Reflexionen des Genossen Fidel
DIE GLEICHBERECHTIGTE PARTNERSCHAFT
Am anbrechenden Samstagabend des 19. März haben die
NATO-Führer, nach einem üppigen Bankett, den Angriff auf Libyen angeordnet.
Natürlich konnte nichts geschehen, ohne dass die Vereinigten
Staaten ihre unverzichtbare Rolle als Oberkommandierender
einfordern würden. Von der Befehlstelle dieser Institution in Europa aus verkündete
ein hochrangiger Offizier, dass die „Odyssee der Morgenröte“ beginne.
Die Weltöffentlichkeit war durch die Tragödie von Japan erschüttert. Die
Zahl der Opfer von Erdbeben, Tsunami und durch den nuklearen Unfall hat nicht
aufgehört zuzunehmen. Es gibt bereits Zehntausende Toter, Vermisster oder
strahlengeschädigter Menschen. Auch der Widerstand gegen die Nutzung der
Kernenergie wird wesentlich wachsen.
Die Welt leidet gleichzeitig unter den Folgen des Klimawandels. Der
Nahrungsmittelmangel und die Nahrungsmittelpreise sowie die Militärausgaben und
die Verschwendung natürlicher und menschlicher Ressourcen haben steigende
Tendenz. Ein Krieg ist das, was im höchsten Grade fehl am Platz ist
zum jetzigen Augenblick.
Die Reise von Obama durch Lateinamerika ist in den Hintergrund getreten,
kaum jemand spricht darüber. In Brasilien sind die Interessenwidersprüche
zwischen den USA und diesem Bruderland offensichtlich geworden.
Man sollte nicht vergessen, dass Rio de Janeiro mit Chicago um den Austragungsort
der Olympischen Spiele 2016 konkurriert hat.
Obama
versuchte, die Gunst des südamerikanischen Riesen zu erlangen. Er sprach über die
„außerordentliche Aufwärtsentwicklung von Brasilien“, die die internationale
Aufmerksamkeit auf sich gezogen habe, und lobte seine Wirtschaft als eine derjenigen
mit dem schnellsten Wachstum auf der Welt, aber er hat Brasilien absolut keine
Unterstützung für einen Platz als ständiges Mitglied des privilegierten Sicherheitsrates
zugesagt.
Die
brasilianische Präsidentin scheute sich nicht, ihren Unmut über die Schutzzollmaßnahmen
zum Ausdruck zu bringen, welche die Vereinigten Staaten gegenüber diesem Land
anwenden und die sich in Gebühren und Subventionen äußern, die ein großes
Hindernis für die Wirtschaft Brasiliens bedeutet haben.
Der
argentinische Schriftsteller Atilio Boron behauptet, dass es für Obama „als Verwalter
des Imperiums [...] das Wichtigste ist, bei der Kontrolle des Amazonas Fortschritte
zu machen. Die Hauptvoraussetzung dieses Projektes ist es, die sich ereignende,
zunehmende politische und wirtschaftliche Koordination und Integration in der
Region zu behindern - da er sie nicht aufhalten kann-, die so wichtig für den
Misserfolg der FTAA im Jahr 2005 sowie
für das Scheitern der sezessionistischen und abtrünnigen Verschwörungen in
Bolivien (2008) und Ecuador (2010) waren.
Er muss auch versuchen, die Zwietracht
zwischen den radikalsten Regierungen in der Region (Kuba, Venezuela, Bolivien
und Ecuador) und den ‚fortschrittlichen’
Regierungen - vor allem Brasilien, Argentinien und Uruguay zu säen...“
„Für die
gewagtesten US-Strategen ist das Amazonasbecken genauso wie die Antarktis eine
freie Zugangszone, in denen die nationale Souveränität nicht anerkannt wird...“
Morgen reist
Obama nach Chile. Dem ging ein am heutigen Sonntag veröffentlichtes Interview voran,
das er der Zeitung El Mercurio gegeben
hat, und in dem er gesteht, dass der „Diskurs für die Amerikas“ - so bezeichntet
er es - sich auf eine „gleichberechtigte Partnerschaft“ mit Lateinamerika stützt,
was uns fast den Atem verschlägt, wenn wir uns an „Die Allianz für den
Fortschritt“ erinnern, die der Söldner-Invasion auf die Schweinebucht
vorangegangen ist.
Er gesteht
wortwörtlich Folgendes: „unsere Vision für die Hemisphäre [...] gründet sich auf
das Konzept der gleichberechtigten Partnerschaft, das ich seit der Übernahme
der US-Präsidentschaft verfolgt habe.“
„‚Ich werde
auch bestimmte Bereiche besonders ansprechen, in denen wir zusammenarbeiten
können, wie zum Beispiel das wirtschaftliche Wachstum, die Energie, die innere Sicherheit
und die Menschenrechte’...“
„Diese
Vision, so führte er im Einzelnen an, zielt auf die ‚Verbesserung der gemeinsamen
Sicherheit ab, die Erweiterung der wirtschaftlichen Chancen, die Absicherung
einer sauberen Energiezukunft und die Unterstützung der gemeinsamen
demokratischen Werte'.“
„... die Förderung einer sicheren, stabilen und wohlhabenden Hemisphäre,
in dem die Vereinigten Staaten und unsere Verbündeten die Verantwortung für
zentrale Fragen sowohl regional als auch global teilen.“
Wie man sehen kann, ist das alles wunderschön und würdig, wie die Reagan-Geheimnisse,
begraben zu werden, um es in 200 Jahren zu veröffentlichen. Aber, wie die Nachrichtenagentur
DPA berichtete, ist es so, dass einer Umfrage der Zeitung
„Zwei Jahre danach erhöhte sich die Ablehnung auf 52 Prozent und im Jahr 2010 auf 74 Prozent.“ Heute, nach
den Ereignissen in Japan, lehnen „... 86 Prozent der Chilenen sie ab ...“
Nur eine einzige Frage sollte man Obama noch stellen. Unter
Berücksichtigung dessen, dass einer seiner berühmten Vorgänger, Richard Nixon,
den Staatsputsch und den heroischen Tod von Salvador Allende sowie die Folterung
und Ermordung von Tausenden Menschen ausgelöst hat - wird sich Herr Obama gegenüber
dem chilenischen Volk entschuldigen?
Fidel Castro Ruz
20. März 2011
20:14 Uhr