in
Oaxaca hierdurch 1,456 Milliarden Dollar ein und für 2009 wird geschätzt, dass
knapp 1,194 Milliarden Dollar erhalten wurden.“
„Es tat
mir in der Seele weh, Männer weinen zu sehen, wenn sie mir ihre schwierige Lage
darlegten und die Vernachlässigung, der sie ausgesetzt sind.“
„Auf
dem Gebiet des Gesundheitswesens ist die Vernachlässigung ebenfalls eine
Konstante. Es gibt Verwaltungskreise ohne Arzt und obwohl es in den
Bezirkshauptstädten Kliniken höchsten Niveaus gibt, arbeiten die Ärzte nur von
Montag bis Freitag und überall fehlt es an Arzneien.“
„Bezüglich
der Bildung ist der Rückstand trotz der Bemühungen von Schülern und Lehrern offensichtlich.
Die Schulen sind vernachlässigt, mit Dächern in schlechtem Zustand, es fehlt an
Tafeln, Schulbänken mit Pulten; es gibt Schulräume, die mit prekärem Material
errichtet sind. Und das Bedauerlichste
ist, dass viele Kinder und Teenager bis zu zwei Stunden zu Fuß gehen müssen, um
dem Unterricht beizuwohnen und fast alle kommen, ohne gefrühstückt zu haben.“
„Ich
persönlich wurde als messianisch bezeichnet und als Verrückter. Hier lege ich
eine Pause ein, um zu erzählen, dass ich vor kurzem an einem Vorlesungszyklus
im El Colegio de México teilgenommen
habe und der Historiker Lorenzo Meyer hat mich gefragt, ob ich etwas zu tun
beabsichtige, um den Angriffen gegen meine Person entgegenzuwirken. Denn wenn
man mich im Jahr 2006 mit Chávez in Zusammenhang gebracht hat, den ich nicht
einmal kenne, dann wäre es nicht wahnwitzig zu denken, dass sie so weit gehen
könnten, mich im Hinblick auf die Wahlen 2012 sogar mit Osama Bin Laden zu
vergleichen.“
„Die
Kampagne gegen uns ist so weit gegangen, dass Viele die Gerüchte darüber, dass
ich recht viel Geld und luxuriöse Villen im Land und im Ausland besäße, für
wahr halten. Die einen, verblendet von ihrem Rechtsextremismus, und die
anderen, die von vornherein vollkommen manipuliert sind, und deshalb nicht akzeptieren
können, dass ich nicht korrupt bin und aufgrund von Idealen und um Prinzipien
kämpfe, die ich als das Wichtigste in meinem Leben ansehe.“
„Es
ist jedoch ein Motiv des Stolzes für uns, dass, obwohl sie uns zerstören
wollten, sie dies nicht erreicht haben und auch nicht erreichen werden. Nicht
nur, weil wir moralische Autorität haben, sondern weil wir, die Frauen und
Männer, die wir an diesem Kampf teilnehmen, tief greifende Liebe für unsere
Mitmenschen hegen, und über die Heimtücke hinaus und angesichts aller
Schicksalsschläge die standhafte Überzeugung aufrecht erhalten, eine
gerechtere, menschlichere und egalitäre Gesellschaft zu erbauen.“
In
diesem abschließenden Kapitel zeigt López Obrador 10 Zielstellungen als
Synthese seines politischen Gedankenguts auf:
„1. Rettung des
Staates und ihn in den Dienst des Volkes und der Nation stellen;
2. Demokratisierung
der Massenmedien;
3. Schaffung einer
neuen Wirtschaft;
4. Bekämpfung der
monopolistischen Geschäftsgebaren;
5. Aufhebung der
Steuerprivilegien;
6. Ausübung der
Politik als ein ethisches Gebot und Verwirklichung der republikanischen
Enthaltsamkeit;
7. Stärkung des
Energiesektors;
8. Erreichung der
Nahrungsmittelsouveränität;
9. Errichtung des
Wohlfahrtsstaats;
10. Förderung
einer neuen Denkrichtung.“
Er
stellt sich die Frage: „Was machen wir mit der Maffia?“
„…unsere
Frage darüber, was wir mit der Maffia machen werden, oder besser gesagt, was
werden wir mit den Oligarchen tun, wird in einem anderen Sinn gestellt und geht
von unserer Auffassung aus, dass das hauptsächliche Problem von Mexiko eben
genau das Vorherrschen einer Handvoll von Personen ist, die die Macht inne
haben und die die Verantwortlichen der jetzigen nationalen Tragödie sind. Und,
wie offensichtlich, ist es besser, schon von jetzt an zu wissen, was wir mit
den Oligarchen beim Sieg unserer Sache machen würden, wenn wir hartnäckig
darauf bestehen, die Demokratie einzurichten und das Land zu verändern.“
„…leider
sind das, was im Land vorgeherrscht hat, die Habgier und das Um-jeden-Preis-Geld-machen-wollen,
und zwar ohne jegliche moralische Bedenken irgendeiner Art. Das heißt, es
herrscht die Kultur des Einfallsreichtums
vor und die Lebensregel, ‚wer nicht nachgibt, kommt nicht voran’.“
Er
schließt auf der Seite 205 mit folgenden Worten ab:
„Sodass
also die Revolution des Gewissens und der Redlichkeit in Bewegung ist, um die
neue Republik aufzubauen. Die Aufgabe ist erhaben, nichts auf öffentlichem
Gebiet kann wichtiger sein, als die Wiedergeburt von Mexiko zu erreichen. Keine
andere Tätigkeit erzeugt mehr Befriedigung, als die, für das Wohl aller zu
kämpfen. Es ist eine Marke des Stolzes, mit Verwegenheit zu leben und außerdem
das Glück zu haben, Geschichte zu machen.“
Sein
Buch ist eine mutige und unwiderlegbare Anklage gegen die Maffia, die sich
Mexikos bemächtigt hat.
1. Es wird nicht die Tatsache erwähnt, dass in den Vereinigten Staaten ein
kolossaler Drogenmarkt geschaffen wurde und dass ihre Rüstungsindustrie die am
weitesten entwickelten Waffen liefert,
die Mexiko zum ersten Opfer eines blutigen Krieges gemacht haben, in der jedes
Jahr schon über 5 000 junge Mexikaner umkommen. Obwohl ich begreife, dass ein
Mann, der unermüdlich die entlegensten Verwaltungskreise des Landes bereist,
diese Angelegenheit nicht behandeln könnte.
Trotzdem sehe ich es meinerseits als eine Pflicht an, das mexikanische
Volk daran zu erinnern, dass dieses
Problem zu den in der mutigen Anklage von López Obrador aufgezeigten
Tatsachen hinzukommt.
2. Es wird auch nicht aufgeführt, dass der Klimawechsel zu einer kolossalen
Gefahr für das Überleben unserer Gattung geworden ist, und dass dieser in der
Tat schon solch schwerwiegende Probleme mit sich bringt, wie jene, die zurzeit
Russland erleidet, wo die Anzahl der Opfer der Hitze und des Rauchs aufgrund der
Brände, die er in den Wäldern und im Torf verursacht, die Anzahl jener Personen
mehr als verdoppelt hat, die in Moskau und in anderen Städten der
Bestattungsdienste bedürfen. Mexiko ist das Land, wo der zukünftige Klimagipfel
und viele andere, damit verbundene Aktivitäten stattfinden werden.
3. Es wird jeglicher Hinweis auf die unmittelbare Gefahr eines Atomkrieges
ausgelassen, der unsere Gattung auslöschen könnte. Es ist jedoch gerecht,
aufzuzeigen, dass am 24. Mai 2010, als López Obrador sein Buch beendete, der
Sicherheitsrat der Vereinten Nationen noch nicht die Resolution 1929 vom 9.
Juni 2010 angenommen hatte, wo er die Inspektion der iranischen Handelsschiffe
anordnet und eine Situation schuf, aus der er nicht entkommen können wird.
Jedoch
wird López Obrador die Person mit der größten moralischen und politischen
Autorität von Mexiko sein, wenn das System – und mit ihm das Imperium –
zusammenstürzt. Sein Beitrag zu jenem Kampf, um zu verhindern, dass Präsident
Obama diesen Krieg auslöst, wird von großem Wert sein.
Fortsetzung folgt morgen.
Fidel
Castro Ruz
11.
August 2010
21:53
Uhr